Motivation zur ehrenamtlichen Arbeit. Am Praxisbeispiel der Österreichischen Jugendblasmusik. Therese Jantscher



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Transkript:

Motivation zur ehrenamtlichen Arbeit Am Praxisbeispiel der Österreichischen Jugendblasmusik eingereicht von: Therese Jantscher DIPLOMARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades Magistra rerum socialium oeconomicarumque Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien Studienrichtung: Internationale Betriebswirtschaft Betreuer: O.Univ.-Prof. Dr. Rudolf Vetschera Wien, im November 2006

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Wien, am 04. 11. 2006 Unterschrift (Therese Jantscher)

Danksagungen Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei den folgenden Personen zu bedanken: bei Professor Vetschera, der mich während der einzelnen Arbeitsschritte meiner Diplomarbeit so geduldig unterstützt hat, und bei all meinen KollegInnen am Lehrstuhl, die mir immer mit gutem Rat zur Seite gestanden sind. bei allen Mitgliedern der österreichischen Blasmusik, die sich die Zeit genommen haben, den Fragebogen auszufüllen. Ohne ihre Hilfe wäre die Fertigstellung der Diplomarbeit nicht möglich gewesen. Besonders bedanke ich mich bei den MitarbeiterInnen der Geschäftstelle der Jugendblasmusik für ihre tolle Unterstützung. bei meinen Eltern, für alles, was sie mir ermöglicht haben, und für ihre Unterstützung wenn ich Entscheidungshilfe oder neue Motivation brauchte. Ihnen verdanke ich einen großen Teil dessen, was ich bisher erreicht habe. Ein spezielles Dankeschön gebührt meinem Vater, der viel Zeit ins Korrekturlesen meiner Diplomarbeit investiert hat. bei meiner Schwester Anna, die ich für ihre Willensstärke und ihren Mut bewundere, und bei meinem Bruder Florian, der mich mit seinem Wissen und Charme immer wieder überrascht. Sie sind beide auf ihre Art Vorbilder für mich. bei Barbara und Marieke, meinen besten Freundinnen, die mich immer wieder motiviert und mir zugehört haben, wenn ich nicht mehr weiter wusste. Am meisten danke ich ihnen jedoch für ihre Freundschaft. bei meinem Freund Meni, der immer für mich da ist. Jedes mal, wenn ich dachte, dass mir alles über den Kopf wächst, hat er mir bewusst gemacht, dass man sich das Leben nicht unnötig schwer machen muss. DANKE!

Inhaltsverzeichnis Seite I Inhaltsverzeichnis I. THEORIETEIL... 1 1. Einleitung... 1 1.1. Motivation... 1 1.2. Aufbau und Ziele der Arbeit... 2 2. Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen... 3 2.1. Definition von Non-Profit Organisationen... 3 2.2. Charakteristika von Non-Profit Organisationen... 4 2.3. Einteilung von Non-Profit Organisationen... 4 2.4. Ehrenamtliche Mitarbeit... 5 2.4.1. Definition ehrenamtlicher Tätigkeit... 6 2.4.2. Bezeichnungen für Ehrenamtliche... 7 2.4.3. Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern... 7 3. Motivation und Motivationstheorien... 8 3.1. Motivation... 8 3.2. Bedürfnisse... 10 3.2.1. Definition von Bedürfnissen... 10 3.2.2. Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow... 11 3.3. Motive... 13 3.3.1. Definition von Motiven... 13 3.3.2. Einteilung der Motive... 14 3.3.2.1. Physische, psychische und soziale Motive... 14 3.3.2.2. Primäre und sekundäre Motive... 14 3.3.2.3. Intrinsische und extrinsische Motive... 14 3.3.3. Motive zur ehrenamtlichen Arbeit... 16 3.4. Aktivierung der Motive... 18 3.4.1. Definition von Anreizen... 18 3.4.2. Extrinsische Motivation... 19 3.4.3. Intrinsische Motivation... 19 3.4.4. Verdrängungseffekt... 21 3.4.5. Die Zwei-Faktoren Theorie von Frederick Herzberg... 23 3.4.6. Die Job Characteristics Theory von Hackman und Oldham... 26 3.4.6.1. Bestandteile der Job Characteristic Theory... 26 3.4.6.2. Der Job Diagnostic Survey (JDS)... 34 3.5. Verhalten... 37

Inhaltsverzeichnis Seite II 3.5.1. Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen... 38 3.5.2. Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie von Victor H. Vroom... 40 3.5.3. Gerechtigkeitstheorie von Adams... 43 3.6. Relevanz der Motivationstheorien für Non-Profit Organisationen... 45 II. EMPIRISCHER TEIL:... 47 4. Die Österreichische Jugendblasmusik... 47 4.1. Organisation der Österreichischen Jugendblasmusik... 49 4.2. Die Österreichische Jugendblasmusik als Non-Profit Organisation... 50 5. Die Erstellung des Fragebogens... 51 5.1. Fragebogen für Nicht-Funktionäre... 51 5.2. Fragebogen für Funktionäre... 51 5.2.1. Zentrale Tätigkeitsmerkmale... 53 5.2.2. Kritische psychische Zustände... 54 5.2.3. Ergebnisse... 54 5.2.4. Moderatoren... 55 5.2.5. Erweiterungen... 56 6. Auswertungen der Fragebögen... 57 6.1. Beschreibung der Stichprobe... 57 6.2. Nicht-Funktionär-Fragebogen... 67 6.2.1. Ehemalige Funktionäre... 68 6.2.2. Mitglieder, die keine Funktionen übernehmen wollen... 70 6.2.3. Mitglieder, ohne Gelegenheit zur Funktionsübernahme... 72 6.3. Funktionär-Fragebogen... 73 6.3.1. Dauer der Funktionsübernahme... 73 6.3.2. Motive zur Funktionsübernahme... 76 6.3.3. Funktionen... 78 6.3.4. In die Funktion investierte Zeit... 79 6.3.5. Auswertung des Job Diagnostic Surveys... 80 6.3.5.1. Tätigkeitsmerkmale... 81 6.3.5.2. Motivationspotentialwert... 82 6.3.5.3. Kritische psychische Zustände... 82 6.3.5.4. Ergebnisse... 83 6.3.5.5. Moderatorvariablen... 84 6.3.5.6. Erweiterungen... 84 6.3.6. Einflussfaktoren... 85 6.3.6.1. Einflussfaktoren auf die zentralen Tätigkeitsmerkmale... 85

