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Transkript:

Institut für Stammzellforschung Institute of stem cell research Neuherberg (Direktor / Director: Prof. Dr. Magdalena Götz) Wir untersuchen die grundlegenden Mechanismen der Spezifizierung von Stammzellen in einem organübergreifenden Ansatz. Stammzellen verschiedener Organe zeichnen sich durch die Fähigkeit zur Selbsterneuerung und der Multipotenz, d.h. der Fähigkeit alle Zelltypen eines Organes zu bilden, aus. Diese Fragen werden durch vergleichende Analysen von Stammzellen aller 3 Keimblätter, also des Ektoderms (neurale Stammzellen), des Entoderms (u.a. Stammzellen der Pankreas) und des Mesoderms (Stammzellen des Blut- und Immunsystems) angegangen. Hierfür werden vergleichende Genexpressionsanalysen durchgeführt und die Funktion von Kandidatengenen untersucht. Funktionelle Manipulationen werden mittels viraler Vektoren, short-interfereing RNA und transgenen Mausansätzen durchgeführt. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung ist es, auf molekularer und zellbiologischer Ebene zu verstehen, wie Stammzellen bestimmte differenzierte Zelltypen bilden, um sie so gezielt für Zellersatztherapien einsetzen zu können. Hierfür liegt ein Schwerpunkt unserer Forschung in der Frage, wie Nervenzellen aus neuralen oder auch anderen Stammzellen generiert werden, um bei Schädigungen des Gehirns diese dann ersetzen zu können. Diesbezüglich haben wir einen völlig neuen Ansatz entwickelt, in dem unsere Forschungen gezeigt haben, dass Nervenzellen aus Stützzellen des Gehirns, die den Stammzellen sehr eng verwandt sind, wieder neu gebildet werden können. Das ISF ist Teil der Programmes Genomforschung der Helmholtz-Gemeinschaft und trägt die funktionelle Genomik der Stammzellspezifizierung und Differenzierung zu diesem Programm bei. Interaktionen beste- Research at the Institute focuses on the key molecular and cellular mechanisms regulating stem cell identity. Stem cells from different organs are characterised by their capacity for selfrenewal and multipotency, that is their ability to form the different cell types within an organ. We examine these key aspects in stem cells from all three germ layers the ectoderm (neural stem cells; Götz), the mesoderm (haematopoietic stem cells; Schroeder), and the endoderm (pancreas and liver stem cells; Lickert). Candidate gene approaches are followed using screening and functional analysis. Functional manipulation of key candidate genes is performed using viral vectors, small interfering RNA, and mouse transgenesis. The second focus of the research is on elucidating the mechanisms at molecular and cell biological levels that regulate the development of specific differentiated cells from stem cells; the ultimate goal is to use stem cells for cell replacement therapy. Specifically, we are investigating the generation of neurons from neural or other stem cells so that they can be used for replacement in cases of brain damage; there is practically no endogenous regeneration in the mammalian CNS. Our research has shown that neurons can develop from the ubiquitous glial cells, a cell type akin to bona fide neural stem cells, thus opening up a new approach towards neuronal reconstitution. Research in the Institute is integrated into the HGF programme on Comparative Genomics to which it contributes the work on regulation and differentiation of stem cells. The Institute interacts with the Institute of Developmental Genetics (IDG) on the Die Institute GSF 199

