bestimmungen zur informationspflicht von einrichtungen zur betrieblichen und privaten altersvorsorge empfehlung der ÖGUT-plattform ethisch-ökologische veranlagung A - 1020 Wien Hollandstr. 10/46 Tel. +43 1 315 63 93-0 Fax +43 1 315 63 93-22 E-Mail: office@oegut.at www.oegut.at
Bestimmungen zur Informationspflicht von Einrichtungen zur betrieblichen und privaten Altersvorsorge Eine Empfehlung der Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung 1 in der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) Inhaltsverzeichnis Ausgangssituation 3 Ziel der Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung 4 Vorschlag 4 Hintergrundinformation 5 Internationale Situation und Entwicklungstendenzen 6 Nachweis der Ertragskraft von ethisch-ökologischen Geldanlagen 7 Erwartete Effekte 8 1 Der Begriff Ethisch-ökologische Veranlagung entstammt der Fachterminologie und wird hier in dem Sinne verwendet, dass die Berücksichtigung sozialer Kriterien gleichwertiger Teil einer nachhaltigen Veranlagungsstrategie sein muss. 2
Ausgangssituation Das verwaltete Vermögen der Pensionskassen beträgt in Österreich mit Ende 2000 knapp 8 Mrd. EURO, die Wertpapiere im Anlagevermögen der Versicherungsgesellschaften aktuell ca. 25 Mrd. EURO und das Fondsvolumen der Kapitalanlagegesellschaften etwa 69 Mrd. EURO. Der Einfluss dieser Institutionen auf die Finanzmärkte und die Unternehmen, an denen sie Anteile halten, nimmt stark zu. Es ist daher notwendig, sich mit der Frage ihres Einflusses auf Kapitalmärkte, Unternehmen, Wirtschaftsentwicklung, Beschäftigung und damit auf die Arbeitsbedingungen der Menschen sowie auf die Qualität der Umwelt zu beschäftigen. Im zunehmenden Wettbewerbsdruck zwischen den Fondsmanagern ist das ausschlaggebende Erfolgskriterium die kurzfristige Rendite der getätigten Veranlagungen. Allgemeine Interessen der Gesellschaft Sozial- und Umweltverträglichkeit der Unternehmenstätigkeit bleiben in dieser auf die kurze Frist ausgerichtete Sicht größtenteils unberücksichtigt und der Einfluss auf Anlageentscheidungen seitens der Anleger (Betriebe, Privatpensionen) ist ex lege nicht möglich. In Deutschland (und Österreich) durchgeführte Umfragen zeigen, dass die Zukunft der Altersvorsorge eines der wichtigsten politischen Themen ist. Hintergrund ist, dass aufgrund der ungünstigen demographischen Entwicklung in den meisten EU-Staaten die Grenzen des Generationsvertrages zunehmend sichtbar werden. Seitens der Politik wird daher verstärkt auf die Mehr-Säulen-Strategie gesetzt und die 2. und 3. Säule, die betriebliche und private Altersvorsorge, gestärkt. In der Bevölkerung herrscht jedoch zum Teil große Verunsicherung über die zukünftig zu erwartenden Änderungen im Pensionssystem. Dennoch scheint die Ergänzung des umlagefinanzierten staatlichen Pensionsvorsorgesystems um die betriebliche und private Altersvorsorge unabdingbar. Künftige Pensionszahler werden in zunehmendem Maße nicht mehr nur staatliche Stellen sein, sondern vermehrt die genannten Mittelverwalter. Im Rahmen der betrieblichen und privaten Altersvorsorge liegt es in der politischen Verantwortung, entsprechende Rahmenbedingungen zu gestalten, um einerseits die Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes zu gewährleisten und andererseits das Vertrauen der Bevölkerung in eine funktionierende Altervorsorge zu stärken. Als Träger der Altersvorsorge sind die Finanzdienstleister naturgemäß an Anlagemöglichkeiten interessiert, die langfristig sichere Erträge erzielen. Ebenso legen Anleger laut einer aktuellen Umfrage des Instituts für Markt-Umwelt-Gesellschaft (IMUG) immer größeren Wert auf ökologisch-soziale Kriterien bei der Veranlagung. Denn gerade Unternehmen, die sich sozial und ökologisch verantwortungsbewusst verhalten, bieten auch langfristig solide Ertragsaussichten. Bereits heute verfügen die Einrichtungen zur betrieblichen Altersvorsorge in der EU über Vermögenswerte im Ausmaß von rund 25% des BIP der Europäischen Union. Künftige Pensionsempfänger erwarten, dass ihre Gelder langfristig sicher und ertragreich veranlagt werden. In diesem Sinne gibt es auf europäischer Ebene verstärkt Bemühungen, die langfristige Sicherheit und Effizienz der veranlagten Mittel und damit der zukünftigen Altersvorsorge sicherzustellen. 3
