mit Hinweisen zum Thema Handschutz mit System in chemischen Laboratorien Grundsätzliches Eigentlich ist es jedem klar: Die Hände werden bei Laborarbeiten stark beansprucht. Daher greifen viele auch zu Handschuhen, die die Hände schützen sollen, wenn Verletzungen durch mechanische, chemische, biologische Einflüsse oder durch Strahlung möglich sind oder wenn mit Hauterkrankungen an den Händen zu rechnen ist. Dabei muss beachtet werden, dass geeignete Handschuhe bei vielen Laborarbeiten einen guten Schutz bilden, wenn die Tragezeit so kurz wie erforderlich gehalten wird. Handschuhe hingegen, die unüberlegt ausgewählt wurden, die luftundurchlässig sind und über einen längeren Zeitraum getragen werden oder die von längerfristig einwirkenden Chemikalien durchdrungen werden, begünstigen eine Schädigung der Hände. Insbesondere ein schlecht ausgewählter Chemikalienschutzhandschuh begünstigt eine Scheinsicherheit, die gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben könnte. systematischer Hautschutz Die Haut besitzt zwar eine natürliche Abwehrkraft gegen schädliche Einwirkungen, doch darf diese Fähigkeit nicht überschätzt und überbeansprucht werden. Gerade bei Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen (viele Chemikalien, Mikroorganismen) ist ein wirkungsvoller, systematischer Hand- und Hautschutz mit angepaßten Maßnahmen zur Vermeidung der regenerierende Hautpflege vorbeugender Hautschutz schonende und angepaßte Hautreinigung Hautgefährdung erforderlich. Er besteht aus einem wirkungsvollen vorbeugenden Hautschutz, dem Ausschalten hautaggressiver Reinigungsmethoden und der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse durch Hautpflege.
2 Hautschutz mit System in chemischen Labor Arbeiten mit Chemikalien Mit hautresorptiven, sensiblisierenden oder ätzenden Stoffen? nein ja Mit wässrigen Lösungen oder anorganischen Feststoffen? nein Geeignete Handschuhe tragen! ja Hautschutzcreme, i.e. Ö/W-Creme auftragen! nein Über einen längeren Zeitraum? ja Schweißbildung vorbeugen, z. B: - Baumwollunterziehhandschuhe - gerbstoffhaltiger Hautschutz - zweites Handschuhpaar Bei Materialauswahl des Schutzhandschuhs Beständigkeitstabellen beachten! Nach Abschluß der Arbeiten: Reinigung und Trocknung der Haut. Hautpflegecreme auftragen!
3 Grundausstattung für einen systematischen Hautschutz In der überwiegenden Zahl der Anwendungen werden Kunststoffhandschuhe als Spritzschutz vor Chemikalien eingesetzt. Erfahrungsgemäß eigenen sich zu diesem Zweck vor allem velourisierte Latex- oder Nitrilhandschuhe (Latexhandschuhe vorwiegend für anorganische Stoffe, Nitril für Organika), da der Kontakt mit den Chemikalien nicht beabsichtigt und bei unbeabsichtigter Kontamination nur kurz ist, weil die Handschuhe sofort ausgezogen werden können. Werden Schutzhandschuhe von mehreren Personen im Wechsel benutzt, müssen aus hygienischen Gründen eigene Baumwollunterziehhandschuhe benutzt werden. Dies betrifft z. B. velourisierte Nitrilhandschuhe mit langen Stulpen, die beim Ausräumen von KOH-Bädern einen angemessenen Schutz bieten. Baumwollunterziehhandschuhe beugen auch Hautschäden vor, die durch Feuchtigkeits- und Wärmestau unter Kunststoffhandschuhen entstehen können. Wer diese im Zentralen Chemikalienlager erhältliche Grundausstattung angemessen anwendet, kann davon ausgehen, daß die Hände grundsätzlich gut gegen Chemikalien geschützt sind. zur allgemeinen Benutzung im Labor fetthaltige Hautschutzcreme hautschonendes Reinigungsmittel, z. B. Flüssigseife Pflegecreme zur persönlichen Benutzung Latex-Formhandschuhe Nitril-Formhandschuhe Baumwoll-Unterziehhandschuhe ggf. Nitril-Formhandschuhe mit langen Stulpen (für KOH-Bäder) Leistungsgrenzen der Grundausstattung Immer dann, wenn aufgrund der geplanten Arbeiten Handschuhe mit Chemikalien beabsichtigt und längerfristig benetzt werden oder