Panorama v Deutschtürken: fremd in der Heimat

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Transkript:

Panorama v. 25.01.2018 Deutschtürken: fremd in der Heimat Anmoderation Anja Reschke: Er macht es einem nicht einfach, der türkische Präsident Erdogan. Deutsche Politiker bringt er in Zusammenhang mit Nazis, dann die Willkür, mit der Menschen in der Türkei eingesperrt werden, darunter auch deutsche Journalisten, und nun greift er völkerrechtswidrig Kurden in Nordsyrien an. Erdogan ist und bleibt vielen Deutschen suspekt. Aber vielen türkischstämmigen Deutschen nicht. Im Gegenteil. Wir haben vor einigen Monaten eine repräsentative Umfrage unter Deutschtürken gemacht. Das Ergebnis war erschütternd. Nur 12 Prozent der Befragten finden die Kritik an Erdogan gerechtfertigt. 71 Prozent dagegen finden sie völlig falsch oder können sie nur teilweise nachvollziehen. Was ist los mit unseren Türken? Warum finden viele Erdogan so toll? Das haben wir auch Esra Özer immer wieder gefragt. Esra ist Reporterin bei uns und selbst in Istanbul geboren. Sie ist mit ihrer Kollegin Anna Orth losgezogen und hat bei anderen Deutschtürken nach Erklärungen gesucht. Ich habe ein Hobby, für das andere sich nicht rechtfertigen müssen. Ich schon. Mein Name ist Esra Özer, und ja, ich habe einen Schrebergarten. Das ist ja ganz schön deutsch. Aber ich? Und jetzt kommt auch noch Erdogan: Recep Tayyip Erdogan (Ausschnitt aus einer Rede): Assimilation ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Bei unserer Religion, Sprache und Kultur können wir keine Zugeständnisse machen. Seit 27 Jahren lebe ich so in Deutschland. Niemand wollte mir hier türkisch verbieten - was will Erdogan also? Aber andere Deutschtürken scheinen ihn besser zu verstehen. Hamburg Billstedt. Zehn Minuten von meinem Schrebergarten entfernt. Jeder zehnte Einwohner hier hat einen türkischen Hintergrund. Auf dem Markt möchte ich Türken sprechen. Ich ziehe zunächst alleine mit meinem Handy los. Ohne meine deutschen Kollegen. Erfahrungsgemäß sind die Gespräche dann offener. Esra Özer, Panorama: Merken Sie eine Anspannung zwischen Deutschen und Türken? Türkische Passantin: Ja, ständig. Nicht nur, dass sie uns komisch angucken, sie fragen, bist du für oder gegen Erdogan? Was geht dich das an? Türkischer Passant: Ich unterstütze Erdogan. Wegen der letzten 15 Jahre. Ich kenne die Zeit davor. Wer all die Verbesserung im Land seitdem nicht sieht, der ist doch blind. Ich spüre Wut in den Antworten. 1

Immer wieder heißt es, die Deutschen sehen die Fortschritte in der Türkei nicht. Im türkischen Supermarkt spreche ich den Fleischer auf Erdogan an. Sofort beginnt er, ihn zu verteidigen. : Ich habe Freunde in der Türkei, denen geht es mittlerweile besser als mir hier in Deutschland. In den letzten 15 Jahren konnten viele dank Erdogan, den ja viele nicht mögen, eine Existenz aufbauen. Vor Erdogan war das Land am Ende. Sehen Sie, wie weit wir es geschafft haben. Das ist auch nicht einfach. Esra Özer, Panorama: Sehen das die Deutschen nicht? Oder warum glauben Sie, kommt er hier schlecht an? : Es gibt Menschen, die wollen Erfolge anderer einfach nicht sehen. Wenn du nicht hinguckst, siehst du auch nichts. Wegen Erdogan kann man wieder stolz auf die Türkei sein. Ist das nur auf der Straße so? Ein Bekannter hat mich eingeladen zu einem Stammtisch von Deutschtürken. Erfolgreiche Leute, Unternehmer - gut integriert. Und einige von ihnen stolz wegen Erdogan. Kadir, Stammtischbesucher: Erdogan sagt, nein, die Zeiten, wo ihr uns der Kranke vom Bosporus nennen könnt, die Zeiten sind vorbei. Jetzt sind wir auf Augenhöhe. Auf Augenhöhe! weiterer Stammtischbesucher: Ah, jetzt übertreibst du aber. Von wegen Augenhöhe. Und schon mischt sich ein deutscher Gast ein. deutscher Gast am Nebentisch: Nicht in hundert Jahren werdet ihr soweit sein. Kadir, Stammtischbesucher: Na, das werden wir ja sehen! Dafür sorgen wir. Nein! Hör auf jetzt. Doch! Das habe ich befürchtet: Jetzt geht der Streit erst richtig los. deutscher Gast am Nebentisch: Lernt erst mal Demokratie da drüben in der Türkei, dann ist alles wunderbar. Kadir, Stammtischbesucher: Er ist durch das Volk gewählt worden. Seit 2002 ist er im Amt. 2