Inhaltsverzeichnis Seite III 6.3.6.2. Einflussfaktoren auf den Motivationspotentialwert... 88 6.3.6.3. Einflussfaktoren auf die kritischen psychischen Zustände... 88 6.3.6.4. Einflussfaktoren auf die Ergebnisse... 90 6.3.6.5. Einflussfaktoren auf die Moderatorvariablen... 92 6.3.6.6. Einflussfaktoren auf die Erweiterungen... 92 7. Zusammenfassung... 93 Literaturverzeichnis... 96 Abbildungsverzeichnis... 99 Tabellenverzeichnis... 100 Anhang... 102

Einleitung Seite 1 I. THEORIETEIL 1. Einleitung Im Herbst 2005 bat die österreichische Jugendblasmusik den Lehrstuhl für Organisation und Planung des Instituts für Betriebswirtschaftslehre am Betriebswirtschaftszentrum der Universität Wien ein Leistungsanreizsystem für Jugendliche ihrer Organisation zu erstellen. Ziel sollte sein, mehr Jugendliche zur Übernahme einer Funktion innerhalb der Jugendblasmusik zu motivieren. In einigen Gesprächen mit Vertretern und Mitgliedern der Blasmusik wurde versucht die Ausgangslage zur Erstellung eines Leistungsanreizsystems einzugrenzen, um so konkrete Problemstellungen für die Entwicklung dieses Systems zu finden. Es kristallisierte sich jedoch bereits nach kurzer Zeit heraus, dass dies schwieriger war, als zunächst angenommen. Daher wurde entschieden diese Diplomarbeit dafür zu nutzen, eine Studie über die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Funktionäre der österreichischen Blasmusik durchzuführen, um so die Problemfelder, sofern welche vorhanden sind, aufzudecken. Ziel der Studie ist demnach, Motive und Einflussfaktoren auf die Übernahme / Nicht-Übernahme von Funktionen zu definieren, und die Motivation der Funktionäre sowie deren Zufriedenheit mit ihren Tätigkeiten zu messen. Die Ergebnisse dieser Studie können in weiterer Folge als Grundlage für die Erstellung eines Leistungsanreizsystems dienen. 1.1.Motivation Ich entschied mich dieses Thema zu bearbeiten, da ich es aus verschiedenen Gründen für sehr aktuell und relevant halte. Aktuell vor allem deshalb, weil Non-Profit Organisationen, wie z.b. die österreichische Blasmusik, in immer größerer Konkurrenz im Kampf um Mitglieder und ehrenamtliche Mitarbeiter zueinander stehen. Da sich Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, heute zwischen einer Vielzahl von Organisationen entscheiden können, reicht es nicht mehr aus, nur Mitglieder für NPOs zu werben und die Mitgliederzahl erhöhen zu wollen. Organisationen, deren Leistungen und Angebote mehr und mehr vom Engagement

Einleitung Seite 2 Ehrenamtlicher abhängig sind, müssen sich daher mit der Frage Wie binde ich meine Mitarbeiter langfristig an die Organisation und motiviere sie zur Arbeit? auseinandersetzen. Jedoch stellt sich die Frage der Mitarbeitermotivierung ohne finanzielle Anreize auch vermehrt für For-Profit Unternehmen. So kann daher der theoretische Teil dieser Arbeit über verschiedene Ansätze zur Motivation von Mitarbeitern auch für viele Unternehmen Grundlage zur Entwicklung eines nichtmateriellen Anreizsystems sein. 1.2.Aufbau und Ziele der Arbeit Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Forschungsfeld Motivation am Beispiel einer NPO (österreichische Jugendblasmusik). Im ersten Teil dieser Arbeit wird versucht, die Merkmale und Besonderheiten einer Non- Profit Organisationen zu erörtern. Vor allem die Personalpolitik unterscheidet sich stark von normalen Unternehmen. 1, da ein Großteil der Leistungen in Non-Profit Organisationen von ehrenamtlichen Mitarbeitern erbracht werden. Unter zur Hilfenahme verschiedener Motivationstheorien sollen im zweiten Teil der Arbeit die Faktoren durch deren Zusammenspiel Motivation entstehen und gefördert werden kann genauer erklärt und zusammengefasst werden. Besonders wird hierbei die Relevanz dieser Theorien für Non-Profit Organisationen berücksichtigt. Im Praxisteil dieser Diplomarbeit wird, anhand eines Fragebogens, der auf Grundlage einer der besprochenen Motivationstheorien erstellt wurde, die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Funktionäre der österreichischen Blasmusik gemessen. Ziel dieser Studie ist, Motivationsprobleme aufzudecken, und Faktoren zu definieren, welche Einfluss auf die Motivation der Funktionäre nehmen. Im Praxisteil werden demnach folgende Fragen schwerpunktmäßig behandelt: Wie zufrieden sind die Funktionäre mit ihren Tätigkeiten und ihrem Arbeitsumfeld? Wie motiviert sind die Funktionäre? Welche Faktoren beeinflussen die Motivation der Funktionäre? 1 Maenning/Schulz (1997), S. 416

