THEMENBEREICH A: THEMENBLOCK 1: AUSGEWÄHLTE UMWELTWIRKUNGSBEREICHE

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Transkript:

UFOPLAN-Vorhaben FKZ 371295303 THEMENBEREICH A: THEMENBLOCK 1: AUSGEWÄHLTE UMWELTWIRKUNGSBEREICHE EUTROPHIERUNG VON ÖKOSYSTEMEN

Impressum Lehrmaterial für die Lehrmodule Ecodesign Erstellt im Auftrag des Umweltbundesamtes im Rahmen des UFOPLAN-Vorhabens FKZ 371295303 Autoren/innen: Dirk Jepsen, Susanne Volz, Antonia Reihlen, Dr. Olaf Wirth, Dr. Annette Vollmer & Laura Spengler ÖKOPOL Institut für Ökologie und Politik GmbH Nernstweg 32 34 D 22765 Hamburg www.oekopol.de +49-(0)40-39 100 2 0 Dr. Ulrike Eberle sustainability workx c/o Anke Butscher Consult Burchardstraße 19 20095 Hamburg www.sustainability-workx.de +49-(0)40-398084-76 Prof. Dr. Norbert Reintjes Fachhochschule Lübeck Projekt GmbH Mönkhofer Weg 239 23562 Lübeck www.fhl-projekt-gmbh.de +49-(0)451 300 5241

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche, Eutrophierung Inhalt 1 EINLEITUNG... 4 2 HINTERGRUND UND WIRKMECHANISMEN... 4 2.1 Rolle der Nährstoffe im Ökosystem... 4 2.2 Aquatische Eutrophierung... 5 2.3 Terrestrische Eutrophierung... 6 3 EMISSIONSQUELLEN UND DEPOSITIONSWEGE... 7 3.1 Stickstoffquellen... 8 3.2 Phosphorquellen... 10 3.3 Deposition... 11 4 FAZIT UND AUSBLICK... 11 LITERATUR... 12 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Stickstoff- und Phosphoreinträge aus Punkt- und diffusen Quellen in die Oberflächengewässer in Deutschland 8 Abbildung 2: Ammoniakemissionen nach Quellkategorien 9 Abbildung 3: Stickstoffdioxidemissionen nach Quellkategorien 10 Abbildung 4: Inlandsabsatz von mineralischen Düngemitteln 11 3

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche. Eutrophierung. 1 EINLEITUNG Eutrophierung bezeichnet eine Überdüngung bzw. ein Überangebot an Nährstoffen in Ökosystemen. Die Eutrophierung wurde zunächst als Problem der Gewässer erkannt und behandelt (s. unten). Später trat aber neben der aquatischen Eutrophierung auch die terrestrische Eutrophierung in den Fokus. Die verursachenden Substanzen sind Nährstoffe, die für den Aufbau von Biomasse und somit den Erhalt intakter Ökosysteme zwingend notwendig sind. Ein Zuviel dieser Nährstoffe über ein bestimmtes Maß hinaus führt jedoch zu Schadwirkungen. In den 1970er und 1980er Jahren waren die Oberflächengewässer und letztlich auch die (küstennahen) Meere massiven Belastungen durch Nährstoffeinträge (v.a. Phosphate) ausgesetzt. Insbesondere die Entwicklung phosphatfreier Waschmittel und die umfassende Klärung von häuslichen Abwässern hat die Belastung mit Phosphaten seither reduziert. Aber auch heute führt die Belastung mit Nährstoffen zu bedenklichen Veränderungen der Ökosysteme. Diese werden mittlerweile vornehmlich von Stickstoffverbindungen insbesondere aus der Landwirtschaft verursacht. Die Eutrophierung von Systemen aufgrund natürlicher Prozesse etwa bei der Verlandung eines Sees soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, im Fokus steht der anthropogene Eintrag von Nährstoffen in die Umwelt. 2 HINTERGRUND UND WIRKMECHANISMEN In der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (91/271/EWG) wird Eutrophierung wie folgt definiert: Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen, insbesondere mit Stickstoff - und / oder Phosphorverbindungen, die zu einem vermehrten Wachstum von Algen und höheren Formen des pflanzlichen Lebens und damit zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des biologischen Gleichgewichts und der Qualität des betroffenen Gewässers führt. (Artikel 2 (11)) 2.1 Rolle der Nährstoffe im Ökosystem Um an einem Ort leben zu können, muss der Organismus bzw. die jeweilige Art mit den dort herrschenden Umweltfaktoren zurechtkommen. Neben Faktoren wie ph-wert, Licht oder Temperatur spielt dabei die Versorgung mit Nährstoffen eine herausragende Rolle. Die jeweiligen Anforderungen an die Umweltfaktoren unterscheiden sich artspezifisch. Um zu gedeihen, müssen alle Umweltfaktoren in einem von der jeweiligen Art zumindest tolerierten Bereich liegen. Beispielsweise kann eine Alge keine Photosynthese betreiben, wenn die 4

