Rudolf Steiner WISSENSCHAFT UND KRITIK

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Transkript:

Rudolf Steiner WISSENSCHAFT UND KRITIK Erstveröffentlichung: Dramaturgische Blätter 1898, 1. Jg., Nr. 29. GA 29, S. 129-134. Vor acht Tagen hat diese Zeitschrift einen Beitrag über seine richtige Stelle hatte, obgleich er nicht allein von Dingen handelt, die sich auf das Theater beziehen. Denn nirgends im literarischen Leben wird mehr gesündigt als in der «Theaterkritik». Deshalb halte ich es auch für angebracht, im Anschluss an diesen Beitrag diesmal einiges Ergänzende zu bringen. Ich möchte dem Ausspruch Grillparzers, den der Verfasser des genannten Artikels anführt, teilweise zustimmen. «Das kritische Talent ist ein Ausfluss des Hervorbringenden.

[130] Wer selbst etwas machen kann, kann auch beurteilen, was andere gemacht haben.» Das unterschreibe ich unbedingt. Aber ich glaube, dass diese Sätze nicht jeder richtig auslegen wird. Die meisten werden sie so verstehen: den Lyriker soll nur der Lyriker, den Epiker der Epiker, den Dramatiker der Dramatiker und so weiter beurteilen. Ich halte eine solche Auslegung für falsch. Denn ich glaube, dass zur Ausübung einer gewissen Kunstart eine einseitige. in einer gewissen Richtung sich bewegende Begabung notwendig ist, welche die Persönlichkeit für die Eigenart ihrer Leistungen ganz besonders einnimmt und sie wenig empfänglich macht für andere Richtungen innerhalb derselben Kunstgattung. Ein Lyriker von ausgeprägter Eigenart wird ungerecht sein müssen gegen einen Lyriker von anderer Eigenart. Weiter glaube ich, dass derjenige, welcher auf gar keinem Gebiete etwas hervorbringen kann, überhaupt nicht zum Kritiker taugt. Denn ein unproduktiver Kopf wird niemals über einen produktiven etwas zu sagen haben. Wer die Geburtswehen und die Elternfreuden, die eigene Geschöpfe verursachen, wer die Erlebnisse der geistigen Schwangerschaft nicht kennt, soll auch nicht zu Gericht sitzen über fremde Geisteskinder. Wenn also der Lyriker nicht über den Lyriker, der Dramatiker nicht über den Dramatiker urteilen soll: ja, wer soll denn eigentlich urteilen? Meine Meinung ist diese. Es soll ein Hervorbringender über Hervorbringungen auf einem andern Gebiete, als das seinige ist, urteilen. Ein Dichter soll über ein Werk der Malerei, ein Maler meinetwegen über ein philosophisches Buch, ein Philosoph über ein Werk der Malerei oder über ein Dichtwerk urteilen. Ich setze dabei freilich voraus, dass meine Leser verstehen, den Philosophen als Künstler zu nehmen. Jeder philosophische Gedanke ist ein Kunstwerk wie ein lyrisches Gedicht; und wer Philosoph sein will ohne produktives Talent, ist ein bloßer Wissenschaftler. Er verhält sich wie der Lehrer der Kompositionslehre zum Komponisten. Wenn ich eine Kritik lese, so frage ich immer nach dem Verfasser. Hat dieser selbst etwas produziert, so fange ich an, mich für seine kritische Tätigkeit zu interessieren. Er wird dann vielleicht

