Ablehnungsgründe für das Verfahren 7. Forum für Verbraucherrechtswissenschaft (12./13.März 2015) Alternative: Streitschlichtung Die Umsetzung der ADR-Richtlinie in Deutschland Dr. Susanne L. Gössl, LL.M. (Tulane) 1
Gliederung I. Einleitung und Verwendung des Begriffs Ablehnungsgrund II. Allgemeine Erwägungen zu den Ablehnungsgründen III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 VSBG-E IV. Fazit 2
I. Einleitung und Verwendung des Begriffs Regelung der Richtlinie: Art. 5 Zugang zur AS-Stellen und AS-Verfahren [...] (4) Die Mitgliedstaaten können nach ihrem Ermessen den AS-Stellen gestatten, Verfahrensregeln beizubehalten und einzuführen, die es ihnen erlauben, die Bearbeitung einer Beschwerde abzulehnen, wenn a) der Verbraucher nicht zuerst versucht hat, Kontakt mit dem betreffenden Unternehmer aufzunehmen, um seine Beschwerde zu erörtern und die Angelegenheit unmittelbar mit dem Unternehmer zu lösen; b) die Streitigkeit mutwillig oder schikanös ist; c) [...] 3
I. Einleitung und Verwendung des Begriffs Regelung im Referentenentwurf (VSBG-E): 13 Ablehnungsgründe (1) Der Streitmittler lehnt die Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens ab, wenn die Streitigkeit nicht in die Zuständigkeit der Verbraucherschlichtungsstelle fällt. (2) Die Verfahrensordnung kann vorsehen, dass der Streitmittler die Durchführung eines von einem Verbraucher eingeleiteten Streitbeilegungsverfahrens nach 3 Absatz 1 in folgenden Fällen ablehnen kann: 1. der streitige Anspruch ist nicht zuvor gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht worden, 2. der Antrag ist offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg oder erscheint mutwillig, insbesondere weil [...] 4
I. Einleitung und Verwendung des Begriffs Unterscheidung 13 I 13 II/ 28 II Art. 5 (1) Die Mitgliedstaaten erleichtern den Zugang der Verbraucher zu AS- Verfahren und sorgen dafür, dass unter diese Richtlinie fallende Streitigkeiten, an denen ein in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet niedergelassener Unternehmer beteiligt ist, einer AS-Stelle vorgelegt werden können, die den Anforderungen dieser Richtlinie genügt. [...] (3) 1 Die Mitgliedstaaten können ihrer Verpflichtung nach Absatz 1 dadurch nachkommen, dass sie für die Einrichtung einer ergänzenden AS-Stelle sorgen, die für diejenigen in jenem Absatz genannten Streitigkeiten zuständig ist, für deren Beilegung keine bereits existierende AS-Stelle zuständig ist. [...] [...] (6) Ist eine AS-Stelle nach den Verfahrensregeln gemäß Absatz 4 nicht in der Lage, eine ihr vorgelegte Beschwerde zu behandeln, so ist ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Verbraucher seine Beschwerde bei einer anderen AS-Stelle einreichen kann. 5
II. Allgemeine Erwägungen 1. Ausgangspunkte Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Streitbeilegungsstellen Grundsatz der Effizienz Grundsatz IV Empfehlung 98/257/EG Grundsatz C Empfehlung 2001/310/EG 6
II. Allgemeine Erwägungen 2. Grenze: Erhebliche Zugangsbeeinträchtigung Art. 5 IV 3: Solche Verfahrensregeln dürfen den Zugang der Verbraucher zu AS-Verfahren [...] nicht erheblich beeinträchtigen. faktisch und rechtlich Konsequenz: Wechselverhältnis 13 II 28 II 7
II. Allgemeine Erwägungen 3. Struktur der Ablehnungsgründe des 13 II 1 Nr. Wertende Entscheidung Notwendig Nicht notwendig 1. zuvoriges Geltendmachen des Anspruch gegenüber dem Unternehmer 2. Antrag offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg/ mutwillig 3. Streitigkeit bei einer anderen AS- Stelle/bei Gericht anhängig/ abgeschlossen 4. Minimaler oder maximaler Streitwert X 5. Beeinträchtigung des effektiven Betriebs der AS-Stelle X X X X 8
II. Allgemeine Erwägungen 4. Verfahren Entscheidungsträger 13 der Streitmittler 28 (1) Die Auffangschlichtungsstelle des Landes lehnt die Durchführung [ ] ab, wenn 1. eine andere Verbraucherschlichtungsstelle [ ] sich zur Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens bereit erklärt hat, [ ] Richtlinie: Verfahrensautonomie der AS-Stellen 9
II. Allgemeine Erwägungen 4. Verfahren Form und Frist 13 (3) Der Streitmittler teilt dem Antragsteller und, sofern der Antrag bereits an den Antragsgegner übermittelt worden ist, auch dem Antragsgegner die Ablehnung in Textform und unter Angabe der Gründe mit. [ ] Art. 5 (4) 2 [ ], so übermittelt die betreffende AS-Stelle beiden Parteien [ ] eine Erklärung, in der die Gründe angegeben sind, aus denen sie die Streitigkeit nicht behandeln kann. Frist: Innerhalb von drei Wochen ab Antragstellung bzw. ab Kenntnis des Grundes 10