Einleitung Seite 3 Die Auswertungsergebnisse sollen Ansatzpunkte zur Erstellung eines Leistungsanreizsystems liefern, bzw. als Grundlage dafür dienen, nächste Schritte für die Weiterentwicklung der österreichischen Jugendblasmusik zu setzen. Vieles kann jedoch von NPOs mit ähnlichen Zielsetzungen übernommen werden. 2. Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Nicht nur im wirtschaftlichen, sondern gerade im sozialen und kulturellen Bereich spielen Non-Profit Organisationen (NPOs) heutzutage eine große Rolle, worauf nicht nur die vielen verschiedenen Ausprägungen von NPOs, sondern auch deren unterschiedliche Tätigkeitsfelder schließen lassen. Man findet NPOs in wahrscheinlich jedem Lebensbereich, sei es im karitativen, kulturellen, politischen, kirchlichem oder sportlichen Bereich. So können NPOs Organisationen wie Interessensvertretungen, private Museen, Kulturvereine, Sportvereine, Feuerwehren, Parteien, sowie Wohlfahrtsverbände und Selbsthilfegruppen sein. 2.1. Definition von Non-Profit Organisationen Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der NPOs, erweist sich die Aufgabe, eine allgemein gültige Definition für Non-Profit Organisationen zu finden, als äußerst schwierig. Eine mögliche Definition bietet Purtschert: Als Non-Profit [...] Organisation bezeichnet man jene produktiven sozialen Systeme mit privater Trägerschaft, welche ergänzend zu Staat und marktgesteuerten erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen spezifische Zwecke der Bedarfsdeckung, Förderung und/oder Interessensvertretung /Beeinflussung (Sachzieldominanz) für ihre Mitglieder (Selbsthilfe) oder Dritte wahrnehmen. Als Vereine, Verbände, Selbstverwaltungskörperschaften, Genossenschaften oder Stiftungen werden sie von gewählten Ehrenamtlichen geleitet und können durch freiwillige Helfer in ihrer Arbeit unterstützt werden. 2 Obwohl diese Definition sehr breit gewählt wurde, werden dennoch nicht alle Formen der Non-Profit Organisationen von ihr berücksichtigt. NPOs, die Hauptamtliche als Führungsund Verwaltungspersonal anstellen, werden von dieser Definition zum Beispiel exkludiert. 2 Purtschert/Schwarz/Helmig/Schauer/Haid (2005): o.s.

Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Seite 4 2.2. Charakteristika von Non-Profit Organisationen Da eine allgemeine Definition von NPOs nur schwer möglich ist, kann anhand einiger Merkmale herausgefunden werden, ob es sich bei einer Organisation um eine Non-Profit Organisation handelt oder nicht. Hier werden die von Badelt definierten Charakteristika herangezogen: 3 Minimum an formaler Organisation: Es muss ein Mindestmaß an formalen Strukturen, wie Entscheidungskompetenzen oder Verantwortlichkeiten vorhanden sein. Dabei ist allerdings keine Einschränkung auf eine gewisse Rechtsform angesprochen. Es werden keine Gewinne an Eigentümer ausgeschüttet: Es kann zwar vorkommen, dass NPOs Gewinne erwirtschaften, jedoch ist es bedeutend, wie diese Gewinne verwendet werden. Sie sollten nämlich ausschließlich zur Missionserfüllung herangezogen werden. Minimum an Selbstbestimmung bzw. Entscheidungsautonomie: Wichtige Entscheidungen müssen innerhalb der NPO getroffen werden können. Minimum an Freiwilligkeit: Damit sind die freiwilligen Mitarbeiter einer solchen Organisation gemeint, welche ausführende als auch leitende Tätigkeiten übernehmen können. Außerdem sind NPOs noch von einer andern Form der Freiwilligkeit abhängig, nämlich meist freiwilligen Spenden von privaten Haushalten. NPOs sind private Organisationen, das heißt keine staatlichen. Sie können jedoch staatlich gefördert sein. 2.3. Einteilung von Non-Profit Organisationen Weiters wird in der Literatur versucht, die unzähligen Formen von NPOs, entsprechend ihrer Zielsetzung, in drei Gruppen einzuteilen: 4 Verwaltungsnahe NPOs: Sie stehen in einem nahen Verhältnis zum Staat bzw. zu den Kommunen. Diese übernehmen auch einen Großteil der Finanzierung. Es kommt vor, dass NPOs ihre Leistungen auf die Bedürfnisse dieser Geldgeber abstimmen. Jedoch kommt es nicht nur zu finanziellen Verknüpfungen, sondern durchaus auch zu personellen. Hierbei handelt es sich großteils um vom Staat, dem Land oder der 3 Badelt (2001), S.8f 4 Mayerhofer (2003), S.103

Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Seite 5 Gemeinde ausgegliederte Organisationen, die im öffentlichen Interesse arbeiten, bzw. Beratungsleistungen anbieten. Wirtschaftsnahe NPOs: Ein Beispiel für wirtschaftsnahe NPOs sind Genossenschaften, wo sich schwache Marktteilnehmer zusammenschließen um ihre eigene Marktposition zu stärken. Andererseits spricht man hier auch von den Organisationen, die ihre eigenen Aktivitäten durch die Bezahlung von Kunden finanzieren. Diese sind von gewinnorientierten Unternehmen fast nicht zu unterscheiden. Basisnahe NPOs: Zu dieser Gruppe der NPOs gehört zum einen das traditionelle Vereinswesen, als auch junge Organisationen, die aus idealistischen Gründen entstanden sind, wie zum Beispiel karitative Vereinigungen oder kulturelle und freizeitorientierte Vereine. 2.4. Ehrenamtliche Mitarbeit Eine Besonderheit von NPOs, in welcher sie sich von For-Profit Organisationen unterscheiden, ist die unterschiedliche Personalstruktur. Wie schon bei den Merkmalen der NPOs erwähnt, spielt Freiwilligenarbeit eine wichtige Rolle. Non-Profit Organisationen stehen demnach vor der schwierigen Aufgabe verschiedene Arten von Beschäftigten in ihrem Personalmanagement zu vereinen. Sie bedienen sich, je nach Art der NPO: 5 1. Bezahlter, hauptamtlicher Mitarbeiter 2. Ehrenamtlicher Mitarbeiter 3. Zivildiener (meist nur in sozialen Non-Profit Organisationen) Besonders bei der Mitarbeitermotivation ergeben sich dadurch starke Unterschiede. Ehrenamtliche Mitarbeiter sind meist bereits motiviert, weshalb es für die Non-Profit Organisation wichtig ist, diese intrinsische Motivation zu unterstützen. Für die bezahlten Mitarbeiter muss man jedoch ganz andere Motivationsmaßnahmen setzen. 5 Eckhardstein (2002), S. 310f

Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Seite 6 2.4.1. Definition ehrenamtlicher Tätigkeit Winkler bietet eine sehr enge Definition vom Ehrenamt: 6 Das Ehrenamt soll heißen: Eine innerhalb einer Organisation funktional ausdifferenzierte Position, im horizontalen (mit spezifischen Aufgaben verbundenen) und im vertikalen (auf verschiedenen Stufen der Delegation angesiedelt) Sinne, Das von Personen ausgeübt wird, die diese Tätigkeit neben oder nach ihrer Berufstätigkeit und unbesoldet ausüben (d.h. bei etwaigen Geldzahlungen nicht ihrem Lebensunterhalt dient), Die in diese Position durch eine jeweils gegebene Personengruppe gewählt werden bzw. von einer dieser Gruppe repräsentierenden Institution ernannt werden, Und deren Tätigkeit qua Zweck der Organisation qua Ziel der Organisation zur Erreichung dieser Zwecke auch im Bereich der Öffentlichkeit stattfindet oder auf sie bezogen ist oder zumindest öffentliche Funktionen erfüllt. Diese Definition der ehrenamtlichen Tätigkeit ist allerdings so eng, dass sie einen Großteil der ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht berücksichtigen würde. So sind viele Non-Profit Organisationen durch informale organisatorische Strukturen gekennzeichnet, die Personen, die sich in diesen Organisationen engagieren, gehen dennoch einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Ein gutes Beispiel dafür sind Selbsthilfegruppen. Weiters wäre es einschränkend nur jene Positionen, für die es einer Wahl bedarf, als ehrenamtliche Tätigkeiten zu bezeichnen. Ehrenamtliche Mitarbeiter wären demnach nur jene Personen, die Funktionen übernehmen, während alle anderen Freiwilligen nicht berücksichtigt würden. 7 Im weitesten Sinne handelt es sich bei ehrenamtlichen Mitarbeitern um Personen, die ohne monetäre Entschädigung (mit Ausnahme von Aufwandsentschädigungen) eine Tätigkeit im Rahmen einer Organisation ausführen. Dabei muss es sich nicht ausschließlich um eine Leistungserstellung für Dritte handeln, sondern kann sich auch um eine Deckung von Eigenbedarf handeln, sofern es um kollektive Eigenbedürfnisse geht, wie zum Beispiel beim Engagement in Selbsthilfegruppen. 8 6 Winkler (1988), S. 46 zitiert nach Wehling (1993), S. 8 7 Wehling (1993), S.8ff 8 Mayerhofer (2003), S.99

Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Seite 7 2.4.2. Bezeichnungen für Ehrenamtliche In der Literatur gibt es die verschiedensten Bezeichnungen für Personen, die unbezahlt Arbeit für eine Organisation leisten. Man liest die Begriffe ehrenamtlicher Helfer, Freiwillige, freiwillige Mitarbeiter/Helfer, freie/freitätige Mitarbeiter, sowie Laienhelfer. Ob der jeweils verwendete Begriff zutrifft, kommt auf die Organisation und die besetzte Stelle an. So passt die Bezeichnung Helfer, wenn man den Begriff im Sinne von hilfegewährend, also die Situation einer anderen Person verbessernd, interpretiert, sehr wohl im sozialen Bereich, während sie auf unbezahlte Arbeit in Wirtschaftsverbänden oder Parteien eher weniger zutrifft. 9 Oft wird in der Literatur in Verbindung mit ehrenamtlicher Arbeit auch von Laienarbeit gesprochen, was allerdings zu Missverständnissen führt, da dieser Begriff die Qualität der Arbeit beschreibt. 10 Früher war es oft so, dass weniger qualifizierte Freiwillige Hilfsarbeiten in Non-Profit Organisationen ausgeführt haben. Meist waren es Hausfrauen, die ihre freie Zeit nützlich verbringen wollten. Heutzutage hat sich die Mitarbeiterstruktur in NPOs jedoch drastisch verändert, wobei sicherlich mitspielt, dass Frauen nun genauso im Berufsleben stehen, wie Männer, und NPOs sich nun vollkommen auf Vollzeit-Arbeiter verlassen müssen. 11 Großteils handelt es sich bei Ehrenamtlichen um hoch qualifizierte Arbeitskräfte, die neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit ihr Wissen Non-Profit Organisationen zur Verfügung stellen wollen. 2.4.3. Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern Grundsätzlich kann man drei Arten des Einsatzes der ehrenamtlichen Mitarbeiter unterscheiden: 12 Ehrenamtliche werden zur Unterstützung von Hauptamtlichen Mitarbeitern eingesetzt Ehrenamtliche übernehmen die gleichen Tätigkeiten wie hauptamtliche Mitarbeiter Die Mitarbeiter der NPO sind zum großen Teil ehrenamtliche Mitarbeiter. Sie erbringen die Leistungen. Hauptamtliche Mitarbeiter werden dafür gebraucht, die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter zu koordinieren, und die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. 9 Wehling (1993), S. 14 10 Badelt (2002), S. 573 11 Geber (1991), S.21 12 Eckhardstein/Mayerhofer (2003), S.82f