[131] manches Einseitige, Eigensinnige über andere Hervorbringungen sagen. Aber er wird stets etwas sagen, was verdient, gesagt zu werden. Derjenige, der selbst nichts hervorbringt, wird auch über anderer Leistungen stets nur leeres Geschwätz zustande-bringen. Einen Lyriker höre ich gerne über einen Maler, einen Philosophen höre ich gern über einen Dramatiker reden. Einen Kritiker, der nichts weiter ist als Kritiker, betrachte ich als eine überflüssige Persönlichkeit Nun wird man mir sagen: es hat doch Kritiker gegeben, die Wichtiges und Richtiges vorgebracht haben, und die nichts weiter waren als Kritiker. Ich antworte: das mag einmal vorkommen. Es kommt eben dann vor, wenn ein Mensch seinen Beruf verfehlt hat. Und weil das der Fall ist, hat Bismarck recht gehabt, als er den Journalisten als einen Menschen definiert hat, der seinen Beruf verfehlt hat. Ich kann mir einen Musikkritiker denken, der nie selbst in einem Zweige menschlicher Produktion etwas geleistet hat. Sagen wir: er heißt Hanslick. Ich will ganz offen sprechen. Ich glaube, ein solcher Mensch hat seinen Beruf verfehlt. Er hätte eigentlich Musiker werden sollen. Seine musikalische Begabung ist nicht zur Entwickelung gekommen. Er sagt dann als Kritiker, was er als Künstler nicht zu sagen imstande ist. Wenn er Künstler geworden wäre, hätte er eine gewisse Eigenart zum Ausdruck gebracht. Man hätte sie genossen und hätte eine gewisse Vorstellung von der in Betracht kommenden Persönlichkeit. Nun ist aber diese Persönlichkeit aus irgendwelchen Gründen kein Künstler geworden. Ihre Eigenart hat keine greifbare Gestalt an-genommen. Sie ist in einer Art Schlummerzustand geblieben. Wenn eine solche Persönlichkeit kritisiert, so urteilt sie im Sinne einer Eigenart, die nie das Licht der Welt erblickt hat. Das mag ja in einzelnen Fällen recht interessant sein; im allgemeinen wissen wir aber bei einer solchen Persönlichkeit nicht, was wir mit ihren Urteilen anfangen sollen. Dennoch wird man immer wissen, ob man es im einzelnen mit einer jener Naturen zu tun hat, die ihren Beruf verfehlt haben, oder ob mit einem Menschen, der überhaupt von der Natur gar

[132] keinen Beruf mitbekommen hat. Denn man müsste, wenn man die Bosheit besäße, die zur Erkenntnis der wirklichen Verhältnisse notwendig ist, von den meisten Kritikern sagen: das sind Leute, die keinen Beruf verfehlen konnten, weil sie nie einen hatten. Wenn ein Journalist, der nie etwas Selbständiges hervorgebracht hat, dem ich einen Kunstwert beilegen kann, über ein Theaterstück schreibt, so hat das nicht mehr Wert, als wenn eine geistreiche Dame in einem Salon ihre Meinung über dieses Werk zum besten gibt. Aber man sehe mich, weil ich dieses sage, nicht gleich als Pedanten an. Ich bin ja gar nicht der Ansicht, dass nur derjenige ein Künstler ist, der die Leinwand mit Farben überstreicht, oder der was Gedrucktes in die Welt setzt. Ich gehöre zu den reinen Toren, die an den Raphael ohne Hände glauben. Vielleicht ist die Dame, die im Salon mir ihre Meinung über den neuesten Hauptmann zum besten gibt, ein Lyriker, dem nur das Organ fehlt, die Empfindungen in die nötige Form zu bringen. Das mag schon stimmen. Aber ich spreche nicht von den Damen im Salon, die aus Mangel an Organ keine Lyriker geworden sind. Das habe ich nicht nötig. Denn sie schreiben ja eben nicht. Ich spreche von den schreibenden Menschen. Und das sind in der Gegenwart zumeist keine Raphaels ohne Hände, sondern Leute, die Hände und nichts als Hände haben. Man kann es heute erleben, dass Künstler ganz im allgemeinen über jegliche Kritik in der ablehnendsten, wegwerfendsten Form sprechen. Das kommt aber nur daher, weil sie zumeist von unproduktiven Leuten kritisiert werden, von Leuten, die ihnen absolut nichts zu sagen haben. Ich habe nie meine Meinung darüber, wer über einen Künstler urteilen soll und wer nicht, besser bestätigt gefunden, als wenn ich Schauspieler habe über Schauspieler und wenn ich unkünstlerische Naturen habe über Schauspieler urteilen hören. Schauspieler haben über andere Schauspieler überhaupt kein Urteil. Und unkünstlerische Naturen reden über schauspielerische Leistungen bloß tollen Unsinn. Jeder Schauspieler geht in seiner Eigenart auf; und wer gewisse Dinge anders macht als er selbst, den hält er für einen schlechten Künstler. Die unkünstlerische Natur glaubt, dass Schauspielkunst

