Mehr Vielfalt und rentable Biogasproduktion - mit den richtigen Blühmischungen ist beides möglich. Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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Transkript:

Landespflege Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Dr. Birgit Vollrath und Kornelia Marzini Mehr Vielfalt und rentable Biogasproduktion - mit den richtigen Blühmischungen ist beides möglich www.lwg.bayern.de

Mehr Vielfalt und rentable Biogasproduktion - mit den richtigen Blühmischungen ist beides möglich LWG aktuell / 2016 Herausgegeben von: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Abteilung Landespflege An der Steige 15 97209 Veitshöchheim Telefon: 0931/9801-402 Telefax: 0931/9801-400 E-Mail: landespflege@lwg.bayern.de Internet: www.lwg.bayern.de Bayer. Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim, 2016 Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung oder Verarbeitung mit elektronischen Systemen ist ohne Genehmigung des Herausgebers unzulässig.

Mehr Vielfalt und rentable Biogasproduktion - mit den richtigen Blühmischungen ist beides möglich Dr. Birgit Vollrath und Kornelia Marzini Einleitung Auf Ackerflächen angelegte, mehrjährige Blühflächen bieten über einen langen Zeitraum Nahrung und Lebensraum für blütenbesuchende Insekten, Vögel, Fledermäuse und andere heimische Wildtiere. Verwendet man spezielle, massewüchsige Wildpflanzenmischungen kann der Aufwuchs wie bei herkömmlichen Energiepflanzenkulturen jährlich geerntet (Bild 4) und zur Biogasgewinnung genutzt werden. Aktuelle Ergebnisse belegen, dass bei der richtigen, auf den Standort abgestimmten Mischungszusammensetzung und Kulturführung gute Erträge bei gleichzeitig hoher Artenvielfalt und langer Blütenbereitstellung möglich sind. Durch die doppelte Funktion der Flächen Biomassegewinnung und Förderung der Biodiversität können Nutzungskonflikte entschärft, zusätzliche blüten- und strukturreiche Lebensräume geschaffen und die Biotopvernetzung verbessert werden. Die Biogas-Wildpflanzenkulturen, die sich aus rund 25 Arten zusammensetzen, vereinen viele Vorteile. Durch die Kombination von ein-, zwei- und mehrjährigen blütenreichen Wild- und Kulturpflanzenarten wird erreicht, dass sich nach einmaliger Saat mehrere Jahre in Folge hohe Blühbestände bilden (Bild 1). Eine jährliche Bodenbear beitung und Aussaat entfällt somit, so dass der Arbeitsaufwand für den Landwirt vergleichsweise gering ist. Auch Pflanzenschutzmaßnahmen sind nicht vorgesehen. Die mehrjährige Bodenruhe schützt vor Erosion und verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Nach der Ernte treiben viele Pflanzenarten erneut aus und bilden nach kurzer Zeit wieder eine lockere Pflanzendecke, die auch über den Winter bestehen bleibt. Die bisher verwendeten Praxismischungen konnten durch eine grundlegende Überarbeitung auf Basis langjähriger Forschungsergebnisse deutlich verbessert werden. Stabilere Methanausbeuten werden durch langsam reifende Staudenarten gewährleistet, die das Erntezeitfenster verlängern. Besondere Kulturverfahren erhöhen Etablierungserfolg und Ertragssicherheit auf problematischen Standorten. Grundlegende ökologische Vorteile der neuen Mischungen sind die größere Artenvielfalt und längere Blühzeiten in späteren Standjahren. Insgesamt betrachtet ist die Weiterentwicklung des Anbausystems ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Naturschutz und landwirtschaftliche Produktion sind auf ein und derselben Fläche möglich! Bild 1: Blütenreicher Bestand der Veitshöchheimer Hanfmischung im 2. Standjahr. Zu sehen sind Stockrose, Fenchel, Wegwarte, Herzgespann und Rainfarn. Sonderdruck aus: / 2016 3