hen mit dem Institut für Entwicklungsgenetik bezüglich der Differenzierung von neuralen Stammzellen in dopaminerge Neurone, der Identifikation von neuen Genen, die asymmetrische Zellteilung regulieren mittels Genetrap, und der Funktion der Paired Domäne des Transkriptionsfaktors Pax6 für die neuronale Differenzierung (Haubst et al., 2004). Die Arbeitsgruppe von Frau Dr. Bally-Cuif untersucht in Zusammenarbeit mit dem ISF Mechanismen der adulten Neurogenese beim Zebrafisch, einem ausgezeichneten Regenerationsmodell. Enge Zusammenarbeit besteht auch mit dem Institut für Experimentelle Genetik bezüglich des Notch/Delta-Signalweges bei der neuralen Stammzelldifferenzierung und verschiedenen Mikroarrayanalysen von neuralen Stammzellen. Die Funktion der Homeodomäne des Transkriptionsfaktors Pax6 wird in Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Jack Favor am Institut für Humangenetik untersucht. Da das Institut im Jahr 2004 gegründet wurde, hat sich die Anzahl der Mitarbeiter erst im Laufe des Jahres erhöht. Zum Abschluss 2004 waren am Institut 7 Wissenschaftler/innen, 10 Doktoranden/innen und 4,5 technische Mitarbeiter/innen beschäftigt. Frau Dr. Andrea Wizenmann ist die stellvertretende Institutsleiterin. differentiation of neural stem cells in dopaminergic neurons, the identification of new genes that regulate asymmetric cell division using gene trap technology and the function of the paired domain of the transcription factor Pax6 in neuronal differentiation (Haubst et al., 2004). The IDG research group led by Dr. Bally-Cuif collaborates with the ISF on investigations into the mechanisms of adult neurogenesis in zebrafish, a superb regeneration model. There is also close cooperation with the Institute of Experimental Genetics on the Notch-Delta signal pathway in neural stem cell differentiation and various microarray analyses for neural stem cells. The function of homeo domains of the transcription factor Pax6 is investigated together with Dr. Jack Favor of the Institute of Human Genetics. The Institute was founded in 2004 and the number of people involved in the research slowly increased over the year. At the end of 2004 there were 7 scientists, 10 postgraduate students, and 4.5 technicians at the Institute. Dr. Andrea Wizenmann is the Deputy Director. Neurale Stammzellen Ziel unserer Arbeiten ist es, die grundlegenden Mechanismen der Spezifizierung von Stammzellen und ihrer Nachkommen so gut zu verstehen, dass Stammzellen gezielt zur regenerativen Therapie eingesetzt werden können. Für dieses Ziel hat die Forschung an neuralen Stammzellen besondere Aufgaben zu lösen, nicht nur da im ausgewachsenen Zentralnervensystem fast keine Nervenzellen mehr gebildet werden können, sondern auch weil verschiedene Gehirngebiete sehr unterschiedliche Typen von Nervenzellen enthalten für regenerative Therapien also sehr spezifische Nervenzelltypen gebildet werden müssen. Wie werden verschiedene Nervenzellen gebildet? Daher untersuchen wir einerseits die molekularen Mechanismen, die während der Entwicklung dazu beitragen, dass unterschiedliche Nervenzellen in verschiedenen Gehirnregionen gebildet werden. Hier beschäftigen wir uns vor allem mit den Nervenzelltypen des Vorderhirns, die bei Patienten der Alzheimer- oder Huntington-Erkrankung absterben. Hierbei handelt es sich um Nervenzellen, die den inhibitorischen Transmitter GABA verwenden oder jene, die den exzitatorischen Transmitter Glutamat benützen. Diese unterschiedlichen Nervenzellen werden während der Entwicklung des Nervensystems in verschiedenen Regionen gebildet: GABAerge Neurone im ventralen Endhirn, aus welchem dann die Basalganglien entstehen, glutamaterge Neurone werden dagegen im dorsalen Endhirn geboren, und aus dieser Region entwickelt sich der cerebrale Cortex, jener Bereich des Gehirns, der, besonders bei Primaten, inklusive des 200 GSF

