8/2010 Fellner, J.; Laner, D. (2010) Hinten wird s eng : knappe Ressource Letzte Senke, Proceedings Österreichische Abfallwirtschaftstagung 2010,

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Transkript:

8/2010 Fellner, J.; Laner, D. (2010) Hinten wird s eng : knappe Ressource Letzte Senke, Proceedings Österreichische Abfallwirtschaftstagung 2010, Abfallwirtschaft im Wandel - Werte, Märkte und Strukturen, 21.-22. April, Eisenstadt, ÖWAV Wien, p. 1-11. ISBN 978-3-902084-72-9

Hinten wird s eng : knappe Ressource Letzte Senke Johann FELLNER & David LANER Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft Technische Universität Wien 1. Einleitung Der Mensch entnimmt eine stetig steigende Menge an Rohstoffen der Erdkruste und verarbeitet diese zu Konsumgütern, die am Ende ihres Lebenszyklus entweder recycelt werden und als sekundärer Rohstoff Verwendung finden oder aus der Volkswirtschaft in dissipativer (Emissionen) oder konzentrierter (Deponiematerial) Form ausgeschieden werden. Da aus thermodynamischen Gründen ein 100%-iges Recycling nicht durchführbar ist bzw. ökologisch auch nicht sinnvoll wäre, verursacht ein stetig anwachsender Materialinput in die Volkswirtschaft zwangsläufig auch eine zunehmende Menge an Stoffen, die wiederum an die Umwelt abgeben werden müssen (Brunner, 1999). Während die Knappheit von Rohstoffen auf der Input- bzw. Versorgungsseite ein seit jeher wahrgenommenes und folge dessen vielfältig beleuchtetes Thema darstellt (z.b. Meadows et al., 1972), wird den Grenzen auf der Output- bzw. Entsorgungsseite erst seit einigen Jahren und wenn dann zumeist nur punktuell Aufmerksamkeit geschenkt. Das prominenteste Beispiel dafür ist die Diskussion über den Einsatz fossiler Energieträger und dem damit im direkten Zusammenhang stehenden globalen Klimawandel. Während beispielsweise die Endlichkeit der Erdölreserven (Stichwort: peak oil) bereits seit über 60 Jahren (z.b. (Hubbert, 1956) intensiv diskutiert wird, ist die ansteigende CO 2 Konzentration in der Atmosphäre und damit die augenscheinlich gewordene begrenzte Aufnahmekapazität der Umwelt erst in den letzten beiden Jahrzehnten zum Thema geworden. 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 1

Das gegenständliche Manuskript versucht die generelle Bedeutung von Senken als limitierende Ressource für den anthropogenen Stoffhaushalt zu unterstreichen und auch den speziellen Kontext zur Abfallwirtschaft herzustellen. Dazu werden neben der CO 2 Thematik und dem damit verknüpften Klimawandel, verschiedene Fallbeispiele diskutiert. 2. Der Begriff Senken und Letzte Senken Eine Senke bezeichnet in der Physik das Gegenteil einer Quelle. Beispielsweise können Senken die Endpunkte von Strömen oder von Feldlinien eines Kraftfeldes sein. Im Bereich des anthropogenen Stoffhaushaltes bezieht sich der Senkenbegriff ebenfalls auf einen räumlichen Endpunkt, und zwar auf den Endpunkt von Stoffflüssen. Der Lebenszyklus eines Stoffes in der Anthroposphäre beginnt bei einer Quelle (z.b. Bergwerk, chemische Synthese, oder Photosynthese) und endet bei einer Senke (Wolman, 1968), die entweder ein Umweltmedium (Boden, Sedimente, Gewässer und Atmosphäre) oder eine künstlich geschaffene Senke (Deponie) sein kann. Quelle Senke Energie und Materialien Anthroposphäre Ernährung Wohnen & Arbeiten Transport & Kommunikation Reinigen Abfall und Emissionen Lager Umwelt (Luft, Wasser, Boden) Abbildung 1: Anthropogene Stoffflüsse (von der Quelle zur Senke) (nach Baccini & Brunner, 1991) 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 2

