CLEVERE UNTERNEHMER UND IHRE ERFINDUNGEN

Ähnliche Dokumente
Stadiondach heizt den Hochhäusern ein

Welches Solar-Potenzial steckt in Heidelbergs Dachflächen?

Gründe gegen den Einsatz von Solarenergie

Blockheizkraftwerke. Strom und Wärme selbstgemacht

SOLAR WINGS Photovoltaik-Anlage

Energieverbund Aargauerstrasse, Zürich Verdichtung nach ökologischem Vorbild

SWP-FONDSVERMITTLUNG. AKTUELLES: LEONIDAS XI - Windfonds Frankreich. Auszug aus dem Leonidas Newsletter vom 11. Februar 2013

Für Wärme, Warmwasser und Strom

Stadtwerke Sindelfingen erweitern das Fernwärmenetz in Maichingen

Solarstrom. Von Ihrem Dach. GOLDSTRØM

Position von Roche zum Bau eines Biomasse-Heizkraftwerks im Nonnenwald. Infoveranstaltung Stadt Penzberg

Kompaktes Dezentrales Warmwasser in den. Badezimmer -Vorwandsystemen. von Swissframe. Haustechnik der Zukunft. Architektur Rast & Johanson, New York

THERMOS die Innovation. Kompakte Effizienz der modularen Vorwandsysteme für alle Badezimmer. Haustechnik der Zukunft.

Energieeffizienz in Unternehmen Produkte kühlen und nicht den ganzen Laden

Gemeinsam Energie erleben

Flensburg extra regio. Regional erzeugter Strom aus 100 % erneuerbarer Energie. Ein Wechsel, der sich auszahlt.

Effizientssteigerung des Lüftungsantriebes

Besuchen Sie uns an der Messe Luzern: 1. bis 4. Oktober 2015 Halle 2, Stand Nr. C18. Tag und Nacht: Solarenergie aus Ihrem Keller.

Die grüne Brücke 2050 Gemeinsam den Weg in die neue Energiewelt gestalten.

MIKRO- KWK- PARTNER- BONUS.

solar max meinstrom Jetzt beteiligen an der Solaranlage «Buchholz»!

Mit der Kraft der Sonne Photovoltaik wandelt Sonnenstrahlung in elektrische Energie um. Dies ohne jegliche Abfälle, Lärmemissionen und Abgase.

DER UNTERSCHIED LIEGT IM DETAIL. Die wichtigsten Wettbewerbsvorteile von LG Solar.

Wohnbaugenossenschaft Sanieren mit Wärmepumpen

Die Wertschöpfung bleibt in der Region

Intelligente Energiekonzepte

«Vertical Sky» Die neue Generation vertikaler Windturbinen

OPTIMUS. Dezentrale Kraftwerke

Erneuerbares Kraftwerk Grüner Strom intelligent vernetzt

Auftragskarte 1b Mein kleines Wetter-Retter-Buch der erneuerbaren Energien

ENERGIE- KOSTEN AUF EINFACHE WEISE SENKEN 10 SCHRITTE DIE IHNEN HELFEN JETZT MIT DEM GELDSPAREN ANZUFANGEN

Stand der Energiewende in Bayern betriebliche Handlungsmöglichkeiten

Carbon2Chem: erster Spatenstich Technikum

Neues von der Energiewende. Dipl.-Ing. Walter Wesinger AK Stirlingmotor München

NACHHALTIGE NAHWÄRMENETZE Klimaschutz, Kostensicherheit und Unabhängigkeit

Erd-Kühlschrank selbst machen

für erneuerbare energie

Der Dachs. Die Kraft-Wärme-Kopplung von SenerTec. Einfach beim Heizen Strom erzeugen.

KLIMAFONDS. Klimafonds Stadtwerk Winterthur. Ihr aktiver Beitrag zum Klimaschutz.

INSUL-TUBE SOLAR. insulation technologies

SOLARE KOMPLETTSYSTEME SOLAR = MEINE HEIZUNG KOMPROMISSLOS FÜR IHREN MAXIMALEN ERTRAG

FREUE MICH AUF MORGEN... LG DEINE ZUKUNFT

Eigenverbrauch rechnet sich.

Für Wärme, Warmwasser und Strom!

Logbuch. Das Stromhaus. Wo begegne ich elektrischer Energie im Alltag? Wie könnte ich sie ersetzen?