Sie bietet vielen heimischen Tieren Schutz und Deckung, wenn die Felder in der Umgebung noch kahl sind. Wegen des geringen Düngerbedarfs, der niedrigen herbstlichen Boden-Nitratgehalte und der reduzierten Erosionsgefahr sind die Wildpflanzenmischungen auch zum Anbau in Hanglagen, in Trinkwasserschutzgebieten oder auf Flutpoldern geeignet und können in belasteten Regionen gezielt zur Reduktion von Nitratverlusten eingesetzt werden. Kumulierter TM-Ertrag [dt/ha] 1200 1000 800 600 400 200 0 72 2015 2014 2013 2012 2011 58 39 59 51 58 49 63 Rund 55 % des Trockenmasseertrags von Silomais Typische Praxiserträge bewegen sich im Bereich zwischen 70 und 130 dt Trockenmasse pro Hektar. Für einen seit 2011 laufenden Exaktversuch an acht Standorten in Bayern liegen mittlerweile Ertragsdaten für die gesamte fünfjährige Standzeit vor (Projekt Ringversuch Bayern ; Partner LWG, LfL und TFZ; Förderung StMELF). Insgesamt wurden je nach Standort zwischen 600 und 1100 dt/tm geerntet (Abbildung 1). Dies entspricht zwischen 40 und 70 % des Ertrags von Silomais, der als Vergleichskultur in den Versuch einbezogen wurde. Im Mittel aller Standorte lag die bei den Wildpflanzenkulturen geerntete Trockenmasse bei 55 % des Silomaisertrags. Im ersten Jahr wird die geerntete Biomasse fast ausschließlich von einjährigen Kulturarten gebildet. Mit Entwicklung der mehrjährigen Arten steigen die Erträge bis zum dritten Jahr häufig an und bleiben meist bis zum Ende der vorgesehenen Standdauer von fünf Jahren oder länger auf dem hohem Niveau. Bei dem Ringversuch in Bayern war der Ertragsanstieg vor allem auf den besseren Standorten sehr ausgeprägt (Abbildung 2, grüne Säulen) und führte ab dem 3. Jahr regelmäßig zu Erträgen zwischen 120 und 140 dt Trockenmasse pro Hektar. Höchstwerte bei optimalen Wuchsbedingungen belegen Ach Bau Ssm Alm Gru Ost Srb Sch schlechtere Standorte (-) bessere Standorte (+) Abbildung 1: Kumulierter Wildpflanzen-Hektarertrag [dt Trockenmasse/ha] bei fünfjähriger Standzeit an acht Standorten in Bayern. Die Standorte sind mit zunehmender Ertragsmesszahl (EMZ) angeordnet (Schlechtere Standorte (EMZ < 4200): Bau=Baumannshof, Ssm=Strassmoss, Alm=Almesbach, Gru=Grub, sowie Ach=Achselschwang (Grünlandstandort); bessere Standorte (EMZ > 4200) Ost=Osterseeon, Srb=Straubing und Sch=Schwarzenau) TM-Ertrag im [dt/ha] 160 140 120 100 80 60 40 20 0 44 50 Schlechtere Standorte 42 44 97 bessere Standorte 94 65 2011 2012 2013 2014 2015 Abbildung 2: Wildpflanzen-Trockenmassehektarertrag [dt/ha] im Verlauf von fünf Standjahren an acht Standorten in Bayern (Ansaat 2011 in Blanksaat, Daten 2011 bis 2015). Dargestellt ist der mittlere Ertrag bei den schlechteren und den besseren Standorten des Ringversuchs in Bayern (vgl. Abbildung 1). Der Wert in den Säulen gibt den relativen Wildpflanzenertrag im Vergleich zu Silomais an [%]. das große Ertragspotenzial der Wildpflanzen. So wurden an dem Ertragsstandort Straubing (Ertragsmesszahl 7600) im Anbaujahr 2014 bis zu 200 dt Wildpflanzen trockenmasse pro Hektar geerntet. 55 Auf den schwächeren Standorten lagen die stärker schwankenden Erträge im Bereich zwischen 70 und 90 dt TM/ha (Abbildung 1, rote Säulen). 84 86 4

