2. In welchem Maße verlagert sich das legale und illegale Glücksspiel in den Bereich des Internets?



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Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 3459 06. 05. 2013 Kleine Anfrage der Abg. Dr. Marianne Engeser CDU und Antwort des Innenministeriums Entwicklung des illegalen Internetglücksspiels Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die quantitative Entwicklung des legalen und illegalen Internetglücksspiels in Baden-Württemberg in den letzten Jahren? 2. In welchem Maße verlagert sich das legale und illegale Glücksspiel in den Bereich des Internets? 3. Welches spezifische Gefahrenpotenzial sieht sie im Internetglücksspiel im legalen als auch im illegalen Bereich? 4. Wie stellen sich im Bereich des legalen und illegalen Internetglücksspiels die Präventions- und Suchttherapiearbeit dar? 5. Wie beurteilt sie Aktionen, bei denen Internetglücksspielbetreiber als Anreiz kostenlose Freispiele vergeben? 6. Wie bewertet sie die Möglichkeiten zur Eindämmung des illegalen Internetglücksspiels und in welcher Form hat das Land die hierzu nötigen Kompetenzen? 06. 05. 2013 Dr. Engeser CDU Eingegangen: 06. 05. 2013 / Ausgegeben: 12. 06. 2013 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1

Begründung In zunehmenden Maße wandern Glücksspieltätigkeiten in den Bereich des Internets ab. Damit geht ein weitreichender Abzug dieser Aktivitäten aus dem Gesichtskreis der staatlichen, aber auch der sozialen Kontrolle einher. Inwiefern sich die Landesregierung mit diesem immer drängenderen Problem beschäftigt, was sie darüber weiß und wie sie darauf zu reagieren gedenkt, das herauszufinden ist das Anliegen dieser Kleinen Anfrage. Antwort Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 Nr. 4-1114.3/225/28 beantwortet das Innenminis - terium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren sowie dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die quantitative Entwicklung des legalen und illegalen Internetglücksspiels in Baden-Württemberg in den letzten Jahren? 2. In welchem Maße verlagert sich das legale und illegale Glücksspiel in den Bereich des Internets? Zu 1. und 2.: Der Straftatbestand unerlaubtes Glücksspiel umfasst in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) die Delikte unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel und unerlaubte Veranstaltung einer Lotterie oder einer Ausspielung. Im Vergleich der Jahre 2005 bis 2012 stellen sich die Fallzahlen wie folgt dar: Erfasste Fälle unerl. Glücksspiel davon mit Tatmittel Internet Anteil in % 2005 249 19 7,6 2006 217 10 4,6 2007 242 7 2,9 2008 156 12 7,7 2009 174 24 13,8 2010 164 15 9,1 2011 154 1 0,6 2012 77 0 0,0 Die Ursachen für die geringen und rückläufigen Anteile des Glücksspiels im Internet können nicht belastbar verifiziert werden. Für die Internetnutzer ist zudem die Grenze zwischen legalen und illegalen Internetangeboten und damit auch Glücksspielen zunehmend schwerer zu erkennen, was sich auf das Anzeigeverhalten auswirken dürfte. Zudem dürfen nach Maßgabe der Richtlinien zur Füh - rung der Polizeilichen Kriminalstatistik Auslandstaten nicht für die PKS freigegeben werden. Straftaten von illegalen Anbietern im Ausland werden daher nicht erfasst. 2

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD (Bekämpfung von illegalem Glücksspiel im Internet; LT-Drucksache 15/1707) führt unter Ziffer I. 2. auf, dass im Jahre 2009 rund 2,8 Milliarden Euro mit illegalen Internetglücksspielen umgesetzt wurden wobei zugleich auf die Unsicherheit des betreffenden Zahlenmaterials hingewiesen wurde. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass das Online-Glücksspiel europaweit jährliche Wachs - tumsraten von 15 Prozent aufweist. 