Die 2000-Watt-Gesellschaft

ENERGIE-

Swiss-PV-Label. Erstes unabhängiges Qualitätslabel für Photovoltaik-Anlagen.

Photovoltaik-Anlage Ihr eigenes Kraftwerk.

Strom und Gas von NaturEnergie ökologisch, klimaneutral, günstig.

Die Stadtwerke München

Der Dachs. Die Kraft-Wärme-Kopplung.

Die Investitionen am Forex-Markt können große Gewinne zur Folge haben aber genauso besteht auch das Risiko Geld zu verlieren.

Kapitel 1 Warum Sie jetzt die Gründerzeit im Netz für völlig neue Chancen nutzen können

Nachhaltig in die Zukunft mit dem Bosch Wechselrichter Das Herzstück Ihrer Photovoltaikanlage

E.ON Aura Photovoltaikanlagen wirtschaftlich, innovativ und grün. Die moderne Stromversorgung von E.ON.

Das ist mir wichtig das soll so bleiben. Der Bildungs kurs in den Osnabrücker Werkstätten

Nachhaltigkeit in der Intralogistik -

Dossier documentaire

Sim.LED Untersuchungsleuchten Licht in einer anderen Dimension

Malen mit Pauli Energie für München

Strom und Wärme aus Gas? Kein Problem.

Gemeinsam Energie gewinnen

adele ein speicher für grünen strom

Vision und Leitbild Elektrizitätswerk Obwalden

Basislehrjahr Elektronik Automation AGS Basel 2009/2010. Dateiablage... 4

Damit Ihre Innovationen Wirklichkeit werden.

CrossPower. Das Intelligente Energiesystem.

Bedeutung von Unternehmensgründungen

Medienmitteilung (mit Sperrfrist bis , Uhr)

Arbeitsblatt Energiewende

gottardo LED-Stehleuchte Serie I Direktvergleich mit Mitbewerbern

Video-Thema Manuskript & Glossar

Hochschulkooperationen im Bereich Erneuerbare Energie zwischen. Gottwald Veronika Schulte HAW Hamburg. Project is funded by the European Union

Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Beginn der Rede!

Geschäftsbericht unsere Region gemeinsam erfolgreich machen

Erneuerbare Energien 2 Posten 6, 3. Obergeschoss 1 Lehrerinformation

Posten 2: Experiment Wasserkraft Lehrerinformation

Schulungsunterlagen für Energieberaterseminare. KWK-Leitfaden für Energieberater. 1

ÖKOSTROM die ERNEUERBARE ENERGIE FREI VON KERNENERGIE, NAHEzU CO -NEUTRAl, 2 AUS SCHWEIzERISCHER PRODUKTION

versorgt Gebäude emissionsfrei mit Strom, Wärme und Kälte Das zuverlässige, wirtschaftliche Gesamtsystem für den CO 2 -freien Gebäudebetrieb.

Energiestadt Küsnacht

Maßgeschneiderte Energieversorgung Unsere Schwaben-Pakete Maximale Energieausnutzung bei minimaler Investition!

30 JAHRE UNTERNEHMERGEIST & IDEENSCHMIEDE. entrepreneurs of tomorrow

Stand: Juni ERDGAS.praxis. Energiemanagementsysteme und -audits

Wie Sie Effizienz und Kosten optimieren. Und damit die Gebäuderentabilität sichern.

Erneuerbare Energien in Kasachstan Energiestrategie 2050

SUN MEMORY WÄRMEPUMPE & PHOTOVOLTAIK PERFEKTE KOMBINATION FÜR IHRE UNABHÄNGIGKEIT. Sonnenstrom. 4 kw. = 1 kw. Wärme.

Infokriegernews berichtet.

Firmenprofil. Interview/Firmenprofil

Direktvermarktung von erneuerbarer Energie im liberalisierten Markt in Deutschland. VESE-Frühlingstagung 2017 Burgdorf Felix Schäfer

SOLIVIA TL Solar-Wechselrichter Optimiert für Eigenverbrauch, Flexibel für alle Anwendungsbereiche. Delta Fachbeitrag.

Geyer & Weinig: Service Level Management in neuer Qualität.

Jetzt mit E-Mobilität durchstarten

Das Wahl-Programm der SPD für die Bundestags-Wahl in Leichter Sprache

Strom, der Sie begeistern wird.