deutscher Gast: Ich kenne viele Leute, die haben Angst, die trauen sich überhaupt gar nicht mehr, ihre Meinung zu sagen. Kadir: Das stimmt nicht! deutscher Gast: Doch, glaub mir das! Ihr habt es so weit geschafft, dass ihr die Gesellschaft hier schon gespaltet habt. Offenbar geht es in Wirklichkeit gar nicht um Erdogan. Sondern um die Türkei. Angeblich rückständig. Und die Reaktion: Wut, Trotz jetzt erst recht Türke sein. Viele Deutschtürken leben zwischen zwei Welten höre ich oft. Die eine ist Deutschland, die andere zum Beispiel Hamburg-Billstedt. In dieser Boutique betritt man den Orient. Es glitzert von außen und innen. Kleider aus Seide und Perlen. Die Afghanin Farah Neiro hat sich auf orientalische Brautmoden spezialisiert. Viele ihrer Kundinnen sind türkeistämmig. Sie hat vor allem mit jungen Frauen zu tun, die hier ihr Brautkleid kaufen. Farah erzählt mir, dass sie in den letzten Jahren eine Veränderung bei ihnen bemerkt. Farah Neiro, Boutique für orientalische Brautmoden: Was ich erstaunlicherweise viel sehe im Moment, ist, dass die Mütter total offen sind, gar nicht mit Kopftuch, sondern komplett, ich würde sagen, westlich orientiert, aber dann dafür die Töchter das krasse Gegenteil sind. So mit Kopftuch, aber komplett bedeckt. O-Töne Esra Özer, Panorama: Das beobachtest Du schon... Farah Neiro: Ja, doch viel. Auch viel bei den Türken. Bekommst Du auch mal mit, wie die Deutschen hier in Billstedt die Türken sehen? Farah Neiro: Äh.. wenn ich mal Deutsche sehe. (lacht) Hier gibt es kaum Deutsche? Farah Neiro: Kaum. Kaum. Nicht nur deshalb kaufen hier deutsche Kundinnen eher selten ein, sagt mir Farah. Die Geschmäcker seien anders. Farah Neiro: Das ist ein komplettes Hijabkleid. Hier Kopftuch ansetzen, reinstecken. Das ist ein Schwesternkleid oder eher Cousinenkleid. Esra streift durch Kleider, Farah zeigt ihr Modelle - Esra mit schwarzem Kleid: 3

Esra Özer, Panorama: Das mag ich! Das mag ich wirklich. Das ist toll! Das am wenigsten glitzernde Kleid im Laden! Farah Neiro: Was komplett schlicht ist und easy, aber ja..., okay gut, die Geschmäcker sind verschieden. Das ist halt so gar nicht türkisch. Farah Neiro: Null. Da fehlt das Türkische in mir wahrscheinlich. Farah Neiro: Aber du bist schon deutsch. Schon, aber auch türkisch. Farah Neiro: Bist du?! Ja. Nicht alle Türken stehen auf Glitzer. Oder? Ich stehe auch irgendwie auf Glitzer. Farah Neiro: Aber so vom Charakter, vom Verhalten bist du absolut deutsch. Meinst Du? Farah Neiro: Voll deutsch. Beispiel, ganz simples Beispiel: Ein Türke kommt mit mehr Temperament (nimmt zur Veranschaulichung Kleider temperamentvoll und begeistert von der Stange). Bei dir so: (nimmt zur Veranschaulichung Kleider ruhig und zögernd von der Stange). Soll ich das jetzt gut finden? Oder schlecht? Ich weiß es nicht. Fara Neiro: Ich find es gut! Du bist integriert! Überintegriert! Aber ich bin doch auch ein bisschen türkisch oder etwa nicht? Bin ich jetzt gar nicht türkisch, ist das echt so? Fara Neiro: Bisschen. Ach, komm. Ja, was bin ich eigentlich? Ich möchte meine Schwester fragen. Wer könnte das besser wissen? Telefonat mit Ebru, Schwester von Wenn ich Dich jetzt fragen würde, was sind wir eigentlich. Sind wir eher deutsch oder sind wir eher türkisch? Ebru: Deutsch und türkisch. Beides. Was ist das für eine komische Frage? Keine Ahnung, aber darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Also, ich weiß nicht. Ich denke deutsch, träume deutsch. Esra: Hast Du Dich das überhaupt schon mal gefragt? Ebru: Nee, eigentlich nicht. Esra: Okay Nein, wir haben uns diese Frage nie gestellt. Umso größer der Unterschied zu Eda. Die Deutschtürkin ist genauso alt wie ich, gut ausgebildet und integriert - gewesen. Denn jetzt lebt sie in der Türkei, erst mal telefoniere ich mit ihr. Sie hat einen tollen Job in einem Verlag, leitet ein Team von 20 Leuten. Kurz darauf kommt Eda nach Deutschland, um ihren Vater und die Familie zu besuchen. 4