Ziel der Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung Die Erfahrungen aus dem Ausland, insbesondere in den USA und Großbritannien, zeigen, dass große Teile der Bevölkerung an einem umweltgerechten Einsatz der Altersvorsorgegelder interessiert sind. Vielfach mangelt es dabei aber an der notwendigen Transparenz. Das Ziel der Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung ist daher neben der Schaffung höchstmöglicher Transparenz hinsichtlich der Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien bei der Veranlagung im Rahmen der betrieblichen und privaten Altersvorsorge die bestmögliche Gewährleistung von langfristiger Sicherheit und Effizienz bei den veranlagten Geldern sicherzustellen. Vorschlag Aufgrund der bereits angesprochenen noch unzureichenden Transparenz sind in verschiedenen Ländern gesetzliche Regelungen geplant oder bereits eingeführt worden, mit denen die Altersvorsorgegesellschaften zu entsprechender Transparenz verpflichtet werden. Die Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung schlägt als eine Maßnahme zur Erreichung des oben genannten Zieles vor, folgende Regelung in die jeweiligen Informationsbestimmungen aller Einrichtungen zur betrieblichen und privaten Altersvorsorge aufzunehmen: Der Anbieter muss auch jährlich schriftlich darüber informieren, ob und wie er ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung (Investment, Deinvestment, Management der Anlage und Abstimmungsverhalten) der eingezahlten Beiträge berücksichtigt. Dabei ist auf die aktuellen Standards der ethisch-sozial-ökologischen Veranlagungen Bezug zu nehmen. Gleichlautende Informationspflicht besteht auch im Geschäftsbericht. Die Struktur und die Inhalte (Komponenten), die der Bericht umfassen soll, finden sich im Anhang. Nach Ansicht der Plattform Ethisch-ökologische Veranlagung können mit der Aufnahme dieser Regelung in die jeweiligen Informationsbestimmungen aller Einrichtungen zur betrieblichen und privaten Altersvorsorge insbesondere folgende Effekte erreicht werden: (1) Österreich würde den Wunsch der Bevölkerung nach Transparenz und verbesserter Information über Anlageprodukte nachkommen und sich damit in die Reihe der innovativen und zukunftsorientierten Länder einordnen. (2) Durch den oben genannten Vorschlag kann das Vertrauen der Bevölkerung in eine funktionierende kapitalgedeckte Altersvorsorge als Ergänzung zum staatlichen Umlagesystem in der Pensionsvorsorge gestärkt werden. Im Zuge der umfassenden Rechtsänderungen hinsichtlich der Abfertigung neu erscheint die Aufnahme der Regelung über die Informationspflicht besonders geeignet, da der diesbezügliche Vorschlag der Sozialpartner die Abfertigungskassen verpflichtet, mindestens einmal pro Jahr kostenlos eine Kontonachricht an die Arbeitnehmer über den Stand ihrer Veranlagung zu übermitteln. 4
Hintergrundinformation Internationale Situation und Entwicklungstendenzen Nachweis der Ertragskraft von ethisch-ökologischen Geldanlagen Erwartete Effekte 5
Internationale Situation und Entwicklungstendenzen Es ist international zu beobachten, dass sich in der Öffentlichkeit zunehmend die Haltung verbreitet, dass nachhaltige Geldanlagen eine durchaus sinnvolle Form der Geldanlage sind. Neben den drei klassischen Dimensionen von Anlageprodukten nämlich Rentabilität, Sicherheit und Liquidität erschließt sich zunehmend eine neue Dimension die Umweltqualität eines Finanzprodukts. In den USA wurden ethische, soziale und ökologische Kriterien bei der Anlage von Altersvorsorgegeldern bereits erfolgreich eingesetzt. Daneben spielt die von Anlegern geforderte Transparenz eine bedeutende Rolle. Auf Ebene der EU wurde bereits ein Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über die Offenlegung der Anlagepolitik ausgearbeitet, worin Einrichtungen zur betrieblichen Altersvorsorge verpflichtet werden