Freie Wohlfahrtspflege NRW Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen LAG FW NRW 0 Sperlichstraße 25048151 Münster Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen Frau Carina Gödecke Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf per E-Mail: anhoerung@landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. WAHLPERIODE STELLUNGNAHME 16/2959 A04 Der Vorsitzende Sperlichstraße 25,48151 MOnster Telefon: 0251/9739-290 Telefax: 0251/9739-298 E-Mail: lagfw@drk-westfalen.de Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom 1.1 25.06.2015 Datum 03.09.2015 Stellungnahme der LAGFW NRW zum Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten, Drucksache 16/8446 "Gesetz zur Änderung Kinderbildungsgesetzes" Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend am 17. September 2015 Sehr geehrte Frau Gödecke, wir bedanken uns für die Möglichkeit zu dem oben genannten Gesetzentwurf Stellung nehmen zu können. Als Anlage übersende ich Ihnen die Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit der Bitte um Berücksichtigung im weiteren Anhörungsverfahren. Für Rückfragen oder weitergehende Beratungen steht Ihnen die Freie Wohlfahrtspflege gerne zur Verfügung. Freundliche Grüße Ludger Jutkeit Vorsitzender Anlage (1) Seite 1 von 1 Gemeinsam für ein soziales Nordrhein-Westfalen I = ~ARITÄT + Deutsches Rotes Kreuz Diakonie liil JOdlaohe Gemeinden
Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW zum Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 16/8446, über ein Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend am 17.09.2015 Münster, 03.09.2015 Der vorliegende Gesetzentwurf wird durch die Fraktion der PIRATEN eingebracht mit der Begründung, dass zwar im Verlauf der letzten Jahre bei der Beteiligung von Kindern in Kindertageseinrichtungen Verbesserungen erfolgt sind, diese aber noch nicht weitgehend genug seien und nicht jedes Kind erreichen. Als Lösung wird eine Erweiterung der bisherigen gesetzlichen Regelung im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) vorgeschlagen, um verbindlichere Verfahren als bisher umsetzen zu können. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW stellt hierzu fest, dass mit der 2. Revision des Kinderbildungsgesetzes KiBiz Änderungen auch in Bezug auf die Sicherung der Rechte von Kindern im Bereich der Kindertagesbetreuung eingetreten sind, die auch in der Praxis der pädagogischen Arbeit in den Kindertageseinrichtungen ihren Niederschlag finden. In unserer Stellungnahme zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes vom 25.04.2014 haben wir u.a. ausgeführt: Das wichtige Thema Kinderrechte wurde im Text des Gesetzentwurfes an einigen Stellen eingeführt (u.a. 13 Abs. 6). Dieses begrüßen wir. Zusätzlich sollten allerdings in einem eigenen Absatz die Kinderrechte als zentraler Bezugsrahmen für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (Bildung, Seite 1 von 4
Erziehung und Betreuung) aufgenommen werden, mindestens sollte der Hinweis auf Artikel 7 der Landesverfassung in 13 Abs. 1 um den Hinweis auf Artikel 6 der Landesverfassung (Kinder und Jugendliche) erweitert werden. Den Hinweis auf Artikel 6 der Landesverfassung hat der Landesgesetzgeber auf Anregung der Freien Wohlfahrtspflege ins KiBiz aufgenommen. In einer weiteren Stellungnahme zur Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend zum Thema Kinderrechte wirklich umsetzen! Nordrhein-Westfalen braucht geschulte Fachkräfte in allen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Familienzentren für die konkrete Informationsvermittlung der Kinderrechte am 20.11.2014 hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW ausführlich zu diesem Thema positioniert. Die Kinderrechte sind nach wie vor nicht im Grundgesetz verbindlich normiert und sie gelten nach wie vor nicht für alle Kinder und Jugendlichen gleichermaßen. Die Arbeitshilfe der Freien Wohlfahrtspflege Uneingeschränkte Rechte für junge Flüchtlinge macht deutlich, dass gerade diese Kinder und Jugendlichen immer noch rechtlich, materiell und politisch benachteiligt werden. Auf der Grundlage des 45 Abs.2 Nr. 3 zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden fordern die betriebserlaubniserteilenden Landesjugendämter von den Trägern der Einrichtungen, die Verbreitung der Kinderrechte und die nachhaltige Auseinandersetzung mit der Umsetzung dieser Rechte zu garantieren. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung einer kinderrechteorientierten pädagogischen Arbeit. Hierzu bedarf es dem Entwicklungsstand der Kinder entsprechende geeignete pädagogische Konzepte, die prozesshaft erarbeitet werden können und Methoden und altersgerechte Formen der Mitwirkung und Mitbestimmung sowie eine Verbesserung von Beschwerdemöglichkeiten. Kinderrechte sollen es den Kindern ermöglichen und erleichtern, sich gegen grenzverletzendes Verhalten von Erwachsenen in Organisationen zu wehren und ihr Verhältnis zu den Erwachsenen und untereinander auf eine verlässliche Grundlage zu stellen. Weiter heißt es in unserer Stellungnahme: Damit Kinderrechte ein Thema sind und bleiben, bedarf es politischer und rechtlicher Regelungen in Jugendhilfe und Schule sowie nachhaltiger öffentlicher Aufmerksamkeit für das Thema. Zudem wird die Verankerung in Ausbildungs- und Studiengängen ebenso benötigt, wie aufmerksame Seite 2 von 4
