Universitätsgottesdienst in der Peterskirche Heidelberg am Ewigkeitssonntag, über Lukas 12, Prof. Jürgen Hübner

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Arbeitsblatt 7: Verbindung nach oben zum 10. Textabschnitt

Transkript:

Universitätsgottesdienst in der Peterskirche Heidelberg am Ewigkeitssonntag, 20.11.2005 über Lukas 12, 35-46 Prof. Jürgen Hübner Laßt eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun. Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich ich sage euch: er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen. Und wenn er kommt in der zweiten oder in der dritten Nachtwache und findet s so: selig sind sie. Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, so ließe er nicht in sein Haus einbrechen. Seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr s nicht meint. Petrus aber sprach: Herr, sagst du dies Gleichnis zu uns oder auch zu allen? Der Herr aber sprach: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über seine Leute setzt, damit er ihnen zur rechten Zeit gibt, was ihnen zusteht? Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, das tun sieht. Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen. Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr kommt noch lange nicht, und fängt an, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen, dann wird der Herr dieses Knechtes kommen an einem Tage, an dem er s nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn in Stücke hauen lassen und wird ihm sein Teil geben bei den Ungläubigen. Der Knecht aber, der den Willen seines Herrn kennt, hat aber nichts vorbereitet noch nach seinem Willen getan, der wird viel Schläge erleiden müssen. Wer ihn aber nicht kennt und getan hat, was Schläge verdient, wird wenig Schläge erleiden. Denn wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. Wenn wir diesen Predigttext hören, in seinem letzten Abschnitt, kommt Ärger auf. Was ist das für ein Herr, der seinen Knecht in Stücke hauen lässt, oder der Schläge verordnet, dem einen mehr und dem anderen weniger? Das wird auch nicht besser, wenn das In Stücke hauen ein Übersetzungsfehler sein sollte, schon im Urtext, vom Aramäischen, das Jesus gesprochen habe, ins Griechische, so dass nur allgemein ein Strafen übrig bleibt. Oder wenn andere Exegeten auf persische Gerichtsbarkeit rekurrieren, wo solche drastischen Strafen vorgesehen sind. Nun es mag sich um antike Vorstellungen und Praktiken handeln. Voraufklärerisch. Ärgerlich bleibt das doch: in einem biblischen Text, und das auch noch vorgeschlagen für den Toten- und Ewigkeitssonntag. Gibt es nicht genug Ängste vor Tod und Gericht? Wenn wir uns nun gebührend geärgert haben, müssen wir weiterfragen. Was ist das Ziel dieses Textes? Zu wem ist er gesagt? Was soll vermittelt werden? Es handelt sich um ein Gleichnis. Und 1

Gleichnisrede schließt sich an, wenn gewissermaßen juristisch differenzierend von größerer und geringerer Strafe gesprochen wird. Es sind Bilder, die ausgemalt werden. Was besagen diese Bilder? Diese Gleichnisrede, die so ärgerlich erscheint, ist schon eine Antwort. Voraus geht ein anderes Gleichnis, und Petrus fragt, wer damit gemeint ist, zu wem es gesagt ist, zu den Jüngern oder allen Menschen? Dieses erste Gleichnis spricht von einem Herrn und seinen Knechten, seinen Sklaven. Schon wieder diese Sprache einer antiken Gesellschaftsordnung! Aber lassen wir uns darauf ein. Die Knechte sollen wach sein, bereit, ihren Herrn zu empfangen. Der ist auf einem Fest, einer Hochzeit. Man weiß nicht, wann er kommt. Niemand steht gern vor verschlossener Tür, draußen, des Nachts, zumal in der Stimmung des vorangegangenen Festes. Ein Herr schon gar nicht. Die Knechte will er wachend finden. Und beschäftigt. Man sollte meinen, das ist ihre Pflicht und Schuldigkeit. Zumal in der antiken Gesellschaftsordnung. Schlafen sie statt zu arbeiten, setzt es Prügel. Wachen sie, ist ihnen nicht einmal ein Lob gewiß. Es ist ihre Aufgabe, aufzumachen, wenn der Herr kommt, auch mitten in der Nacht. Vielleicht erwartet der Herr auch einen gedeckten Tisch, an den er sich setzen kann. Womöglich hat er einen längeren Weg hinter sich. Nun aber geschieht das Überraschende, ja Unerhörte. Die Knechte, die er wachend findet, werden selig gepriesen. Selig das sind nicht nur die vorherrschenden Wunsch- und Glücksvorstellungen: Glück gehabt, Viel Glück!. Selig das sind im antiken Sinn recht eigentlich nur die Götter. Sie leben in Glückseligkeit. Ihr Leben transzendiert Arbeit, Sorge und Tod. Im Munde Jesu bedeutet Seligkeit: Wer selig gepriesen wird, der hat Teil am Reich Gottes. Der ist gewissermaßen Gottes Hausgenosse. Heißt das: Wer seine Pflicht und Schuldigkeit tut, der ist schon in Gottes Reich, der ist schon bei Gott zu Haus? Das wäre immerhin eine einleuchtende Moral. Aber auch ein bisschen hausbacken. Das Überraschende, ja Unerhörte an unserem Bildwort aber ist: Der Herr setzt sich nicht an den für ihn gedeckten Platz am Tisch und lässt sich bedienen, sondern er bindet sich eine Schürze um, deckt den Tisch für seine Knechte und bittet sie, Platz zu nehmen und kommt zu ihnen, um ihnen zu dienen. Er lässt sie an seiner Festfreude teilhaben. Und nicht nur das: er stiftet Freude. Er gibt selber ein Fest, für seine Knechte! 2

Übersetzen wir das Bild! Gott kommt, wird uns gesagt. Und er will uns den Tisch bereiten. Er will uns dienen, für unser Leben sorgen. Dafür gilt es, wach zu sein. Sensibel dafür, dass der Herr anklopft. Offen für seine Ankunft, seine Nähe. Wann nun wird der Herr kommen? Schon in diesem irdischen Leben? Mitten in unseren Alltag hinein? Oder in unserer Sterbestunde? Oder nach unserem Tod, am Jüngsten Tag? Das bleibt offen. Das zweite Gleichnis, das hier beigefügt ist, von dem Dieb in der Nacht, von dem der Hausherr nicht weiß, wann er kommt, unterstreicht das. Es geht darum, wach zu sein, bereit zu sein, jederzeit. Laßt eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen! Wir dürfen uns freuen auf den kommenden Herrn. Erwartungsvoll seinen Empfang vorbereiten. Wer wollte seine Ankunft verschlafen! Oder verpassen, von anderen Dingen vereinnahmt. Seligkeit gibt es nicht auf dem Markt. Gott verschenkt sie, die Seligkeit! Das gilt es wahrzunehmen. So spricht Jesus zu seinen Jüngern. Und nun fragt Petrus: Gilt das jetzt für uns, die Jünger, oder für alle? Wir können übersetzen: Gilt das nur für gläubige Chrisen oder für alle Menschen? Für alle Menschen im Zeitalter der Globalisierung, für Christen, Moslems, Hinduisten, auch für Atheisten? Eine fast bürokratische Frage. Jesus antwortet mit einem anderen, dritten Gleichnis. Diesmal ist von einem Verwalter die Rede, einem Oikonomos. Den so die Bildrede wird der Herr an die Spitze seiner Dienerschaft stellen. Er hat selbst ein Knecht für sie zu sorgen, jedem zu gegebener Zeit das zuzuteilen, was ihm zusteht und was er braucht, von einem sinnvollen Arbeitsplatz bis hin zu genügend Essen. Dazu gehört ein gutes Wort, Anerkennung und Respekt vor den Mitknechten. So stellt man sich einen funktionierenden Haushalt, gelingende Gemeinschaft, ein gut gestaltetes Leben vor. Das in Gang zu bringen, zu fördern und zu pflegen ist die Aufgabe der Jünger! Es geht nicht nur um sie selbst, sondern um die, die ihnen anvertraut sind. Und das, so dürfen wir weiter übersetzen, ist die Aufgabe der Christen überhaupt. Wir haben teil an dem Tisch, den Jesus für uns deckt. Wir haben teil an der Tischgemeinschaft, in der Jesus sich uns selbst schenkt. Und wir haben teil an den Aufgaben, die er seiner Gemeinde zuteilt zugeteilt hat und zuteilen wird. Der Verwalter des Gleichnisses ist für seine Mitknechte verantwortlich. Wir sind für unsere Mitwelt verantwortlich - im Zeitalter der Globalisierung noch mehr und anders als zu früheren Zeiten. Den Mitmenschen das zukommen lassen, was sie brauchen. So viel nur immer in unserer Macht steht, so weit wir nur immer Einfluß nehmen können für ein gutes Leben sorgen. Dazu gehören politische Auseinandersetzungen ebenso wie das gute Wort und die angemessene Tat im einzelnen. 3

Und wiederum: Eigentlich ist das ja selbstverständlich. Im Gleichnis gesprochen: Es ist ja gerade die Aufgabe, die der Herr dem Verwalter gibt. Und wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr einsetzt? Nun das sind die Jünger, das sind wir! Unsere Verantwortung reicht so weit, wie uns der Herr dazu befugt, mit den nötigen Fähigkeiten und Mitteln ausstattet und in Stand setzt. Und wieder begegnet das überraschende, un-erhörte, von niemandem sonst zu hörende Wort: Selig! Selig der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, das tun sieht. Selig bei dem, was ohnehin die Aufgabe jedes Einzelnen ist? In der Tat! Im Gleichnis heißt das: Der Herr wird ihn über alles setzen, was er hat. Wer sein Amt recht verwaltet, wer seine Lebensaufgaben treu erfüllt, wer für seine Angehörigen und seine Mitmenschen und seine Mitwelt angemessen sorgt, der wird selbst zum Herrn eingesetzt, der wird der Herrschaft Gottes selbst teilhaftig. Das verändert die Welt! Die Herrschaft Gottes ist eine Liebesherrschaft, weil sie sich seiner Schöpfung, seinen Menschen zuwendet. Menschliches Leben in der Schöpfung soll erfülltes, gelingendes, gutes Leben werden. So sollen Menschen, so sollen wir zu Sachwaltern Gottes werden. Unser Tun ein Gleichnis des Reiches Gottes? Das ist es faktisch sicher nicht. Sollten wir uns also redlich darum bemühen? Das ist sicher nicht falsch. Aber auf der Ebene des Gleichnisbildes geraten wir wieder leicht in bloße Moral. Wie es denn im Gleichnis ja auch weitergeht. Das kann zu Angst und Überforderungen führen. Richten wir dagegen den Blick auf das, was Gott uns schenkt. Das Selig weist uns den Weg. Gott schenkt uns unser Leben wie den Knechten in seinem Haus. Wir dürfen sein, da sein, auf der Welt sein. Schon zur kindlichen Vergewisserung gehört: Ich bin da, ich kann mir die Welt anschauen. Und ich kann in dieser Welt leben. Ich kann dort hier wohnen. Wie in einem Haus. Ich kann mich bewegen, spielen, arbeiten, Ferien machen. Das geht nicht in alle Ewigkeit so weiter, sondern das hat seine Zeit, geschenkte, erfüllte Zeit. In ihr können wir unsere eigene Wohnung, unseren eigenen Lebensraum einrichten, gestalten, vielleicht sogar ein eigenes Haus kaufen. Um Gäste zu haben, einladen zu können. Um Leben weiterzugeben, an neue Generationen. Wenn Gott anklopft und hereinschaut, soll er seine Freude daran haben. Auch am Studentenleben. Schon einen Ort und Zeit zum Studieren zu haben, ist ein Geschenk. Ebenso, wenn es dann gilt, Verantwortung für andere zu übernehmen, im Pfarramt eine Gemeinde zu betreuen, an einer Schule oder einer Universität zu lehren, in einem anderen Beruf zu arbeiten oder andere Tätigkeiten aufzunehmen. Zur Arbeit gehört dann auch das Fest, wenn etwas fertig geworden ist, wenn etwas gelingt. Bei all 4

dem ist die Rede, etwas zum bloßen Zeitvertreib zu machen oder gar die Zeit totschlagen zu wollen, ziemlich dumm. Gott schenkt uns das Leben und seine Zeit, um es gestalten zu können. Er schenkt uns dazu aber auch nichts weniger als seine Gemeinschaft. Wie der Hausherr in den Gleichnissen hat er sein Haus bestellt, in dem wir leben können an diesem Ort, in diesem Land, auf dieser Erde, mitten in der Unendlichkeit des Kosmos, des Universums oder auch des Multiversums. Wir leben hier und jetzt und dürfen Gott erwarten. In dieser Erwartung dürfen wir leben! Gott erwarten zu dürfen in der Tat: Das ist der Beginn der Seligkeit! Diese Perspektive reicht über das irdische Leben hinaus. Jesus eröffnet sie uns hier und jetzt. Damit füllt sich die Zeit. Sie reicht jetzt bis in die Ewigkeit hinein. Gott hat sein Haus bestellt. Und er kommt gewiß, mit uns zu feiern. Das Leben zu feiern! Sind wir dazu bereit, dass Gott mit uns feiern will? Und sind wir bereit, alles zu verwalten, was Gott gehört, alle seine Güter? Sind wir bereit zur Seligkeit? Zu einem Leben, das sich die alten Griechen als ein Leben der Götter vorgestellt haben? Christlich also: ein Leben bei Gott? Wenn Gott uns in diesem irdischen Leben seine Gegenwart gewährt, wenn er uns hier begegnet, dann ist das gewissermaßen ein Angeld auf das Ewige Leben. Und dann dürfen wir tatsächlich das Ewige Leben von ihm und bei ihm erwarten. Dann dürfen wir ewige Seligkeit erwarten. Kann man das ausschlagen? Das hieße, sich gewissermaßen selbst zum Gott einsetzen. Die drastische Sprache am Ende unseres Predigttextes deutet an, was das bedeutet: Fern von Gott den Gesetzlichkeiten irdischen Lebens samt ihren Verirrungen ausgeliefert zu sein. Auch wenn man sich das Leben gar nicht mit eigener Faust zurecht machen will und nur zu träge ist zum Empfang des Herrn, können die Widrigkeiten, Belastungen und Widerfahrnisse des Lebens in der Tat zu Schicksalsschlägen werden oder auch als Strafe Gottes empfunden werden. Gott aber ist da gewesen und will kommen, um uns selig zu machen. Was er von uns erwartet, ist der verantwortliche, antwortende Umgang mit dem, was er uns gegeben hat, dem einen mehr, dem anderen weniger an Gaben. Keiner soll sich überfordern. Alle aber sollen selig werden, im irdischen Leben im Blick auf das Ewige Leben, im Leben nach dem irdischen Tod im Angesicht und an der Seite Gottes. Das walte Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. 5