Lebendgeburten und Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen in der Bundesrepublik Deutschland seit 2000

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Transkript:

Lebendgeburten und Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen in der Bundesrepublik Deutschland seit 2000 Die Zunahme der fast jährlichen Schwangerschaftsabbruch- und Lebendgeborenenzahlen in der Altersgruppe der unter 18-Jährigen hat in den letzten beiden Jahren bundesweit Aufsehen erregt. In Presse, Hörfunk und Fernsehen ist hierüber in zahlreichen Beiträgen berichtet worden. Wenn die Thematik hier noch einmal aufgegriffen wird, so geschieht dies vor allem aus zwei Gründen: zum einen um über die neuesten Zahlen aus den Berichtsjahren 2002 und 2003 zu informieren, zum anderen um einen Vergleich der veröffentlichten Angaben zu den Lebendgeburten von Minderjährigen vorzunehmen, die sich aus zwei unterschiedlichen Berechnungsverfahren des Statistischen Bundesamtes seit 2000 ergeben haben. Zunächst wird auf Geburten von Kindern eingegangen, die 10- bis 17-jährige Mädchen bei uns zur Welt gebracht haben. Lebendgeborene von minderjährigen Müttern (2000-2002) Für die Erfassung der Geburtenzahlen wendet das Statistische Bundesamt seit 2000 zwei unterschiedliche Berechnungsverfahren an: die seit 1996 bekannte Erhebungsmethode, die vom Geburtsjahr der Mutter ausgeht, und die seit 2000 alternativ eingesetzte Berechnungsart, die das Alter der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes den Berechnungen zu Grunde legt. Es handelt sich hier um eine geänderte Definition des Alters der Mütter, wobei nicht mehr nur pauschal das Geburtsjahr, sondern auch die Monate des Geburtsjahres mitberücksichtigt werden. Durch die in diesem Fall genauere Berechnungsart erhöhen sich gegenüber dem bisherigen Verfahren die Neugeborenenzahlen in den einzelnen Altersklassen. Während alle Daten, die nach der herkömmlichen Erfassungsmethode aus den Berichtsjahren 1996 bis 2002 miteinander verglichen werden können, ist dies aus methodischen Gründen erst ab 2000 bei den Zahlen möglich, die nach dem neueren Verfahren, nach dem Alter der Mutter, berechnet wurden. Die neuesten Angaben des Statistischen Bundesamtes für Lebendgeborene wurden im Frühjahr 2004 für 2002 bekannt gegeben. Tabelle 1 und 2 informieren über die Geburtenzahlen von minderjährigen Müttern, die nach beiden Erhebungsverfahren ermittelt wurden. Tab. 1: Lebendgeborene nach dem Geburtsjahr der Mutter: minderjährige Mütter im Vergleich (2000-2002) herkömmliches Berechnungsverfahren Alter der Mutter/ Lebendgeborene Jahre 2000 2001 2002 14 u. jünger 65 95 101 15 401 454 455 16 1.237 1.385 1.458 17 3.093 3.306 3.406 unter 18 4.796 5.240 5.420 Die Angaben zu den einzelnen Altersgruppen geben zu erkennen, dass nach der bisherigen Berechnungsart von Jahr zu Jahr die Zahl der jungen Mütter zunimmt. Im Vergleich mit dem 1

