ElFriedeFreudeJelinek 4. Semester Theater (Spielleitung: Uli Köhler + Anna Popova)

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Transkript:

ElFriedeFreudeJelinek 4. Semester Theater (Spielleitung: Uli Köhler + Anna Popova) Eigentlich ist das umgekehrt, zu dem, was ich früher wusste. Dass meine kindliche Liebe zu den Eltern nach vorne kippt, über mich drüberkippt und ich kann sie dann austrinken und ich kann dann jeden, der danach kommt, immer wieder den Becher Erdbeerjoghurt auslöffeln lassen, der mit dem Geschmack, als ich besonders Mama liebte, durchsetzt ist. Den Geschmack will ich wiederhaben! Den stürze ich, wie einen Pudding, über alle drüber, die da noch kommen sollen. Ich rinne ihnen schon zu den Ohren heraus. Das strömt nur so aus mir, diese Bindungen bestehen noch fort, auch wenn sie gar nicht mehr bestehen, weil sie irgendeine Prüfung nicht bestanden haben, wer hätte das gedacht! Meine Bindung an Mama besteht leider noch fort, was soll ich machen, dieser Posthornton gefriert, das Blut gefriert mir in den Adern, das bleibt in der Luft stehen, mal hier, mal dort. Findet keinen Ausgang. Mama, du, meine erste Liebe, an der ich alle anderen messen werde, ich freue mich schon so darauf! Keiner wird, an Mamas Liebe gemessen, bestehen können. Diese Liebe bleibt als ihre Form, als die Kuchenform, die Puddingform noch in der Luft erhalten und wird über alles drübergestülpt, was als Liebe sonst noch so daherkommen wird. (Aus: Elfriede Jelinek, Winterreise. 2011)

Stückauswertung Elfriede Jelineks Biographie und ihre zwanghafte Beziehung zu ihrer Mutter, die sie bis zu deren Tod nicht konstruktiv auflösen konnte und in zahlreichen Texten bearbeitete, inspirierte die 18 Schüler_innen des Abiturjahrganges kurz vor ihrem Schritt in ein neues, selbstbestimmteres Leben über Mutterliebe, Schutz und Geborgenheit, über die Biographien ihrer eigenen Mütter, über Mütterbilder und Erwartungen, aber auch über die Themen Ablösung und dem Zu Viel an mütterlicher Liebe nachzudenken und dieses spielerisch auszugestalten. Heraus kam ein schillerndes, lustbetontes, explosives Spiel- Potpourri voller Spannkraft, jedoch auch mit inspirierenden Leerstellen, die nicht sofort mit rationalen Interpretationen gefüllt werden konnten. Sinnloses Verstehen wurde immer wieder vom Publikum gefordert, ganz im Sinne der Autorin selbst: Jedenfalls soll eine Art Denken, also ein Fragen, das nicht auf seine Beantwortung be steht, daraus entstehen, aus dem, was ich da auf die Bretter werfe, in einer Art Entrümpelungsaktion meines Gehirns. Der Fernseher antwortet nur. Ich frage nur. Ich frage ja nur. Das werde ich doch wohl noch dürfen! Die Wesen auf der Bühne fragen ebenfalls, alle durcheinander. Man versteht, im Gegensatz zum braven Fernsehsprecher, kein Wort, aber aus dieser Vielstimmigkeit, die scheinbar alles erklärt, bevor noch gefragt wurde, werden plötzlich nichts als Fragen, noch viel mehr Fragen, obwohl eben scheinbar nur Antworten gegeben werden. (Aus: Eine Antwort auf die Frage: "In Mediengewittern - die Theater überflüssig?" Für Theaterbrevier, hrsg.: Ausschuss für künstlerische Fragen im Bühnenverein. 2009)

Im Folgenden weitere Eindrücke aus dem Stück. Da fragt mich dann jemand nach meinen Leidenschaften, ich will ihm grade antworten, da, plötzlich überkommt mich unsagbare Wut, auch auf mich selbst, hauptsächlich auf mich selbst. Das ist das Selbstzerstörerische der Angst: dass man sie nicht überwinden kann. Man kann vieles nicht überwinden, sollte es vielleicht auch gar nicht erst versuchen, aber die Angst ist wie ein ständiger Spaziergang ins Nichts, in den Abgrund. Die Wut, nicht hineinzukommen, aber auch nicht wieder heraus, obwohl man gar nicht drinnen war, richtet sich gegen einen selber, gegen die eigene Unfähigkeit, sich dem zu stellen, vor dem man sich fürchtet. Es ist, als ob man ein Tier wäre, und die Angst säße ei-

nem auf dem Rücken. Warum jemanden beschimpfen, weil er auf den Weg des Reisens, des Lebens, des Lebensreisens nicht zurückfindet, wenn es ihn vertragen hat und dieses Vertragen ist kein sich mit jemand anderem Vertragen, aber auch kein Weitertragen. (Aus: Elfriede Jelinek, Winterreise. 2011) Wir verlieren unsere Eltern ja nicht umsonst, wir verlieren sie, damit sie durch andere Leute ersetzt werden können, die dann nie so gut zu uns sind wie die Eltern, na ja, das ist nicht immer so, wenn es umgekehrt ist, dass die anderen besser zu uns sind als die Eltern, dann ist es auch gut, von mir aus, dann ist es von mir aus gut. Dann kann das eben passieren. Mir doch egal. Ich bin sowieso ein

Mensch, der zur vollen Befriedigung nicht fähig ist, ich bin zielgehemmt, was besser ist als ungehemmt. ( ) Es ist doch so: Wer zu Befriedigung überhaupt nicht fähig ist, so wie ich, der hat ein schönes Leben, der ist dann froh, dass Mama weg ist, die einen an der Befriedigung seiner Ziele so lange gehindert hat, dass man gar nicht mehr weiß, ob man überhaupt welche hatte ( ). Ich bin jeden Tag froh, dass Mama tot ist. Sie war siebenundneunzig und ist zuletzt verrückt geworden. Es war eine rasende Eifersucht. Die Paranoia, die sie latent immer schon hatte, ist voll ausgebrochen. Sie hat schon, als ich ein Kind war, jeden, den ich mochte, aus meiner Umgebung entfernt. Ich war wie ein Tier von früher Kindheit an auf diese Frau fixiert, die absolute Macht über mich hatte. (Aus: Elfriede Jelinek, Winterreise. 2011) Ist Schreiben die Gabe der Schmiegsamkeit, der Anschmiegsamkeit an die Wirklichkeit? Man möchte sich ja gern anschmiegen, aber was geschieht da mit mir? Was geschieht mit denen, die die Wirklichkeit gar nicht wirklich

kennen? Die ist ja sowas von zerzaust. Kein Kamm, der sie glätten könnte. Es läßt sich einfach nicht ordnen. Es will nicht. So oft man auch mit dem Kamm mit den paar ausgebrochenen Zinken hindurchfährt es will einfach nicht. ( ) Die Wirklichkeit ist das, was unter die Haare, unter die Röcke fährt und sie eben: davonreißt, in etwas Anderes hinein. Wie soll der Dichter die Wirklichkeit kennen, wenn sie es ist, die in ihn fährt und ihn davonreißt, immer ins Abseits. Von dort sieht er einerseits besser, andrerseits kann er selbst auf dem Weg der Wirklichkeit nicht bleiben. Er hat dort keinen Platz. Sein Platz ist immer außerhalb. Nur was er aus dem Außen hinein sagt, kann aufgenommen werden, und zwar, weil er Zweideutigkeiten sagt. (Aus: Elfriede Jelinek, Im Abseits. Nobelvorlesung.