In der Senke werden Stoffe entweder gelagert, oder falls es sich um Verbindungen handelt, in andere Stoffe transformiert. Gewässer und Atmosphäre sind für viele Stoffe keine Senken sondern Förderbänder zu den wirklichen Senken Böden und Sedimente, da die Aufenthaltszeit der meisten Stoffe in Wasser und Luft relativ gering ist. Eine Ausnahme bilden abbaubare organische Verbindungen: Diese Substanzen können in Wasser oder Luft in andere Stoffe (z.b. H 2 O und CO 2 ) umgewandelt werden, für sie sind Gewässer und Atmosphäre, in denen solche Abbauvorgänge stattfinden können, eine letzte Senke. Von einer letzten Senke eines Stoffes spricht man gemäß der Definition von (Döberl and Brunner, 2001) auch dann, wenn der Stoff über sehr lange Zeiträume (10.000 Jahre) in der Senke verbleibt ohne ausgetragen zu werden. Für eine nachhaltige Volkswirtschaft haben Senken eine zentrale Bedeutung. Stoffe die nicht rezirkulierbar sind und daher an die Umwelt abgegeben werden müssen, sollen einer geeigneten letzten Senke zugeführt werden. Von einer geeigneten Senke spricht man dann, wenn die in der Senke akkumulierten Stoffe zu keine negativen Veränderungen der Umweltbedingungen bewirken. 3. Die Ressource Senke als begrenzendes Element volkswirtschaftlicher Stoffflüsse Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es in der Gegenwart und auch in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Bespiele, die belegen, dass das Fehlen von geeigneten (letzten) Senken für den Einsatz bestimmter Stoffe eine weitaus größere Bedeutung hat, als deren Rohstoffverfügbarkeit. Kohlenstoff: Das bekannteste Beispiel dafür ist der Einsatz von fossilen Brennstoffen. Obgleich die endliche Verfügbarkeit dieser (unter den derzeitigen technischen und ökonomischen Bedingungen) außer Streit steht, scheint das begrenzende Element für den Einsatz fossiler Brennstoffe, die Senkenkapazität der Umwelt zu sein. Steigende CO 2 Konzentrationen in der Atmosphäre (siehe Abbildung 2) und der 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 3

dadurch bedingte globale Klimawandel, haben in den letzten Jahren zu internationalen Abkommen (z.b. Kyoto Protokoll) geführt, die völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen festlegen und damit auch indirekt den Einsatz von fossilen Energieträgen limitieren. Abbildung 2: Kohlenstoffdioxidkonzentration (ppm) in der Atmosphäre (1960-2010) Auf der Suche nach geeigneten letzten Senken für den bei der Verbrennung emittierten Kohlenstoff werden derzeit intensiv Möglichkeiten zur langfristigen CO 2 Sequestrierung (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS) untersucht. Diese reichen von der Speicherung in geologischen Formationen wie Erdöl-, Erdgaslagerstätten bzw. Kohleflöze über die Injektion in der Tiefsee und die Anregung des Algenwachstums und damit der photosynthetischen CO 2 -Bindung durch eine Eisendüngung bestimmter Ozeangebiete bis hin zur natürlichen Sequestrierung durch Aufforstungsmaßnahmen. Inwiefern solche Maßnahmen zur Lenkung des Kohlenstoffs in geeignete letzte Senken schlussendlich Anwendung finden, ist neben der großtechnischen Umsetzbarkeit und der Effizienz eine Frage der Kosten. 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 4

FCKWs Ein anderes Beispiel für Senken als limitierte Ressource ist der Einsatz bzw. das Einsatzverbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW). FCKW sind Kohlenwasserstoffe, bei denen Wasserstoffatome durch die Halogene Chlor und Fluor ersetzt wurden. Sie werden bzw. wurden in der Vergangenheit vor allem als Treibgase, Kältemittel sowie als Reinigungs- und Lösemittel verwendet. Die chemisch-physikalischen Eigenschaften von FCKWs, geringe Reaktivität, unbrennbar, geruchlos, ungiftig und geringe Toxizität, ließen aus Umweltsicht ursprünglich einen unbedenklichen Einsatz dieser Stoffe erwarten. Selbst als am Beginn der 70iger Jahre FCKWs (in Konzentrationen von 60 ppt) in der Atmosphäre nachgewiesen wurden (Lovelock et al., 1973) und damit eine Anreicherung in Umweltmedien belegt war, gab es eine Entwarnung, dass diese Substanzen nicht gefährlich seien. Diese Einschätzung änderte sich einige Jahre später abrupt als die negativen Auswirkungen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen auf die Ozonschicht festgestellt wurden. Durch die Anreichungen von FCKWs in der Stratosphäre kommt es unter der Einwirkung von UV-Strahlung zur Freisetzung von Halogen Radikalen, die in einem katalytischen Kreisprozess zum Abbau von Ozon führen. Das Fehlen einer geeigneten letzten Senke für FCKWs führte schlussendlich zu einem stufenweise Produktionsverbot und Anwendungseinschränkungen dieser Stoffe (Montreal Protokoll 1987, London Protokoll 1990). FCKW Emissionen aus dem bestehenden Lager (z.b. Kühlschränke, Klimaanlagen, Dämmmaterialien) wurden im Rahmen internationaler Abkommen nicht beschränkt, diese stellen global gesehen die derzeit bedeutendsten Emissionsquellen dar (McCulloch et al., 2003). Trotz der langen Aufenthaltszeit von FCKWs in der Atmosphäre und den noch andauernden Emissionen aus den Lagern kann eine langsame Abnahme der Konzentrationen beobachtet werden (siehe Abbildung 3b) 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 5

