Für Adam war die Sache klar: Laura lebte mit ihrer Familie auf der anderen Seite des Atlantiks, tausende Kilometer von ihnen entfernt. Charles Danson war bekennender Kanadier und wollte nicht von seiner Heimat wegziehen, Laura hatte ziemlich schnell eine Arbeit gefunden, den Kindern ging es gut, Punkt. Sicher wäre es schön gewesen, die Enkel beim Aufwachsen zu begleiten, ihre Gesichter zu sehen, wenn sie Weihnachten ihre Geschenke öffneten, mit ihnen in den Zoo oder in einen Zirkus zu gehen. Das ließ sich nun mal nicht ersetzen durch ein Gespräch, das man alle paar Wochen vor dem Computer führte. Im Fernsehen war in einem Film so eine Unterhaltung zu sehen gewesen. Die Hälfte der Zeit hatten die Protagonisten damit verbracht, die richtige Kameraposition zu finden, das Ganze hatte wie eine Übertragung aus dem Weltall gewirkt.»hallo
Erde, hier spricht Laura.«Knirsch, knacks, Kamerageschiebe. Vielen Dank, darauf konnte er verzichten. Natürlich hätte man sich auch mal besuchen können, es ging ihnen gut genug, um zumindest alle zwei Jahre einen Flug zu buchen, aber Charles war strikt dagegen, dass seine Familie flog. Einer seiner Onkel war mit Frau und Sohn bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Charles war zu dieser Zeit noch ein kleiner Junge gewesen. Über die Jahre hatte er eine so starke Abneigung gegen das Fliegen entwickelt, dass er sich nicht einmal im Fernsehen Flugzeuge ansehen konnte. Das war auch der Grund, warum Laura nach der Hochzeit allein nach Chippenham kam, um ihre persönlichen Sachen aus dem Elternhaus abzuholen. Adam und Ellen waren ziemlich sauer gewesen. Adam hingegen stieß vor
allem auf, dass seine Tochter ihn nicht vor der Heirat um Erlaubnis gefragt oder wenigstens um seine Meinung gebeten hatte. Ellen war eher um Lauras Wohlergehen besorgt, sie sah sich immer wieder die Fotos von der Trauung an, die sie mitgebracht hatte, und suchte das Gesicht ihres unbekannten Schwiegersohnes nach positiven oder negativen Anzeichen zu ergründen. Adam legte die Zeitung zur Seite, er dachte häufig an seine Tochter, an seine Enkel und natürlich auch an seinen Schwiegersohn, über den sie nach und nach einiges von ihrer Tochter erfahren hatten. Ellen, die hauptsächlich Kontakt zu Laura hielt, informierte ihn regelmäßig über Neuigkeiten. Es wäre schön, seine Tochter wieder in die Arme zu schließen und vor allem die beiden Enkel leibhaftig kennenzulernen, aber er grollte immer noch ein wenig wegen der
unangekündigten Hochzeit und überhaupt, es wäre ihre Pflicht, sie zu besuchen, Charles Ängste hin oder her.»hier, mein Liebling.«Ellen stand neben dem Liegestuhl und hielt ihm ein Glas entgegen. Er nahm es dankend an und stellte es neben sich ins Gras. Seine Frau verschwand wieder im Garten, irgendwo zwischen den Pflaumen- und den Birnenbäumen. Ja, die Enkel. Adam atmete tief durch. Besonders für Ellen war das nicht leicht, er kannte sie, sie war ein Familienmensch. Möglich, dass sie sich darüber ärgerte, dass er sich dem Kauf eines Computers widersetzt hatte, doch auch sie war dem neumodischen Zeugs, wie sie es nannte, nicht besonders zugetan. Zwar waren die Küchengeräte und die Waschmaschine auf dem neuesten Stand, aber bei jedem notwendigen Kauf musste
Adam streng darauf achten, dass es einfach zu bedienende Geräte waren, die Ellen keine Schwierigkeiten bereiteten. Möglichst einheimische Produktion, was die Sache oft nicht leichter machte.»wenn ich eine Gebrauchsanweisung lese, will ich sie auch unmittelbar verstehen und mir nicht erst den Originaltext aus dem Koreanischen oder Japanischen übersetzen lassen müssen«, hatte sie ihm mehr als einmal erklärt und damit offene Türen eingerannt. Im Gegensatz zu ihm sprach sie bei den gelegentlichen Telefonaten immer ausführlich mit Laura. Er mochte es nicht, längere Zeit mit jemanden zu reden, den er nicht zugleich real vor sich hatte. Das Telefon nutzte er eigentlich nur, um Termine zu regeln und Verabredungen zu treffen. Wenn Ellen ihm das Telefon reichte, damit er ein paar Worte mit seiner Tochter oder seinem Schwiegersohn wechseln