wenn mit hautresorptiven Stoffen - womöglich noch mit allergener oder toxischer Wirkung - gearbeitet werden soll, muß der Schutzhandschuh mit größter Sorgfalt auf den betreffenden Stoff abgestimmt werden. Erste allgemeine Hinweise geben Beständigkeitstabellen der Hersteller. Hilfreicher ist in solchen Fällen ein Blick auf die entsprechenden Angaben des Sicherheitsdatenblattes des betreffenden Stoffes und die anschließende, gezielte Suche nach einem geeigneten Handschuh mittels EDV-Programm eines Handschuhproduzenten. Gute Adressen für Informationen sind 1. http://www.hvbg.de/bia/stoffdatenbank ( Gestis )
4 2. http://www.verwaltung.uni-mainz.de/kanzler/dua/metalink/index.htm (reichhaltige Informationen zu Schutzhandschuhen; subsumiert unter dem Punkt Laborsicherheit/Persönliche Schutzausrüstungen ) Beständigkeitsgrenzen von Schutzhandschuhen Selbst optimal ausgewählte Handschuhe besitzen Beständigkeitsgrenzen: Grundsätzlich bemißt sich die Beständigkeit von Chemikalienschutzhandschuhen auf der Grundlage der EN 374 an drei Größen: Permeation: Chemikalienmoleküle können das Handschuhmaterial durchdringen und ins Innere des Handschuhs, d. h. auf die Haut gelangen. Sechs unterschiedliche Level chrakterisieren die Zeit, die eine Chemikalien hierfür benötigt (höchster Schutz = Level 6). Penetration: Durchtritt von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen durch makroskopische Löcher wie Fehler oder Nähte. (Level 3 bezeichnet hier dem längsten Schutz.) Degradation: Verschlechterung des Handschuhmaterials unter dem Einfluß von Chemikalien. Das Material kann steifer, spröder oder weicher werden und in der Schutzwirkung nachlassen. Schutzhandschuhe können nur wirksam sein, wenn sie intakt sind. Sie müssen daher vor jeder Benutzung auf Beschädigungen (Risse, Löcher usw.) geprüft werden. Undichtigkeiten von Kunststoffhandschuhen lassen sich z. B. durch Aufblasen erkennen. Schutzhandschuhe, die sich nicht wieder instandsetzen lassen, müssen ersetzt werden. Zerrissene oder beschädigte Handschuhe schützen nicht! Allergene in Handschuhen Allergene sind Stoffe, die an der Haut oder den Schleimhäuten zu einer Sensibilisierung und damit zu einer allergischen Reaktion führen können. Kontakt mit Allergenen ist sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich möglich, denn viele Produkte können ohne Substanzen, die Allergien auslösen können, nicht hergestellt werden - auch Schutzhandschuhe nicht! Bei der Herstellung von Kunststoffhandschuhen werden neben den Grundmaterialien, z.b. Latex oder Nitril, diverse Zusatzstoffe wie Vulkanisationsbeschleuniger, Alterungsschutzmittel, Farbpigmente oder antimikrobielle Substanzen eingesetzt. Einige dieser Stoffe sind Allergene. Liegt eine Sensibilisierung vor, muss der Kontakt mit der betreffenden Substanz vermieden und nach einer Alternative gesucht werden. Eine Liste der Schutzhandschuhe mit den darin enthaltenen sensibilisierenden Stoffen findet man unter der Internetadresse: http://www.gisbau.de - Aktuelles
Orientierungshilfe bei der Auswahl geeigneter Schutzhandschuhe 5 Material eher beständig gegenüber eher unbeständig gegenüber Latex verd. und halbkonz. Säuren, gesättigte Salzlösungen Glycole und Glycerin Wasserstoffperoxid Nitril verd. und halbkonz. Säuren, gesättigte Salzlösungen Glycole und Glycerin aliphatische und alicyclische Kohlenwasserstoffe viele Alkohole Chloropren verd. und halbkonz. Säuren gesättigte Salzlösungen Glycole und Glycerin langkettige Alkohole Wasserstoffperoxid pflanzliche oder tierische Fette/Öle Butylkautschuk verd. und halbkonz. Säuren kurzkettige Ester Ketone Aldehyde aliphatische Kohlenwasserstoffe Chlorkohlenwasserstoffe Aldehyde, Ketone, Ether, Ester Ammoniaklösung Chlorkohlenwasserstoffe Ester Aldehyde und Ketone aliphatische Kohlenwasserstoffe Chlorkohlenwasserstoffe Aldehyde und Ketone