Religion = christliche Kirchen? Spiritualität? Spiritualität ist kein Placebo 21.08.2014



Ähnliche Dokumente
Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

Studie 3. Lebensabschnitt Mein Leben nach der Berufsausübung Bitte ankreuzen Konkretisiert / weitere Ausführung

Das Institut für berufliche Aus- und Fortbildung stellt sich vor

Schwerkranke und sterbende Menschen verstehen: Was kann gemeint sein, wenn Todeswünsche geäußert werden?

Palliative Care im Clienia Bergheim. Leben bis zuletzt

Webinar. Mach Dir die Welt, wie sie Dir gefällt! Die Antriebskräfte des Lebens nach dem Reiss-Profil erkennen

0810 Diplomlehrgang Lebenskräfte- Aufstellungsleiter Ein direkter Zugang zu Lebensfreude und Leichtigkeit!

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

1: 9. Hamburger Gründerpreis - Kategorie Existenzgründer :00 Uhr

AUSBILDUNG RELIGIÖS SPIRITUELLE BERATUNG / COUNSELING

Welchen Weg nimmt Ihr Vermögen. Unsere Leistung zu Ihrer Privaten Vermögensplanung. Wir machen aus Zahlen Werte

Begeisterung und Leidenschaft im Vertrieb machen erfolgreich. Kurzdarstellung des Dienstleistungsangebots

Was sind die Gründe, warum die Frau, der Mann, das Paar die Beratungsstelle aufsucht?

Meine Entscheidung zur Wiederaufnahme der Arbeit

Demenz verstehen/ Menschen mit Demenz begegnen

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Herzlich Willkommen zurück aus der Mittagspause!

Wien = Menschlich. freigeist.photography

WAS TUN BEI ANGST & DEPRESSION? von. Hans Kottke

Fotoprotokoll / Zusammenfassung. des Seminars Methodik der Gesprächsführung und Coaching. Vertriebs- & Management - Training

POINT. of Reha Sport e.v. Reha-Sport. Der Wegweiser zum. Eine Information für Patientinnen, Patienten und Angehörige

Schüler und Lehrer. Teil 1: Was ist Erleuchtung? von Anssi Antila

Lehrer: Einschreibemethoden

micura Pflegedienste München/Dachau GmbH

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

WICHTIGER HINWEIS: Bitte fertigen Sie keine Kopien dieses Fragebogens an!

Sie können Ihr Ziel erreichen! Die Unabhängigkeit von Alkohol und Medikamenten!

Fragebogen ISONORM 9241/110-S

Die Agenda am

Weiterbildung und Organisationsentwicklung

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

Wir sind für Sie da. Unser Gesundheitsangebot: Unterstützung im Umgang mit Ihrer Depression

Pflegende Angehörige Online Ihre Plattform im Internet

28% der Schweizer sind Single das sind rund 1,5 Millionen Menschen zwischen Jahren

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Die große Wertestudie 2011

Mehr Geld verdienen! Lesen Sie... Peter von Karst. Ihre Leseprobe. der schlüssel zum leben. So gehen Sie konkret vor!

Gerontologische Perspektiven auf das Lebensende - Konturen einer Debatte

Erfahrungsaustausch und Rückblick Cross Mentoring Dr. Karl Straßer Mag. Kathrin Kühtreiber

2. Studienabschnitt. Medizinische Fakultät

Selbstständigkeit aus der Arbeitslosigkeit heraus interna

Integrierte Dienstleistungen regionaler Netzwerke für Lebenslanges Lernen zur Vertiefung des Programms. Lernende Regionen Förderung von Netzwerken

Selbstcheck: Praktiziere ich einen gesundheitsförderlichen Führungsstil?

FH-SY Chapter Version 3 - FH-SY.NET - FAQ -

micura Pflegedienste Köln

FÖRDERN, FORDERN, DIENEN FÜHRUNG IM SPAGAT

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Das Leitbild vom Verein WIR

Catherina Lange, Heimbeiräte und Werkstatträte-Tagung, November

Ausbildung zum/zur Lebens- und Sozialberater/in

FAMILIENRITUALE DRANG, ZWANG, EINKLANG

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

Informationen für Patienten. Moderne und ästhetische Zahnersatzlösungen

Damit Sie 2012 immer wieder sagen können: Meine Systeme stimmen

1. TEIL (3 5 Fragen) Freizeit, Unterhaltung 2,5 Min.

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Mehr Geld. Mehr Strategie. Mehr Service. Raiffeisenbank Beuerberg-Eurasburg eg

50 Fragen, um Dir das Rauchen abzugewöhnen 1/6

Fragebogen Weisse Liste-Ärzte

Zum Konzept dieses Bandes

Referat CSL Behring AG Einweihung Logistik- und Service-Center 21. September 2012

Meinungen zum Sterben Emnid-Umfrage 2001

Deutsche Bank. Studie Erben und Vererben 2015

Mit Jesus Christus den Menschen nahe sein

Frauen in der Berufsfeuerwehr

Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen. Ghandi PROZESSBEGLEITUNG

Simulation LIF5000. Abbildung 1

40x wissensch. Lehrerin / wissensch. Lehrer. 2. Mit dem Thema digitales Whiteboard als Unterrichtsmittel habe ich mich bereits beschäftigt.

Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz

Azubi Plus. projekt zukunft. Gestalten Sie Ihre Ausbildungen attraktiver, interessanter und wirkungsvoller mit...

Kärntner Elterndiplom 2015/16

Lichtbrechung an Linsen

1. Einführung. 2. Weitere Konten anlegen

Elternzeit Was ist das?

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

4 Entwicklung von Führungskräften

Werte und Grundsätze des Berufskodexes für interkulturell Dolmetschende. Ethische Überlegungen: Was ist richtig? Wie soll ich mich verhalten?

Test 2: Universitäts- oder Fachhochschulstudium? 24 Auswertung: Universitäts- oder Fachhochschulstudium? 27

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Ich hab mich jetzt so abgefunden muss ich ja Das Leben psychisch kranker Menschen im Wohnheim

Fragebogen zur Sehkraft

1. Wie ich mein eigenes Leben und Sterben sehe

Probleme kann man nie mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Albert Einstein BERATUNG

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

KundInnenbefragung zur mobilen Pflege und Betreuung 2012

Medizin, Recht, Ethik

Mehr Arbeits-Plätze für Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeits-Markt

Befragt wurden Personen zwischen 14 und 75 Jahren von August bis September Einstellung zur Organ- und Gewebespende (Passive Akzeptanz)

Campus Management (CM)

infach Geld FBV Ihr Weg zum finanzellen Erfolg Florian Mock

Erste-Hilfe-Schulung für Unternehmen

LEITFADEN ZUR ERFOLGREICHEN ONLINE-BEWERBUNG

Checkliste. zur Gesprächsvorbereitung Mitarbeitergespräch. Aktivität / Frage Handlungsbedarf erledigt

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Palliativtherapie durch den Hausarzt

FIW Forschungs-Institut Würtenberger Fragebogen Hauptbefragung bodylife Award bodylife AWARD Fragebogen. 0 Ja, sofort 0 Ja, später 0 Nein

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Transkript:

Spiritualität ist kein Placebo Die religiös-spirituellen Dimensionen von Gesundheit und Palliative Care: SPIRITUALITÄT & GESUNDHEIT Eine Tagung zu Spiritual Care für Fachleute und Interessierte Inselspital Bern, 20. August 2014 Begleitmusik oder Leitmelodie? Birgit Heller Universität Wien Gertrude Degenhardt: Vagabondage ad mortem, 1995 Die religiös-kulturelle Zugehörigkeit ist integrativer Bestandteil des Gesundungs- und Sterbeprozesses verschiedene körperliche, emotionale, soziale und spirituelle Bedürfnisse verschiedene Einstellungen zu Leben und Tod zum Danach zu Leiden und Schmerzerleichterung zu Ernährung und Körperpflege zu religiösen Observanzen in der letzten Lebensphase zu Sterbe- und Totenritualen zu Verlust und Trauer Religion = christliche Kirchen? Spiritualität? 1