Berichtsjahr 2000 ist der Anstieg 2001 generell höher als von 2001 nach 2002. Gab es im Millenniumsjahr knapp fünf Tausend (4.796) Mütter im noch nicht erwachsenen Alter, so erhöhte sich die Zahl bis 2002 auf über fünf Tausend (5.420). Nach dem neuen Berechnungsverfahren erhöhen sich die Daten für die drei Berichtsjahre in den verschiedenen Altersgruppen sowie die Gesamtgruppe der unter 18-jährigen Frauen. Tab. 2: Lebendgeborene nach dem Alter der Mutter: minderjährige Mütter im Vergleich (2000-2002) neues Berechnungsverfahren Alter der Mutter/ Lebendgeborene Jahre 2000 2001 2002 14 u. jünger 161 210 197 15 629 739 810 16 1.915 2.091 2.155 17 4.421 4.407 4.433 unter 18 7.126 7.447 7.595 In der jüngsten Mädchengruppe steigt 2001 die Zahl der jungen Mütter (um 49), während sie 2002 (um 13) wieder abnimmt. In den zwei weiteren Altersjahrgängen nehmen die registrierten Lebendgeburten mehr oder weniger zu. Bei den 17-Jährigen reduziert sich 2001 die Zahl der jungen Mütter (um 14) etwas, ein Jahr später liegt sie ein wenig (26) höher. Für die Gesamtgruppe der unter 18-Jährigen, die ein Kind geboren haben, ist festzustellen, dass die Geborenenzahl von Jahr zu Jahr wächst, von 2000 zu 2001 um 321 und von 2001 zu 2002 um 148. Vergleicht man die Daten, die nach den beiden unterschiedlichen Erhebungsverfahren gewonnen wurden, so zeigt sich in den drei angegebenen Jahren eine deutliche Erhöhung der Zahlen, die nach der genaueren Methode berechnet worden sind. 2000 ergibt sich ein Unterschied von 2.330, 2001 von 2.207 und 2002 von 2.175 von Kindern und Teenagern, die ein Kind zur Welt gebracht haben. Generell weichen die Angaben der beiden Berechnungsverfahren um etwas mehr als zwei Tausend Lebendgeburten von Minderjährigen ab. Insgesamt wurden nach der herkömmlichen Erhebungsmethode zwischen 4.700 und 5.500 unter 18-jährige Mütter ermittelt. Nach der Berechnung des Alters der jungen Mütter liegen die Zahlen zwischen 7.000 und 7.600. Da die höheren Zahlen das Ergebnis einer genaueren Berechnung darstellen, ist anzunehmen, dass sie der Wirklichkeit eher nahe kommen als diejenigen, die dem früheren Auswertungsmuster entsprechen. Die Lebendgeburtenzahlen sollen im übernächsten Kapitel den Daten der Schwangerschaftsabbrüche derselben Altersgruppe, der minderjährigen Frauen, gegenübergestellt werden. Dazu ist es zunächst notwendig, über die dem Statistischen Bundesamt gemeldeten und legalen Schwangerschaftsabbrüche der unter 18-Jährigen zu berichten. Da die Angaben für 2003 bereits vorliegen, soll auch über sie in unserem Zusammenhang informiert werden, wenn sie auch bei dem in Aussicht gestellten Vergleich nicht berücksichtigt werden können. Schwangerschaftsabbrüche bei unter 18-jährigen Mädchen (2000-2003) 2

Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten der bereits genannten vier Mädchengruppen: 14-Jährige und Jüngere, 15-, 16- und 17- Jährige. Überdies wird die Altersgruppe der Minderjährigen als Gesamtgruppe dargestellt. Danach soll über die Schwangerschaftsabbruchzahlen bei denselben Altersjahrgängen in den Bundesländern informiert werden, deren Angaben am höchsten sind. Tab. 3: Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen (2000-2003) Alter der Abbrüche Mutter/ Jahre 2000 2001 2002 2003 14 u. jünger 574 696 761 715 15 1.085 1.464 1.446 1.529 16 1.966 2.333 2.189 2.253 17 2.712 3.112 3.047 3.148 unter 18 6.337 7.605 7.443 7.645 Die in Tabelle 3 zusammengefassten Abbruchzahlen lassen Folgendes erkennen: Der Anstieg der Abbrüche bei der Minderjährigengesamtgruppe von 2000 auf 2001 ist mit 1.268 beachtlich. 2002 nimmt die Zahl demgegenüber um 162 ab. 2003 steigt sie jedoch wieder um 202 ärztliche Eingriffe an. In diesem Jahr wird auch die höchste Zahl der gemeldeten legalen Schwangerschaftsabbrüche auf dieser Altersstufe innerhalb des vierjährigen Zeitraums erreicht. Ähnlich wie bei der Gesamtgruppe der noch nicht erwachsenen Frauen nehmen die Abbruchzahlen bei den einzelnen Altersjahrgängen von 2000 nach 2001 beträchtlich zu, fallen etwas 2002 und steigen 2003 wieder an. Nur die jüngste Mädchengruppe macht hier eine Ausnahme. Die Zahl der amtlich registrierten Abbrüche steigt 2001 und 2002 um 122 bzw. 65. Sie geht erst 2003 um 46 Abbrüche zurück. In Abbildung 1 werden die dem Statistischen Bundesamt gemeldeten Abbruchzahlen bei den unter 18-jährigen Frauen von 2000 bis 2003 optisch dargestellt, sodass die Entwicklung der Daten in den vergangenen vier Jahren leicht erkannt werden kann (s. Abb. 1). Abb. 1: Schwangerschaftsabbrüche bei der minderjährigen Gesamtgruppe (2000-2003) 8000 7500 7000 7605 7443 7645 6500 6000 6337 5500 5000 2000 2001 2002 2003 3

