Fragen der Baugeschichte an das Heidelberger Schloss

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Transkript:

Fragen der Baugeschichte an das Heidelberger Schloss Die Archäologie hat in den letzten Jahren den Nachweis erbracht, dass Schloss Heidelberg - und gemeint ist hier das untere Schloss auf dem Jettenbühl - tatsächlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wohl zu Beginn der wittelsbachischen Herrschaft gegründet wurde. Da die archäologischen Funde in der Stadt ebenfalls definitiv nicht über das beginnende 13. Jahrhundert zurück reichen, kann man tatsächlich, wie schon früher vermutet, davon ausgehen, dass Stadt und Schloss gleichzeitig und auf einander bezogen gegründet wurden. Das Schloss kann also als einer Gründung der bayerischen Herzöge angesehen werden, und will man es in seine Zeit einordnen, muss man es als solches sehen. Der Umfang, noch heute im Rechteck des Schlosshofs abzulesen, entspricht dem anderer gleichzeitiger herzoglicher Anlagen. Definitiv für ein Gerücht gehalten werden kann die Angabe von Thomas, genannt Leodius, dass dem Schloss das Heiligtum einer Seherin Jetta zu Grunde liege. Seine Konstruktion einer solchen Seherin ist nichts als der Versuch des Humanisten, den Namen Jettenbühl Dürnitz in der Burg Trausnitz über Landshut 32

mit einer Analogie zu den antiken Sibyllen etymologisch herzuleiten. Dürnitz und Ruprechtsbau Zur Anlage einer herzoglichen Burg in diesem Rang und dieser Größenordnung gehört geradezu zwingend, dass in absehbarer Zeit nach Anlage der Burg (heute spricht man gerne von zeitnah ) alle Gebäude errichtet wurden, die zu einem standesgemäßen Aufenthaltsort gehörten, auch wenn bis ins 14. Jahrhundert hinein Heidelberg noch kaum als eigentliche Residenz angesprochen werden kann. Dazu gehörte durchweg ein gemeinhin als Dürnitz bezeichneter großer Raum, der, im Erdgeschoss eines Gebäudes gelegen, als allgemeiner Versammlungs-, Speise- und Festsaal diente. Dies um so mehr, als noch im 14. Jahrhundert das allgemeine und gemeinsame Mahl der Menschen am Hof ein zentraler Punkt im Zeremoniell der fürstlichen Hofhaltung war. Für diesen Raum bot sich allgemein eine Lage gegenüber dem Eingangstor an (wie z.b. im Alten Schloss in Stuttgart oder in der Burg Trausnitz über Landshut), zumal wenn sich damit eine auf Sicht von der Stadt her geplante repräsentative Baugruppe verbinden ließ. Für diese Position im Grundriss der Burg gibt es in Heidelberg zwei Möglichkeiten: In der Nordwestecke (heute Königssaal) oder in der Nord-ostecke (heute Gläserner Saalbau). Letzterer hat, wie die Bauforschungen von Koch & Seitz nachgewiesen haben, noch erkennbare hochmittelalterliche Grundmauern, ist auch von seiner Größe her eher geeignet, täglich 600 personas domesticas (Bediente, Hofleute) zum täglichen gemeinsamen Mahl aufzunehmen obwohl auch diese Zahl, die für die Zeit König Ruprechts überliefert ist, für die Dimensionen des Vorgängerbaus zum Gläsernen Saalbau ziemlich hoch erscheint. Im übrigen ist für diese Zeit eine Bebauung des Schlossareals genannt, Der heutige Modellsaal des Ruprechtsbaus im Zustand der Zerstörung. Er wurde Ende der 1950er Jahre wieder eingewölbt. Abbildung aus: A. v. Oechelhäuser, Das Heidelberger Schloss. 1891. 33