FEE-Innovationspreis Energie Gestiftet von U. und Dr. R. Steyrer. Bewerbung

Mit guten Ideen gewinnen! Die Leitbilder der Pfalzwerke

Wärme, Warmwasser und Strom Ökostrom. Einfach beim Heizen Strom produzieren. Weil wir nicht nur nachhaltig wirtschaften, sondern auch heizen.

Transkript:

Die Innovation entsteht an der Peripherie Die Energieversorgung der Zukunft ist nicht nur erneuerbar sie ist auch dezentral. Strom und Wärme sollen dort produziert werden, wo sie gebraucht werden. Zehntausend Solardächer statt ein Grosskraftwerk! Ob neue Technologien zur Nutzung der Abwärme in den Kanalisationen oder der Fliesskraft unserer Bäche ein Blick in die Landschaft der Energiepioniere zeigt: Die wirkliche Innovation setzt auf den Endverbraucher, auf übersichtliche Kollektive wie Firmen und Wohnbaugenossenschaften, allenfalls auf Gemeinden und regionale Netzwerke. Das wirtschaftliche und ökologische Potenzial entfaltet sich dann, wenn diese genialischen Erfindungen im Provinzformat in grosser Zahl zur Anwendung kommen. Darauf hoffen unzählige KMU und Tüftler. Immer wieder fehlt es ihnen aber an Investitionen. Das Geld fliesst strudelfreier in gigantische Energieprojekte lesen Sie dazu unseren Artikel auf Seite 18. Da lassen sich fette Innovationspakete schnüren. Die Energieriesen bleiben ihren Geschäftsmodellen treu und kontrollieren die grossen Linien der Versorgung, die «Strom highways». Sie verdienen an den gewaltigen Energiemengen, die sie dem höheren Preis folgend hin und her leiten. Ihnen ist nicht an dezentralen Konzepten gelegen. Es heisst, in Sachen Ökotechnologie sei die Schweiz von der Spitze ins Feld zurückgefallen. Das Land spielt im Energiecasino lieber die Karte der Gross- und Pumpspeicherkraftwerke und wird in Sachen Erneuerbare zur Provinz. Aber die wahre Innovation passiert an der Peripherie. Insofern hat der Halbschatten der Provinz auch seine Vorteile. Es wird nun aber Zeit, den Tüftlern einige von ihnen haben wir in diesem Heft porträtiert Geld zu geben, damit sie wirklich loslegen können. Von den klassischen Geldgebern ist wohl nichts zu erwarten. Aber die Hoffnung ist berechtigt, dass statt wenigen grossen viele kleine Investoren eines neuen Typs künftig den Ton angeben. Bekanntlich folgten auf die Dinosaurier kleinere, agilere Lebensformen. red. CLEVERE UNTERNEHMER UND IHRE ERFINDUNGEN Von Therese Marty Fotos von Nicolas Fojtu Nie aufhören zu denken. Schritt für Schritt vorangehen. Den Glauben nicht verlieren. Das sind drei Credos von Unternehmern, die im Dienst der Energieeffizienz viel Zeit, Energie und Geld investieren. Greenpeace hat die Erfinder besucht und erfahren: Der Weg von der Idee bis zum Produkt ist lang und bedeutet Knochenarbeit. Eine Abwasserleitung in Winterthur Wülflingen. Eng und dreckig ist es in der Kanalisation. Trotzdem steigen regelmässig Besucher durchs enge Loch, um sich in der Unterwelt umzusehen. Grund des Interesses: Das durchschnittlich 25 Grad warme Abwasser der nahen Überbauungen wird durch den Einsatz von Wärmetauschern als Energiequelle genutzt. Die gewonnene Wärme wird in die Häuser zurückgeführt, umweltfreundlich und effizient. 1996 wurden in Zürich die ersten Wärmetauscher in die Kanalisation eingebaut. Mittlerweile sind 42 solche Anlagen in Betrieb und 300 weitere in Bearbeitung in 18 Ländern Europas, zudem in Nordamerika und Asien. Das bedeutet den Durchbruch für die Rabtherm genannte Technologie, die sich für Industrie- wie Wohnbauten ab 16 Wohnungen eignet und in ökonomischer wie ökologischer Hinsicht überzeugt. Nr. 2 2011 13