[133] eine leichte Sache ist, und hält jeden für einen großen Mimen, der sie amüsiert. Beider Urteil ist nicht wert, dass man davon spricht. Ein Maler, ein Lyriker, ein Musiker, ein dramatischer Schriftsteller, ein Philosoph können über einen Schauspieler urteilen, ein Schauspieler und ein Unkünstler aber nicht. Der Schauspieler vermag uns nur etwas zu sagen, was zuletzt doch darauf hinausläuft: dieser macht es anders als ich, und was ich mache, ist allein richtig. Der Unkünstler schwatzt dummes Zeug in die Luft hinein. Künstler sollten nur Künstler beurteilen; aber nie sollten Künstler über Künstler des gleichen Kunstzweiges urteilen. Fände dieser Grundsatz in der Theaterkritik Eingang, so gäbe es wahrscheinlich eine große Nachfrage nach Theaterkritikern und nur ein kleines Angebot. Aber man muss schon einmal mit der Tatsache rechnen, dass in unserer Zeit auch einmal das Angebot die Nachfrage wesentlich übersteigen kann. Vielleicht könnten, wenn dieser Grundsatz befolgt würde, überhaupt nicht alle Stellen besetzt werden. Aber was schadet es, wenn zum Beispiel in Berlin nicht alle Tagesblätter den Winter durch ihre obligaten Theaterkritiken brächten. Die meisten dieser Kritiken stammen von Leuten, die nichts, rein gar nichts über die Dinge zu sagen haben, über die sie schreiben. Warum soll denn durchaus jedes Stück, das auf die Bühne gebracht wird, Veranlassung geben zur Verschwendung einer Unmenge Druckerschwärze und Tinte? Von der Zeit, die die Schreiber verschwenden, will ich nicht reden, denn um die ist es nicht eigentlich schade. Ich glaube nicht, dass diejenigen, welche sie verschwenden, sie bei einer andern Beschäftigung besser anwenden würden. Kritik sollte im Grunde Nebenbeschäftigung sein. Was ein Künstler über Kunstarten zu sagen hat, die nicht die seinigen sind, soll er uns als Kritiker sagen. Kritik als Hauptbeschäftigung ist Unsinn. Aber es wimmelt ja in großen Städten von Kritikern, die nichts als Kritiker sind. Und wie gelten die Stimmen solcher Nichts-als-Kritiker? Bei den Künstlern selbst gelten sie eigentlich wenig. Beim Publikum dagegen umso mehr. Das ist traurig. Denn ein kritisches Urteil, das von einem künstlerisch empfindenden

[134] Menschen nicht anerkannt wird, sollte überhaupt nirgends eine Geltung haben. Über das Getriebe der Kritik hört man selten unbefangen sprechen. Denn leider ist die Itritische Art der unproduktiven Leute eine Macht geworden, mit der die meisten Künstler, nicht nur das Publikum, rechnen. Im vertraulichen Kreise zwar hört man die Künstler in der ungezwungensten Weise über die Phrasen der Kritiker ihre Witze machen; in der Öffentlichkeit wird nur selten über dieses Getriebe etwas gesagt. Ich habe einmal meine ganz unbefangene Meinung sagen wollen.