ARCHITEKTUR UND ICH Soziales und gebautes Umfeld. Wechselwirkungen mit Folgen

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Transkript:

ARCHITEKTUR UND ICH Soziales und gebautes Umfeld. Wechselwirkungen mit Folgen Dokumentarische Recherche mit Ausstellung

Ästhetisch schmerzlichen Unsinn nannte Friedrich Schorlemmer den Neubau am Wittenberger Melanchthonhaus. Aus der sich anschließenden Debatte konnten verschiedene Auffassungen über Ästhetik von Architektur herausgelesen werden. Doch der Neubau sichert den barrierefreien Zugang und einen zweiten Rettungsweg. Wäre dieses Gebäude nicht entstanden, hätte das Melanchthonhaus als Museum vermutlich geschlossen werden müssen. Ein weiteres Beispiel ist das neue Einkaufszentrum wie hat sich die Situation für den Einzelhandel geändert und welche neuen Nutzungsmöglichkeiten sind damit im städtischen Raum entstanden? Die baulichen Veränderungen in der Wittenberger Altstadt werden von verschiedenen Faktoren bestimmt und haben vielfältige Auswirkungen auf die Menschen, die hier leben oder die Stadt besuchen. Die Architektin Maike Kohnert fragte in ihrer Recherche Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Einschätzung der baulichen Veränderungen seit der Wende. Welche Umstände bedingen den Umgang mit dem gebauten Umfeld? Und welche Auswirkungen hat das auf die Menschen, die sich in dieser gestalteten Welt bewegen? In einer multimedialen Ausstellung mit Sound, Fotos und Video wurden die Ergebnisse der Interviews in der KulturBotschaft präsentiert. Soziales und gebautes Umfeld Wechselwirkungen mit Folgen Dokumentarische Recherche mit Ausstellung Ausstellungseröffnung am Samstag, den 9. November 2013 ab 18.30 Uhr KulturBotschaft, Jüdenstraße 5, 06886 Luth. Wittenberg Christel Biehl Kleinwittenberg Geboren in Friedrichstadt, lebte in Piesteritz und in der Eifel Arbeitete bei der Sparkasse Wittenberg Herbert Großmann Wittenberg, OT Pratau Geboren in Wittenberg Wohnte von 1972-75 im Bayerhof Arbeitet seit 47 Jahren im Spezailfahrzeugbau in Reinsdorf War häufig beruflich im Ausland, ist aber in Wittenberg verwurzelt Emiliano Zaccarella Leipzig (urspr. Italien) Als Touristen in Wittenberg, besuchen die Stadt zum ersten Mal Leonie Schmalfuß Leipzig (urspr. Göttingen)

Jörg Dahms Wittenberg, Pfaffengasse Geboren in Stadte, lebte in Berlin, London, Kerzendorf (Fläming) Arbeitete Als Instrumentenbauer auf dem Cranachhof 1996 Erwerb des Hauses in der Pfaffengasse mit eigener Werkstatt und Laden Karin Veeser Wittenberg (seit 5 1/2 Jahren) Geboren in der Mark Brandenburg, lebte im Allgäu und in Oberfranken Wohnte zuerst an der Stadtkirche, heute 10 min von der Altstadt entfernt Wittenberg ist sehr interessant: sozial, kirchlich, kulturell, politisch. Ich wohne gerne hier. Ich habe gerne Kontakt mit den Einheimischen und den Zugezogenen. Frau Boos Wittenberg, Jüdenstraße Gebürtige Wittenbergerin Vivien Isaacs Berlin-Heiligensee Geboren in Berlin Als Touristin in Wittenberg, ihr erster Besuch Jürgen Bernhard Brandenburg (Stadtrand Berlin), Geboren in Berlin, lebte in Leipzig und Dessau Als Tourist in Wittenberg, besucht die Stadt zum 5. Mal, zuerst vor 30 oder 40 Jahren

