Pathologie des Ovars

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Transkript:

Pathologie des Ovars Cornelius Kuhnen Institut für Pathologie am Clemenshospital Münster Medical-Center Düesbergweg 128 48153 Münster www.patho-muenster.de

Nichtneoplastische Zysten und tumorartige Läsionen Ovar Zysten des Follikelepithels Präovulatorisch Follikelzyste Granulosaluteinzyste Thekaluteinzyste Postovulatorisch Corpus luteum Zyste Corpus albicans Zyste Zysten des Oberflächenepithels Keimepithelinklusionszyste Mesothelzyste Parovarialzysten Zysten heterotopen Endometriums

OVARIALTUMOREN - Unspezifische Symptome: daher späte Manifestation! - Etwa 2/3 aller Ovarialtumoren im reproduktiven Lebensalter. - 75-80% benigne, 55-65% dieser benignen Tumoren bei Frauen unter 40 Jahren. - 80-90% der Tumoren bei Frauen über 40 Jahre: maligne oder Borderline -Tumoren. - In Deutschland: ca. 7700 Frauen mit malignem Ovarialtumor / Jahr.

OVARIALTUMOREN Einteilung: 1. Tumoren mit Ausgang vom ovariellen Oberflächenepithel (ca. 60-70 %) 2. Keimstrang- /Stromatumoren (ca. 5-10 %) 3. Keimzelltumoren (ca. 10-20 %)

Ableitung von ovariellem Oberflächenepithel: Seröse, muzinöse, endometrioide, klarzellige, plattenepitheliale, transitionalzellige Tumoren.

Tumorgruppen/Dignität Benigne Tumoren Zystadenome/Papillome Borderline-Tumoren unsichere Dignität Maligne Tumoren Adenokarzinome

Benigne Ovarial-Tumoren des Oberflächenepithels Seröse Zystadenome Mucinöse Zystadenome Zystadenofibrome: (höherer Anteil an kollagenem Bindegewebe)

Entstehung epithelialer Tumoren aus dem Müller-Oberflächenepithel: a: normales Müller-Oberflächenepithel b: Zystadenom (ab 1 cm Zystengröße) c: Borderline-Tumor d: Adenokarzinom (aus: Böcker/Denk/Heitz: Pathologie)

Tumortyp Bilateralität Serös Benigne ca. 20% Borderline ca. 25-40% Maligne ca. 65% Muzinös Benigne ca. 5% Borderline ca. 10% Maligne ca. 20% Endometrioides Karzinom 40%

Seröses Zystadenofibrom: Ausgangspunkt: Seröses Oberflächenepithel bzw. seine kortikalen Inklusionen. Ca. 16% aller epithelialen Ovarialtumoren: seröse Tumoren, Gipfel im 4.-6. Jahrzehnt; häufig bilateral. Makroskopisch: unilokuläre oder multizystische Läsionen mit oft glatter Außenfläche, bei Zystadenofibromen zusätzliche solide fibröse Komponente.

Borderline Tumoren des Oberflächenepithels Atypisch proliferierende Tumoren ohne Stromainvasion Verstärkte Epithelproliferation mit zellulären Atypien Kein Kapseldurchbruch Muzinös oder serös

Borderline-Tumoren: Syn.: Tumoren von niedrigem malignem Potential. Klinisch und morphologisch zwischen eindeutig benignen (Zystadenome, Adenofibrome) und klar malignen (Karzinome) Tumoren. Peritoneale Implantate möglich (invasive und nicht-invasive)! Seröse und muzinöse Borderline-Tumoren (auch endometrioide/klarzellige/transitionalzellige B.-Tumoren).

Seröse Borderline-Tumoren: Prognose mehrheitlich günstig (10-Jahres-Überlebensraten ca. 90%). 30-50% der serösen B. sind bilateral. Gesamtüberleben: 95% bei non-invasiven Implantaten, 66% bei invasiven Implantaten.

Muzinöse Borderline-Tumoren: Intestinaler Typ: Intestinale B. können im Ggs. zum endozervikalen B. mit einem Pseudomyxoma peritonei vergesellschaftet sein. Pseudomyxoma peritonei: Schleimansammlungen peritoneal (muzinöser Aszites) durch Ruptur / Perforation eines schleimbildenden Tumors. In Fällen mit Pseudomyxoma peritonei ist der Verlauf oft protrahiert und nicht selten schließlich letal.