Eda: Ich bin gestern gelandet. Ich habe weder nach rechts noch nach links geguckt ich hab, das war, das Gefühl kann ich euch nicht erklären. Und dann habe ich darüber selbst nachgedacht, warum ich so reagiere, also vom Gefühl her. Ich habe es gefunden, ich habe mich gefunden. Das ist das, was ich wollte. In der Türkei gefunden. Eda: Auf jeden Fall. Das habe ich gemerkt, jetzt wo ich nach 2 Jahren wieder zurückgekommen bin. Das ist hier nichts für mich. Ich bin nur wegen meiner Familie hier, sonst wegen nichts. Was hast Du hier in Deutschland erlebt? Hast Du Dich hier angekommen gefühlt? Eda: Nein, überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Nach der Ausbildung nicht es hat hier einfach nicht Spaß gemacht. In der Türkei hab ich jetzt eine bestimmte Position, weil ich auch diese deutsche Disziplin habe. Bei mir ist das der Fall, das sagen sie auch immer. Keine Fehltage. Wie ich arbeite, wie ich mit den Mitarbeitern umgehe. Sowas kennen die da zum Beispiel auch schon, aber nicht, wie ich das Ding rüberbringe. Aber hier, da ist es angekommen, hier ist es nicht angekommen. Hast gemacht und gemacht, aber... Ja. Was meinst Du woran das lag? Vater von Eda sagt im Hintergrund: Sag ruhig... Eda: Ja, das ist einfach so, wir sind einfach Ausländer. Aus diesem Grund. Melih, Vater von Eda: Ja immer, ich bin nicht gegen Ausländer, aber... Eda: Aber! Ja, das hatte ich sehr oft. Melih, Vater von Eda: Ja, dieses Wort... Ich habe nichts gegen Ausländer, aber. 5

Eda: Ja, so was war immer im Freundeskreis, oder auch von den Eltern aus, ja, das war..., so was war immer da. Hast Du hier in Deutschland keine Zukunft für Dich gesehen? Eda: Nein, überhaupt nicht, überhaupt nicht. Nein. Du sagst, du bist Türkin durch und durch. Und ich sage, ich bin deutsch und türkisch, Beides. So. Eda: Das sage ich nicht, da hast du recht. Als Deutschtürkin hat man es irgendwie schwer. Entweder türkisch oder deutsch. Und für die Deutsch-Afghanin aus dem Modegeschäft bin ich eben nur deutsch. Mich hat das ja schon so ein bisschen mitgenommen, als Du gesagt hast... Farah Neiro: Ehrlich? Du bist so deutsch. Also das ist so, Deutsche verhalten sich eher so und Türken eher so? Farah Neiro: Aber es bestätigt das immer wieder. Wirklich. Wirklich, wirklich. Irgendetwas wehrt sich in mir. Da fehlen mir die Zwischentöne. In der Zwischenzeit sind neue Kunden in die Boutique gekommen. Sind das Türken? Farah Neiro: Ja, das sind Türken. Also wirklich türkische Türken? Oder ist da auch mehr? Über Mode kommt man zum Thema. Gespräch mit türkischer Kundin. Ist das anders als bei Deutschen Geschäften? Also gibt es da Unterschiede? 6

Kundin: Kommt darauf an, also die haben sehr schöne schlichte Sachen, aber wenn ich jetzt was für meinen Sohn, also wenn mein Kind eine Beschneidungsfeier hat, dann braucht man schon bisschen was prolligeres. Ist es schon so, dass man sehr auf Glitzer steht und so ein bisschen pompöser? Kundin: Ich mag das überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Ha! Der Beweis. Nicht alle türkischen Frauen stehen auf Glitzer. Farah Neiro: Aber jetzt will sie ein bisschen pompöser, weil sie doch sieht Kundin: Aber nicht wirklich Glitzer und kein Bling-Bling, nicht so viel Bling-Bling. Sie sind auch hier geboren und aufgewachsen? Kundin: Ja Und fühlt man sich hier auch anerkannt? Kundin: Nicht immer. Nicht immer Wenn ich Sie jetzt fragen würde, sind Sie deutsch oder türkisch, was würden Sie antworten? Kundin: Es ist, manchmal denk ich eher deutsch, aber manchmal denk ich, nein, ich bin Türkin, aber nein, man merkt es auch dann, wenn man in die Türkei fliegt, nach zwei, drei Wochen sagt man, ich will wieder nach Hause, nach Hause. Nach Deutschland. Kundin: Ja Nach Hause. Nach Deutschland. Tut gut, das zu hören. Denn wie ich, leben viele wie selbstverständlich in zwei Kulturen. Aber viele Deutschtürken denken, sie müssten sich dafür rechtfertigen. Und vielleicht finden sie Erdogan gar nicht besonders toll. Sondern eher den Respekt und die Liebe, die er ihnen verspricht. Dinge, die sie hier vielleicht nie gefunden haben. 7

Bericht: Esra Özer, Anna Orth Kamera: Lutz Ackermann, Anna Orth Schnitt: Timo Becker, Elisabeth Hirsch Abmoderation Anja Reschke: Hat Erdogan Deutsche und Deutschtürken auseinandergetrieben? Diskutieren Sie bei uns auf Facebook. Unsere 30 Minütige Reportage dazu und weitere Ergebnisse unserer Umfrage finden Sie bei uns unter Panorama.de 8