ENERGIEWENDE Die Entwicklung kostete Zeit. Vor 20 Jahren war es, als Urs Studer auf dem Heimweg in Zürich Höngg vor einem der dampfenden Gullys stehenblieb. «Das sind ja wahre Kraftwerke da unten», notierte sich der Maschineningenieur auf einem Notizblock, den er stets bei sich trägt, um Geistesblitze festhalten zu können. Die Idee, Abwasserwärme zu nutzen, liess den Inhaber eines erfolgreichen Ingenieurbüros nicht mehr los. Denn Studers Devise lautet: «Wenn ich einen Einfall habe, heisst das, dass ich ihn auch umsetzen kann.» So einfach war das jedoch nicht damals, als Öl noch billig und Energieeffizienz kein dringliches Thema war. «Die ersten zehn Jahre kam ich nur schleppend voran und investierte sehr viel Zeit, Energie und Geld», sagt Studer nicht klagend, sondern mit leuchtenden Augen, Feuer und Enthusiasmus versprühend. Wie kann die Wärme genutzt werden? Lohnt sich das überhaupt? Welche Materialien eignen sich? Wem gehört das Abwasser? Wo finde ich meine Kunden? Unzählige Dinge gab es zu bedenken, zu bereden, zu berechnen, zu klären. Um sich der Verwirklichung seiner Idee voll und ganz widmen zu können, verkaufte Studer sein Ingenieurbüro und nahm das Unverständnis von Kollegen sowie kritische Bemerkungen und finanzielle Einbussen in Kauf. Rückhalt gab ihm seine Ehefrau. «Sie hat stets an mich geglaubt, sonst hätte ich das nicht geschafft.» In den USA hat Studer viel gelernt Am Ende hat es funktioniert. Und weil Studer einer ist, der immer weiterdenkt und sich unaufhörlich Fragen stellt, wurde das mittlerweile patentierte Rabtherm-System immer besser und effizienter. Kam der Tüftler bei einem Thema nicht weiter, suchte er ungeniert Hilfe bei anderen. «Es gibt immer jemanden, der etwas weiss, das mir nützen kann», hat ihn die Erfahrung gelehrt. Und heute, mit dem Internet, sei es einfach, Knowhow zusammenzutragen. Dank neuen, innovativen Lösungen wurde die Leistungsfähigkeit des Rabtherm-Systems um über 40 Prozent erhöht. Studer fand beispielsweise heraus, wie die Wärmeleistung durch die Verhinderung des Biofilms auf dem Wasser um über 30 Prozent erhöht werden kann. Und er veranlasste den weltgrössten Stahlhersteller Arcelor-Mittal zur Entwicklung eines Chromstahls mit 80 Prozent verbesserter Wärmeleitfähigkeit. Dank ständiger Verbesserung rechnet sich eine Anlage nun bereits nach zwei bis fünf Jahren die Lebensdauer der Wärmetauscher beträgt 50, jene des Gesamtsystems 25 Jahre. Studer ist keiner, der sich nach solchen Erfolgen zurücklehnt. Unermüdlich ist er mit den Unterlagen von Rabtherm im Gepäck und innovativen Lösungen im Kopf auf dem Globus unterwegs, sucht neue Projekte, besucht Kunden, spricht mit Produzenten, diskutiert mit Experten. Das Resultat seiner Aktivitäten manifestiert sich in Stapeln akribisch geordneter Mäppchen, die sich auf und um den Schreibtisch türmen. Mittendrin erinnert ein Wimpel mit Sternenbanner an die Zeit, als der junge Maschineningenieur in den USA arbeitete, bevor er Entwicklungsleiter bei Luwa und Konzernleitungsmitglied bei Sulzer wurde. In den Staaten habe er sich wohl gefühlt und viel gelernt. Als Projektleiter für technische Systeme der Apollo-Weltraumkapseln war er von Wissenschaftlern und Pionieren umgeben und schätzte es, dass «permanent Neues erfunden und realisiert wurde». Aus Amerika kennt er die Theorie, dass jeder Mensch im Leben drei Chancen erhalte. Studer liess die erste sausen: «Vor vielen Jahren entwickelte ich ein Kapselsystem für Kaffeemaschinen. Wer weiss, was wäre, wenn ich das weiterverfolgt hätte» Die zweite Chance packte er: Sein Rabtherm-System hat Erfolg. Bleibt Nummer drei. «Es braucht viel Durchhaltevermögen, um eine neue Idee umzusetzen», sinniert Studer und spricht von den Hürden, die insbesondere bei alternativen Projekten überwunden werden müssen. «Es gibt aber noch viel Potenzial, um zumindest einen Teil des Bedarfs aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.» Ob er selber eine neue Idee verfolgt? «Wer weiss», schmunzelt er spruchreif sei die Sache noch nicht. So viel aber verrät er: «Sie hat mit Energieeffizienz zu tun.» Drei Männer, viel Knowhow, eine Passion Eingebettet zwischen den Flumserbergen und den Churfirsten richten sich hoch über dem Boden wie transparente Flügel wirkende Sonnensegel dem Licht entgegen. 320 Solarpanels sind, gestützt durch Seilbahnmasten, beweglich an zwei Seilen montiert. Eine solche Tragseilkonstruktion ist einzigartig. Die am 1. März 2010 in Betrieb genommene Fotovoltaikanlage liefert pro Jahr 90 000 Kilowattstunden Strom, was Nr. 2 2011 14