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche, Eutrophierung Lichtverhältnisse gut sind, aber ein erforderlicher Nährstoff fehlt. Der in geringster Menge vorhandene Nährstoff wirkt somit als limitierender Faktor wachstumsbegrenzend (Gesetz des Minimums). Einige Arten tolerieren auch ungünstige oder extreme Bedingungen (z.b. Trockenheit oder Nährstoffarmut). Da diese Arten aber oftmals nicht sehr konkurrenzstark sind, werden sie bei Abmilderung der Bedingungen (z.b. Nährstoffeintrag) durch konkurrenzstärkere Arten verdrängt. Hauptnährstoffe des Pflanzenwachstums sind Stickstoff und Phosphor. Auch wenn zum Pflanzenwachstum weitere Nährstoffe benötigt werden, konzentriert sich die Betrachtung der Eutrophierung auf diese beiden Elemente. 2.2 Aquatische Eutrophierung Durch erhöhte Zufuhr des limitierenden Nährstoffs (v.a. Phosphat) können die Algen und Pflanzen andere im Überschuss vorhandene Nährstoffe ausnutzen, Photosynthese betreiben und wachsen. Seen können als annähernd geschlossene Reaktionssysteme verstanden werden. Die Aufenthaltsdauer der zugeführten Nährstoffe in Seen ist daher lang Nährstoffzufuhr in Seen führt zunächst zu einer erhöhten pflanzlichen Produktion (sowohl Algen als auch Gefäßpflanzen; Primärproduktion). Die größere pflanzliche Biomasse dient als Nahrung für Konsumenten und Destruenten. Organische Reste sedimentieren in tiefere Gewässerschichten, wo sie mikrobiell abgebaut werden. Da dabei Sauerstoff verbraucht wird, kann es zu sauerstoffarmen (anaeroben) Bedingungen kommen, die gravierende Folgen für das Ökosystem haben (z.b. Faulgasproduktion; See kippt ). Bei Sauerstoffmangel über dem Sediment kommt es zu einer Selbstverstärkung der Eutrophierung, da dann zuvor im Sediment gebundenes Phosphat freigesetzt wird. Durch das verstärkte Wachstum der Biomasse an der oberen Schicht des Gewässers, vor allem der Algen, kommt ein diesen Vorgang verstärkender Faktor hinzu: Die Algen wirken sich auf das Lichtangebot im Gewässer aus. Während tagsüber in den oberen Schichten der Gewässer die Sauerstoffsättigung zunimmt (durch die Produktion der Algen), entsteht in den tieferen Schichten ein Sauerstoffmangel, da die Algen den Lichteinfall in tiefere Schichten verhindern. Dieser Prozess wird oft als Selbstbeschattung bezeichnet. Fließgewässer stellen Transportsysteme dar, in denen die Aufenthaltszeit von eingetragenen Nährstoffen verglichen mit Seen kurz ist. Dennoch sind auch Fließgewässer Eutrophierungsprozessen ausgesetzt. Wie im See kommt es zu einer verstärkten Primärproduktion, die sich auf das Ökosystem auswirkt. Nach Absterben der pflanzlichen Biomasse kann es durch mikrobiellen Abbau zu einem starken Sauerstoffverbrauch im Gewässer kommen, welcher sich negativ auf andere Lebewesen auswirken kann (z.b. Fischsterben). Auch marine Ökosysteme leiden unter Eutrophierung, wobei oft die die Küstengewässer in besonderem Maße betroffen sind. Die meisten marinen Systeme 5