Die Grafik macht sichtbar, dass die größte Zunahme der Abtreibungen der unter 18-Jährigen 2001 registriert wurde. Nach einem geringen Rückgang im Jahre 2002 (um 162) wurde 2003 ein nicht zu übersehender Anstieg konstatiert. 2003 wurden 1.308 Schwangerschaftsabbrüche in der Altersgruppe der Minderjährigen mehr gemeldet als im Millenniumsjahr. Zeigt sich das Auf und Ab der Abbruchzahlen bei den jungen Frauen in den letzten vier Jahren ebenso bei den Daten derselben Altersgruppe in den Bundesländern? Diese Frage wird im nächsten Kapitel beantwortet. Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen in ausgewählten Bundesländern (2000-2003) Da hier nicht auf alle Länder eingegangen werden kann, werden die Daten derjenigen ausgewählt, die 2002 nach der Statistik des Statistischen Bundesamtes die höchsten Einwohnerzahlen aufweisen: Nordrhein-Westfalen (18 Mio.), Bayern (12 Mio.), Baden- Württemberg (11 Mio.) und Niedersachsen (8 Mio.). Diese vier Bundesländer weisen auch insgesamt die höchsten Schwangerschaftsabbruchzahlen bei den Minderjährigen auf. Tabelle 4 gibt Aufschluss über die amtlich registrierten Abbruchzahlen der 10- bis 17- Jährigen in den vier genannten Bundesländern. Tab. 4: Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen (10-17 Jahre) in den Bundesländern mit den höchsten Abbruchzahlen (2000-2003) Länder Abbrüche bei den unter 18-Jährigen 2000 2001 2002 2003 Nordrhein-Westfalen 1.228 1.532 1.479 1.491 Bayern 715 805 854 831 Baden-Württemberg 586 648 668 739 Niedersachsen 562 667 610 662 BRD/Gesamt der Minderjährigen 6.337 7.605 7.443 7.645 In dem bevölkerungsreichsten Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, werden die höchsten Schwangerschaftsabbruchzahlen in dem genannten Zeitraum angetroffen. Sie liegen zwischen 1.200 und etwas mehr als 1.500 ärztlichen Eingriffen. 2001 ist das Jahr mit der höchsten Abbruchzahl (1.532). 2003 nimmt die Zahl der Abtreibungen bei den Minderjährigen weniger zu als in Baden-Württemberg und Niedersachsen. Auch in Niedersachsen wird 2001 die höchste Abbruchzahl, in Bayern 2002 und Baden- Württemberg dagegen erst 2003 angetroffen. Vergleicht man die Angaben zu Bayern und Baden-Württemberg, so liegen sie im Freistaat stets höher als in dem benachbarten Bundesland. Den vergleichsweise höchsten Zuwachs an Abtreibungen bei den unter 18-Jährigen von 2002 nach 2003 finden wir in Baden-Württemberg, in Bayern ist dagegen ein leichter Rückgang zu beobachten. Fragen wir abschließend nach der Entwicklung sowohl der Abbruch- als auch der Lebendgeborenenzahlen und der sich daraus ergebenden Gesamtsumme. 4

Von Minderjährigen ausgetragene und abgebrochene Schwangerschaften (2000-2003) Der Vergleich der Daten kann nur bis 2002 durchgeführt werden, da aus organisatorischen Gründen die Geburtenzahlen vom Statistischen Bundesamt erst ein Jahr später als Abbruchdaten veröffentlicht werden und daher für 2003 noch nicht vorliegen. Die zu vergleichenden Zahlen zwischen 2000 und 2002 werden nun in Abbildung 2 vorgestellt und zugleich in ihrer Relation veranschaulicht (s. Abb. 2). Bei den Abbruchzahlen werden diejenigen, die nach dem neueren und genaueren Berechnungsverfahren ermittelt worden sind, berücksichtigt. Abb. 2: Ausgetragene und abgebrochene Schwangerschaften bei Minderjährigen im Vergleich (2000-2002) 8000 7500 7000 6500 6000 7126 6337 7605 7595 7447 7443 Schwangerschaftsabbrüche Lebendgeborenen 5500 5000 2000 2001 2002 Im Millenniumsjahr liegt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei den jungen Frauen niedriger als die der Lebendgeburten (Differenz: 789). Ein Jahr später wurden mehr Schwangerschaften abgebrochen als von derselben Altersgruppe Kinder geboren (Differenz: 158). 2002 übersteigt die Zahl der Lebendgeburten wieder die der Schwangerschaftsabbrüche (Differenz: 152). Betrachtet man die Summe der Angaben zu den Abbruch- und Geborenenzahlen, dann ergeben sich für den Zeitraum von drei Jahren folgende Zahlen für schwangere deutsche Mädchen im Alter bis zu 17 Jahren: 2000: 13.463 2001: 15.052 2002: 15.038 Die Gesamtzahlen geben zu erkennen, dass die minderjährigen Teenagerschwangerschaften im Vergleich mit dem Vorjahr 2001 um 1.589 zugenommen haben. Ein Jahr später nehmen sie wenn auch geringfügig (um 14) ab. 2001 und 2002 wurden insgesamt über fünfzehn Tausend Mädchen bei uns schwanger, von denen ungefähr die Hälfte die Schwangerschaft frühzeitig beendet hat. 5