die 36 beheizbare Stuben umfasste. Hochgerechnet dürfte dem die dreifache Anzahl unbeheizter Räume entsprechen. 120 130 Räume, auf drei Stockwerke verteilt, das sind 40 Räume je Stockwerk man wird also tatsächlich um 1400 von einer geschlossenen Umbauung des Schlosshofs ausgehen können. Der meist als Palas des Kurfürst- Königs angesprochene Ruprechtsbau entspricht einer solchen Einschätzung ganz und gar nicht. Weder liegt er in repräsentativer Lage im Rund des Burghofs, noch hat er innen überhaupt Platz für einen nennenswerte Anzahl vom Menschen. Man wird ihn also doch wohl eher als wenngleich durchaus repräsentativ ausgestatteten Empfangsraum für Gäste, als Wachstube der Burgwache oder ähnliches ansprechen dürfen. Selbst die Zuordnung zu König Ruprecht ist zweifelhaft, geht sie doch allein auf die Inschrifttafel zurück, die Friedrich II. nach 1544 am Gebäude anbringen ließ und die Ruprecht als den Bauherrn nennt. Diese Zuschreibung könnte durchaus auch auf der Verehrung des 16. Jahrhundert für Ruprecht als königlichen Spitzen-Ahn beruhen und wird durch die Analyse der Gewölbe-Schlusssteine in Innern mehr als relativiert. Frauenzimmerbau und aula regia In der anderen Ecke, gegen Nordwesten, liegt heute der unscheinbare Rest des Frauenzimmerbaus mit dem Königssaal. Koch und Seitz deckten hier die Grundmauern eines Vorgängerbaus auf, der, in den Baufluchten des Friedrichsbaus liegend, entschieden zu klein für eine Dürnitz erscheint. Hier allerdings werden schon die Lobredner des 15. Jahrhunderts nicht müde, die einzigartige Schönheit dieses ersten Raums zu rühmen. Ob hier der schon im 15. Jahrhundert in den Quellen genannte Königssaal, die aula regia zu suchen ist, ist nicht belegt. Für das 16. Jahrhundert, den Bau den Lorenz Lechler für Kurfürst Ludwig V. aufführte, fehlen solche Hymnen. 1458 schreibt Peter Luder über den Saalbau Friedrichs des Siegreichen, dass er eben regalis, der königliche, genannt werde, und durch die Schönheit seiner stützenden Säulen und durch die Ausschmückung der Wände so kostbar gestaltet sei, dass er nicht nur einen König aufnehmen, sondern ihn auch erfreuen könne. 1536 ist er Schauplatz der Hochzeit des Pfalzgrafen (und späteren Kurfürsten) Friedrich mit Dorothea von Dänemark, und vor allem der Erker zur Stadt hin, der nachmals so genannte Fürstenerker ist dem Berichterstatter die höchste Aufmerksamkeit wert:... in dem ercker oben Welcher vonn kunst billich zu loben Ich glaub der tempel auff montsalvat Den Titurel erbauwet hat Möcht dissem werckh geleichen nicht Gethierts Laubwerckh und bild man sicht Gantz artlich und rein ergraben Viel possament reinlich erhaben Das gewelb zierlich gehymmelt Von farben schon aussgeplummelt Es ist an den kein vleis gespart Man kann hier nach diesen Worten wohl unzweifelhaft ein Meisterwerk 34

