Oberbürgermeister Hunsteger-Petermann 200 Jahre Klubgesellschaft Hamm 25. Juni, 11 Uhr, Kurhaus Sehr geehrte Damen und Herren! Die vergangenen 200 Jahre der Klubgesellschaft in Hamm haben zahlreiche Geschichten hervorgebracht: Lustige Geschichten. Tragische Geschichten. Manchmal ist es lediglich eine Frage der jeweiligen Zeit und der jeweiligen Perspektive, wie man Geschichte bewertet. Anders herum gesagt: Mit dem notwendigen Abstand kann eine tragische Geschichte durchaus lustig werden. Wie die Geschichte um die Besitzverhältnisse des Klubhauses. Im Jahr 1825 hatte sich die Klubgesellschaft nämlich einen raffinierten Kniff ausgedacht, um an zwei schmucke Fachwerkhäuser zu gelangen, die selbstredend in bester Hammer Lage angesiedelt waren: nämlich unmittelbar am Markplatz. Bei ihrer Versteigerung bot Justiz-Kommissionsrat Johann Franz Cappell damals stellvertretend für den gesamten Klub - und für 4800 Reichstaler erhielt er tatsächlich den Zuschlag. Das Problem war nur, dass das Grundstück von Johann Franz Cappel fast 30 Jahre lang nicht auf die Gesellschaft übergehen konnte. Ein Grund dafür war das fehlende Korporationsrecht - und die Tatsache, dass unter den Mitglieder dieser illustren Runde zu viele Juristen aus Hamm 1
waren. Selbst nach dem positiven Bescheid des preußischen Innenministers konnten die hiesigen Gerichte in dieser Angelegenheit nämlich nichts unternehmen. Der Grund: Die Befangenheit der eigenen Richter. In Unna wurde das Ansinnen der Klubgesellschaft schlussendlich abgelehnt. Wie das mit den lieben Nachbarn vielfach so ist. Erst das Wohlwollen von Cappells Frau führte dazu, dass das Grundstück am Marktplatz mit dem neu gebauten Clubhaus im Jahr 1854 tatsächlich auf die Gesellschaft übergehen konnte. Eine weitere lustige Geschichte nimmt ihren tragischen Anfang im Zweiten Weltkrieg: Und zwar traf eine Bombe der Alliierten das Clubhaus mit voller Wucht, so dass vom Stolz der Gesellschaft nicht viel übrig blieb - mit Ausnahme von 800 Flaschen Wein, die in den tiefen Gewölben unter dem Marktplatz unversehrt blieben. Der damalige Vorsitzende der Gesellschaft, Johannes Heuermann, konnte die Flaschen aus den Trümmern bergen. Er brachte den wertvollen Fund in ein nahe gelegenes Wohnhaus, das die Angriffe unbeschadet überstanden hatte. Als Transportmittel diente damals: ein Kinderwagen. Es ist keine neue Erkenntnis, dass der Alkohol gestandene Männer mitunter wieder zu Kindern lässt werden - aber diese Variante ist durchaus neu. 2
Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele dieser schönen Geschichten sind in den vergangenen zwei Jahrhunderten leider verloren gegangen: Ein wesentlicher Grund dafür ist vor allem die Zerstörung des historischen Stadtarchivs, das in unmittelbarer Nähe zum Haus der Klubgesellschaft zu finden war. Wie bei einem großen Puzzle mussten unzählige Informationen und Geschichten rund um die Klubgesellschaft wieder zusammengetragen werden: Aus privaten und öffentlichen Archiven. Aus Zeitungstexten und Urkunden. Aus Fotoalben und Tagebüchern. Auf diese Weise konnte ein Bild entstehen, das vielleicht nicht ganz vollständig ist: Die nötigen Schlüsse lässt dieses Bild aber allemal zu. Zumal die Geschichte der Klubgesellschaft in einem engen Zusammenhang mit den herausragenden Ereignissen in der Geschichte der Stadt Hamm zu sehen ist. Ich darf in diesem Zusammenhang einige Punkte aus den Anfängen des 18. und 19. Jahrhunderts nennen, die Grundlage für die Gründung der Klubgesellschaft waren: Etwa das Aufkommen des Bildungsbürgertums. Die bedeutende Stellung Hamms als Verwaltungs- und Garnisonsstadt. Und nicht zuletzt die Ansiedlung des Oberlandesgerichtes im Jahr 1820. Gesichert ist in jedem Fall das wichtigste Datum in der Geschichte der Hammer Klubgesellschaft: Am 24. Juni 1811 wurde die 3
Hammer Klubgesellschaft als Verein zur Pflege der Geselligkeit und des gesellschaftlichen Austausches gegründet - und zwar von 17 wichtigen Köpfen aus den Bereichen Verwaltung, Militär und Justiz. Selbstredend gehörte auch ein Vertreter der Kirche zu den Gründungsvätern, was keineswegs verwundert: Schließlich ist Mutter Kirche ohne den Wein kaum zu denken. Ähnliches hätte ich in diesem Zusammenhang natürlich auch zum Thema Bier gesagt. Aber das nur am Rande. Ein zweites wichtiges Datum war für die Hammer Klubgesellschaft der 9. Juli 1948: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die illustre Runde an diesem Tag mehr oder weniger neu gegründet. Damals trafen sich zur ersten Sitzung nach den schweren Jahren immerhin 25 Mitglieder. Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst wenn einige Geschichten rund um die Hammer Klubgesellschaft verschütt gegangen sind: Tradition benötigt fast keine Daten und Unterlagen. Tradition wird weitergegeben: Von der einen auf die nächste Generation. Das grundsätzliche Ansinnen der Klubgesellschaft hat sich in den zwei Jahrhunderten bis heute nicht verändert: Nämlich die Gesellschaft in netter Runde - und das alles am liebsten bei einem guten Glas Wein. In diesem Zusammenhang habe ich 4
übrigens ein nettes Zitat als alter Zeit gefunden, das ich Ihnen nicht vorenthalten will. Es lautet: Trinke nie ein Glas zu wenig, denn kein Pfaff oder König kann von diesem Staatsverbrechen deine Seele ledig sprechen: Lieber eins zuviel getrunken, etwas schwer ins Bett gesunken, und darauf in stiller Kammer, Buße tun im Katzenjammer. Wohl auch deshalb endeten die Klubabende in der Regel spätestens um neun Uhr: So war die Nacht lang genug für die entsprechende Buße. In diesem Zusammenhang war es natürlich ein kluger Schachzug, die heutige Festveranstaltung schon am Vormittag anzusetzen. Ich wünsche Ihnen und uns allen eine schöne Jubiläumsfeier - und selbstverständlich alles Gute für die kommenden 200 Jahre der Gesellschaft. Wir brauchen Bürger, die mitdenken. Wir brauchen Bürger, die mitgestalten. Und wenn wir dann in unserer Stadt auch noch Bürger haben, die gutgelaunt und gesellig sind, dann kann das keinesfalls schaden. Herzlichen Dank. 5