sollen, ihre globale Anlagestrategie auf die Zukunft auszurichten und Angaben über ihre Grundsätze zu veröffentlichen. Großbritannien war eines der ersten Länder, die eine Informationsregelung ( Deklarationspflicht ) hinsichtlich der Berücksichtigung von ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien gesetzlich geregelt hat. In der Zwischenzeit gibt es auch in Deutschland und Australien entsprechende Berichtspflichten über die Verwendung der Altersvorsorgebeiträge. In Belgien wird eine Informationspflicht sehr wahrscheinlich eingeführt, allerdings auf freiwilliger Basis. In der Schweiz, in Kanada, Spanien, Dänemark und Italien wird aktuell über das Thema diskutiert. Der zukünftige deutsche Gesetzestext zur Reform der gesetzlichen Rentensicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz) beinhaltet die Verpflichtung seitens der Anbieter, die Anleger schriftlich über die Verwendung der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge und über die Art und Weise der Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien zu informieren. Der oben dargestellte Vorschlag einer Informationspflicht in Österreich orientiert sich an der Formulierung des deutschen Gesetzestextes. 6
Nachweis der Ertragskraft von ethisch-ökologischen Geldanlagen Die häufigsten Einwände gegen ethisch-ökologische Veranlagungen beziehen sich auf die angeblich geringere Rentabilität im Vergleich zu konventionellen Anlagen. Diese Befürchtungen werden in der Praxis nicht bestätigt: Ethisch-ökologische Anlagen werfen in der Regel keine geringeren Renditen ab und weisen im Schnitt auch kein höheres Risiko auf (Einzelfälle, auf die das zutrifft, können natürlich trotzdem auftreten). Dasselbe gilt für die Liquidität, die im Wesentlichen von der Anlageform abhängt und nicht davon, ob nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien veranlagt wurde oder nicht. Das Washingtoner Investor s Responsibillity Research Center, ein Forschungszentrum für ethisch-ökologische Anlagen, untersuchte die finanzielle Performance von Low Pollution - Unternehmen zwischen 1987 und 1991 und kam zu dem Ergebnis, dass diese in 73 von 90 Fällen höher lag als die der High Pollution -Unternehmen. Ökologische Fonds erreichten 2000 ein allgemein unerfreuliches Börsenjahr eine Performance bis 19 % und eine hohe Stabilität. Der wirtschaftliche Erfolg umweltfreundlicher Unternehmen ist aber kein Zufall. Besseres Kundenimage, höhere Energie- und Ressourceneffizienz in der Produktion und höhere MitarbeiterInnenmotivation verschaffen diesen Unternehmen häufig einen Vorsprung am Markt. Eine Benchmark für ethisches Aktieninvestment ist der Domini Social 400 Index (DSI400) in den USA. Dieser Aktienindex wurde 1990 von KLD, Cambridge, USA, eingeführt und enthält die 400 größten US-Unternehmen, welche mittels eines ethischen Rasters, bestehend aus Ausschluss- und Qualitätskriterien, selektiert werden. Zu den Ausschlusskriterien zählen Alkohol, Tabak, Glückspiel, Atomkraft und Rüstung. Stellt man den DSI400 seinem konventionellen Pendant, dem S&P500 (Standard & Poors 500) gegenüber, der die 500 größten US-Unternehmen enthält, so ist eine signifikante Outperformance erkennbar. Während der DSI400 im 10-Jahreszeitraum per 30.11.2000 einen durchschnittlichen jährlichen Return von fast 20 % erzielen konnte, erreichte der S&P500 weniger als 18 %. Folgende Abbildung zeigt einen Vergleich zwischen dem Natur-Aktien-Index (NAX) und dem bekannten konventionellen Index, dem MSCI-Weltindex im Zeitraum zwischen 1.4.1997 und 9.10.2001. Der NAX besteht aus 20 nach ökologisch-ethischen Kriterien weltweit ausgewählten Titeln. Der MSCI (Morgan Stanley Capital International World Index) ist ein gewichteter Marktkapitalisierungsindex, der für die Markstruktur repräsentative weltweit gestreute Unternehmen enthält. Die Vergleichsgraphik zeigt, dass der NAX um über 60 Prozentpunkte mehr Ertrag gebracht hat als der Aktienindex MSCI. Quelle: BLOOMBERG, New York, Natur-Aktien-Index: entwickelt von ÖKO-INVEST, Wien 7
