Abstinenzbehandlung oder Konsumreduktion die Sicht der DAK-Gesundheit Heidelberg, 18. Juni 2015 Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher Vorstandsvorsitzender
Angebote der DAK-Gesundheit Präventionsangebote Kampagnen der DAK-G: Aktion Glasklar : Alkohol-Prävention für Kinder und Jugendliche bunt statt blau - Kunst gegen Komasaufen Geförderte Programme: Ambulantes Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken (AkT) HaLT Hart am Limit: Beratung von Jugendlichen und deren Eltern (nach Krankenhausaufenthalt) Selektivverträge Berlin und Brandenburg: Psychiatrie Charité Baden-Württemberg: Psychiatrie Konstanz Reichenau Sachsen-Anhalt: Suchtmediziner Dr. Kielstein, Magdeburg Informationsmaterial Alkohol im Alltag Das blaue Wunder - Sucht am Arbeitsplatz Alkohol und Medikamente am Arbeitsplatz Informationen für Führungskräfte und Multiplikatoren Alkohol am Arbeitsplatz 1
Kampagne bunt statt blau Ziel / Fokus Hintergrund Umsetzung Kreative Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol mit dem Ziel der Alkoholabstinenz für alle Jugendlichen unter 16 Jahren bzw. eines bewussten und selbstbestimmten Umgangs mit Alkohol, um sich und anderen Menschen keinen Schaden zuzufügen. Zielgruppe: 12- bis 17-Jährige Starker Anstieg der Komasäufer seit 2000: Im Jahr 2013 kamen mehr als 23.000 Jugendliche mit Alkoholvergiftung in die Klinik DAK-Studien: Jeder zweite 15-Jährige bekennt sich zum regelmäßigen Rauschtrinken leichte Verfügbarkeit von Alkohol erhöht Risiko zum Komasaufen Seit 6 Jahren Plakatwettbewerb gegen Komasaufen bei Jugendlichen Eigene Webseite unter: www.dak.de/buntstattblau Unterstützung u.a. durch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, weitere Politiker und die Band Luxuslärm Erfahrungen Positive Resonanz durch 6 Kampagnen mit insg. mehr als 72.000 teilnehmenden Schülerinnen und Schülern 2
Ambulantes Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken Ziel / Fokus Hintergrund Reduktion des Alkoholkonsums Erarbeitung individueller Strategien und Stärkung der persönlichen Kompetenzen für einen gesundheitsgerechten Umgang mit Alkohol Zielgruppe: Versicherte mit riskantem Alkoholkonsum ohne Abhängigkeitserfahrung/ -erkrankung Verhaltenstherapeutisches strukturiertes Programm zur Trinkmengenreduktion 12 Termine als Einzel- oder Gruppentherapie Themenschwerpunkte: Grundinformationen über Alkohol, Trinktagebuch, Verhalten in Risikosituationen, Umgang mit Ausrutschern, persönliche Ziele Umsetzung Präventionsmaßnahme nach 20 SGB V Erfahrungen Kosten-Nutzen-Relation nicht eindeutig 3
Selektivverträge im Bereich der Alkoholtherapie Regionen Berlin und Brandenburg (Psychiatrie Charité) Baden-Württemberg (Psychiatrie Konstanz und Reichenau) Sachsen-Anhalt (Suchtmediziner Dr. Kielstein, Magdeburg) Leistungserbringer Tageskliniken mit Kooperationspartnern (Hausärzte, Psychiater, Rehabilitationskliniken, Suchtberatungsstellen, Selbsthilfegruppen) Ziele Steigerung der Lebensqualität (Vermeidung von Stigmatisierung und Chronifizierung, Erhalt der sozialen Teilhabe und der Arbeitsfähigkeit) Vermeidung von alkoholbedingten stationären Aufenthalten Verringerung der Rückfallquoten 4
5 Charité Behandlungspfad schematischer Ablauf der Integrationsversorgung
Ein- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien Patienten mit Alkoholabhängigkeit / - missbrauch Therapiemotivation Prinzipiell Fähigkeit zum selbständigen Absetzen Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit und / oder Bezugsperson im häuslichen Umfeld Bereitschaft zu Abstinenz und Einhaltung des Therapieplans Ausschlusskriterien Verwirrtheitszustände / Wahrnehmungsstörungen schwere psychische Komorbiditäten schwer kontrollierbares Erbrechen Elektrolytentgleisungen Blutungsgefahr Suizidalität Polytoxikomanie mehrfach gescheiterte Entzugsversuche im letzten Jahr schlechter Allgemeinzustand schwere Entzugskomplikationen im letzten Jahr 6
Evaluation (1/2) Vertragsgruppe - Kontrollgruppe 3-Jahres-Vergleich, 1 Jahr vor und 2 Jahre nach Intervention Negative Werte bedeuten, dass die Vertragsgruppe günstiger ist 7
Evaluation (2/2) Werte der einzelnen Haupttreiber für Vertrags (VG) - und Kontrollgruppe (KG) 8
Win-Win-Win-Situation bei Selektivverträgen DAK-G Versicherter Leistungserbringer OPTIMALER NUTZEN Geringere Stigmatisierung als bei stationärem Aufenthalt Verbleiben im vertrauten Umfeld möglich Persönlicher Fallmanager Angehörigenberatung Verringerte Krankheitszeiten durch berufsbegleitende Angebote in den frühen Morgen- oder Abendstunden Rückfallprophylaxe durch strukturierte Nachbehandlung; Motivationssteigerung der Patienten zur langfristigen Alkoholentwöhnung Zusätzliche Akquise von Patienten Steigerung der Attraktivität für Kooperationspartner Steigerung der Behandlungseffizienz setzt Ressourcen für andere Bereiche bzw. schwerere Krankheitsbilder frei Planungssicherheit durch definierte Vergütungspauschalen Reduzierung von Fehlbelegung in Kliniken ohne spezifische Suchttherapien Hohe Behandlungsqualität durch Auswahl exzellenter Vertragspartner Erhöhte Versorgungseffizienz ambulant vor stationär Reduktion von Folgeschäden und Folgekosten 9
Herausforderungen und Lösungsansätze Herausforderung: Bisher niedrige Teilnehmerzahlen in Selektivverträgen Lösungsansätze: Intensivierung der Zusammenarbeit mit Hausärzten und Praxispersonal Intensivierung der Zusammenarbeit mit Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen Vermeidung von stationären Entgiftungen nach Notfallaufnahme (akute Alkoholintoxikation) durch Umsteuerung in den ambulanten Bereich Schaffung einer Clearingstelle (einheitliche Telefonnummer), um Zuweisung zu erleichtern und geeignete Patienten zu identifizieren 10
Fazit Keine Festlegung auf Reduktion oder Abstinenz! Beide Ansätze sind patientenindividuell eine sinnvolle Therapieoption Notwendig ist eine intensivere Zusammenarbeit aller Beteiligten, z.b. in selektivvertraglichen Modellen Gesamtgesellschaftlich ist ein offenerer und flexiblerer Umgang mit dem Thema Alkohol wünschenswert (Entgegenwirkung der Tabuisierung) 11
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit