Fisteln bei Morbus Crohn Anti-TNF- -Therapie nur im Zusammenspiel mit der Chirurgie sinnvoll

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Transkript:

Fisteln bei Morbus Crohn Anti-TNF- -Therapie nur im Zusammenspiel mit der Chirurgie sinnvoll Priv.-Doz. Dr. med. Anton J. Kroesen Fisteln jeglicher Ausprägung sind und bleiben eine der größten Herausforderungen bei der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Die chirur gischen Regeln hierfür sind klar formuliert und aufgestellt. Fistel lassen sich beim Morbus Crohn in insgesamt sechs verschiedene Fistelarten unterteilen: 1. Fisteln zwischen Darmschlingen (interenterische Fisteln) 2. Fisteln zwischen Darm und Haut (enterokutane Fisteln) 3. Fisteln zwischen Darm und Harnblase (enterovesikale Fisteln) 4. Fisteln zwischen Darm und Weichgeweben des Rückens (blind endende Fisteln) 5. Fisteln zwischen Darm und Scheide (Enterovaginale/-genitale Fisteln) 6. Analfisteln Das Kennzeichnende aller Fisteln innerhalb der Bauchhöhle (den enterischen Fisteln im eigentlichen Sinne) ist, dass die jeweilige Fistel von einem befallenem Darmsegment meistens vor Stenose (Enge) ausgeht, sich ihren Weg durch die in der Regel bereits mit kleinsten Fistelgängen durchsetzten Darm sucht und 18 Chirurgie

in einem anderen Darmabschnitt, der Harnblase, der Haut oder aber im Weichgewebe einen Anschluss findet. Im Grunde genommen erfolgt die Fistelentwicklung immer nach dem gleichen Grundprinzip. Eine Stenose setzt dem Fluss des Verdauungsbreis einen Widerstand entgegen, so dass dieser sich einen Weg mit einem geringeren Widerstand sucht. Die in der Darmwand schon bestehenden kleinsten Fistelgänge begünstigen hierbei den Weg des geringeren Widerstands. Warum aber überhaupt die Stenosen und kleinen Fistelgänge in der Darmwand entstehen, ist, wie so vieles bei der Crohn schen Erkrankung, nicht geklärt. Darm-Darm-Fisteln (interenterische Fisteln) müssen gar keine Symptome verursachen. Im Gegenteil können Sie, nachdem sie sich ausgebildet haben, die Symptome durch eine Stenose sogar etwas mildern. Wenn sich jedoch eine Darm- Darm-Fistel zwischen zwei sehr weit auseinanderliegenden Verdauungsabschnitten entwickelt, so fehlen dem Körper wichtige Nährstoffe. Die Folgen sind Gewichtsabnahme und Vitamin-Mangelerscheinungen. Ein besonderer Fall ist z.b. eine gastrokolische Fistel (Fistel zwischen Magen und Dickdarm). Durch eine solche Fistel wird die Nahrung direkt vom Magen in den Dickdarm übergeleitet. Dadurch kann der für die Verdauung so wichtige Dünndarm der Nahrung keine Nährstoffe mehr entziehen und es kommt zu einem inneren Verhungern. Begleitet werden Darm-Darm-Fisteln häufig von einem Konglomerattumor. Der Ausdruck -tumor hat in diesem Zusammenhang jedoch nichts mit Krebs zu tun, sondern bezeichnet nur, dass Darmschlingen durch die Entzündung des Morbus Crohn zu einem Knäuel (Konglomerat) miteinander verklebt sind und somit einen Tumor Es gibt beim Morbus Crohn eine ganze Reihe enterischer Fisteln: zwischen Darmschlingen, zwischen Darm und Haut, Darm und Harnblase, Darm und Weichgeweben des Rückens, Darm und Scheide bzw. Analfisteln. Fisteln jeglicher Ausprägung sind und bleiben eines der größten Herausforderungen bei der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Die chirurgischen Regeln hierfür sind klar formuliert und aufgestellt. Alle Fisteln, die keine zwingende Operationsindikation darstellen, können primär mit Anti-TNF- behandelt werden, andere durch eine Kombination von Chirurgie und Anti-TNF- - Therapie. Bei der Gefahr einer Abszessbildung muss die Anti-TNF- -Therapie unterbleiben. Chirurgie 19