Theoretische Grundlagen zu Non-Profit Organisationen Seite 8 Wie an den Einsatzfeldern der Ehrenamtlichen leicht zu erkennen ist, sind NPOs vom Engagement dieser Mitarbeiter abhängig. Diese freiwilligen Mitarbeiter opfern aus ihrer eigenen Initiative heraus einen großen Teil ihrer Freizeit auf. Da sie allerdings nicht existenziell von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit abhängig sind, ist es eine schwierige Aufgabe für NPOs ihre Mitarbeiter motiviert zu halten, da sie, wenn sie mit ihrer Arbeit unzufrieden sind, durch nichts an die Organisation gebunden sind und diese einfach verlassen können. Für Non-Profit Organisationen ist es demnach wichtig, die Motive ihrer Mitarbeiter zu kennen, und gezielt Maßnahmen zu setzen, um die Motivation der Mitarbeiter beizubehalten. Daher befasst sich das nächste Kapitel mit den Grundlagen der Motivationsforschung und versucht einen Überblick über die wichtigsten Motivationstheorien zu verschaffen. 3. Motivation und Motivationstheorien 3.1. Motivation Der Begriff Motivation lässt sich vom lateinischen movere ableiten, was so viel bedeutet, wie etwas in Bewegung setzen. Er wird im Alltag sehr häufig gebraucht, da er in so gut wie allen Lebenslagen eine große Rolle spielt sei es beim Erbringen von Überstunden, damit ein Projekt fertiggestellt wird, beim Üben mit einem Musikinstrument oder beim Betreiben von Sport. 13 Motivation erklärt die Richtung, Intensität und Ausdauer menschlichen Verhaltens. 14 Die Motivationsforschung befasst sich daher nicht nur mit der Frage, warum sich eine Person für eine bestimmte Handlungsalternative entscheidet, sondern auch damit, wie viel Energie sie einsetzt, um ihr Ziel zu erreichen, und wie hartnäckig sie dieses verfolgt. 15 Es ist daher nicht nur interessant, welche Motive ein Jugendlicher verfolgt, wenn er sich dafür entscheidet, seinen Nachmittag damit zu verbringen, auf seinem Instrument zu üben, anstatt mit Freunden Fußball zu spielen, sondern auch, wie viele Stunden er ins Üben investiert, und wie leicht er sich zum Beispiel durch Überredungsversuche seiner Freunde, davon abbringen lässt. Staehle bietet ein einfaches Motivationsmodell, dessen Bestandteile erst in den folgenden Kapiteln genauer erläutert werden, die hier allerdings, um das Konzept der Motivation 13 Weibler (2001), S. 204 14 Thomae (1965) zit. nach Nerdinger (2003), S.1f 15 Nerdinger (2003), S. 1f

Motivation und Motivationstheorien Seite 9 erklären zu können, kurz vorweggenommen werden. Abbildung 1 zeigt die vier Phasen, die während des Motivationsprozesses durchlaufen werden müssen. Anreize Bedürfnis (Mangelempfinden) Motiv (gerichtetes Mangelempfinden u. Bereitschaft zu dessen Beseitigung) Aktivierung Verhalten (Bedürfnisbefriedigung) Abbildung 1: Motivationsmodell nach Staehle 16 Durch das Vorhandensein von Bedürfnissen, Erwartungen oder Zielen tritt ein Zustand des inneren Ungleichgewichtes auf. Es wird versucht dieses aufzulösen, und daher dient es als person-interner Reiz, welcher den Menschen überhaupt erst in eine allgemeine Handlungsbereitschaft versetzt. 17 Diese Beweggründe für eine gewisse Handlung werden als Motive bezeichnet. Ob ein gewisses Motiv nun aktiviert wird, darüber entscheiden nicht nur die Bedürfnisse, sondern auch die situativen Faktoren. Diese können durch das Gestalten von Anreizen beeinflusst werden. Wird ein bestimmtes Motiv angeregt, und führt dies zu einem dem Handlungsziel entsprechenden Verhalten, so spricht man von Motivation. Motivation entsteht dadurch, dass ein Bedürfnis oder Motiv aktuell ist und die Person eine Möglichkeit sieht, dieses auch zu befriedigen. 18 Der Person muss demnach die Möglichkeit zum Handeln geboten werden, das heißt, es müssen bestimmte äußere Rahmenbedingungen gegeben sein. Dazu zählen auch die Fähigkeiten der handelnden Person. Ist sie zwar bereit eine Tätigkeit auszuführen, obwohl sie gleichzeitig weiß, dass sie das gesetzte Ziel nicht erreichen kann, so wird ihre Motivation sinken. Das bedeutet, dass das Verhalten einer Person immer auf zwei Determinanten zurückzuführen ist. Zum einen ist es abhängig von der Person und ihren Motiven, zum anderen von 16 Staehle (1999), S. 167 17 Staehle (1999), S. 166 18 Gmür/Thommen (2006), S. 87