Hanspeter Ackermann, Roland Bartholet, Arthur Buechel (v.l.): Das Trio ist die treibende Kraft der Firma Solar Wings AG. Nr. 2 2011 15 F OTO: GREENPEACE / F OJTU

ENERGIEWENDE «Es gibt viele verheissungsvolle Lösungs an sätze, die man jetzt voran treiben muss» den Bedarf von 30 Haushalten deckt. Nach der für dieses Jahr geplanten Erweiterung werden jährlich 135 000 Kilowattstunden produziert. So wird auf dem Lagergelände des Steinwol leproduzenten Flumroc in Flums erfolgreich umgesetzt, was findige Köpfe erdacht haben. Drei Spezialisten sind es, die zur Weiterentwicklung und Vermarktung ihrer Erfindung des seilbasierten Montagesystems die Firma Solar Wings AG gegründet haben: Franz Baumgartner, Professor für Alternativenergie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur, der Liechtensteiner Arthur Buechel, Elektroingenieur mit MBA, sowie Roland Bartholet, Verwaltungsratspräsident des gleichnamigen Flumser Maschinenbauunternehmens mit über 50-jähriger Seilbahntradition. Drei Männer, viel Knowhow, eine Passion: die Fotovoltaik. «Das ist eine faszinierende Technologie mit nur einem Nachteil: Sie ist noch relativ teuer», erklärt Buechel. Denn während Kosten und Effizienz der Solarmodule laufend optimiert worden sind, habe man die Lösungen für die Montage vernachlässigt. So werden «insbesondere in Solarparks Montagesysteme eingesetzt, die sehr viel Material wie Aluminium, Beton oder Stahl erfordern und entsprechend teuer sind». Und um die Solarmodule nach dem Sonnenstand auszurichten, würden zahlreiche Antriebseinheiten benötigt, «was nebst Kosten zusätzlichen Wartungsaufwand mit sich bringt». Buechel, Baumgartner und Bartholet waren überzeugt: «Hier kann man mit Technologie und Innovation sehr schnell sehr viel ändern.» Nach den ersten Sitzungen im Jahr 2007 ging es zügig voran. Auf den Prototyp im Frühling 2008 folgte im Dezember das erste Versuchsprojekt in Deutschland und im Februar 2010 die Anlage in Flums. Nur: So ganz nach Drehbuch lief es nicht. Buechel: «Geplant war, nach der Realisierung des ersten Projekts zunächst nach Investoren zu suchen doch da kam uns die Finanzkrise dazwischen.» Das bedeutet, dass Solar Wings noch Geld für den Geschäftsaufbau sucht. Ganz ohne Unterstützung standen die drei Partner jedoch nicht da. Im St. Galler Rheintal kennt man sich und arbeitet zusammen. Die Firma Flumroc, die ebenfalls auf erneuerbare Energien setzt, liess auf ihrem Logistikareal die eingangs beschriebene Anlage bauen. Und ein vierter Mann kam ins Spiel: Hanspeter Ackermann, Geschäftsführer der Flumroc-Tochter Pamag Engineering, tüftelte, rechnete und konstruierte. Er leistete seinen Beitrag dazu, dass die Anlage optimal montiert, verstrebt und ausgerichtet über den blauen Paketstapeln mit Flumroc-Dämmstoffen wertvollen Solarstrom produziert. «Problemlos und weitgehend wartungsfrei», wie Ackermann betont. «Strom soll möglichst da produziert werden, wo er gebraucht wird», lautet die Philosophie der drei Besitzer von Solar Wings. Mit ihren Fotovoltaikanlagen wollen sie dazu beitragen. Dass dies mit der bewährten, robusten und leicht rückbaubaren Seilbahntechnologie gelingen wird, davon sind die Pioniere überzeugt. «Ein entscheidender Vorteil ist, dass man bei unserem System die Fläche unter der Anlage für andere Zwecke nutzen kann», sagt Buechel. Ein weiterer Pluspunkt ist der vergleichsweise geringe Materialeinsatz. «Wir rechnen damit, dass unsere Anlagen insbesondere in Wohn- und Industriegebieten zum Einsatz kommen werden sei dies für Parkplätze oder Lagerflächen.» Also dort, wo die Energie benötigt wird. Die Möglichkeit, einen nachhaltigen Beitrag für die Umwelt zu leisten, ist für Buechel «ein wunderbares Gefühl». Für die Solarenergie sieht er grosses Potenzial. Entscheidend sei, die Kosten in den Griff zu bekommen. «Da gibt es noch einiges zu tun, zumal vor allem die Speichertechnik noch nicht befriedigend ist.» Das sei aber eine Frage der Zeit, denn: «Es gibt viele verheissungsvolle Lösungsansätze, die man jetzt vorantreiben muss. Man sollte einfach jenen Leuten, die Lösungen präsentieren, mehr Gehör schenken als solchen, die immer nur über Probleme sprechen.» Als erfahrener Unternehmer weiss der Liechtensteiner, was es braucht, um mit unkonventionellen Ideen und Produkten erfolgreich zu sein: «Der Weg besteht aus vielen kleinen Schritten so kommt man langsam, aber sicher zum Ziel.» Nr. 2 2011 16