Spirituell oder religiös? Spirituell oder religiös? Religionen und Spiritualitäten gehören zusammen Basis und Kern jeder Religion ist Spiritualität Spiritualität und Mystik persönliche, erfahrungsbasierte Religiosität geistige Orientierung und konkrete Lebenspraxis Spannung zu institutionalisierter Religion 2

Religion = umfassendes Sinngebungssystem mit Transzendenzbezug Weltanschauungen/ Lebenseinstellungen Humanismus Nationalismus Materialismus Arbeit, Sport Gesundheit, Wellness Spiritualität = subjektive Dimension/ Aneignung von Religion Basis und Kern der religiösen Traditionen moderne Religiosität formalisierte institutionalisierte Religion 3

Spiritual Care: Spiritualitätskonzepte im Gesundheitsbereich Interreligiös-spirituelle Kompetenz als Qualitätsmerkmal der Gesundheitsberufe? Begriff schwankt zwischen konfessionellen, religiösen und anthropologischen Perspektiven Bekenntnis zur Orientierung am Subjekt wichtiger Anknüpfungspunkt: person-zentrierter und holistischer Ansatz in der Pflege Kategorien: Sinnsuche, Sinngebung, Fähigkeit zur Transzendenz, Beziehung/Verbundenheit Für alle: Spiritualität als Basisqualität des Menschen Vision: spirituelles Wachstum, Integrität und Ganzheit am Lebensende Spiritual Care: das neue Zauberwort Wer ist zuständig? Wie verankert? Ausbildung in Spiritual Care? Welche Rolle spielen religiöse/spirituelle Experten und Expertinnen? Wer ist zuständig für Spiritual Care? Ein heuristisches Modell - Biographiearbeit/Relecture - Sinnerschließung/Deutungszusammenhänge - Entlastung/Versöhnung/Integration Einfach zum Nachdenken: Der Mensch, das spirituelle Wesen? - Absichtslos umsorgen - Aktiv zuhören - Würdigen/Wertschätzen Compathische Begleitungskompetenz aller im Feld Sozialkommunikative, therapeutische, religiös-spirituelle Professionalität Spezialisierte Funktionen und Rollen in und durch Organisationen - Symbolisch rituelle Interaktionen - Sozial-kollektive Ritualisierung - Interpersonale, interdisziplinäre Settings USA: 29% der Amerikaner stufen sich als weder religiös noch spirituell ein und in Europa? Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung Klagenfurt I Graz I Wien A. Heller, B. Heller, 2008 4

1. Spiritual Care ist zuerst Selbstsorge und dann Sorge füreinander 2. Kompetenzen: Spirituelle Meister und Meisterinnen sind seltene Erscheinungen Position 1: Spiritualität ist in Kursen erlernbar Position 2: Es braucht heilige und heilende Menschen (Freundlichkeit, Toleranz, Geduld, Mitgefühl, Weisheit) 3. Spiritual Care ist keine planbare Technik, sondern wächst aus Beziehungen 4. Spiritualität ist kein Placebo Spirituelle Bedürfnisse erheben, dokumentieren, therapieren und evaluieren? Anamnesegespräch in einem Großklinikum: ein Ort spirituell-existenzieller Selbstmitteilung? 5

5. Spiritual Care als Konzept der Salutogenese Gesundheit und Krankheit als Phasen in einem ganzheitlichen Entwicklungsprozess Alles, einschließlich der Krankheit selbst, war sehr nützlich. Erst dadurch wurde ich angehalten, meine Prioritäten zu überdenken, in mich zu gehen, meinen Blickwinkel und vor allem mein Leben zu ändern. Und das ist das Einzige, was ich auch anderen raten kann: das Leben verändern, um gesund zu werden, das Leben verändern, um sich selbst zu verändern. (Tiziano Terzani: Noch eine Runde auf dem Karussell, 2006: 731) Marc Chagall: Der Jongleur, 1943 6. Spiritualität ist keine Leistung und kann im gebrochenen Leben aufleuchten Wie sind alle Gäste des Lebens (George Steiner) Marc Chagall: Hiob in der Verzweiflung, 1960 6