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche. Eutrophierung. sind stickstoff-limitiert, wobei durch die rückläufige Phosphatfracht auch Gebiete mit Phosphatlimitierung auftreten. Als Folge treten insbesondere an den Flussmündungen der großen Flüsse wie Rhein und Donau regelmäßig massive Algenblüten auf. In der Folge kommt es zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung in der Algengemeinschaft. Insbesondere toxische Blaualgen profitieren vom erhöhten Nährstoffangebot. Wie im See kommt es durch den Abbau der herabsinkenden organischen Substanz zu Sauerstoffzehrungen und sauerstoffarmen bis -freien Bedingungen. Bodenlebewesen und Fischen wird so mittlerweile in großen Arealen - die Lebensgrundlage entzogen. 1 Zur aquatischen Eutrophierung tragen Luftschadstoffe (NOx und NH3) bei, die sich als Deposition auf Gewässern niederschlagen, sowie Schad- und Nährstoffe, die über das Wasser eingetragen werden (Phosphor, Nitrate, Ammonium, organische Verbindungen). Neben der Einleitung häuslicher und industrieller Abwasser gelangen diese Stoffe außerdem über Bodenauswaschungen in den Gewässerkreislauf. Über die Fließgewässer gelangen die Nährstoffe letztlich in die Meere. 2.3 Terrestrische Eutrophierung Die Nährstoffbelastung von Landökosystemen durch Einträge aus der Luft (insbesondere Stickstoff) stellt nach wie vor eine bedeutende Gefährdung der biologischen Vielfalt dar. Zwischen Böden und Vegetation besteht ein enger ökologischer Zusammenhang. Durch ungewollte, anthropogen herbeigeführte Nährstoffeinträge (v.a. durch Luftschadstoffe) können schädliche Wirkungen eintreten. Beispielsweise können konkurrenzstarke stickstoffliebende Pflanzen das überreiche Stickstoffangebot besser nutzen, sie wachsen schneller und ausladender und überwuchern als Folge der terrestrischen Eutrophierung auf diese Weise andere Arten. Dadurch kann sich die Artenzusammensetzung der Flora und in der Folge auch der Fauna stark verändern. Eine Verringerung der Biodiversität bei gleichzeitiger Erhöhung der Individuenzahl einzelner Arten ist nicht selten die Folge. Darüber hinaus bilden Pflanzen bei einem durch ein zu hohes Nährstoffangebot induzierten schnellen Wachstum zu viel Blattmasse in Verhältnis zu verholztem Gewebe aus, wodurch sie empfindlicher gegenüber Trockenheit, Frost oder Schädlingen werden. Böden sind nach Art (Waldboden, Ackerboden, Wiese, etc.) und geographischer Lage sehr unterschiedlich zusammengesetzt und die ökologischen Zusammenhänge sind daher sehr komplex. Ein zusätzlicher Nährstoffeintrag zieht bei jedem Boden andere Konsequenzen nach sich. Beispielsweise ist Waldboden in der Regel nährstoffarm und die Vegetation langfristiger angelegt, sodass eine Überdüngung andere Folgen auf Flora und Fauna hat als bei Boden unter Grünland. Terrestrische Eutrophierung und eine damit 1 The European Nitrogen Assessment, 2011. 6

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche, Eutrophierung einhergehende Veränderung der Vegetation kann langfristig auch eine Veränderung der Bodenstruktur, der Fruchtbarkeit des Bodens und damit eine Veränderung des Landschaftsbildes nach sich ziehen. Boden verfügt je nach Beschaffenheit über ein bestimmtes Nährstoffbindungsvermögen, mit dem von Pflanzen nicht direkt aufgebrauchte Nährstoffe gespeichert werden können. Mit steigendem Nährstoffgehalt steigt die Gefahr, dass das Nährstoffbindungsvermögen des Bodens überschritten wird und es zu Auswaschung der Nährstoffe in das Grund- oder Oberflächenwasser kommt. Viele natürliche terrestrische Ökosysteme sind stickstofflimitiert. Daher reagieren diese auf zusätzlich eingetragenen Stickstoff sensibel. Der Eintrag über Luftschadstoffe ist hier bedeutsam. Anders ist dies bei ackerbaulich genutzten Flächen. Die dort angebauten Pflanzen benötigen zur Steigerung der Ernteerträge in der Regel ohnehin zusätzliche Nährstoffe, die üblicherweise in Form von Düngung eingebracht werden. Nährstoffanreichernde Luftschadstoffe spielen daher für solche Flächen bezüglich terrestrischer Eutrophierung als Einzelfaktor keine Rolle. Allerdings können ggf. die als Dünger eingebrachten Nährstoffe (Nitrate, Ammonium und Phosphate) in Addition mit den zusätzlichen Luftschadstoffen zur Eutrophierung beitragen, wenn ein Überschuss an Nährstoffen vorhanden ist, der nicht von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Die Nährstoffe gelangen dann in Oberflächengewässer und das Grundwasser und tragen so potenziell zur aquatischen Eutrophierung bei. 3 EMISSIONSQUELLEN UND DEPOSITIONSWEGE Zur Eutrophierung tragen u.a. Stickstoff- und Phosphorverbindungen bei. Stickstoffverbindungen stammen aus der Landwirtschaft, dem Verkehr und der Industrie, während Phosphorverbindungen sowohl aus der Landwirtschaft als auch aus privaten Haushalten in Gewässer eingetragen werden. Die Menge hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig abgenommen (vgl. Abbildung 1). 7