Ammoniaklösung aliphatische KW Chlorkohlenwasserstoffe organische Amine Fluorkautschuk (=Viton) verd. und halbkonz. Säuren aliphatische Kohlenwasserstoffe Halogenkohlenwasserstoffe aromatische Amine Ester Ketone Ether Polyvinylalkohol Chlorkohlenwasserstoffe aliphatische Kohlenwasserstoffe PVC aliphatische KW kurzkettige Alkohole Acetonitril verd. und halbkonz. Säuren gesättigte Salzlösungen Wasser verd. und halbkonz. Säuren Aldehyde, Ketone Ester, Ether Ausführliche Beständigkeitslisten z. B. der Handschuhhersteller findet man unter http://www.verwaltung.uni-mainz.de/kanzler/dua/metalink/index.htm dort subsumiert unter dem Punkt Laborsicherheit/Persönliche Schutzausrüstungen
6 Richtiger Umgang mit Chemikalienschutzhandschuhen Quelle: Merkblatt A008 der BG Chemie, S. 77
7 Schutzhandschuhe zählen zu den Verbrauchsmaterialien Selbst bei optimaler Auswahl des Chemikalien-Schutzhandschuhes sind ihrer allgemeinen Beständigkeit auch im täglichen Umgang Grenzen gesetzt: Latexhandschuhe altern, erweichen nach Kontakt mit Ölen, Fetten und Aliphaten, sind nur begrenzt witterungsbeständig. Chloroprenhandschuhe (= Neopren) besitzen eine eingeschränkte Abrieb- und Reißfestigkeit und leiden unter chlorierten Kohlenwasserstoffen und Aliphaten Nitrilhandschuhe bieten Ketonen kaum Widerstand und bieten nicht bei allen Säuren und Laugen Schutz Handschuhe aus Butylkautschuk besitzen nur mäßige mechanische Eigenschaften und eine geringe Schutzwirkung gegenüber Ölen Flurokautschukhandschuhe (=Viton) besitzen schlechte mechanische Eigenschaften und verspröden unter Kälteeinwirkung Handschuhe aus Polyvinylalkohol sind nicht schnittfest und lösen sich in Wasser oder verdünnten Säuren bzw. Laugen auf. PVC-Handschuhe sind nur wenig schnittfest, erweichen unter Wärmeeinfluß und nach Kontakt mit den meisten Lösemitteln, insbesondere Aliphaten, und verspröden. Durch den Kontakt mit Chemikalien verändert sich das Handschuhmaterial oft irreversibel. Hinzu kommt, dass die meisten Handschuhmaterialien auch bei Nichtgebrauch altern. Chemikalienschutzhandschuhe zählen somit zu den Verbrauchsmaterialien. Sie müssen daher in angemessenen Abständen durch neue Handschuhe ersetzt werden. Dies gilt insbesondere bei festhaftenden Verunreinigungen, die sich nicht durch einfache Reinigung entfernen lassen. Einmalhandschuhe Einmalhandschuhe werden gerne bei leichteren Arbeiten verwendet, weil sie das Tastgefühl nicht beeinträchtigen. Wegen der dünnen Kunststoffschicht bieten Einmalhandschuhe nicht den gleichen Schutz wie dicke Handschuhe aus gleichem Material und sind daher grundsätzlich nicht zu empfehlen! Sie sind, wie der Name schon sagt, lediglich für den kurzzeitigen Gebrauch gedacht und danach auszuziehen und zu entsorgen. Einmalhandschuhe werden gepudert und ungepudert, steril oder nichtsteril angeboten. In der Regel liegen Einweghandschuhe eng an der Hand an so, dass die Haut rasch ins Schwitzen kommt. Wer diese Art von Handschuhen häufig tragen muß, sollte sich überlegen, ob Unterziehhandschuhe aus Baumwolle (oder eine gerbstoffhaltige Creme) diesen Nachteil ausgleichen können.
8 Schutzhandschuhe müssen bereitgestellt und getragen werden. Wenn die Gefährdungsbeurteilung für eine bestimmte Tätigkeit ergeben hat, dass eine Gefährdung der Hand nur durch das Tragen von geeigneten Schutzhandschuhen gemindert werden kann, ist der Hochschullehrer aufgrund gesetzlicher Vorgaben verpflichtet, diese in ausreichender Menge und in individuellen Größen zur Verfügung stellen. Die Beschäftigten (Mitarbeiter, Studenten, Auszubildende etc.) sind im Gegenzug dazu verpflichtet, die entsprechenden Handschuhe zu tragen. Haben Sie noch Fragen zu diesem Thema? Dann wenden Sie sich ruhig an mich. Sie erreichen mich vormittags unter: 3966, e- seifert@oc1.orgchem.uni-essen.de Dr. Monika Seifert, Fachbereich Chemie, Universität Essen