Schaut man nach Parallelen für Geäst-Maßwerk, wird man z.b. in der unmittelbaren bayerischen Nachbarschaft, in der Stadtpfarrkirche von Ingolstadt fündig. Hier sind einige der Seitenkapellen mit einem Maßwerk ausgestattet, das ebenfalls zurückhaltend mit Knospen und kleinen Ranken beginnt, dann aber seine ganze Pracht in einem frei hängenden Geflecht von Ästen und Ranken zeigt. Die Frage ist nun, ob Ludwig V., der Bauherr, und Lorenz Lechler, der Baumeister, sich mit einem gewöhnlichen Maßwerk hätten begnügen hätten, das etwa, wie die Ansätze, ein paar Kospen als Zierat getragen hätte. Es ist wohl eher davon auszugehen, dass der zentrale Speise- und Festsaal eines der ersten Fürsten des Reichs, und noch dazu der herausgehobene Fürstenerker dessen der Spätgotik vermuten. Ansatz für die Bewertung des Fürstenerkers ist zum einen die Tatsache, dass er Bestandteil des zentralen neuen Festsaals der kurfürstlichen Residenz war und von daher höchsten repräsentativen Ansprüchen genügen muss. Zum anderen aber deuten die Gewölbeansätze mit ihren realistisch dargestellten Blattknospen darauf hin, dass hier ein Meisterwerk der spätgotischen Bildhauerkunst den Erker schmückte, das künstlerisch auf der Höhe seiner Zeit war. Oben: Originaler Gewölbeansatz im Fürstenerker des Königssaals miz Knospen und Ast-Ansätzen. Rechts: Frei hängendes Geäst-Maßwerk in einer Seitenkapelle der Stadtpfarrkirche Unserer Lieben Frau in Ingolstadt, 1510-13 35

Rang entsprechend mit erstklassiger Ausstattung glänzte. Der Saal selbst, so die Ergebnisse der archäologischen und quellenmäßigen Forschung, war flach gedeckt, eine Reihe von vier Säulen stützte die Decke, an den Wänden hingen Porträts der kurfürstlichen und pfalzgräflichen Ahnen. Zwillingsfenster des Königssaals an der Nord- (Stadt-)Seite, daneben das 1886 eingesetzte Maßwerkfenster des Fassbaus. Eine Frage allerdings harrt noch der Klärung: Die Autoren des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Hufschmid und Oechelhäuser, interpretierten den Baubefund dahingehend, dass Ludwig V. den vorgefundenen Vorgängerbau des Frauenzimmerbaus nach Süden erweitert habe. Dem könnte durchaus entsprechen, dass der Fürstenerker von außen so gar nicht dem entspricht, was seine Gewölbeansätze im Innern vermuten lassen. Mit seinem streng hochgotischen Zwillingsfenster erscheint er wesentlich älter. Die Frage ist also, ob hier nicht doch ein älterer Bau in seiner Nordwand erhalten ist. Das hieße aber, dass dieser Fürstenerker nicht von Ludwigs Baumeister Lorenz Lechler stammt, sondern dass der nur das Motiv des Erkers den er freilich mit dem oben erwähnten Maßwerk geschmückt haben dürfte aufgegriffen und auf den ganzen, wesentlich vergrößerten Bau angewandt habe. Dem wiederum würde entsprechen, dass der übrige Bau so völlig andere Fenster hat, die wesentlich besser in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts passen. Allerdings bleiben sowohl Koch und Seitz als auch Oechelhäuser den Beleg für ihre Annahme schuldig, dass der Bau überhaupt von Ludwig V. stammt. Die von Hufschmid zitierten Quellenbelege jedenfalls lassen sich mit deren zeitlicher Einordnung nicht in Einklang bringen. Die Bebauung des Hofs um 1500 Als Erzherzog Philipp der Schöne, der Vater des nachmaligen Kaisers Karl V., im Oktober 1503 Heidelberg besucht, stellt der Bericht-Schreiber fest, dass das Schloss des Kurfürsten es ist Philipp der Aufrichtige (1476 1508) aus vier größeren Gebäuden besteht, 36