Menschen, zur dominierenden Struktur des Gehirns wurde. Unsere Arbeiten konnten als einen entscheidenden intrinsischen Faktor für die Bildung glutamaterger Neurone den Transkriptionsfaktor Pax6 identifizieren. Pax6 wird spezifisch nur in Vorläuferzellen des dorsalen Endhirns exprimiert und instruiert dort die Bildung von glutamatergen Neuronen. In der Abwesenheit von Pax6 ist die Neurogenese stark beeinträchtigt, und die wenigen Neurone, die noch gebildet werden, sind GABAerg (Chapouton et al. 1999). Ein mögliches Zielgen, das diesen Effekt von Pax6 in Vorläuferzellen des zerebralen Cortex vermitteln könnte, ist Cux2 (Nieto et al., 2004). Ein wesentlicher Fortschritt, um weitere Faktoren bei der Bildung glutamaterger Neurone zu identifizieren, ist uns dieses Jahr in Zusammenarbeit mit Yves-Alain Barde vom Biozentrum der Universität Basel gelungen. In dieser Arbeit konnten wir zeigen, dass es möglich ist, aus embryonalen Stammzellen eine reine Population Pax6- exprimierender neuraler Vorläuferzellen zu generieren, die dann wiederum alle in glutamaterge Neurone ausdifferenzieren (Bibel et al., 2004). Dieses System erlaubt nun die Suche nach Schlüsselgenen in diesem Differenzierungsprozess. Diese Suche erfolgt mittels Mikroarrayanalyse in Zusammenarbeit mit Johannes Beckers vom Institut für Experimentelle Genetik und Werner Mewes, dem Leiter des Institutes für Bioinformatik. Gliazellen bilden Neurone: die zentrale Rolle von Pax6 Ein besonders spannender Aspekt an den oben dargestellten Befunden ist auch, dass die Pax6-exprimierenden Vorläuferzellen Eigenschaften glialer Zellen aufweisen einem Zelltyp, der bisher nur als Stützzelle angesehen wurde. Unsere Arbeiten konnten aber zeigen, dass Gliazellen sowohl während der Entwicklung des Gehirns als neurale Stammzellen wirken als auch in bestimmten Regionen des erwachsenen Gehirns (Götz, 2003). Interessanterweise ist Pax6 auch in jenen Regionen des erwachsenen Mausgehirns, in welchen die Bildung von Neuronen aus Gliazellen zeitlebens fortgesetzt wird, exprimiert (Hack et al., 2004). Tatsächlich konnten wir auch auf funktioneller Ebene zeigen, dass der Transkriptionsfaktor Pax6 sowohl notwendig als auch hinreichend für die Bildung von Neuronen aus neuralen Die Institute A B ß-III-tub GFP Kontroll-infiziert ß-III-tub GFP Pax6-infiziert Abb. 1: Funktionelle Analyse des Transkriptionsfaktors Pax6 in neuralen Stammzellen (a) Abbildung von neuralen Stammzellen aus dem Endhirn der Maus nach Infektion mit einem viralen Vektor, der nur das Markergen für das grün-fluoreszierende Protein, GFP (grün, Pfeil), enthält und daher keine funktionellen Veränderungen auslöst. Entsprechend der geringen Differenzierung dieser Zellen in Nervenzellen enthalten keine der infizierten Zellen das für Neurone charakteristische Protein β-iii-tubulin (rot), (b) Abbildung von neuralen Stammzellen, die mit einem viralen Vektor infiziert wurden, der neben dem Markergen für GFP auch noch das Gen für den Transkriptionsfaktor Pax6 enthält. Nach Infektion mit diesem viralen Vektor differenzieren sich praktisch alle Stammzellen zu funktionellen Neuronen aus (rot, Pfeile). GSF 201

A N Exon5a PAI P6CON 5aCON Proliferation Neurogenese + Regionalisierung B RED C E14 WT HD TA C E14 Pax6 Aey18 -/- Stammzellen in vitro ist (Abb. 1; Hack et al. 2004). Dieser Befund ist sehr wichtig für den möglichen Einsatz neuraler Stammzellen zur Rekonstitution von Neuronen. Bisher ist es nämlich ein Problem, dass nach Expansion in vitro die Fähigkeit neuraler Stammzellen, Neurone zu bilden, deutlich reduziert ist. Durch Pax6-Überexpression ist es nun möglich, fast alle neuralen Stammzellen zur Bildung von Neuronen auch nach in vitro- Expansion anzuregen (Hack et al., 2004). PH3 / NeuN CTX GE CTX Abb. 2: Neurogenese und Zellproliferation im zerebralen Cortex von Mäusen mit spezifischen Mutationen in den Pax6 DNS-Bindedomänen Der Transkriptionsfaktor Pax6 (A) hat zwei DNS- Bindedomänen, die Paired (PD) und die Homeodomäne (HD). Die PD besteht aus zwei unabhängigen DNS-Bindedomänen, der N-terminalen PAI und der C-terminalen RED Domäne. Die PAI Domäne kann an P6CON (Pax6 Consensus Sequenz) und 5aCON (Pax6(5a) Consensus Sequenz) binden, während die RED Domäne nur an 5aCON bindet. Mittels alternativem Spleißen kommt es zu einer Insertion von 14 Aminosäuren in die PAI Domäne (siehe rote Box) und die DNS-Bindefähigkeit der PAI wird zerstört. Die für die Aktivierung von Zielgenen essentielle Transaktivierungsdomäne (TA) ist am C-Terminus von Pax6 lokalisiert. Mit Hilfe von Mausmutanten, die sich durch spezifische Mutationen in den verschiedenen DNS-Bindedomänen auszeichnen, konnte gezeigt werden, dass die Zielgene der PD ohne Insertion die Neurogenese und Regionalisierung regulieren, während die Proliferation durch Zielgene der PD mit Insertion reguliert wird. Die HD spielt in diesen Aspekten keine Rolle. Die Abbildungen (C, D) zeigen immunhistochemische Färbungen gegen NeuN (rot) (neuronaler Marker) und PH3 (grün) (Marker für proliferierende Zellen in der M-Phase) von koronalen Schnitten des lateralen zerebralen Kortex der spezifischen Pax6-Mausmutanten am Embryonaltag (E) 14. Die Verschmälerung des neuronalen Bandes im Kortex der Pax6 Aey18-/- Mutante, der die Paired-DNS-Bindedomäne fehlt, (C) weist auf eine Verringerung der Neurogenese hin, die mit dem Phänotyp des funktionellen Nullallels Pax6 Sey -/- vergleichbar ist. Die weiße Linie (B, C) zeigt die ventrikuläre Oberfläche des Cortex. Abkürzungen: CTX= Cortex (dorsales Endhirn); GE= Ganglionische Eminenz (ventrales Endhirn). Maßstab: 100 µm. GE Modulare Funktion des Transkriptionsfaktors Pax6 Aus den oben beschriebenen Versuchen ergibt sich die zentrale Bedeutung des Transkriptionsfaktors Pax6 nicht nur für die Bildung von Neuronen aus neuralen Stammzellen/Gliazellen. Zudem ist Pax6 aber auch wesentlich für die Fähigkeit zur Selbsterneuerung dieser Zellen und beeinflusst die Regionalisierung während der Gehirnentwicklung (Haubst et al., 2004). Im Jahr 2004 ist es uns gelungen, in Zusammenarbeit mit den Instituten für Humangenetik (Jack Favor) und Entwicklungsgenetik (Jochen Graw) die multiplen Funktionen von Pax6 in neuralen Stammzellen molekularen Modulen zuzuordnen. Der Transkriptionsfaktor Pax6 hat zwei DNS-Bindungsdomänen, die paired und die Homeodomäne (Abb. 2). Ein Insert von 14 Aminosäuren über alternatives Splicing des Exons 5A vermittelt in die paired-domäne verändert die Bindung der paired-domäne an die DNS. Wir konnten nun nachweisen, dass die Zielgene der paired-domäne ohne Insert, die Neurogenese und Regionalisierung vermitteln, wohingegen die Zielgene der paired-domäne mit Insert gezielt das Teilungsverhalten der neuralen Stammzellen beeinflussen (Haubst et al., 2004; Abb. 2). Durch diese Befunde sollte es möglich sein, in Zukunft die dafür verantwortlichen Zielgene identifizieren zu können und gezielt anzusteuern, so dass die Bildung von Nervenzellen über die selektive Steuerung der Zielgene gefördert werden kann. Überraschenderweise zeigte sich in diesen Untersuchungen auch, dass die Zielgene der zweiten DNA-Bindungsdomäne von Pax6, der Homeodomäne, keine Rolle in neuralen Stammzellen des Endhirns spielen, wohl 202 GSF