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche. Eutrophierung. Abbildung 1: Stickstoff- und Phosphoreinträge aus Punkt- und diffusen Quellen in die Oberflächengewässer in Deutschland Quelle: Umweltbundesamt 2013, S. 47. 3.1 Stickstoffquellen Die wesentliche Quelle für Stickstoffverbindungen ist die Landwirtschaft (vgl. Abbildung 1). Der direkt eingesetzter Stickstoffdünger oder stickstoffhaltige Dünger (Beispiel Ammoniumnitrat, NHNO) aber auch Ammoniakemissionen (NH3), die in der Tierhaltung entstehen, sind dafür verantwortlich. Organischer Dünger (z.b. Gülle) trägt mit dem Umwandlungsprodukt Ammonium (NH4 + ) zur Überdüngung bei. Insgesamt sind Ammoniak und sein Umwandlungsprodukt Ammonium zu etwa 50 % an der Stickstoffüberversorgung von naturnahen Böden beteiligt. Ammoniak (NH3) entsteht ganz überwiegend durch Tierhaltung und in geringerem Maße durch die Düngemittelverwendung in der Landwirtschaft. 8

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche, Eutrophierung Abbildung 2: Ammoniakemissionen nach Quellkategorien Quelle: Umweltbundesamt, Nationale Trendtabelle für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen seit 1990. http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/2_abb_ammoniak-emi_2014-08- 12.pdf, zuletzt geprüft 12.02.2015. Auch industrielle Prozesse, Feuerungsprozesse, Anlagen zur Rauchgasentstickung sowie durch mit Katalysator ausgerüstete Kraftfahrzeuge tragen zur Stickstoffanreicherung bei. Zum einen werden Stickstoffoxide (NOx) über Luftemissionen in die Ökosysteme Boden und Gewässer eingebracht (vgl. Abbildung 2) und zum Anderen werden stickstoffhaltige Industrieabwässer in Gewässer eingeleitet. 9

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche. Eutrophierung. Abbildung 3: Stickstoffdioxidemissionen nach Quellkategorien Quelle: Umweltbundesamt, Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen seit 1990, Emissionsentwicklung 1990 bis 2012 (Stand 15.04.2014), http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/2_abb_stickstoffoxid-emi_2014-08-12.pdf. Auch durch das Abwasser kommunaler Kläranlagengelangen gelangen Stickstoffverbindungen in die Umwelt, wobei durch diese Form des Nährstoffeintrags vor allem die Gewässer betroffen sind. 3.2 Phosphorquellen Auch Phosphorverbindungen werden durch die Landwirtschaft in Form von Phosphatdünger (P-Dünger) oder phosphathaltige Dünger (NPK-Dünger) in die Umwelt eingetragen. Dies jedoch in sehr viel geringeren Maße als Stickstoff (vgl. Abbildung 4). Ebenso gelangt Phosphor über die Abwässer kommunaler Kläranlagen und industrieller Direkteinleiter in die Gewässer. Die Phosphoreinträge von privaten Haushalten in Kläranlagen stammten früher vor allem aus Wasch- und Reinigungsmitteln, was jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben erheblich reduziert wurde. 10

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche, Eutrophierung Abbildung 4: Inlandsabsatz von mineralischen Düngemitteln Quelle: Eigene Darstellung nach: BMELV 2012, S. 79. 3.3 Deposition Emissionen in die Luft (NOx und NH3 bzw. ihre Umwandlungsprodukte) können in der Atmosphäre abhängig von Strömungsprozessen und Wetter weite (mehrere tausend Kilometer) oder auch nur sehr kurze Wege zurücklegen, ehe sie bzw. ihre Umwandlungsprodukte als nasse, feuchte oder trockene Deposition in Ökosysteme eingetragen werden. Ammoniak hat nur eine geringe Verweilzeit in der Atmosphäre (Stunden bis wenige Tage), bevor es zu Umwandlungsprozessen kommt. Der Ausgangsstoff Ammoniak (NH3) wirkt daher hauptsächlich lokal in der Nähe des Emittenten. Umwandlungsprodukte können dagegen über weite Strecken transportiert werden. 4 FAZIT UND AUSBLICK Zwar zeigen Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von Phosphaten in die Ökosysteme bereits Wirkung. Es ist aber in den nächsten Jahren v.a. wegen der bisher nur schwach abnehmenden Emissionen aus der Landwirtschaft weiterhin mit einer weiträumigen Eutrophierung naturnaher Ökosysteme zu rechnen. Bei der Minderung von diffusen Stickstoffemissionen besteht daher erheblicher Handlungsbedarf. 11

Themenblock A1: Ausgewählte Umweltwirkungsbereiche. Eutrophierung. LITERATUR Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) (2012): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der Bundesrepublik Deutschland, Münster-Hiltrup, online verfügbar unter http://berichte.bmelv-statistik.de/sjb-0002012-2012.pdf, zuletzt geprüft 12.02.2015. Umweltbundesamt 2013: Wasserwirtschaft in Deutschland, Teil 2: Gewässergüte, http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/wa wi_teil_02_2014_web_korr_25.7.2014_2.pdf, zuletzt geprüft 11.02.2015. 12