bürgergesellschaftliche Institutionen, die das Thema wachhalten. Hierzu zählen nicht zuletzt auch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und ihre Mitgliedseinrichtungen. Die Qualifizierung von Fachkräften ist ein weiterer wesentlicher Aspekt, um die Umsetzung der UN Kinderrechtskonvention in den Kindertageseinrichtungen zu sichern. Einschlägige Qualifizierungsangebote für Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe und in der Schule sollten weiter ausgebaut werden, ggf. auch mit finanzieller Beteiligung des Landes. In den Einrichtungen sollten nicht nur einzelne Fachkräfte sondern im Rahmen von Teamfortbildungen (z. B. als Inhouse -Fortbildung) ganze Teams fortgebildet werden. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege kommen ihrer Verpflichtung nach und setzen im Bereich der Fortbildung hier bereits seit vielen Jahren einen deutlichen Schwerpunkt. Darüber hinaus hat jeder Träger, jede Leitungskraft in einer Einrichtung die Aufgabe und die Verantwortung zu klären und festzulegen, wie Kinder und Erwachsene über die Kinderrechte informiert werden und wie diese umgesetzt werden. Die Umsetzung eines Qualitätsmanagement-Systems in den Kindertageseinrichtungen ist hier ein wichtiges Instrument, um die Sicherung der Kinderrechte zu überprüfen und zu gewährleisten. Auch hier sind die veränderten Anforderungen der Landesjugendämter an eine Betriebserlaubnis eine gute Unterstützung, denn bereits heute wird erwartet, die Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität ( ) kontinuierlich weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Dazu zählen auch Qualitätsmerkmale für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt. Ergänzend wird der 79a SGB VIII von den Jugendämtern in NRW zunehmend beachtet, aufgegriffen und umgesetzt. So sehen sich die Jugendämter dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt (gemäß 8a SGB VIII) verantwortlich und auch der in 79a verlangten Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Kinderrechte sind nur dann von Bedeutung, wenn sie im Konfliktfall auch eingeklagt werden können. Die Regelung des 45 SGB VIII, die u.a. auch für Kindertageseinrichtungen verbindliche Beschwerdemöglichkeiten vorsieht, ist auch in dieser Hinsicht vorbildlich. Flankierend eine solche Anforderung im Landespräventionsgesetz aufzugreifen, würde für die Sicherung von Kinderrechten ein starkes Signal und eine konkrete Aufforderung zum Handeln bedeuten. Seite 3 von 4
Die von der Fraktion DIE PIRATEN vorgeschlagene Änderung des Kinderbildungsgesetzes durch die Einfügung einer weiteren gesetzlichen Regelung ist zum jetzigen Zeitpunkt (kurz nach Inkrafttreten der letzten Änderungen) unangemessen und hätte im Zuge des 2. Revisionsverfahrens eingebracht werden müssen. Träger, Mitarbeiter/innen, Eltern, Kinder, Jugendämter und Spitzenverbände mit einer weiteren kurzfristigen Änderung des KiBiz zu konfrontieren, würde auf deutliche Kritik stoßen und wäre den Beteiligten nicht zu vermitteln. Die vorgeschlagenen Passagen im Einzelnen gehen weit über das hinaus, was ein Landesgesetzgeber in einem Kinderbildungsgesetz regeln sollte. Neu: 13d Abs. 1 entspricht dem 13 Abs. 6 Die weiteren Absätze 2 bis 5 tangieren konkret die Autonomie der Träger, da diese für die konzeptionelle Verankerung und Umsetzung der Rechte von Kindern verantwortlich sind. Welche Formen der Beteiligung und Mitwirkung gefunden werden, hängt sowohl vom Alter und Entwicklungsstand der Kinder als auch von den konkreten Bedingungen und Grundlagen der pädagogischen Arbeit ab. Keinesfalls bedürfen sie einer so detaillierten, gesetzlichen Regelung wie von der Fraktion DIE PIRATEN vorgeschlagen, sondern eine gesetzliche Regelung kann hier höchstens appellativen Charakter haben. Sinnvolle und ausreichende Ausführungsbestimmungen sind bereits im SGB VIII enthalten. Zur Sicherung der Kinderrechte außerdem noch weitere Dokumentationspflichten einzuräumen ist auch vor dem Hintergrund des Auftrages und der personellen Besetzung einer Kindertageseinrichtung weder realistisch noch wünschenswert. Die unter 13e eingefügten Vorstellungen zu einem Beteiligungskonzept können Anhaltspunkte für einzelne Träger und Kindertageseinrichtungen für eine mögliche konzeptionelle Berücksichtigung sein, sie gesetzlich vorzugeben, ist nicht sinnvoll. Münster, 03.09.2015 Seite 4 von 4