3. Welches spezifische Gefahrenpotenzial sieht sie im Internetglücksspiel im legalen als auch im illegalen Bereich? Zu 3.: Von Glücksspielen im Internet gehen allgemein folgende Gefahren aus: Fehlende soziale Kontrolle; Verfügbarkeit des Mediums rund um die Uhr und an jedem Ort; unzureichende Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes durch Identifizierung und Authentifizierung der Spieler; im Vergleich zum terrestrischen Spiel besteht ein höherer Abstraktionsgrad. Bei legalen Glücksspielen lassen sich diese Gefahren durch die in 4 Abs. 5 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (GlüÄndStV) normierten Anforderungen an die Zulässigkeit von Internetglücksspielen reduzieren. Illegale Anbieter halten die in 4 Abs. 5 GlüÄndStV aufgeführten Beschränkungen jedoch im Regelfall nicht ein, sodass dort die spezifischen Gefahren des Internetspiels zum Tragen kommen. Für Casinospiele und Poker im Internet geht der Gesetzgeber darüber hinaus noch von einem Manipulationsrisiko und einer Anfälligkeit zur Nutzung von Geld - wäsche aus (LT-Drs. 15/1570, S. 59). Auch wird diesen Spielen aufgrund ihres kurzen Spielintervalls ein besonders hohes Suchtrisiko zugeschrieben, das durch die mit dem Internet einhergehende ständige Verfügbarkeit noch verschärft wird. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber für derartige Glücksspiele das Internetverbot beibehalten. Illegale Glücksspielanbieter verstoßen aber massiv gegen das Internetverbot für Poker und Casinospiele und bieten darüber hinaus noch Spiele an, bei denen die Ereignisfrequenz nur wenige Sekunden beträgt. So ist beispielsweise im Bereich des Internetrouletts die Ereignisfrequenz deutlich höher als bei dem in den Spielbanken angebotenen Roulette, da der Spieler mittels einer besonderen Funktion ( Schnellspielen ) auf die visuelle Darstellung der sich im Roulettekessel drehenden Kugel verzichten kann und stattdessen sofort die betreffende Zahl beziehungsweise Farbe angezeigt wird. Entsprechendes wird auch bei Pokerspielen im Internet praktiziert: Eine Pokerpartie im Internet dauert oft nur wenige Sekunden, während eine reale Pokerpartie durchaus ein bis zwei Minuten, in manchen Fällen auch länger dauern kann. Im Internet werden also Glücksspiele im Vergleich zum terrestrischen Spiel massiv beschleunigt, was zu einer Erhöhung der Ereignisfrequenz führt. 4. Wie stellen sich im Bereich des legalen und illegalen Internetglücksspiels die Präventions- und Suchttherapiearbeit dar? Zu 4.: Im Bereich des legalen Glücksspiels sieht 4 Abs. 5 Nr. 4 GlüÄndStV die Entwicklung eines an die besonderen Bedingungen des Internets angepassten Sozialkonzepts vor. Dieses ist umzusetzen und wissenschaftlich zu evaluieren. Damit wird auch im Bereich des Internetglücksspiels ein suchtpräventiver Ansatz verfolgt, der darauf abzielt, gefährdete Personen Jugendliche oder gesperrte Spieler von der Teilnahme am Glücksspiel auszuschließen und Personen mit auffäl- 3

ligem Spielverhalten so frühzeitig zu erkennen, dass interveniert werden kann. Die Interventionsmaßnahmen können von einer ersten Kontaktaufnahme über Beratungsmaßnahmen und bei Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial bis zur Selbst- und/oder Fremdsperre reichen. Das Internet stellt einen nur schwer zu kontrollierenden Markt für Glücksspiel - angebote dar. Nach dem GlüÄndStV sind Glücksspiele im Internet verboten; nur der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten können erlaubt werden. Hierfür werden Konzessionen vergeben. Casinospiele, also beispielsweise auch das bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebte Poker, bleiben im Internet weiterhin verboten. Ferner beschreibt der GlüÄndStV, dass Minderjährige oder gesperrte Spieler (nach Abgleich mit der Zentralen Sperrdatei) vom Spiel ausgeschlossen werden müssen und der Höchsteinsatz pro Spieler 1.000 Euro im Monat nicht überschreiten darf, wobei Gewinne nicht mit den Einsätzen verrechnet werden dürfen. Spieler können sich selbst ein individuelles tägliches, wöchentliches oder monatliches Einzahlungs- und Verlustlimit setzen; dazu sollen sie bei der Registrierung aktiv aufgefordert werden. Diese Selbstlimitierung muss jederzeit geändert werden können. Ein an die besonderen Bedingungen des Internets angepasstes Sozialkonzept muss entwickelt und eingesetzt werden. Wetten und Lotterien dürfen nicht über dieselbe Internetdomain angeboten werden, auch darf nicht auf andere Glücksspiele verwiesen oder verlinkt werden. Da das Internet 24 Stunden sieben Tage die Woche zugänglich und das Nutzungsverhalten schwer zu kontrollieren ist, spielt die Information und Aufklärung der Bevölkerung eine große Rolle. Zu diesem Zweck hat das Landesgesundheitsamt in Kooperation mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kampagne