Urs Studer: «Es braucht viel Durchhaltevermögen, um eine neue Idee umzusetzen» Turbinen mit hohem Wirkungsgrad Einer, der noch auf den Durchbruch wartet, ist Hasan Isik, von Beruf Erfinder. Der Türke in der Ostschweiz hat in seinem Leben schon einiges patentieren lassen eine Zahnbürste mit Licht etwa. Oder ein Toilettenbelüftungssystem, das 90 Prozent Energie einspart. Die Spezialität des Autodidakten jedoch sind Turbinen. Dass Isik etwas davon versteht, wird offensichtlich, wenn er abwechselnd zeichnend und gestikulierend seine jüngste Erfindung erklärt. «Es handelt sich um eine Turbine zur Energie gewinnung in Fliessgewässern, die an unterschiedliche Einsatzbedingungen angepasst werden kann und einen vergleichsweise hohen Wirkungsgrad ermöglicht.» Dieser werde erreicht, «weil die einzelnen Schaufeln am Turbinenrad gelenkig angeordnet sind, was die Reibung und damit den Energieverlust verringert.» Akribisch erklärt der 44-Jährige, wie und weshalb aufblasbare Elemente die Effizienz der Turbine erhöhen und welche individuellen Lösungen möglich sind. «Eine gute Idee», das habe man ihm überall bestätigt, wo er mit seiner Erfindung vorstellig geworden sei. Bei der ETH wie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur, beim Energiedepartement seines Wohnkantons wie bei weiteren Fachstellen hat der Findige um Unterstützung angefragt und sie in fachlicher Hinsicht auch erhalten. «Forscher und Spezialisten zeigten sich von meiner Erfindung überzeugt.» Isiks Turbine ist zum Patent angemeldet. Was noch fehlt, ist ein Prototyp, damit die nötigen Messungen gemacht werden können. Doch um einen solchen herzustellen, fehlt dem mittellosen Erfinder das Geld. Unermüdlich kämpft der Tüftler aus Istanbul für die Realisierung seiner Idee. Er, der vor fünf Jahren eigens seiner Turbine wegen in die flussreiche Schweiz gekommen ist, hat sich das einfacher vorgestellt. Kein Geld und (noch) keine Investoren, die gewillt sind, seiner Turbine eine Chance zu geben etwas zermürbend sei das schon, sagt Isik. Nichts hindere ihn aber daran, weiter an sich zu glauben und sein Projekt weiterzuentwickeln. «Wissen Sie», sagt er und tippt an seine Stirn, «es hört nicht auf zu denken hier drin. Nie.» FOTOS: GREENPEACE / F OJTU Nr. 2 2011 17