Zusammenfassung Auf drei zentrale Ergebnisse der Ausführungen soll am Ende des Beitrags resümierend hingewiesen werden. Nach neueren Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes haben die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche und auch die der Lebendgeburten, insbesondere bei den jüngsten Altersgruppen, seit acht Jahren zugenommen. Über die soeben veröffentlichten Daten für 2002 und 2003 wurde berichtet. Im letzten Teil des Beitrags wurden Angaben über die zwischen 2000 und 2002 schwanger gewordenen Mädchen unter 18 Jahren gemacht. Zu den wichtigsten Einzelergebnissen dieses Beitrags zählen: Da das Statistische Bundesamt in den vergangenen Jahren die Daten der Lebendgeburten nach zwei Berechnungsverfahren, dem Geburtsjahr und dem Alter der Mutter ermittelt hat, wurden die Ergebnisse beider Vorgehensweisen im Hinblick auf die minderjährigen Frauen dargestellt. Es zeigte sich, dass die Lebendgeburtenzahlen, die nach der neueren Erhebungsmethode berechnet wurden, aufgrund ihrer größeren Genauigkeit um über 2.000 Geburten jedes Jahr höher ausfielen. Danach haben über 7.000 Minderjährige zwischen 2000 und 2002 ein Kind zur Welt gebracht. Die Zahl stieg von 7.126 (2000) auf 7.595 (2002). Auch bei den Schwangerschaftsabbrüchen derselben Altersstufe, der 10- bis 17- Jährigen, konnte außer 2002 eine Steigerung der gemeldeten Zahlen bis 2003 festgestellt werden. Sie nahmen von 6.337 (2000) auf 7.645 (2003) Abtreibungen zu. Die Zunahme der Abbrüche, wenn auch in unterschiedlichem Maße, konnte 2001 bei den jungen Frauen unter 18 Jahren ebenso in den vier bevölkerungsreichsten Bundesländern, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, anhand der für diese Länder publizierten Zahlen nachgewiesen werden. Die höchste Steigerung von 2002 nach 2003 wurde in Baden-Württemberg konstatiert. In Bayern sank 2003 die Abbruchzahl in dem untersuchten Zeitraum erstmals. Der Vergleich der neueren Lebendgeburten- und Schwangerschaftsabbruchzahlen ergab, dass zwischen 2000 und 2002 die Zahl der Geburten minderjähriger Frauen in allen drei angegebenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, während die Abtreibungen auf derselben Altersstufe 2001 gegenüber dem Vorjahr um über 1.200 beträchtlich anstiegen und ein Jahr später um 162 auf 7.645 zurückgingen. Allerdings konnte 2003 wieder eine Zunahme auf 7.645 beobachtet werden. Addiert man indes die Lebendgeborenen- und Abbruchzahlen der minderjährigen Frauengruppe, dann gab es 2001 und 2002 über 15.000 Mädchen in Deutschland, die sich entweder für das Austragen der Schwangerschaft oder den Schwangerschaftsabbruch entschieden haben. Somit zeigt sich aus heutiger Sicht, dass die hohen Zahlen der Schwangerschaften im Kindesund Jugendalter bislang keineswegs verringert werden konnten. Denn es ist heute bereits bekannt: Die Schwangerschaftsabbrüche haben 2003 gegenüber 2002 nicht unbedeutsam zugenommen. Es sollte geprüft werden, ob die Maßnahmen, die vonseiten der Politik und Pädagogik eingeleitet wurden, ausreichen, um die Zahl der ungewollten Kinder- und Teenagerschwangerschaften deutlich zu reduzieren. 6

Literatur Kluge, N.: Internetpublikationen (http://kluge.uni-landau.de) Kluge, N.: Schwangerschaftsabbrüche bei Teenagern in Deutschland. Tendenz steigend, in: Sexualmedizin, 25. Jg. (2003), H. 7/8, S. 158-161; H. 9, S. 183-187 Statistisches Bundesamt: Informationen zum Geburtsjahr und Alter der Mutter bei Lebendgeburten sowie zu Schwangerschaftsabbrüchen in der Bundesrepublik Deutschland, 2004 Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Am Neuberg 23, 76829 Landau Tel: 06341/30662, Fax: 06341/30288 E-Mail: kluge@uni-landau.de Homepage: http://kluge.uni-landau.de 7