Spielverderber ins Leben gerufen. Die Kampagne hat in erster Linie das Ziel, über die Risiken des Glücksspiels aufzuklären. Besonders für die Hauptzielgruppe Jugendliche besitzt das Internet eine hohe Anziehungskraft. Dies gilt auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Daher wurde die Homepage <www.spass-statt-sucht.de> in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Türkisch eingerichtet. <www.spass-stattsucht.de> informiert über Glücksspiele und über Gefahren des Glücksspiels. Um die Bevölkerung auf diese Homepage aufmerksam zu machen, wurden Gratispostkarten, die auf die Homepage hinweisen, erstellt und flächendeckend in Baden-Württemberg verteilt. Darüber hinaus ist die konsequente Umsetzung des Jugendschutzes unerlässlich. Außerdem soll auf jugendbezogene Marketingstrategien verzichtet werden. Als weitere Maßnahmen der Suchtprävention wären Popup-Fenster nach bestimmten Zeiträumen innerhalb des Login denkbar. In diesen könnten beispielsweise die Spieldauer, der Verlust oder das eigene Spielverhalten (z. B. risiko- reich ) dargestellt werden. Das Fenster müsste aktiv weggeklickt werden, um das Weiterspielen zu ermöglichen. Auch können Beratungsangebote oder die Hotlinenummer der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eingeblendet werden. Es gibt bereits internetbasierte Beratungs- und Hilfsangebote, auf diese kann gezielt verwiesen oder verlinkt werden. Generell dienen all jene, vielfach etablierte Präventionsansätze gleichermaßen auch der Prävention der Glücksspielsucht, die eine Stärkung der Persönlichkeit und Eigenverantwortung der Kinder und Jugendlichen zum Inhalt haben wie beispielsweise Kinder stark machen, Klasse 2000 oder Mädchen SUCHT Junge. Bezüglich der Therapie der Glücksspielsucht wird in Baden-Württemberg beispielsweise in den Kraichtalkliniken, Therapiezentrum Münzesheim, ein spezialisiertes Angebot zur stationären Suchttherapie vorgehalten. Dort wurden bereits in den Achtzigerjahren die ersten Glücksspieler stationär behandelt und hierfür ein eigenes Behandlungskonzept entwickelt. Niedrigschwellige Anlaufstellen für eine ambulante Beratung nicht nur zu stoffgebundenen Süchten, sondern auch zum Thema Glücksspielsucht sind die psychosozialen Beratungsstellen Baden-Württembergs. Das Sozialministerium fördert hier über 400 Stellen jährlich mit einem Betrag von je 16.900 Euro. 4

Mit der Einrichtung eines länderübergreifenden Sperrsystems wird die Bekämpfung der Glücksspielsucht verbessert, da betroffene Spielerinnen und Spieler dann nicht mehr auf andere (legale) Spielstätten ausweichen können. Der Ausschluss minderjähriger und gesperrter Spielteilnehmer sollte durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet sein. 5. Wie beurteilt sie Aktionen, bei denen Internetglücksspielbetreiber als Anreiz kostenlose Freispiele vergeben? Zu 5.: Das Anbieten kostenloser Freispiele als Anreiz zur Internetspielteilnahme ist kritisch zu sehen. Zwar wurde diese Werbemaßnahme einzelnen gewerblichen Spielvermittlern erlaubt. Auch steht die Werberichtlinie der Länder, die gemäß 5 Abs. 4 Satz 1 GlüÄndStV erarbeitet wurde, einem derartigen Verhalten nicht entgegen. Die kostenlosen Freispiele können jedoch dazu führen, dass Internetnutzer unter Ausnutzung des Spieltriebs an das entgeltliche Glücksspiel herangeführt bzw. dazu verleitet werden, auch an den (entgeltlichen) Glücksspielangeboten teilzunehmen. Dies dürfte vor allem dann der Fall sein, wenn die Spielteilnehmer zuvor beim kostenlosen Gewinnspiel beziehungsweise bei dem Freispiel etwas gewonnen haben. Denn dies kann zum einen dazu führen, dass die Spielteil - nehmer sich nun verpflichtet fühlen, auch am entgeltlichen Glücksspielangebot teilzunehmen, oder aber bewirken, dass diese angeregt durch den vorherigen Gewinn sogar risikobereiter sind. Mit dem Ziel, das Entstehen von Glücksspielund Wettsucht zu verhindern, sind kostenlose Freispiele beim legalen Internetglücksspielangebot daher nur schwer zu vereinbaren. Sinn und Zweck des erlaubten Glücksspielangebots ist es, das in der Bevölkerung bereits vorhandene Spielbedürfnis zu kanalisieren, nicht jedoch Unentschlossene zur Teilnahme am (entgeltlichen) Glücksspielangebot zu verführen. Der gegenteiligen Auffassung, wonach es die wesentlich suchtgefährlicheren Angebote der illegalen Glücksspielanbieter erforderlich scheinen lassen, durch geeignete Maßnahmen auf das legale Angebot im Internet aufmerksam zu machen und auf diese Weise vom illegalen Angebot zum legalen Angebot im Internet zu kanalisieren, darf nicht uneingeschränkt und kritiklos gefolgt werden. 