(a) (b) Abbildung 3: Globale Produktion von FCKWs (a) und deren Konzentration in der Atmosphäre (b) (aus (Nelson, 2009) Phosphat Während die ersten beiden Beispiele (CO 2 und FCKWs) die begrenzte Senkenkapazität auf globaler Ebene aufzeigen, adressiert das folgende Beispiel das Fehlen einer geeigneten Senke auf lokaler Ebene. In der Vergangenheit waren in Europa Gewässer die letzten Senken für Phosphat aus Abwässern oder aus landwirtschaftlich gedüngten Flächen. Dies war zumeist mit einer signifikanten Eutrophierung der Gewässer verbunden und führte primär zu einer erhöhten pflanzlichen Produktion, und sekundär zu einer erhöhten Aktivität von Destruenten, was wiederum mit einer verstärkten Sauerstoffzehrung in den 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 6

Gewässern verbunden war. Der sich einstellende Sauerstoffmangel in den Gewässern führte in weiterer Folge zu einem Absterben vieler Organismen und verursachte in extremen Fällen das Kippen der Gewässer in einen anaeroben Zustand. Die Erkenntnis, dass Gewässer keine geeigneten Senken für Phosphat darstellen, führte in den 80ziger Jahren einerseits zur verstärkten Phosphoreliminierung in Kläranlagen (z.b. Phosphatfällung) und andererseits auch zu einem reduzierten Einsatz von Phosphor (Ersatz der Phosphate in Waschmitteln durch Natriumaluminiumsilikat). In Deutschland beispielsweise konnten zwischen 1975 und 1989 die Phosphatmengen im Zulauf von Kläranlagen um über 90% verringert werden. In wirtschaftlich geringer entwickelten Ländern oder Regionen (z.b. Osteuropa, in weiten Teilen Asiens, Afrika, oder Lateinamerika) stellt die Gewässereuthrophierung durch Phosphateinträge nach wie vor ein zentrales Umweltproblem dar (siehe Abbildung 4). Abbildung 4: Kaspisches Meer (Eutrophierungserscheinungen im nördlichen Bereich des Kaspischen Meeres - östlich der Wolgamündung, Algenblüte durch hohe Düngerzufuhr) 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 7

Die Liste jener Stoffe, deren Einsatz weniger auf der Inputseite sondern viel mehr auf der Outputseite (geeignete Senken) begrenzt ist, ließe sich um einiges verlängern. Aus Platzgründen werden nur einige weitere Bespiele namentlich angeführt ohne im Detail auf die Problematik einzugehen: Blei als Kraftstoffzusatz (lokale Senken: Böden) Gruppe der langlebigen organischen Schadstoffen (POPs persistant organic pollutants) (globale Senken Polarregionen) Versalzung von Bewässerungsflächen (lokale Senken Böden) Radioaktive Stoffe als Brennstoff bei der Nutzung von Kernenergie Cadmiumanreichungen in japanischen Reisfeldern durch die Flusswasserbewässerung in Bergbauregionen (Itai-Itai Krankheit) 4. Senken im Kontext der Abfallwirtschaft Der Abfallwirtschaft als Filter- bzw. Steuerungsprozess an der Schnittstelle zwischen Anthropophäre und Umwelt kommt im Zusammenhang mit Senkenproblematik eine zentrale Rolle zu; sie entscheidet über den Verbleib von einer Vielzahl von Stoffen. Je nachdem ob beispielsweise Kunststoffe recycelt, in der Vergangenheit deponiert, oder thermisch verwertet werden, ergeben sich unterschiedliche Senken für den Kohlenstoff bzw. die in den Kunststoffen enthaltenen Additive (z.b. Recyclingprodukt, Deponie, Grundwasser, Atmosphäre, oder Verbrennungsanlage). Neben der Lenkungsfunktion hat die Abfallwirtschaft für den Fall, dass für einzelne Stoffe eine keine umweltverträgliche letzte Senke bereitgestellt werden kann, die Aufgabe, dies an die Produktionsseite (Stoffquelle) zu melden, mit der schlussendlichen Konsequenz, dass die Produktion dieser Stoffe eingestellt wird. Klarerweise ist die Relevanz der Abfallwirtschaft hinsichtlich Lenkung von Stoffen in geeignete letzte Senken entsprechend dem Stoffanteil in Abfällen gemessen am gesamten Stofffluss in der Volkswirtschaft begrenzt. Für das oben skizzierte Beispiel des Anstiegs der CO 2 Konzentration in der Atmosphäre impliziert dies, dass aufgrund der vergleichsweise geringen Kohlenstoffflüsse in der Abfallwirtschaft, diesen nur eine marginale Rolle hinsichtlich der Reduzierung der CO 2 Emissionen zukommt. Anders ist die Situation für Methan; dort stammt ein nicht unwesentlicher Teil der 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 8