In der Mehrzahl intestinaler muzinöser Borderline-Tumoren des Ovars mit Pseudomyxoma peritonei liegt zusätzlich ein weiterer hochdifferenzierter schleimbildender extraovarieller Tumor vor (meistens Appendix vermiformis, auch Kolon, Gallenblase, Harnblase)! Dann ist der Ovarialtumor wahrscheinlich eine Metastase des extraovariellen Tumors bei Diagnose eines muzinösen intestinalen B.-Tumors im Ovar sollte daher stets eine Appendektomie angestrebt werden, selbst wenn eine intraoperativ makroskopisch unauffällige Appendix vorliegt!

Implants Absiedlungen auf der Peritonealoberfläche besonders Diaphragma, kleines Becken 16-47% der Borderline-Tumoren non-invasiv und invasiv

Ovarialkarzinome: Seröse Karzinome mit ca. 50% häufigster Typ der Ovarialkarzinome. Ca. 66% primär bilateral, ca. 66% primär intraperitoneal ausgebreitet. Muzinöse K.: Häufig unilaterale große multizystische Tumoren. Histologische Typen der Ovarialkarzinome: Seröse 53% Muzinös 7% Endometrioid 22% Klarzellig 10% Transitionalzellig selten Plattenepithelial selten Gemischt 2% Undifferenziert 5%

Maligne Ovarialtumoren des Oberflächenepithels Seröse Adenokarzinome (65 % bilateral) Muzinöse Tumoren (20 % bilateral) Endometroide Adenokarzinome (15 % bilateral) Klarzellkarzinom

Keimstrang-Stroma-Tumoren: z.b. - Granulosazelltumor: alle potentiell maligne! - Thekom / Fibrom - Sertolizelltumor Endokrine Symptome möglich!

Granulosazelltumor: Häufigster Keimstrang-Stroma-Tumor. Unilateral in 95%. Durchschnittgröße ca. 12 cm. Aussage zur Prognose anhand der Histopathologie nicht möglich, alle potentiell maligne! Damit insgesamt Einordnung der Granulosazelltumoren als niedrig-maligne. Rezidive typischerweise spät, bisweilen erst nach 20 Jahren oder später. Ca. 33% der Fälle mit Metastasen (maligne). 10-Jahre-Überlebensraten zwischen 60% und 90%. Entscheidender Prognosefaktor: Tumorstadium.

Adulter Granulosazelltumor: Adulte GCT mehrheitlich postmenopausal. Selten androgene oder gestagene endokrine Wirkung. Juveniler Granulosazelltumor: Ca. 5% der GCT, 80% bei Frauen unter 20 Jahren. Prognose meist gut (einseitige Ovarektomie bzw. Adnektomie). Häufig Östrogenbildung (wie beim adulten CGT), daher im Kindesalter in 80% Pseudopubertas praecox. Auch beim Vorliegen erheblicher zellulärer Atypien und hoher Mitoserate in den meisten Fällen klinisch gutartig.

Thekom / Fibrom: In ca. 50% Östrogenbildung (mit Zyklusstörungen, Blutungen, endometriale Polypenbildung, Endometriumhyperplasie). I.d.R. postmenopausal, meist unilateral; solide, derbe Tumoren, Schnittfläche gelb bis gelb-braun.

Keimzelltumoren: Mehr als 90% der Keimzelltumoren sind benigne Teratome. Bei Patientenalter unter 20 Jahren stellen Keimzelltumoren 60% der Ovarialtumoren. Keimzelltumoren meist unilateral. Histologie der ovariellen Keimzelltumoren ist identisch mit den testikulären Keimzelltumoren, allerdings im Ovar seltener und häufiger benigne. - Dysgerminom, - Dottersacktumor, - Embryonales Karzinom, - Teratom (reif, immatur)

Dermoidzyste (monodermales Teratom) Über 90% der ovariellen Keimzelltumoren sind benigne Teratome, meist (Epi-)Dermoidzysten. Reife Teratome machen ca. 99% der ovariellen Teratome aus, ca. 1% unreife Teratome (unreifes Neuroepithel).

Metastasen 10 % der Ovarialtumoren Primärtumoren Endometrium Gastro-intestinale Tumoren Mammakarzinom 10 % in Spätstadien bds. Krukenbergtumor : Met.v.Siegelringkarzinomen des Magens beidseitig