Verwaltungsschule des Kantons Schwyz Vorlesung im Sachenrecht 10 Beurkundungsrecht (inkl. Beglaubigung) lic.iur. Samuel Droxler, Rechtsanwalt Einleitung: Formerfordernisse I Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer beso. Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt (OR 11) i.d.r. hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab. (einfache) Schriftlichkeit => Vertrag muss die Unterschriften aller Vertragsparteien tragen Unterschrift ist eigenhändig zu schreiben (OR 14 f.). qualifizierte Schriftlichkeit, wonach eine Urkunde von A Z von Hand niederzuschreiben samt Unterzeichnung vgl. bspw. Art. 505 ZGB für die eigenhändige letztwillige Verfügung, sog. Handtestament Formerfordernisse II Die strengste Formvorschrift => öffentliche Beurkundung durch Notar oder Urkundsperson Übereilungsschutz und Vollständig- sowie Klarheit Div. Gesetzesbestimmungen des Bundeszivilrecht verlangen die Form der öffentlichen Beurkundung 1
Beispiele für Formerfordernis der öffentlichen Beurkundung eines Rechtsgeschäftes I ZGB 81 Abs. 1: Errichtung einer Stiftung ZGB 337: Begründung einer Gemeinderschaft ZGB 184: Ehevertrag ZGB 361 I: Vorsorgeauftrag ZGB 499: Letztwillige öffentliche Verfügung* ( öffentliches Testament ) ZGB 512: Erbvertrag* [+ zwei Zeugen haben zu unterzeichnen*] Grds. alle Rechtsgeschäfte, die Grundeigentum zum Inhalt haben Übertragung von Grundeigentum ZGB 657 I Begründung von Stockwerkeigentum ZGB 712d III Errichtung einer Grunddienstbarkeit ZGB 732 I Baurecht ZGB 779a I Errichtung eines Grundpfands ZGB 799 II ZGB 650 II, 680 II, 681b I etc. Beispiele für öff. Beurkundung II OR 216: Kaufverträge über Grundst. sowie Vorverträge & Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen OR 243: Schenkungen über Grundstücke oder dingliche Rechte an solchen OR 493 II: Bürgschaftserklärung natürlicher Personen, wenn Haftungsbetrag > CHF 2 000 ferner gesellschaftsrechtliche Beschlüsse im OR, u.a.: Gründung einer Aktiengesellschaft oder GmbH Sachleinlageverträge (634 I Z. 1) Statutenänderung (647, 780) Kapitalerhöhung (650) Auflösung einer Gesellschaft (821) Eidesstattliche Erklärungen, Inventare und andere Tatsachenfeststellungen usw. Art. 55 SchlTZGB Öffentliche Beurkundung 1 Die Kantone bestimmen, in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung hergestellt wird. Im Kanton Schwyz: Einführungsgesetz zum schweizerischen Zivilgesetzbuch 9-16 (EGzZGB, SRSZ 210.100) Gesetz über die Beurkundung und Beglaubigung (BBG, SRSZ 210.210) 2
Notariatswesen in der Schweiz a) Öffentliche Beurkundung EGzZGB 9 I. Begriff und Gegenstand Aufzeichnung rechtserheblicher Tats. oder rechtsgeschäftlicher Erklärungen durch eine gemäss 10 dazu befugte Person, in der vorgeschriebenen Form und dem dafür vorgesehenen Verfahren. =>Beurkundung individueller Erklärungen, die Protokollierung veranstaltungsgebundener Erkl. und die Beurkundung bestehender Tats. 10 II. Zuständigkeit der Notar, wobei für die Beurkundung von Verträgen über dingliche Rechte an schwyzerischen Grundstücken die eingesetzten Amtsnotare des Kreises ausschliesslich zuständig sind, in welchem das Grundstück ganz oder der grösste Teil desselben liegt; beim Kantonsgericht als Urkundspersonen registrierten Inhaber des SZ- Anwaltspatents und des schwyzerischen Wahlfähigkeitszeugnisses für Notare für alle Rechtsgeschäfte mit Wohnsitz in SZ, die nicht gemäss Buchst. a den Notaren vorbehalten sind, (Regierungsrat kann für die Anerkennung ausserkantonaler Patente Gegenrechtserklärungen abgeben; z.b. SG); Gemeindeschreiber und deren Stv. für öff. letztw. Verfügungen und Vorsorgeaufträge. b) Amtliche Beglaubigung 11 I. Begriff Bescheinigung der Beglaubigungsperson über die Echtheit einer Unterschrift oder eines Handzeichens, die Übereinstimmung einer Abschrift, eines Auszuges oder einer andern Wiedergabe mit dem vorgelegten Schriftstück sowie die korrekte Vornahme einer Übersetzung 12 II. Zuständigkeit Urkundspersonen gemäss 10, der Staatsschreiber und die vom Regierungsrat bezeichneten Mitarbeiter der Staatskanzlei, der Staatsarchivar, die Gerichtsschreiber der schwyzerischen Gerichte sowie die Staatsanwälte 3