Motivation und Motivationstheorien Seite 10 Stimuluskonfigurationen der Situation. 19 Die Motivation, eine gewisse Handlung auszuführen, entsteht daher aus der Interaktion dieser beiden Faktoren. Spezifische überdauernde Persönlichkeitsmerkmale die Motive werden durch die Wahrnehmung bestimmter Situationsbedingungen, die man als Anreize bezeichnet, aktiviert und damit zur Motivation. 20 Zurück zum Beispiel mit dem musizierenden Jugendlichen: Er könnte sich aus dem Wunsch heraus, beim nächsten Konzert ein fehlerfreies Solo darzubieten, für das Üben anstatt für das Fußballspielen entschieden haben. Dahinter könnte ein Wunsch nach Annerkennung der anderen Kapellenmitglieder stecken. Das Vorhandensein dieses Motivs bedeutet nun allerdings nicht automatisch, dass auch eine Handlung gesetzt wird. So könnte er sein Instrument in der Schule vergessen haben, oder sich auf Grund von Renovierungsarbeiten in der Nachbarswohnung nicht konzentrieren können. Die Situation ermöglicht ihm also nicht unbedingt, sein Ziel zu verfolgen. In den nächsten Kapiteln sollen nun die verschiedenen Variablen, die in dieses Konzept der Motivation einfließen, genauer beschrieben werden. Ziel ist es den Unterschied zwischen Bedürfnissen, Motiven und Anreizen herauszuarbeiten, und die verschiedenen Phasen dieses Motivationsmodells anhand von Motivationstheorien zu erklären. 3.2. Bedürfnisse Anreize In der ersten Phase dieses Motivationsmodells geht es um die Bedürfnisse einer Person. Bedürfnis Motiv Aktivierung Verhalten 3.2.1. Definition von Bedürfnissen Empfindet ein Mensch ein inneres Ungleichgewicht, also ein Mangelempfinden, so besteht der person-interne Reiz, dieses Ungleichgewicht zu beheben. Man spricht in diesem Fall von einem Bedürfnis. 21 Ein Großteil der Bedürfnisse, die das Verhalten der Menschen bestimmen, ist angeboren (Bedürfnis nach Schlaf, Nahrung,...), der andere Teil wird im Laufe der Sozialisation des Menschen erlernt. 22 19 Staehle (1999), S. 162 20 Rosenstiel (2003), S.388 21 Staehle (1999), S. 166 22 Comelli/Rosenstiel (2001), S. 17f

Motivation und Motivationstheorien Seite 11 3.2.2. Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow In seiner Theorie versucht Maslow die menschlichen Motive anhand der Bedürfnisse, die dahinter stehen, zu klassifizieren. Somit entwickelte er eine Bedürfnishierarchie aus fünf Ebenen, welche einer Rangordnung entsprechen. Erst wenn eine Ebene befriedigt ist, kann die nächst höhere aktiviert werden. Nur ein unbefriedigtes Bedürfnis beeinflusst das Handeln einer Person. 23 Die fünf Bedürfnishierarchien lauten: Selbstverwirklichungsbedürfnisse Bedürfnis nach Entfaltung der eigenen Persönlichkeit (self-actualization needs) Wertschätzungsbedürfnisse (Ich-Bedürfnisse) Auf der einen Seite Annerkennung durch andere Personen im Sinne von Bedürfnis nach Status, Aufmerksamkeit, Anerkennung (ego needs); auf der anderen Seite Wertschätzung im Sinne von Selbsteinschätzung, also Bedürfnis nach Selbstvertrauen, Selbständigkeit, Können und Wissen (self-esteem needs) Zugehörigkeitsbedürfnisse (Soziale Bedürfnisse) Bedürfnis nach gefühlsbetonten Kontakten mit anderen Personen (love needs), sowie nach einem akzeptierten Platz innerhalb einer Gruppe (social needs) Sicherheitsbedürfnisse Absicherung gegen Verlust des Arbeitsplatzes, Schutz vor Krankheit sowie generell Sicherung des Erreichten (saftey needs) Physiologische Bedürfnisse Bedürfnisse hinsichtlich der unmittelbaren Selbst- und Artenerhaltung, wie Hunger, Durst, Sexualität, Ruhe, Bewegung (physiological needs) Tabelle 1: Die Bedürfnishierachien von Maslow 24 23 Heckhausen (2006), S. 58f 24 Scholz (2000), S.878, adaptiert

Motivation und Motivationstheorien Seite 12 Maslow unterteilt diese Grundbedürfnisse in zwei Gruppen, nämlich die Defizit- und die Wachstumsbedürfnisse. 5. Selbstverwirklichung 4. Ich-Bedürfnisse Wachstumsbedürfnisse Defizitbedürfnisse 3. Soziale Bedürfnisse 2. Sicherheitsbedürfnisse 1. Physiologische Bedürfnisse Abbildung 2: Bedürfnispyramide von Maslow Defizitbedürfnisse können Mangelerscheinungen gleichgestellt werden. Werden sie nicht erfüllt, so kann sich das negativ auf die Gesundheit auswirken. Tritt in einer dieser Bedürfnisgruppen eine Störung auf, also ein Mangel, so wird durch eine bestimmte Handlung versucht dieses Ungleichgewicht zu beseitigen. Wachstumsbedürfnisse hingegen haben die Entfaltung des Menschen zum Gegenstand. Sie können erst dann wirksam werden, wenn die niedrigeren Bedürfnisebenen ausreichend befriedigt wurden. Für Unternehmen ist es wichtig, ihre Mitarbeiter immer nach den aktuell unbefriedigen Bedürfnissen zu behandeln. Kämpft ein Mitarbeiter mit dem finanziellen Überleben - befindet er sich demnach auf der untersten Ebene - wird Annerkennung kein starker Leistungsanreiz sein sondern man wird mit entgeltlichen Prämien höhere Motivation erzeugen. Hingegen wird ein Mitarbeiter, der bereits genug verdient, und nicht auf zusätzliche finanzielle Mittel angewiesen ist, womöglich eher durch Anerkennung oder sozialen Anschluss motiviert werden können. Ein wichtiger Unterschied der beiden Bedürfnissgruppen ist, dass die Motivation bei Defizitbedürfnissen mit zunehmender Befriedigung abnimmt, während Wachstumsbedürfnisse unbefriedigbar sind, und deren Motivationskraft immer mehr zunimmt.