Für langfristig hohe Erträge ist eine gute Bestandsetablierung wesentliche Voraussetzung. Bei starkem Problempflanzendruck oder Wassermangel nach Feldaufgang verläuft die Bestandsentwicklung bei Blanksaat im Frühjahr nicht immer zufriedenstellend. Wie Versuche an fünf Standorten in Bayern, Brandenburg und Niedersachsen zeigten (Projekt Energie aus Wildpflanzen ; Partner LWG, BSA, LWK Niedersachsen, LfL, TFZ; Förderung BMEL über die FNR), kann der Etablierungserfolg durch besondere Verfahren, bei der auch klassische Ackerfrüchte als Deckfrucht zum Einsatz kommen, entscheidend verbessert werden. Die Deckfrucht wird dabei mit reduzierter Saatstärke gesät und davon abgesehen weitestgehend praxisüblich geführt. Die Oben-auf-Saat der Wildpflanzen (ohne einjährige Arten) erfolgt in einem zweiten Arbeitsgang oder mit Einsatz einer Saatkombination. Im ersten Standjahr wird die Deckfrucht geerntet, ab dem Folgejahr sind die gesäten Wildpflanzen ertragsbildend. Das beste Etablierungsergebnis wurde ausnahmslos bei Saat in Sommergerste erzielt. Die Folge waren höhere Erträge in den folgenden Jahren (Abbildung 3, hellgrüne Säulen). Nach dem Schnitt der Gerste, die zum Schutz von Brutvögeln und anderen Wildtieren erst ab Mitte Juli erfolgte, entwickelte sich bis zum Spätherbst regelmäßig noch ein dichter, artenreicher Bestand aus kräftigen Wildpflanzen. Weil unerwünschte Beikräuter besonders gut unterdrückt wurden, war diese Methode selbst auf Flächen in schlechterem ackerbaulichem Zustand erfolgreich. Auch kann als Deckfrucht verwendet werden. Wegen der stärkeren Beschattung und längeren Standzeit dieser Kulturart sollte die Wildpflanzenmischung zeitgleich zum gesät werden (vgl. gelbe Säulen in Abbildung 3, bei praxisüblicher Saatstärke von Silomais) oder die Saatstärke beim deutlich reduziert werden. Neben der Frühjahrssaat wurde die Herbstsaat in Grünroggen erprobt. Sie führte ebenfalls zu einem guten Feldaufgang und höheren Erträgen im Folgejahr (dunkelgrüne Säulen). Vorteile durch den Herbstsaattermin sind vor allem auf Standorten mit geringer Wasserverfügbarkeit im Sommer zu erwarten, weil sich die Pflanzen über das Winterhalbjahr durch den Aufbau von Wurzelmasse stabilisieren können, in sehr strengen Wintern besteht jedoch das Restrisiko das Auswinterns. Relativer Wildpflanzen-TM-Ertrag 150% 100% 50% 0% 108% 107% 117% 125% 106% 122% 52% 124% 123% n.b. 117% 95% 152% 123% 95% 100% 70% 88% 136% 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 Blanksaat Einj. Blütenpfl. tiefer Sommergerste Silomais Silomais (nach PSM) Grünroggen Blanksaat Einj. Blütenpfl. tiefer Sommergerste Silomais Silomais (nach PSM) Grünroggen n.b. Marquardt (Brandenburg) Grub (Bayern) Abbildung 3: Wildpflanzenertrag verschiedener Etablierungsvarianten im ersten (1) und im zweiten (2) Jahr nach der Ansaat. Die Wildpflanzen wurden im Jahr 2012 unter verschiedenen Deckfrüchten angesät. Die Säulen stellen den relativen Ertrag im Vergleich zur üblichen Vorgehensweise dar (Blanksaat, graue Säulen; PSM = Pflanzenschutzbehandlung, n.b. = nicht bestimmt). Sonderdruck aus: / 2016 5

Ertragsvorteile in schlechten jahren 3000 Schlechtere Standorte bessere Standorte In den Jahren 2013 und 2015 mit deutschlandweit niedrigen erträgen erwiesen sich ältere, bereits verwurzelte Wildpflanzenmischungen als wesentlich stabiler, so dass die Wildpflanzenerträge in diesen Jahren nahe an heranreichten oder ihn sogar übertrafen. Im Mittel lagen die relativen Wildpflanzenerträge dieser Jahre bei rund 90 % (vgl. Abbildung 2, Angaben in den Säulen). Die Ergebnisse lassen annehmen, dass die Mischungen robuster gegenüber Witterungsextremen sind und mit Klimaveränderungen besser zurechtkommen als Monokulturen, die jährlich gesät werden müssen. Methan-Ertrag im [m 3 /ha] 2500 2000 1500 1000 500 0 33 22 34 26 64 2011 2012 2013 2014 2015 Abbildung 4: Wildpflanzen-Methanhektarertrag [m3/ha] im Verlauf von fünf Standjahren. Nähere Erläuterung siehe Abbildung 2. 59 44 35 56 54 Neue Mischungen mit längerem Erntezeitfenster Die Methanausbeute variierte in den Ernteproben des Ringversuchs Bayern stark und erreichte meist zwischen 65 und 90 % des vergleichswerts. Mit diesen Werten ergaben sich für die Methanmenge, die pro Hektar mit Wildpflanzenmischungen gewonnen werden kann, ab dem dritten Standjahr rund 50 % des Werts von Silomais (Abbildung 4, Angaben in den Säulen). Über die gesamte Standdauer betrachtet lag das Standortmittel bei knapp 40 % der Methanmenge der Vergleichskultur. Niedrige Methanausbeuten resultieren häufig aus verspäteten Ernteterminen. In den meisten Wildpflanzen-Praxismischungen sind, wie auch noch in den Versuchsmischungen des Ringversuchs, Staudenarten enthalten, die insbesondere bei trockener Witterung sehr schnell verholzen können. Dadurch war nicht immer eine rechtzeitige Ernte möglich und in der Folge die Methanausbeute erniedrigt. Um dies zu vermeiden und das Erntezeitfenster zu verlängern, wurde die Praxismischung im Jahr 2014 grundlegend überarbeitet. Häufiger frühzeitig verholzende Pflanzen wie Beifuß ersetzten wir durch langsamer reifende Arten mit längerfristig stabiler Methanausbeute und langer Blütezeit. Bild 2: Neben Honigbienen besuchen Feldwespen gerne die Blüten des Fenchels. 6