vortäuschen. Löst man während einer Operation dieses Knäuel, so zeigt sich, dass nur ein kleiner Teil des Darms vom Morbus Crohn befallen ist und das meiste erhalten werden kann. Darm-Haut-Fisteln (enterokutane Fisteln) machen sich dadurch bemerkbar, dass sich zunächst ein Abszess in der Bauchdecke bildet, der aufplatzt, und dass sich in der Folge Stuhl aus dieser Öffnung entleert. Vorzugsweise treten diese Fisteln in alten Operationsnarben auf. Auch hier kann es, wenn die Fistel von einem sehr hoch gelegenem Darmabschnitt ausgeht, zu einer Mangelernährung mit all ihren Folgen kommen. Zudem reizt der aggressive Dünndarmstuhl die Haut und diese Stelle muss wie ein Stoma mit einem Stoma beutel versorgt werden. Darm-Harnblasen-Fisteln (enterovesikale Fisteln) entstehen durch Anschluss einer Fistel an die Harnblase. Das wichtigste Symptom ist hierbei die Absonderung von Luft beim Wasserlassen. Wenn dies vorliegt, kann nur eine Darm-Harnblasen-Fistel die Ursache dafür sein. In Fällen einer sehr ausgedehnten Fistel kann auch schon einmal Stuhl beim Wasser lassen mit abgehen. Darm-Weichgewebe-Fisteln (blind endende Fisteln) zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Weichgewebe des rückseitigen Teils der Bauchhöhle feststecken und keinen Anschluss an ein anderes Organ finden. Dies mach diese Fisteln gefährlich, weil sich leicht ein Abszess (eine größere Eiteransammlung) ausbildet, der wiederum zu einer schweren Sepsis (Blutvergiftung) führen kann. Diese Fistelart erfordert ein schnelles Handeln in Form einer Entfernung des von Morbus Crohn betroffenen Darmabschnitts. Die Symptome bestehen in Schmerzen im Rückenbereich, Fieber und in einzelnen Fällen kommt es sogar zur Ausbildung eines Abszesses in der Leiste. Wann und wie muss operiert werden? Darm-Darm-Fisteln müssen nicht zwingend immer operiert werden. Wird eine solche Fistel nur in einer Dünndarm-Sellink-Untersuchung nachgewiesen, bestehen aber keine Beschwerden und kommt es zu keiner Mangelernährung durch Umgehung eines zu großen Darmabschnitts, dann muss nicht operiert werden. Bestehen hingegen starke Beschwerden, werden große Darmabschnitte von der Verdauung ausgeschlossen, dann wird der Darmabschnitt, von dem die Fistel ausgeht, entfernt. Der Darmabschnitt in den die Fistel mündet (sog. Einschussfistel ) muss jedoch nicht immer entfernt werden. Hier reicht es häufig aus, die Fistelmündung nur zu übernähen. Darm-Hautfisteln kündigen sich häufig durch einen kleinen Abszess der Haut an. Ist dies der Fall, so darf hier die Haut nur ganz sparsam eröffnet werden, damit sich der Abszess entlastet und den Darminhalt entlassen kann. Eine Darmresektion kann dann nach Abklärung der weiteren Umstände ohne Eile geplant werden. Eine Ausnahme von diesem etwas zurückhaltenderem Vorgehen besteht nur dann, wenn eine solche Fistel von einem höher gelegenem Darmabschnitt ausgeht. Da dies zu einer Mangelernäh- 20 Chirurgie

Problem Chirurgische Therapie Symptomatische Fistel Aufdeckelung/ Fadendrainage (Ileostoma) 1. Stoß Anti-TNF- Fistel? Advancement flap/ Bulbocavernosus flap (Haut-/Muskel-Lappen-Plastik) 2. Stoß Anti-TNF- Abb. 1: Stufenkonzept zur Therapie komplizierter Analfisteln durch Anti-TNF- -Therapie und Chirurgie. rung führt muss hier zügig operiert werden. Auch hier besteht die Operation wieder in der Entfernung des betroffenen Darmabschnitts und Ausschneidung des Fistelkanals. Darm-Harnblasen-Fisteln und Darm- Weichgewebe-Fisteln müssen immer operiert werden. Hier ist es sogar sträflich, mit einer Operation zu warten und eine erweiterte Therapie mit Medikamenten zu beginnen. Der Grund hierfür besteht in der erhöhten Gefahr für eine Sepsis (Blutvergiftung), die in einzelnen Fällen tödlich verlaufen kann. Daher darf bei diesen Fisteln eine Operation nie unnötig aufgeschoben werden: Bei Darm-Harnblasen-Fisteln wird der Dünndarmabschnitt, in dem die Entzündung sitzt entfernt und die Fistel in der Blase einfach nur ausgeschnitten und übernäht. Damit die Naht an der Harnblase gut abheilen kann, muss allerdings ein Harnblasenkatheter durch die Bauchdecke belassen und abgeleitet werden. Darm-Weichgewebe-Fisteln hingegen müssen manchmal in zwei Schritten behandelt werden. Wenn sich bereits ein Abszess ausgebildet hat, wird dieser zunächst nach Außen abgeleitet, damit sich die Entzündung in der Bauchhöhle beruhigen kann. Dies geschieht in der Regel nur unter örtlicher Betäubung unter Zuhilfenahme eines Computertomographen. Nach Abklingen der Entzündung wird dann auch hier der betroffene Darmabschnitt entfernt und die gesunden Darmenden wieder miteinander vernäht. Eine chirurgische Behandlung darf heutzutage jedoch nicht alleine dastehen. Die Zusammenarbeit mit dem Gastroenterologen ist hier ganz entscheidend, vor allem für die richtige Behandlungswahl, um ein erneutes Auftreten dieser Probleme zu verhindern. Chirurgie 21