6. Wie bewertet sie die Möglichkeiten zur Eindämmung des illegalen Internetglücksspiels und in welcher Form hat das Land die hierzu nötigen Kompetenzen? Zu 6.: Die Eindämmung des Internetglücksspiels stellt sich als äußerst schwierig dar. Nahezu alle Anbieter von Internetglücksspielen haben ihren Sitz im europäischen Ausland, sodass beispielsweise die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen sehr schwierig, in den meisten Fällen unmöglich ist. Der Gesetzgeber hat auf dieses Problem reagiert und in 9 Abs. 1 Nr. 4 GlüÄndStV die Möglichkeit geschaffen, die vom Inland ausgehenden Zahlungsströme an ausländische Glücksspielanbieter zu kappen. Bei unerlaubten Glücksspielen, die neben Baden- Württemberg auch noch in einem oder mehreren anderen Bundesländern angeboten werden bei Internetglücksspielen dürfte das ohne eine gezielte Verhinderung mittel Geolokalisation o. ä. nahezu immer der Fall sein, ist für den Erlass von Maßnahmen nach 9 Abs. 1 Nr. 4 GlüÄndStV nicht die Glücksspielaufsicht in Baden-Württemberg, sondern die Glücksspielaufsicht in Niedersachsen zuständig. In diesem Zusammenhang ist ferner problematisch, dass Anbieter von illegalen Glücksspielen in der Regel auch legale Angebote anbieten und bei einer Zahlung nicht erkennbar ist, welchem Bereich sie zuzuordnen ist. Eine weitere Schwierigkeit bei der Eindämmung des illegalen Internetglücksspiels resultiert daraus, dass in der Rechtsprechung gegenwärtig noch ungeklärt ist, ob die Vorschriften über das Internetverbot für bestimmte Glücksspiele im Allgemeinen und die besonderen Anforderungen an Internetglücksspiele im Speziellen ( 4 Abs. 5 GlüÄndStV) mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar 5

sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 24. Januar 2013 diverse Fragen vorgelegt, um die unionsrechtliche Zulässigkeit des Internetverbots klären zu lassen. Der BGH hat zugleich deutlich gemacht, dass nach seiner Rechtsansicht das Internetverbot mit Unionsrecht vereinbar ist. Mit einer Entscheidung des EuGH dürfte frühestens in eineinhalb bis zwei Jahren zu rechnen sein. Problematisch für Baden-Württemberg ist darüber hinaus, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) Zweifel an der Wirksamkeit des Internetverbots hat und aufgrund dieser Zweifel die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen entsprechende Untersagungsverfügungen anordnet. Zugleich werden die betreffenden Hauptsacheverfahren bis zur Entscheidung des EuGH über die gestellten Vorlagefragen ausgesetzt. Die Folge ist, dass mit Untersagungsverfügungen, die isoliert auf einen Verstoß gegen das (etwa für Poker und Casinospiele bestehende) Internetverbot gestützt sind, ein effektives Vorgehen gegen die Anbieter von derartigen Glücksspielen nicht erreicht werden kann, da aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und der Aussetzung des Hauptsacheverfahrens für die nächsten eineinhalb bis zwei Jahre eine Vollstreckungsmöglichkeit aus den Verfügungen nicht gegeben ist. Das Internetverbot kommt daher aufgrund der Rechtsprechung des VGH derzeit faktisch nicht zur Anwendung. Ob und inwieweit diese Rechtsprechung des VGH Auswirkungen auf die in 9 Abs. 1 Nr. 4 GlüÄndStV geschaffene Möglichkeit der Kappung der Zahlungsströme an illegale Glücksspielanbieter hat, ist derzeit noch nicht ab - sehbar. Bei der Polizei Baden-Württemberg werden für die Bekämpfung dieses Deliktsbereichs keine spezialisierten Einheiten vorgehalten. Auf Grundlage von 23 der Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (DVO PolG) ist für die Bekämpfung von schweren Fällen der Kriminalität ( 23 Abs. 2 Nr. 1 DVO PolG) damit auch für gewerbsmäßiges illegales Glücksspiel im Sinne von 284 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs die Kriminalpolizei zu ständig. Im Übrigen wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD (Bekämpfung von illegalem Glücksspiel im Internet; LT- Drucksache 15/1707) verwiesen. Gall Innenminister 6