Ich finde das Melanchthonhaus sehr gut gestaltet, ich war einmal drin, vorher im alten Haus auch schon. Jetzt ist es halt größer, diffiziler aufgeführt alles. Melanchthon mit seiner Pädagogik ist sehr wichtig gegenüber Luther, der Neubau unterstützt das. Karin V. Man hat das Gefühl, dass man sich nicht so darin wieder findet. Grade weil man als Besucher die Historie hier sieht. Das habe ich vielleicht irgendwie ausgeblendet. Jürgen Bernhard Soll man den Mut haben, z.b. neben das Cranachhaus etwas zu setzen, wie diesen Klinkerbau? Ich fand es interessant und mutig, sowas zu machen. Vivien Isaacs Museen interessieren mich nicht, im Neubau war ich deswegen noch nicht. Aber das Moderne ist auch gut. Christel Biehl Es fiel schon sehr auf als modernes Haus, aber ich fands jetzt nicht schlimm. weil ich das sehr schön fand. Ich habe mehr auf das originale Melanchthonhaus geachtet, Leonie Schmalfuß dass man das aus der Art geschlagen sieht, Es gibt immer Leute, die sich darüber aufregen. Genau wie es die Diskussion gibt im Lutherhaus, dieser Verbindungsgang, der verglaste Tunnel. Da wollten sie schon Hand anlegen, dass das nicht gebaut wird. Finde ich Unsinn, ist künstlerische Freiheit. Kann man machen. Die Geschmäcker sind verschieden. Wie sich da echauffiert wird! ich kann nicht auf jeden Rücksicht nehmen. Das ist nicht zu futuristisch, Experimente darf man ruhig machen. Das Wohl der Allgemeinheit steht vor Privatrecht. Herbert Großmann

Ins Arsenal gehe ich nicht, Wir sind ja anders als die Jungen, wir verbrauchen erst mal das Alte, bevor wir etwas Neues kaufen. ich habe keine Kauflust mehr. Architektur Christel & Biehl Ich Da wo Thalia voher war fand ich es besser, weil es zweistöckig war, Ich gehe öfter ins Arsenal, wel da mein Lieblingsbäcker und der Fleischer drin sind. Im Sommer ist man eher draußen, aber im Winter kann man sich da auch mal länger aufhalten, es war familiärer eingerichtet. und nicht gleich mit hochgeschlagenem Kragen und Kapuze. Herbert Großmann In Göttingen, eigentlich eine Fachwerkstadt, da gibt es auch Versuche, sowas in die Stadt einzugliedern und da ist das weitaus weniger gut gelungen als hier. Da sieht man dann sehr, dass das Neubauten sind. Deswegen störe ich mich garnicht an diesem hier, weil ich es viel unsensibler gewöhnt bin. Auf dem Arsenalplatz gab es früher große Bäume, da fühlte man sich geschützt. Die fahren einen auf dem Fußweg auch immer um. Man muss aufpassen, wenn man aus dem Haus geht, die fahren lieber auf dem Fußweg als auf dem Kopfsteinpflaster. Leonie Schmalfuß Heute sind da die BMX-Rowdies. Frau Boos Ich finde es gut, dass der Arsenalplatz bebaut wurde, denn Das stand ja 150 Jahre leer. Und rundherum standen Abrisshäuser, dann gab es einen Parkplatz. Und dadurch, dass man jetzt die Fläche davor glatt gemacht hat, ist da jetzt ein Marktplatz entstanden für Rummel und so was. Ich finde es auch vorher sah er nicht schön aus. schön, dass man jetzt anfängt, die Häuser drum herum aufzumachen. Jörg Dahms

An alte Häuser denkt kaum jemand. Ärzte und Anwälte gehen nur in Neubauten. Und mit Gastronomie, die auch mal in alten Häusern zu finden ist, kann man nicht viel Geld verdienen. Alles muss modern sein, damit die Mieter kommen. Wer will denn schon in einem alten Haus wohnen? Da geht mal was kaputt. Alle Leute wollen lieber im Neubau wohnen. Deshalb wohnen die Wittenberger alle am Lerchenberg (Neubausiedlung). Alle wollen in Neubauten wohnen mit modernen Standards Die Leute sollten mal mehr daran denken, wie das Leben zu Luthers Zeiten war. Frau Boos Wenn man lange so gewohnt hat, freut man sich wahrscheinlich über was schönes, saniertes, gerades. Karin V. Das Bugenhagenhaus wurde entkernt. Alles wurde von Grund auf verändert. Die Auflage der Mittel von Wüstenrot war, dass niemand mehr wohnen darf, das fehlt. Der alte Esprit fehlt. Frau Boos Der Cranachhof, das war ja kurz vor dem Umfallen, da war ja nichts mehr, was ansehenswert war. Es war gut, das durch Spenden und viele Helfer zu retten, der ist wieder richtig toll geworden, Herbert Großmann

Da waren wir im dm, da sind wir nur drumherum gegangen. da haben wir nicht drauf geachtet, Leonie Schmalfuß...was ja wirklich als Schandfleck jetzt zuletzt noch übrig war, aber es ist die Frage, und dass sie es jetzt abreissen müssen. Aber es hängt ja immer ganz viel am Geld. Wenn ein Mieter abspringt, kann ich schon nicht schlafen, weil ich genau weiß, das fehlt mir hinten und vorne. Wenn der Laden mal leer steht ein halbes Jahr, damit das wieder reinkommt. Im Vergleich zum Leipziger Umland ob es so lange da hätte stehen und zerfallen müssen, Karin V. dann muss ich das kompensieren und mehr arbeiten, Klar gibt es hier ein paar Geschäfte (die leer stehen) aber in den anderen Orten, die nicht diesen Bonus von historischer Größe und internationaler Bekanntheit haben, da läufst du wirklich durch und hast das Gefühl du bist in einer Geisterstadt. Und dass da nichts mehr kommt, weil da einfach nichts ist und sich entwickeln kann und das ist hier überhaupt nicht. Hier stehen auch Geschäfte leer, aber es ist nicht so schlimm, (Markt 25), das ist mir auch aufgefallen, so dass ich dachte Die Nachbarn haben ihre Hauser abgerissen, es ist ihnen zu teuer neu zu bauen, die vermieten lieber an Autos, Aber es sieht nicht schön aus in der Innenstadt. Jörg Dahms ist hier das sprühende Leben. es schafft keine Atmosphäre von Leerstand. sogar hier gibt s das, direkt an der Ecke Leonie Schmalfuß Stellplätze bringen mehr als Miete.

Ich bin begeistert, dass sich die Tradition hier im Stadtbild eigentlich nirgendwo bricht. Dass man sagen kann, man merkt, selbst alte Häuser werden noch renoviert und dann so eingefügt, Meine Erwartungen wurden übertroffen. dass sie zum Ensemble passen. Jürgen Bernhard Das habe ich mir so schön restauriert nicht vorgestellt. Vivien Isaacs Das ist eine hübsche Stadt, Ich finde, die Stadt hat eine ganz angenehme Atmosphäre, Und auch nicht wie bei vielen solchen Touristenorten, wo nur Senioren im Stadtbild zu sehen sind. das hätte ich so nicht unbedingt erwartet. ganz aufgeräumt und freundlich. Leonie Schmalfuß Das Bild im Cranachhof - das Bild hat man im Kopf, wenn man daran denkt, wie es früher war. Das passt sehr gut, so war s früher. Wenn man das im Verhältnis zu heute sieht, und eigentlich dem gerecht wird, was hier mit der Stadt verbunden wird. ist die Stadt jetzt. Früher war es eine Steinwüste, keine Blumenkübel. Das ist schon besser geworden. Zu geradlinig. ist es dramatisch, wie sich das verbessert und entwickelt hat, Jürgen Bernhard Vornehm Aber nicht schön. Frau Boos Es ist wie ein Paradox, dass das Zentrum der protestantischen Bewegung Ich habe für viel Geld ein Grundstück gekauft mit einer großen Bruchbude drauf. Ich hatte diese Idee, dass sich die Stadt entwickelt und das schön wird Ich weiß nicht, ob viele Touristen kommen und es genug Strukturen gibt. Ich hatte das Gefühl, es gibt nicht so viele schöne Ecken. Das Zentrum mit vielen Restaurants und so, das ist ok. Aber das ist ein bisschen alles. Und das ist das Zentrum, eine Standardstadt Ostdeutschlands ist. Emiliano Zaccarella Jörg Dahms das sollte so ein bisschen wie ein kleines Jerusalem sein. Emiliano Zaccarella

Beim Lutherhaus geht s weiter, der Verbindungsgang ist ja wahnsinns umstritten. Von den Bekannten, die ich kenne, die könnten sich immernoch aufregen, dass das passieren soll. ich habe da kein Problem. Und Ich kann das als modernes Teil dazwischen sehen, für Gäste, dass sie besser von einem Haus ins andere kommen warum nicht. wenn das praktisch sein soll Karin V. denn die Leute müssen ja von dort zur Schlosskirche alle hier vorbei. Deswegen befürworte ich das sehr. Freiwillig gehen die sonst hier nicht lang. Das ist dann viel besser für mich, Jörg Dahms ob das ein Ersatz für irgendetwas anderes sein soll. Ich hab mich immer gefragt, was die da bauen. Ich weiß nicht, was da drin stattfinden soll, Herbert Großmann Es ist wichtig, dass die Eckhäuser gemacht sind. Ich kann mir das nicht so richtig vorstellen, wie das wird. Endlich wird das gemacht. Frau Boos Ich glaube die jungen Leute wünschen sich modernere Sachen. finde ich sehr wichtig. Das wird oft vergessen. Man baut irgendwie für Touristen, altersgerechtes Wohnen steht immer ganz oben, barrierefrei. Aber interessant ist es nicht. Dass man die jungen Leute mit einbindet, Jörg Dahms