aber in jenen des Auges (Haubst et al., 2004). Besonders interessant hierbei ist, dass Pax6 die Zellteilung neuraler Stammzellen im Endhirn und dem Auge unterschiedlich beeinflusst, ebenso wie deren Differenzierungsverhalten. Im Auge scheint Pax6 die Stammzellen in einem undifferenzierten Stadium zu halten, im Endhirn scheint es deren neuronale Differenzierung zu fördern. Die unterschiedliche Funktion der Homeodomäne bietet also einen guten Ansatzpunkt, um die molekulare Regulation dieser Aspekte in neuralen Stammzellen durch Identifikation der Zielgene der Homeodomäne besser zu verstehen. Hierbei ist es auch besonders interessant, die Rolle dieser DNA-Bindungsdomänen in der Differenzierung der Pankreaszellen zu untersuchen, in welchen Pax6 auch eine wesentliche Rolle spielt. Entodermale Stammzellen Während der Organogenese bildet sich aus dem Entoderm das primitive Darmrohr, aus dem sich die Entoderm-abgeleiteten Organe Thymus, Schilddrüse, Lunge, Leber und Pankreas bilden. Die Grundlage für regenerative Stammzelltherapien und die Identifizierung der Ursachen von humanen Krankheiten ist das Verständnis über die Differenzierung von entodermalen Vorläuferzellen, in die verschiedenen spezialisierten Zelltypen der sich aus dem Entoderm entwickelnden Organe, z.b. Insulin-produzierender β-zellen des Pankreas. Mit Hilfe des Säugermodellsystems der Maus versuchen wir, die Differenzierungsvorgänge im embryonalen Entoderm und dessen beinflussende Faktoren zu untersuchen. Hierbei soll durch die Fluoreszenz-Markierung von entodermalen Vorläuferzellen deren Verhalten in ex vivokultivierten Mausembryonen während der Organogenese untersucht werden. Dies wird erste Einblicke in die normale und durch Genmutation gestörte Entwicklung des Entoderms in der Maus liefern. Zusätzlich verwenden wir Zellschicksalsanalysen, um einzelne entodermale Vorläuferzellpopulationen zu charakterisieren und zu verstehen, aus welchen Vorläuferzellen sich die differenzierten Zelltypen in den reifen Organen ableiten. Dies ist eine essentielle Grundlage für spätere genetische Interventionen. Hierbei soll der Einfluss von verschiedenen, während der Embryonalentwicklung aktiven, Signalkaskaden auf die Differenzierung der Vorläuferzellen mittels konditionaler Genaktivierung untersucht werden. Darüber hinaus ist es von grundlegender Bedeutung, neue Gene zu identifizieren, die die Entodermentwicklung steuern. Als Basis hierfür wurden Expressionsprofile von Mausmutanten mit spezifischen Defekten des Entoderms mittels Mikroarrayanalyse erstellt und hunderte von potentiellen Zielgene identifiziert. Um diese Gruppe an Zielgene einzuengen, wurden in situ Expressionsanalysen von mehr als 200 Genen durchgeführt und ca. 20 Gene identifiziert, die in spezifischen Regionen des embryonalen Entoderm exprimiert werden. Um die Funktion all dieser Gene relativ schnell analysieren zu können, verwenden wir die von uns vor kurzem mitetablierte Methode der transgenen RNA Interferenz (RNAi)-vermittelten Geninaktivierung in Mausembryonen. Hämatopoetische Stammzellen Das hämatopoetische System ist eines der aktivsten regenerativen Systeme des menschlichen Körpers. Während des gesamten Lebens gehen permanent große Mengen an Blutzellen verloren und müssen durch Proliferation und Differenzierung hämatopoetischer Stammzellen ersetzt werden. Diese Stammzellen besitzen die Fähigkeit, während des gesamten Lebens sämtliche Zellen des Blutsystems herzustellen. Ihr enormes Potential zeigt sich bei ihrer erfolgreichen Anwendung für Knochenmarkstransplantationen. Gleichzeitig kann die Fehlregulation ihres Verhaltens aber auch zu schwerwiegenden Krankheiten wie z.b. Leukämien führen. Um das Verhalten dieser Stammzellen zu verstehen und es auf Dauer gezielt für therapeutische Zwecke manipulieren zu können, untersuchen wir die molekulare Kontrolle von hämatopoetischen Zellschicksalen. Dabei ist insbesondere die Kontrolle von Selbsterneuerung, Differenzierung und Linienentscheidungen multipotenter häma- Die Institute GSF 203