Anti-TNF- -Therapie und Chirurgie An dieser Stelle setzt eine der wichtigsten Schnittpunkte zwischen Gastroenterologie und Bauchchirurgie ein. Die Anti-TNF- -Therapie hat zwar einen großen Durchbruch in der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen erzielen können, aber nichtsdestotrotz wird die Wertigkeit für die Thera pie von Fisteln extrem überschätzt. Alle Publikationen zu diesem Thema bezeichnen eine Therapie dann als erfolgreich, wenn die Absonderungen aus den Fisteln abnehmen. Eine komplette Abheilung einer Fistel ist durch diese Therapie nicht zu erreichen. Ein Fistelrest lässt sich immer nachweisen. Trotzdem ist eine Anti-TNF- -Therapie eine segensreiche Bereicherung, wenn sie zwischen Chirurg und Gastroenterologen abgesprochen wird. Indizierte interdisziplinäre Anti-TNF- -Therapie Alle Fisteln, die keine zwingende Operationsindikation darstellen, können primär mit Anti-TNF- behandelt werden. Komplizierte Fisteln am After, die durch chirurgische Maßnahmen profitieren und schlecht abheilen, können durch eine Kombination von Chirurgie und Anti-TNF- -Therapie behandelt werden. Ein Konzept zur kombinierten Therapie ist in Abbildung 1 dargestellt. Hierbei wird vor einem Fistelverschluß eine Anti- TNF- -Therapie gesetzt und dann erst der Fistelverschluß vorgenommen. Vor einer solchen Therapie muss aber über eine Endosonographie (Mini-Ultraschall vom Darm aus) oder eine Kernspintomographie sicher ausgeschlossen werden, dass keine Eiteransammlung besteht, die keinen Abfluss nach außen hat, weil dies durch die Anti-TNF- -Therapie sogar zu einer dramatischen Verschlechterung des Leidens führen kann. Wann? Vorsicht keine Anti-TNF- -Therapie! Eine Anti-TNF- -Therapie ist nicht indiziert beziehungsweise sogar gefährlich bei vier Fistelsituationen: Analfisteln mit Abszessen (Eiteransammlungen) Im Weichgewebe des Rückens blind endenden Fisteln mit Eiterverhalt Fisteln zur Blase Weit verzweigten Fistelsystemen Analfisteln Analfisteln werden gerne mit Anti-TNF- behandelt. Allerdings muss vor der Durchführung einer solchen Therapie dringend ausgeschlossen werden, dass sich im Verlauf der einzelnen Fisteln keine Eiteransammlungen gebildet haben. Wie bereits oben aufgeführt, geschieht dies idealerweise durch eine Endosonographie oder eine Kernspintomographie. Nur wenn dies sicher ausgeschlossen ist, darf eine Anti-TNF-alpha-Therapie begonnen werden, da ansonsten die große Gefahr besteht, dass es sogar zu einer Verschlimmerung des Leidens kommt. Blind endende Fisteln Auch bei blind endenden Fisteln darf unter gar keinen Umständen eine Anti-TNF- - Therapie erfolgen. Das Problem dieser Erkrankung liegt darin, dass der Darminhalt keine Abfluss nach außen oder 22 Chirurgie

in eine anderes Organ hat, so dass die Gabe von Anti-TNF- zu einer dramatischen Verschlimmerung des Leidens führen kann, mit allen möglichen Folgen wie: Blutvergiftung, Sepsis. Fisteln zur Blase Bei Fisteln zur Blase hat der Darminhalt zwar einen Anschluss in ein anderes Organ gefunden. Allerdings kann es durch Aussetzen der Immunübermittlung durch das Anti TNF alpha zu einer dramatischen Entzündung der ableitenden Harnwege kommen, was auch wiederum bis hin zu einer schwersten Blutvergiftung (Sepsis) führen kann. Weit verzweigte Fistelsysteme Weit verzweigte Fistelsysteme habe eine deutlich höhere Gefahr Abszesse und Eitersammlungen auszubilden. Daher sollte man auch hier eher eine chirurgische Therapie wie oben angefügt zur Anwendung bringen, als mit Anti-TNF- zu therapieren. Priv.-Doz. Dr. med. A. J. Kroesen ist Chefarzt der Abteilung Allgemein-, Visceral- und Unfallchirurgie des Krankenhauses Porzam Rhein in Köln. E-Mail: a.lindenberg@khporz.de Fazit Abschließend kann noch einmal festgehalten werden, dass die Anti-TNF- - Therapie eine äußerst segensreiche Thera pie darstellt und eine Vielzahl von Morbus Crohn-Patienten zu einer besseren Lebensqualität führt. Allerdings ist auch diese Therapieform nicht der Stein der Weisen und muss neben den bestehenden Nebenwirkungen vor allen Dingen bei den Problemkreisen der Fisteltherapie mit äußerster Vorsicht und in enger Absprache, mit dem bezüglich chronisch entzündlicher Darmerkrankungen erfahrenen Chirurgen vorgenommen werden. Chirurgie 23