Größere Vielfalt durch mehr Staudenarten Zusätzliche Staudenarten sorgen in den neuen Mischungen für eine höhere Artenund Strukturvielfalt in späteren Standjahren. Dies war wichtig, weil die Artenzahlen bei den bislang auf Praxisflächen eingesetzten Wildpflanzenmischungen oft ab dem vierten Jahr stark abnahmen (Abbildung 5). Auch kamen in älteren Beständen häufig einige wenige konkurrenzstarke Wildstauden zur Dominanz und verdrängten zunehmend die übrigen Arten der Mischung. Für eine ausgewogenere Artausstattung und größere Diversität in späteren Standjahren reduzierten wir daher die Mischungsanteile dieser Dominanzarten. Gleichzeitig ergänzten wir andere, in langjährigen Sichtungsversuchen geprüfte, massewüchsige Arten (Projekt Energie aus Wildpflanzen, BMEL) wie Fenchel (Bild 2), Stockrose, Herzgespann und Muskatellersalbei. Auch zweijährige Arten wie verschiedene Kletten, die nach der Ernte nochmals blühen und bis zum Spätherbst Samen bilden können, bezogen wir mit ein. Um das Artenspektrum zu erweitern, können auch weniger wuchsstarke Arten, beispielsweise der regionaltypischen Flora, hinzugenommen werden. In einer Mischung wird zur Ertragsmaximierung im ersten Jahr Faserhanf (Cannabis sativa) verwendet, der durch seine hohe schmale Wuchsform die Wildstauden kaum beschattet ( Veitshöchheimer Hanfmischung, Bild 3). Bild 3: Ansicht der starkwüchsigen Veitshöchheimer Hanfmischung im ersten Standjahr, mit Faserhanf, mehrköpfiger Sonnenblume und Schmuckkörbchen. 20 18 16 mehrjährige Arten zweijährige Arten einjährige Arten Fazit Artenzahl 14 12 10 8 Der Anbau mehrjähriger Wildpflanzenmischungen zur Biogasproduktion bringt mehr Struktur- und Artenvielfalt in unsere Kulturlandschaft. Praxisrelevante Vorteile liegen in der langjährigen Nutzbarkeit bei stabilen Erträgen und dem geringeren Aufwand im Vergleich zu einjährigen, intensiven Kulturen. 6 4 2 0 Abbildung 5: Anzahl der ein-, zwei- und mehrjährigen gesäten Arten im Verlauf von fünf Stand jahren Sonderdruck aus: / 2016 7

Die bisher verwendeten Praxismischungen konnten durch eine grundlegende Überarbeitung auf Basis langjähriger Forschungsergebnisse deutlich verbessert werden. Stabilere Methanausbeuten werden durch langsam reifende Staudenarten gewährleistet, die das Erntezeitfenster verlängern. Besondere Kulturverfahren erhöhen Etablierungserfolg und Ertragssicherheit auf problematischen Standorten. Grundlegende ökologische Vorteile der neuen Mischungen sind die größere Artenvielfalt und längere Blühzeiten in späteren Standjahren. Insgesamt betrachtet ist die Weiterentwicklung des Anbausystems ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Naturschutz und landwirtschaftliche Produktion sind auf ein und derselben Fläche möglich! Bild 4: Die Veitshöchheimer Hanfmischung lässt sich ausgezeichnet mit einem Direktschneidwerk beernten. Dr. Birgit Vollrath Kornelia Marzini LWG Veitshöchheim 8