aus Stein gemauert und mit Ziegeln gedeckt. Jedes dieser Gebäude so der Bericht weiter könnte einen König beherbergen, ist mit schönen Wandteppichen geschmückt, mit licts de parment (Kirchengewänder sind das eher weniger, vielleicht Ledertapeten?) sowie mit allen anderen, was ein großer Fürst für seinen Aufenthalt benötigt. Arkaden im Hof des Residenzschlosses in Neuburg an der Donau, erbaut unter Pfalzgraf Ottheinrich 1534-38 Hufschmid, der diesen Bericht ausführlich zitiert, nennt als die vier Gebäude zweifellos den Königssaal, das Gebäude mit der Schlosskapelle, den Ruprechtsbau und einen unbekannten vierten Bau. Die Schlosskapelle dürfte ausscheiden, da sie wohl zunächst ihr ganzes Gebäude einnahm. Es bleiben der Vorgängerbau des Gläsernen Saalbaus, der ja auf älteren Fundamenten ruht, und der Vorgängerbau der Ludwigsbaus, bei dessen Neubau nach Koch und Seitz ebenfalls ältere Mauern weiterverwendet wurden. Friedrich II. und sein Bildnis Nachfolger Ludwigs V. ist sein Bruder Friedrich II. (1544 56), der Bauherr des Gläsernen Saalbaus. Er war bereits im vorgerückten Alter von 62 Jahren, als er unter Umgehung der Erbansprüche seiner Neffen das Kurfürstentum übernahm. Sein Lebensweg ist zum einen durch eine Jugendfreundschaft mit dem späteren Kaiser Karl V., und dadurch bedingt auch durch lange Aufenthalte in den Niederlanden und Reisen nach Spanien, gekennzeichnet, zum anderen durch eine lange Statthalterschaft in der Oberpfalz. Es mag die Verbindung von konservativer Auffassung des 37

Kurfürstentitels und seinem Alter gewesen sein, dass das eigentlich Moderne nur im Innern seines neuen Baus zu finden ist. Das ist der reich stuckierte und mit venezianischem Spiegelglas geschmückte Festsaal unter dem Dach, der in Ottheinrichs Festsaal in dessen Residenz Neuburg an der Donau seine Entsprechung hatte. Oben: Portraitmedaillons Friedrichs II. und seiner Gemahlin Dorothea von Dänemark an der Regierungskanzlei in Amberg Rechts: Kamin Friedrichs II. im südlichen Saal des Ruprechtsbaus. Der Kamin befand sich ursprünglich im Obergeschoss und wurde vermutlich von Graimberg ins Erdgeschoss versetzt 38

Der wohl eher konservativ-zurückhaltenden Haltung entspricht aber die Gestaltung der Fassade, deren massige Säulen zwar den Formen der Antike geschuldet sind, aber so gar nichts mit der modernen und leichten italienischen Bauweise zu tun haben, wie sie etwa sein Neffe Ottheinrich im Schlosshof seiner Residenz Neuburg bauen lässt. Der Unterschied zu einer eher als fortschrittlichen Haltung, die mehr dem Geist der Renaissance entspricht, wird deutlich, wenn man das von ihm gleichzeitig mit dem Palastbau im Heidelberger Schloss, 1544-1547 erbaute Kanzleigebäude in der oberpfälzischen Residenzstadt Amberg betrachtet. Zwar ist hier die Fassade insgesamt schmucklos, doch zieren den prächtigen Erker der Ostseite nicht nur die auch in Heidelberg am Gläsernen Saalbau angebrachten Wappen des pfalzgräflichen bzw. kurfürstlichen Paars, sondern auch deren Porträtmedaillons. Das wiederum leistet sich Friedrich II. in Heidelberg nur an seinem Prunk-Kamin, also wiederum im Innern. Bemerkenswert ist an beiden Gebäuden das anscheinend mühelose Untugenden an der Regierungskanzlei im Amberg (Oberpfalz): Grimm und Zorn und Abfall von Gott. Datiert 1546. Nebeneinander von Spätgotik und Renaissance im Gläsernen Saalbau abzulesen im Netzgewölbe der Hofarkaden, in der Amberger Kanzlei in den Blenden über den Fenstern, die unbekümmert gotisches Maßwerk neben die korinthischen Pilaster der Ecken setzen. Auch die Hofseite der Amberger Kanzlei hat einen Erker, der allerdings wesentlich flacher ausgebildet ist als der der Straßenseite. Seine Bildfelder thematisieren die Tugendlehre und verweisen mit ihren allegorischen Halbfiguren auf die Todsünden. 39