Das Fazit der Ausstellung Die Gestaltung des neuen Anbaus zum Melanchthonhaus hat in Wittenberg eine kontroverse Diskussion über Architektursprache für Neubauten auch im Zusammenspiel mit der historischen Stadt ausgelöst. Die Fassade wurde als ästhetisch schmerzlicher Unsinn betitelt (F. Schorlemmer), sie füge sich nicht in das Stadtbild ein, das Material sei ortsfremd, die Gestaltung nicht gelungen. Abseits von der Gestaltung der Fassade erfüllt das Gebäude aber auch einen Zweck. Was haben die Menschen davon, dass hier ein neues Gebäude entstanden ist? Der Neubau bietet einen barrierefreien Zugang zum 500 Jahre alten Ausstellungsstück Melanchthonhaus. Es sichert den zweiten Rettungsweg. Es übernimmt die Funktionen, die ein Museum bieten muss, ohne dabei das Exponat zu belasten (auch wenn das Konzept, ein Haus auszustellen, für Verunsicherung bei manchen Besuchern führt). In den Befragungen im Rahmen meines Projektes kamen sehr unterschiedliche Aspekte zur Sprache. Eine große Frage, die sich stellt, ist die nach der Berücksichtigung der Meinungen der Bürger. Die Bewohner der Stadt wünschen sich ein Mitspracherecht an den Neubauprojekten in ihrer Stadt. Denn sie sind betroffen von den Umgestaltungen und wollen ihre Stadt beschützen. Aber wie kann auf die Meinung der Bürger Rücksicht genommen werden, wenn jeder ein anderes Empfinden für Ästhetik hat? Ein Stück weit muss der Bauherr das Recht haben, seine eigene Vorstellung umzusetzen. Regulierung erfährt er durch die Stadtentwicklung und das Landesdenkmalamt. Kann man diesen Stellen nicht zutrauen, zum Wohle der Stadt und des Denkmalbereiches Altstadt Wittenberg zu entscheiden? Oder sind deren Interessen anders, als sie es vorgeben? Und ist man, wenn man nicht ursprünglich aus Wittenberg stammt, überhaupt berechtigt, eine Meinung zu haben? Der aktivste und am meisten umstrittene Bauherr in Wittenberg ist zur Zeit die staatliche Stiftung Luthergedenkstätten. Zum Jubiläum 2017 sind einige Neu- und Umbauprojekte in den Lutherstädten angeschoben und zum Teil schon realisiert worden. Und dabei ist nicht nur die Ästhetik umstritten. Wichtigstes Streitthema ist wohl die Intention der Projekte. Sind diese Projekte zum Nutzen der Städte und ihrer Bewohner, oder will hier eine staatliche Stiftung ein Thema ausschlachten, eine Stadt benutzen? In den Meinungen zeigen sich zwei gegensätzliche Einstellungen zum Thema modernes Bauen in der historischen Stadt. Während die einen das historisierende Bauen für das geeignete Mittel halten, Baulücken im Denkmalbereich zu schließen, können viele keinen Anstoß an der modernen Sprache der Fassade finden. Prämisse ist in beiden Fällen, dass sich das einzelne Element Haus in das unter Denkmalschutz stehende Gesamtgebilde Altstadt einfügt. Das können beide Varianten schaffen, die Variante historisierender Neubau birgt aber zwei wesentliche Nachteile. Zum

einen wird die Stadt in ihrer Entwicklung stehen bleiben. Zu jeder Zeit wurden in Städten Bauwerke hinzugefügt, die den historische Bestand in moderner Sprache ergänzten. Wenn wir das nicht tun, bauen wir alt? Wohin entwickelt sich dann diese Stadt? Zu einem möglichst alt aussehenden Gebilde, das möglichst viele Besucher anzieht? (Hier stellt sich die Frage, welche Zeit als Vorlage dienen soll. Und will man nur die Fassade alt aussehen lassen?) Dürfen wir als im 21. Jahrhundert lebende Menschen nicht unsere eigenen Vorstellungen verwirklichen, unsere eigene Sprache sprechen? Der andere, für die Erhaltung des historischen Bestandes sehr bedeutende Aspekt ist die Gefahr der Relativierung. Die Relativierung der Wichtigkeit und des Wertes des originalen Bestandes. Schon in der Charta von Venedig (Grundsatzpapier des Internationalen Rates der Denkmalpflege) von 1964 wird gefordert: Wenn an einem Denkmal Ergänzungen vorgenommen werden müssen, sollen sie den Stempel unserer Zeit tragen. Damit der originale Bestand, der den Denkmalwert ausmacht, von der Ergänzung unterscheidbar ist. Wenn wir glauben, dass wir originalen Bestand nachbauen können, laufen wir Gefahr, den Wert des Originals zu verkennen. Wenn man das Original ersetzen kann, wozu brauchen wir es dann noch? Aber historischer Bestand ist nicht ersetzbar! Und deshalb werde ich immer für einen Neubau sein, der eine moderne Sprache spricht. Und über die Ästhetik können wir uns dann auch noch streiten.