anthropogenen Emissionen von Deponien (auf globaler Ebene etwa 10%, innerhalb der EU sogar knapp 30%), d.h. abfallwirtschaftliche Maßnahmen (z.b. thermische Behandlung, Deponiegasfassung und behandlung) haben ein signifikantes Potential zur Verringerung der Emissionen und können zur Entlastung der Senke Atmosphäre beitragen. Neben der Filter- bzw. Steuerungsfunktion für Stoffflüsse hat die Abfallwirtschaft auch die zentrale Aufgabe, für jene Stoffe, für die es keine geeigneten natürlichen Senken gibt, künstliche Senken in Form von Deponien bzw. Endlagern zu schaffen. Die stark steigenden Stoffflüsse der Anthroposphäre führen zusammen mit der begrenzten Aufnahmekapazität der Umweltmedien Atmosphäre, Hydrosphäre und Pedosphäre zunehmend zur Forderung nach gesicherten Endlagern, die ein umweltverträgliches Ausschleusen von Stoffen ermöglichen. Ein Endlager ist eine Deponie, deren Emissionen in Wasser, Boden und Luft sowohl kurz- als auch langfristig (Jahrtausende) umweltverträglich sind. Ursprünglich stammt der Begriff Endlager aus der Entsorgung von radioaktiven Abfällen. Dort sind aufgrund des Gefährdungspotentials der eingelagerten Abfälle die Anforderungen an die technischen und natürlichen Barrieren zur Einkapselung der Abfälle deutlich strenger als in der klassischen Abfallwirtschaft. Allerdings zeigen die Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit (z.b. Versuchsendlager Asse in Deutschland), dass die Beständigkeit selbst von geologischen Barrieren oft nur bedingt gegeben ist. Im Fall des Versuchsendlagers Asse II in Niedersachsen, das in einem ehemaligen Salzbergwerk in einer Tiefe von mehr als 500 m errichtet wurde und aufgrund dieses Standortes als langfristig vom Wasserkreislauf abgeschlossen eingestuft wurde, drangen bereits nach einigen Jahrzehnten größere Wassermengen ein. Der Grund dafür ist in der intensiven Aushöhlung des Untergrundes im Rahmen des Salzabbaus und den dadurch induzierten Setzungen der geologischen Formationen zu suchen. Derzeit wird intensiv über die Sanierung des Versuchsendlagers Asse II diskutiert. Da ehemalige Salzbergwerke auch in der Abfallwirtschaft als Endlager (letzte Senken) für gefährliche Abfälle (z.b.: Filterkuchen) herangezogen werden, ist auch in diesen Fällen eine langfristig sichere Abkapselung der Abfälle von der Hydrosphere kritisch zu sehen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Lebensdauer und Funktionstüchtigkeit von technischen und auch geologischen Barrieren 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 9