Motivation und Motivationstheorien Seite 13 Obwohl es sich bei Maslow s Bedürfnispyramide um eine der weitverbreitetsten Motivationstheorien handelt, gibt es auch viele Kritiker dieser Theorie. So wird zum Beispiel kritisiert, dass Maslow zwar erklärt, was Menschen motiviert, aber in keinster Form darauf eingeht, wie diese Motivation erreicht werden kann. Er verabsäumt, Anreize, die auf die Motive wirken, zu beschreiben. Außerdem bezweifeln viele die allgemeine Gültigkeit der Rangfolge der Hierarchieebenen, von der Maslow überzeugt ist. Weder die Bedürfnisschichtung noch die Reihenfolge der Bedürfnisbefriedigung konnten in empirischen Untersuchungen bewiesen werden. 25 3.3. Motive Anreize Im zweiten Schritt des Motivationsprozesses stehen die Motive eines Menschen. Bedürfnis Motiv Aktivierung Verhalten 3.3.1. Definition von Motiven Aus dem Streben des Menschen, seine Bedürfnisse zu befriedigen, resultieren Verhaltensbereitschaften, die als Motive bezeichnet werden. 26 Menschen verfolgen mit ihrem Handeln unterschiedliche Ziele. Fasst man diese Handlungsziele in inhaltlich zusammenhängende Beweggründe des Handelns zusammen, so bekommt man die Motive für ein gewisses Verhalten. Solche Motive können sein: Leistung, Macht, sozialer Anschluss, Wunsch nach Anerkennung, etc. Da Motive relativ überdauernd sind, das heißt über Zeit und Situation hinweg stabil bleiben 27, kann man sie als Persönlichkeitsmerkmale bezeichnen. Für Organisationen, die das Handeln ihrer Mitglieder beeinflussen möchten, ist es daher sehr wichtig deren Motive zu kennen. Dies erweist sich als schwierig, da nur das Verhalten, nicht aber die Motive selbst, beobachtet werden können. Man kann allerdings versuchen, anhand der Beobachtung des Verhaltens eines Mitarbeiters auf dessen Motive zu schließen. Ein anderer Weg, die Motive der Mitarbeiter herauszufinden, bietet sich in der Durchführung eines Mitarbeitergespräches. 28 25 Scholz (2000), S. 881 26 Jung (1999), S. 359 27 Heckhausen (2006), S 270 28 Nerdinger (2003), S.4-6

Motivation und Motivationstheorien Seite 14 3.3.2. Einteilung der Motive 29 In der Organisationspsychologie werden Motive durch die folgenden Merkmale unterschieden, und somit in verschiedene Gruppen eingeteilt: Physische, psychische und soziale Motive Primäre und sekundäre Motive Intrinsische und extrinsische Motive 3.3.2.1. Physische, psychische und soziale Motive Zu den physischen Bedürfnissen gehören biologische Grundbedürfnisse, wie Hunger, Durst oder Schlaf. Physische Motive fassen demnach alle Ziele zusammen, diese Grundbedürfnisse zu decken. Psychische Motive beschreiben persönliche Ziele einer Person, wie zum Beispiel Selbstverwirklichung. Unter sozialen Motiven versteht man solche, die man sich von außen erwartet, wie zum Beispiel Anerkennung. 3.3.2.2. Primäre und sekundäre Motive Wie der Name schon sagt, sind primäre Motive jene, die ein Mensch in erster Linie, also auch genetisch vorgegeben, verfolgt. Wird eine Handlung zum Mittel als Zweck für ein bestimmtes anderes Ergebnis durchgeführt, so spricht man von sekundären Motiven. 3.3.2.3. Intrinsische und extrinsische Motive Ein Mitarbeiter, der allein durch das Ausführen der Handlung Zufriedenheit erlangt, ist intrinsisch motiviert. Während jemand, der indirekt, durch die Folgen seiner Handlung, Befriedigung erlangt, von extrinsischen Motiven geleitet wird. 30 Für den Arbeitsprozess sind beide Arten von Motiven von großer Bedeutung. Durch eine 1980 durchgeführte Fragebogenaktion konnten für den Arbeitsprozess die folgenden Motive bestimmt werden: 31 Das Leistungs-, das Kompetenz und das Geselligkeitsmotiv wurden als intrinsische Motive definiert, während das Geld-, das Sicherheits- und das Prestigemotiv zu den extrinsischen Motiven zählen. Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf Jungs Einteilung. 29 Jung (1999), S. 361 30 Foidl-Dreißler/Breme/Grobosch (2004), S. 329 31 Jung (1999), S. 363f