Erwartete Effekte Die Stärkung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien in der Veranlagung und die Information darüber unterstützen den Wandel der österreichischen Wirtschaft und Gesellschaft zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung. Diese Unterstützung findet einerseits ein hohes Maß an Übereinstimmung mit den Zielen der österreichischen Bundesregierung 2 und des Europäischen Rates, der sich im Juni 2001 auf eine Strategie für nachhaltige Entwicklung geeinigt hat, und fördert andererseits die österreichischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Die vorgeschlagene Ergänzung der Informationsbestimmungen für Finanzdienstleister (siehe oben) zielt unmittelbar auf folgende Zielvorstellungen ab:! Erhöhung der Transparenz und damit verbesserte Information der Anleger über ihre veranlagten Gelder Die Information über ethische, soziale und ökologische Kriterien im Bereich der Veranlagung bedeutet auch, dass dem Recht des/der Konsumenten/in auf umfassende Produktinformation Rechnung getragen wird. So kann auch bereits vorhandenes Bewusstseinspotenzial auf der Konsumentenseite im Sinne eines bottom-up-ansatzes für die Märkte wirksam werden.! Erhöhte Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien in der Veranlagung Die Unternehmen müssen der Öffentlichkeit ihre Erfolge und Leistungen im Umweltund Sozialbereich darlegen. Wenn sie in sozialen und ökologischen Fragen fortschrittlich agieren, profitieren sie von einem besseren Image und erhalten so Marktvorteile. Außerdem ist zu erwarten, dass durch die Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien in der Veranlagung neue Märkte geschaffen werden können.! Steigerung der Akzeptanz betrieblicher und privater Altersvorsorge Durch die verstärkte Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien in der Veranlagung und deren Offenlegung wird insgesamt eine Erhöhung der Akzeptanz betrieblicher und privater Altersvorsorge erwartet. Dies führt langfristig zu einer Entlastung der öffentlichen Budgets sowie einer erhöhten Sicherheit des österreichischen Sozialsystems.! Langfristige Sicherstellung der Erträge betrieblicher und privater Altersvorsorge Die langfristige Sicherstellung der Erträge betrieblicher und privater Altersvorsorge mit dem Hintergrund eines zunehmend schwierig zu finanzierenden umlagebasierten staatlichen Pensionssystems stellt eine große Herausforderung an die Politik dar. Die Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien in der Veranlagung der Altersvorsorgegelder soll dazu eine Hilfestellung sein. Die Erreichung der genannten Ziele erfordert Vertrauen in die Politik, entsprechende Rahmenbedingungen zu gestalten, um die betriebliche und private Pensionsvorsorge zu stärken. Dennoch stellt die betriebliche und private Altersvorsorge keine Alternative, sondern lediglich eine Ergänzung zum öffentlichen System der Altersvorsorge (Umlagesystem) dar. 2 Vgl. Österreichs Zukunft nachhaltig gestalten, Grünbuch für eine österreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung, Wien Juni 2001. 8
Mitglieder der Plattform: Monika Auer, ÖGUT Mag. Andreas Berndt, GPA Max Deml, Öko-Invest Mag. Rupert Ebenbichler, Kommunalkredit Austria Mag. Johannes Fries, Kommunalkredit Austria Mag. Reinhard Friesenbichler, Unternehmensberatung Dr. Herbert Greisberger, ÖGUT Mag. Sultana Gruber, Bank Austria Mag. Susanne Hasenhüttl, ÖGUT Erich R. Hoffmann, HOFFMANN & PARTNER GMBH DI Dr. Ramesh Luttenberger-Iranshahr, Bank Austria Dietrich Jiricka,GPA Georg Liebenberger, Sal. Oppenheim Dr. Reinhard Paulesich, WU Wien, Abt. Umwelt und Wirtschaft Dr. Peter Reithofer, TOKOS Mag. Marion Rosner, Asset Management GmbH Gerda Schiesser, Bank Austria Creditanstalt Mag. Bernd Vogl, BMLFUW Mag. Caroline Vogl, BMLFUW Mag. Richard Weberberger, SAM-Group Redaktion: Mag. Andreas Berndt, GPA Erich R. Hoffmann, HOFFMANN & PARTNER GMBH Dr. Reinhard Paulesich, WU Wien, Abt. Umwelt und Wirtschaft Mag. Reinhard Friesenbichler, Unternehmensberatung Dr. Herbert Greisberger, ÖGUT Monika Auer, ÖGUT Mag. Susanne Hasenhüttl, ÖGUT Wien, im Oktober 2001 9