topoetischer Zellen von Interesse. Um Effekte von Genen oder z.b. Zytokinen exakt analysieren zu können, entwickeln wir zunächst neuartige Mikroskopie- und Bildverarbeitungsverfahren, die es uns erlauben, das Verhalten von Blutzellen auf Einzelzellebene zu verfolgen. Dazu werden bestehende Mikroskopieverfahren, Inkubationstechnologie zur Kultur von Zellen in Mikroskopen und Fluoreszenzproteine optimiert. Zusätzlich werden Computer-gestützte Ansätze zur Herstellung mikroskopischer Zeitrafferaufnahmen verbessert und neue Programme zur Auswertung dieser Aufnahmen entwickelt. Mit Hilfe dieser Systeme ist es möglich, Änderungen im Verhalten von Blutzellen mit wesentlich höherer Präzision zu bestimmen, als dies mit bisher verfügbaren Methoden möglich ist. Diese Technologie wird dazu verwendet, die Effekte von Genen zu bestimmen, welche als Regulatoren von Stammzellschicksalen im Blutsystem vermutet werden. Besonderes Interesse liegt dabei auf Genen, welche bei der Steuerung asymmetrischer Zellteilung beteiligt sein könnten. Weiterhin werden Gene, welche in experimentellen Systemen und Patienten zu Leukämien führen, auf ihre direkten Effekte in Blutzellen untersucht. Zusätzlich untersuchen wir die Entstehung von Blutstammzellen aus ihren mesodermalen Vorläufern während der Embryonalentwicklung. Als Modellsystem wird dazu die Differenzierung muriner embryonaler Stammzellen verwendet, welche in vitro schrittweise zu Blutzellen differenziert werden können. Durch eine Kombination aus neuen Bildgebungsverfahren und induzierbaren Genexpressionssystemen untersuchen wir die molekularen Kontrollmechanismen, welche die Herstellung von Blut aus meso-/ entodermalen Vorläufern beeinflussen. Eine genauere Kenntnis dieser Vorgänge wird helfen, sowohl die Eigenschaften adulter Blutstammzellen besser zu verstehen, als auch die therapeutisch viel versprechende Herstellung von Blutzellen aus embryonalen Stammzellen in vitro zu optimieren. Zusammenarbeit Das ISF arbeitet bereits intensiv mit anderen Instituten innerhalb der GSF zusammen, hat aber auch weltweit vielfältige internationale Kooperationen. Dem Forschungsthema entsprechend wird das ISF auch im Rahmen des Schwerpunktprogrammes Stammzellen und Gewebeersatz der DFG gefördert und hat auch in diesem Rahmen wichtige nationale und internationale Zusammenarbeiten. Ausgewählte Veröffentlichungen Bibel, M., Richter, J., Schrenk, K., Tucker, K. L., Staiger, V., Korte, M., Götz, M. and Barde, Y.-A.: Differentiation of mouse embryonic stem cells into a defined neuronal lineage. Nature Neurosci. 7, 1003-1009 (2004) Hack, M.A., Sugimori, M., Lundberg, C., Nakafuku, M. and Götz, M.: Regionalization and fate specification in neurospheres: the role of Olig2 and Pax6. Molecular and Cellular Neuroscience 25, 664-678 (2004) Haubst, N., Berger, J., Radjendirane, V., Graw, J., Favor, J., Saunders, G.F., Stoykova, A. and Götz M.: Molecular dissection of Pax6 function: the specific roles of the paired and homeodomain in brain development. Development 131, 6131-6140 (2004) Lickert, H., Takeuchi, J.K., von Both, I., Walls, J., McAuliffe, F., Adamson, S.L., Wrana, J.L., Henkelman, R.M., Rossant, J. and Bruneau, B.G.: Baf60c is essential for function of the BAF chromatin remodeling complex in heart development. Nature 432, 107-112 (2004) Nieto, M., Monuki, E.S., Tang, H., Imitola, J., Haubst, N., Khoury, S., Cunningham, J., Götz, M. and Walsh, C.A.: Expression of Cux-1 and Cux-2 in the subventricular zone and upper layers II-IV of the cerebral cortex. Journal Comp. Neurol. 479,168-180 (2004) 204 GSF