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 1. der streitige Anspruch ist nicht zuvor gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht worden Art. 5 Abs. 4 a) der Verbraucher nicht zuerst versucht hat, Kontakt mit dem betreffenden Unternehmer aufzunehmen, um seine Beschwerde zu erörtern und die Angelegenheit unmittelbar mit dem Unternehmer zu lösen 11
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 1. der streitige Anspruch ist nicht zuvor gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht worden vs. 28 I 3. der streitige Anspruch nicht zuvor gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht worden ist oder 4. der Unternehmer den geltend gemachten Anspruch weder anerkannt noch abgelehnt hat, es sei denn, seit der Geltendmachung sind mehr als zwei Monate vergangen. 12
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 Wartefrist auch in 13 II 1 Nr. 1? Auslegung: Wortlaut, Geschichte, Systematik sprechen dagegen Telos Förderung der gütlichen Beilegung Missbrauchsgedanken Zeitraum variiert branchentypisch 13
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 2. der Antrag ist offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg oder erscheint mutwillig, insbesondere weil a) der Anspruch bei Antragstellung bereits verjährt war und der Unternehmer sich auf die Verjährung beruft, b) die Streitigkeit bereits beigelegt ist b) die Streitigkeit mutwillig oder schikanös ist 14
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 3. die Streitigkeit ist bei einer anderen Verbraucherschlichtungsstelle oder bei einem Gericht anhängig, eine andere Verbraucherschlichtungsstelle hat bereits ein Verfahren zur Beilegung der Streitigkeit durchgeführt oder ein Gericht hat bereits eine Sachentscheidung getroffen c) die Streitigkeit von einer anderen AS-Stelle oder einem Gericht behandelt wird oder bereits behandelt worden ist 15
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 4. der Streitwert überschreitet oder unterschreitet eine bestimmte Höhe d) der Streitwert unter oder über einem im Voraus festgelegten Schwellenbetrag liegt 16
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 5. die Behandlung der Streitigkeit würde den effektiven Betrieb der Verbraucherschlichtungsstelle ernsthaft beeinträchtigen, insbesondere weil a) der Antragsteller Stellungnahmen, Belege oder sonstige Mitteilungen, die von der Verbraucherschlichtungsstelle angefordert worden sind, nicht innerhalb einer von der Verbraucherschlichtungsstelle gesetzten, angemessenen Frist übermittelt hat, b) die Verbraucherschlichtungsstelle den Sachverhalt oder rechtliche Fragen nur mit einem unangemessenen Aufwand klären kann, c) eine grundsätzliche Rechtsfrage, die für die Bewertung der Streitigkeit erheblich ist, nicht geklärt ist. f) die Behandlung dieser Art von Streitigkeit den effektiven Betrieb der AS-Stelle ansonsten ernsthaft beeinträchtigen würde. 17
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 5. die Behandlung der Streitigkeit würde den effektiven Betrieb der Verbraucherschlichtungsstelle ernsthaft beeinträchtigen, insbesondere weil a) der Antragsteller Stellungnahmen, Belege oder sonstige Mitteilungen, die von der Verbraucherschlichtungsstelle angefordert worden sind, nicht innerhalb einer von der Verbraucherschlichtungsstelle gesetzten, angemessenen Frist übermittelt hat, b) die Verbraucherschlichtungsstelle den Sachverhalt oder rechtliche Fragen nur mit einem unangemessenen Aufwand klären kann, c) eine grundsätzliche Rechtsfrage, die für die Bewertung der Streitigkeit erheblich ist, nicht geklärt ist. f) die Behandlung dieser Art von Streitigkeit den effektiven Betrieb der AS-Stelle ansonsten ernsthaft beeinträchtigen würde. 18
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 Ungeklärte grundsätzliche Rechtsfrage rechtspolitischer Grund (P): von RL gedeckt? Funktion des Zivilprozesses vs. Grundsatzentscheidung Verhältnis ADR-Verfahren Gerichtsverfahren 19
III. Die Ablehnungsgründe des 13 II 1 Nicht umgesetzt: e) der Verbraucher die Beschwerde nicht innerhalb einer im Voraus festgelegten Frist, die mindestens ein Jahr nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher die Beschwerde beim Unternehmer eingereicht hat, beträgt, bei der AS-Stelle eingereicht hat 20
IV. Fazit 1. Einheitliche Begriffsverwendung bzgl. Ablehnung wünschenswert. 2. Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, insbesondere i.r.d. 13, da ansonsten die behördliche Schlichtungsstelle i.r.d. 28 mehr Verfahren annehmen müsste. 3. Einteilung der Ablehnungsgründe abhängig von Notwendigkeit einer Entscheidung sollte auch im Ablehnungsverfahren widergespiegelt werden. 4. Nachbesserung der Umsetzung in Einzelheiten möglich. Kritisch zu sehen ist das Regelbeispiel des 13 II 1 Nr. 5 lit. c (grundsätzliche Rechtsfrage). 21
Ablehnungsgründe für das Verfahren Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 22