c) Gemeinsame Vorschriften 13 stehen unter der Aufsicht des Kantonsgerichtes 14 in den Ausstand zu treten bei Ausschlussgrund gem. Schweiz. Zivilprozessordnung (ZPO 47): in der Sache ein persönliches Interesse; mit einer Partei verheiratet ist /war, in eingetragener Partnerschaft lebt(e), faktische Lebensgemeinschaft führt; mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem dritten Grad verwandt oder verschwägert ist; d.h. Onkel/Nichte unzulässig, während Cousin [4. Grad] zulässig wäre aus anderen Gründen, insbeso. wegen Freundschaft / Feindschaft mit einer Partei oder ihrer Vertretung, befangen sein könnte. Gesetz über die Beurkundung und Beglaubigung (BBG, SRSZ 210.210) regelt die öff. Beurkundung und die amtliche Beglaubigung i.s.v. 9 bis 14 EGzZGB gilt nicht für die Beurkundungen und Beglaubigungen im öffentlichen Bereich Amtsnotariat Regierungsrat regelt Zuständigkeit und Verfahren für Überbeglaubigungen (Apostillen) =>Staatskanzlei! Beurkundungspflicht zuständige Amtsnotare haben eine Beurkundungspflicht innert angemessener Frist (Rechtsverzögerungsverbot) Ausser wenn: sie daran aus wichtigen Gründen verhindert sind; das, was beurkundet werden soll, rechtlich unmöglich oder offensichtlich rechts- oder sittenwidrig ist; ein Ausstandsgrund gemäss ZPO vorliegt. freiberuflich tätigen Urkundspersonen sowie die Gemeindeschreiber und ihre STV können ein Beurkundungsmandat ablehnen 4
weitere Pflichten bei öff. Beurkundungen 3 Ermittlungspflicht Vorhandensein der Beurkundungsvoraussetzungen und der zu beurkundenden Tats. 4 Sorgfaltspflicht 5 Wahrheitspflicht 6 Pflicht zur Verschwiegenheit Mitarbeiter und Hilfspersonen 9 Aufbewahrungspflicht Registerführung Nichtigkeit 8 BBG, Vorbehalt Bundesrecht Urkundsperson nicht zuständig; Ausschlussgründe verletzt; nicht persönlich anwesend; Identität der Urkundsperson aufgrund der Angaben in der Urkunde nicht eindeutig bestimmbar; Urkunde in einer oder mehreren Sprachen abgefasst ist, von denen die Urkundsperson eine nicht versteht und diese nicht übersetzt ist; Datum oder die Unterschrift der Urkundsperson fehlt. Die Urkunde muss Siegel oder Stempel der Urkundsperson enthalten BBG 10 I lit. e 14 I lit. g 16 I lit. c, 21 I Die Parteien können die Schriftstücke entweder selbst schreiben oder deren Abfassung der Urkundsperson übertragen Spezialvorschriften für Schreibunfähige, gebrechliche, fremdsprachige Personen (vgl. BBG 12) 5
Prüfungsreglement für Notare (PReglN) (SRSZ 213.511) Prüfung wird von der Anwaltsprüfungskommission, unter Beizug des Grundbuchinspektors, abgenommen. Die Zulassung zur Prüfung setzt voraus: Handlungsfähigkeit, Strafregisterauszug ohne Eintrag und Betreibungsregisterauszug ohne Verlustscheine; juristisches Studium von vier Semestern in den Prüfungsfächern an einer schweizerischen Hochschule; eine praktische Tätigkeit von einem Jahr bei einem schwyzerischen Notariat nach dem Notariatslehrabschluss oder ein ausserkantonales Anwalts-, Notariats- oder Grundbuchverwalterpatent Gebührentarif für Notare und Grundbuchverwalter sowie freiberufliche Urkundspersonen (SRSZ 213.512) regelt die Gebühren für alle Amtshandlungen, von den Notariaten und Grundbuchverwaltern sowie von den freiberuflichen Urkundspersonen inkl. Nebenleistungen wie die Beratung und die Formulierung von Verträgen welche im Hinblick auf eine öffentliche Beurkundung im Rahmen üblicher beurkundungsrechtlicher Berufserfahrung erfolgen Vorbehalt für freiberufliche Urkundspersonen Vereinbarungen über die Entschädigung für den Aufwand, der den Rahmen der Amtshandlungen überschreitet Die Bezirke legen fest, ob die Gebühren den Notaren und Grundbuchverwaltern persönlich, oder der Bezirkskasse zufallen. 6