eingeschränkt ist, gilt es umso mehr die Qualität der abgelagerten Abfälle (langfristige Mobilisierbarkeit von Schadstoffen) in den Vorgrund zu stellen. Das langfristige Ziel der Abfallwirtschaft muss es sein, Abfälle mit sogenannter Endlagerqualität zu erzeugen. Ein Material besitzt dann Endlagerqualität, wenn es auch für lange Zeiträume (Tausende von Jahren) in einem Endlager die Umwelt nicht negativ beeinflusst (Brunner, 1992). Dies bedeutet, dass es keine allgemein gültige quantitative Definition von Endlagerqualität gibt, sondern diese immer von den lokalen Gegebenheiten (der lokalen Umwelt) abhängig ist. Derzeit sind Deponien mit Endlagerqualität noch nicht verwirklicht, d.h. sämtliche Deponien, die bisher angelegt wurden, bedürfen einer Bewirtschaftung und Kontrolle, die sich zeitlich über das Ende der Einbringung von Abfällen erstreckt, obgleich das in Österreich seit 1.1.2004 in Kraft befindliche Deponierungsverbot unbehandelter Abfälle zur einer deutlichen Reduktion des Umfangs an erforderlichen Maßnahmen nach Abschluss der Deponierung führen wird. 5. Schlussfolgerung Demzufolge ist es eine zentrale Herausforderung der Abfallwirtschaft solche umweltverträglichen Endlager zu schaffen, die ein gesichertes Ausschleusen von Stoffen in letzte Senken ermöglicht. In diesem Zusammenhang steht die Abfallwirtschaft durch den Einsatz von sich stetig veränderten Produktzusammensetzungen (z.b. Einsatz von Nano-Materialien, Technologiemetallen ) vor immer neuen Aufgaben. Die Bereitstellung von geeigneten Senken ist auch eine wesentliche Vorbedingung für die Etablierung sauberer Stoffkreisläufe, ein zentrales Ziel einer nachhaltigen Abfallwirtschaft. Derzeit werden auf Europäischer Ebene zumeist nur Verwertungsquoten vorgegeben, ohne qualitative Anforderungen für die verwerteten Produkte zu definieren, was die große Gefahr des Schadstoffrecycelns in sich birgt. Die Abfallwirtschaft hat daher nicht nur die Aufgabe geeignete letzte Senken (Endlager) bereitzustellen, sondern Schadstoffe auch gezielt in diese Senke zu lenken (Brunner, 2007). Im Fall einer begrenzten Senkenkapazität für einzelne Stoffe, sei es aus ökologischen oder ökonomischen Gründen, hat die Abfallwirtschaft diese Information an die Produktions- bzw. Versorgungsseite der Volkswirtschaft weiterzuleiten und einen reduzierten Einsatz dieser Stoffe einzufordern. 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 10

Abschließend ist festzuhalten, dass für eine nachhaltige Volkswirtschaft geeignete letzte Senken analog zu Rohstoffen (Metallen, Biomasse, Wasser) als wichtige Ressourcen anzusehen sind, die wie in den skizzierten Beispielen dargelegt, oft weitaus limitierender für den Einsatz von Stoffen sein können, als es deren Verfügbarkeit ist. 6. Literatur Baccini, P., Brunner, P.H., 1991. Metabolism of the anthroposphere. Springer, Berlin etc., XII, 157 pp. Brunner, P., 1999. In search of the final sink. Environmental Science and Pollution Research, 6(1): 1-1. Brunner, P.H., 1992. Wo stehen wir auf dem Weg zur "Endlagerqualität"? Österreichische Wasserwirtschaft, 44(9-10): 269-273 Brunner, P.H., 2007. Clean cycles and final sinks: the main goals of modern waste management, TEMPUS Workshop, Vienna. Döberl, G., Brunner, P.H., 2001. Geeignete letzte Senken und Endlager als zentrales Ziel einer nachhaltigen Abfallwirtschaft. In: Freiberg (Ed.), 3. Sächsische Abfalltage 1.-2. März 2001 Stilllegung und Nachsorge von Deponien. SIDAF - Sächsisches Informations- und Demonstrationszentrum, pp. 290-305. Hubbert, K.M., 1956. Nuclear Energy and the Fossil Fuels Spring Meeting of the Southern District. Division of Production. American Petroleum Institute. Shell Development Company, San Antonio, Texas, pp. 22-27. Lovelock, J.E., Maggs, R.J., Wade, R.J., 1973. Halogenated Hydrocarbons in and over the Atlantic. Nature, 241: 194-196. McCulloch, A., Midgley, P.M., Ashford, P., 2003. Releases of refrigerant gases (CFC- 12, HCFC-22 and HFC-134a) to the atmosphere. Atmospheric Environment, 37(7): 889-902. Meadows, D.H., Meadows, D.L., Randers, J., Behrens, W.W., 1972. The Limits to Growth. Universe Books, Washington, D.C, 205 pp. Nelson, D., 2009. Using Simple Linear Regression to Assess the Success of the Montreal Protocol in Reducing Atmospheric Chlorofluorocarbons. Journal of Statistics Education, 11: 22. Wolman, A., 1968. The Metabolism of Cities. In: Knopf (Ed.), Cities: A Scientific American Book, New York, pp. 156-174. 0043-1-58801-22654/0043-1-58801-9-22654/j.fellner@iwa.tuwien.ac.at Seite 11