Motivation und Motivationstheorien Seite 15 Arbeitsmotive Intrinsische Motive Extrinsische Motive Leistungsmotiv Geldmotiv Kompetenzmotiv Sicherheitsmotiv Geselligkeitsmotiv (Kontaktmotiv) Prestigemotiv (Statusmotiv) Abbildung 3: Arbeitsmotive 32 Man spricht von einem leistungsmotivierten Menschen, wenn dessen Motivation durch die Erreichung selbstgesetzter Ziele steigt. Er erlangt Befriedigung daraus, aus eigenen Kräften Einfluss auf die Ergebnisse zu haben. Durch eine reizvolle Gestaltung der Arbeitsaufgabe kann seine Motivation gesteigert werden, während man mit materiellen Anreizen keine Leistungssteigerung erreichen wird. Das Kompetenzmotiv äußert sich im Wunsch nach beruflicher Entfaltung, Möglichkeit zur Kreativität und Eigeninitiative. Routinemäßige, sich wiederholende und stark eingeschränkte Tätigkeiten wirken sich negativ auf die Motivation einer kompetenzmotivierten Person aus. Das Geselligkeitsmotiv bezeichnet das Bedürfnis einer Person nach sozialem Anschluss. Wenn Geld zum bedeutendsten Arbeitsmotiv wird, so spricht man vom Geldmotiv. Geld kann materielle Wünsche befriedigen, repräsentiert allerdings auch emotionale Werte, wenn es als Maßstab zur Beurteilung der eigenen Leistung herangezogen wird. Das Geldmotiv wird allerdings nur solange motivierend wirken, bis die materiellen Bedürfnisse weitgehend befriedigt wurden. Vom Sicherheitsmotiv spricht man, wenn dem Handeln das Bedürfnis nach Schutz vor Gefahren oder Hindernissen zu Grunde liegt. Hier unterscheidet Jung zwischen bewussten und unbewussten Sicherheitsmotiven. Um Lebensgefahren zu meiden, schaltet sich das bewusste Sicherheitsmotiv ein, während das unbewusste die Entscheidungen eines Menschen ein Leben lang beeinflussen kann. 32 Jung (1999), S. 363

Motivation und Motivationstheorien Seite 16 Das Streben, sich von anderen Personen zu unterscheiden, wird von Jung als Prestigemotiv bezeichnet. Es entsteht durch Erwartungen des sozialen Umfeldes, sei es die Gesellschaft oder das Unternehmen, die man zu erfüllen versucht. Schafft man es, diese Erwartungen zu erfüllen, bringt es Ansehen, Anerkennung oder Ruhm. Auch für ehrenamtliche Arbeit wurden in der Literatur charakteristische Motive definiert. Diese werden im folgenden Kapitel erläutert. 3.3.3. Motive zur ehrenamtlichen Arbeit Wir wissen nun, dass ein Motiv vorhanden sein muss, damit sich eine Person für eine gewisse Tätigkeit entscheidet. Was hinter der Entscheidung zu einer ehrenamtlichen Position stehen kann, dafür nennt Badelt drei Motive: 33 1. Altruistische Komponente: Man arbeitet aus Nächstenliebe, da man die Lebenssituation einer anderen Person verbessern möchte. Nicht der eigene, sondern der Nutzen einer anderen Person soll sich steigern. Oft stehen dahinter ethische, religiöse, politische oder ähnliche Einstellungen. 2. Eigenwertkomponente: Durch die Übernahme der ehrenamtlichen Position steigt der Nutzen für den Ehrenamtlichen, beispielsweise durch persönliche Zufriedenheit, sinnvolle Freizeitgestaltung oder Erwerb von sozialem Status. 3. Tauschkomponente: Dabei geht es dem Ehrenamtlichen um die Gegenleistung, die er aus seiner Arbeit erfährt. Diese ist natürlich nicht monetärer Art, könnte aber zum Beispiel im Erwerb beruflicher Qualifikationen oder Entscheidungskompetenzen liegen. Clary und Snyder haben durch ihre empirische Analyse sechs Motive für freiwillige Arbeit identifiziert. Sie fassen diese in der folgenden Tabelle zusammen: 34 33 Badelt (2002), S.585ff 34 Clary/Snyder (1999), S. 157

Motivation und Motivationstheorien Seite 17 Function Conceptual definition Sample Volunteer Functions Inventory item Values The individual volunteers in order to express or act on important values like humanitarianism. I feel it is important to help others. Understanding The volunteer is seeking to learn more about the world or exercise skills that are often unused. Enhancement One can grow and develop psychologically through volunteer activities. Volunteering lets me learn through direct, hand-on experience. Volunteering makes me feel better about myself. Career The volunteer has the goal of gaining career-related experience through volunteering. Volunteering can help me to get my foot in the door at a place where I would like to work. Social Volunteering allows an individual to strengthen his of her social relationships. People I know share an interest in community service. Protective The individual uses volunteering to reduce negative feelings, such as guilt, or to address personal problems. Volunteering is a good escape from my own troubles. Tabelle 2: Motive für ehrenamtliche Arbeit nach Clary und Snyder Im Prinzip sind die sechs Motive, die Clary und Snyder ansprechen, eine genauere Differenzierung der drei Motive zur ehrenamtlichen Arbeit nach Badelt. So entspricht das Motiv values der altruistischen Komponente. Hier geht es darum, anderen helfen zu wollen. Die Eigenwertkomponente wird bei Clary und Snyder in vier Motive aufgespalten: understanding, enhancement, social und protective. Eine Person entscheidet sich demnach zur ehrenamtlichen Arbeit, da sie entweder selbst etwas dabei lernen kann, persönliche Zufriedenheit daraus erlangt, soziale Kontakte pflegen kann, oder aber um vor ihren eigenen Problemen zu fliehen. Das Motiv career kann mit der Tauschwertkomponente verglichen werden. Man übernimmt eine Funktion, um sich Qualifikationen für die Berufswelt anzueignen. Vergleicht man nun die Motive zur ehrenamtlichen Arbeit mit den in Kapitel 3.3.2. erklärten Merkmalen der Motive, so kann man erkennen, dass hinter ehrenamtlicher Arbeit vor allem psychische und soziale Motive stecken. Es geht bei ehrenamtlicher Arbeit nicht mehr darum irgendwelche Grundbedürfnisse zu decken, sondern nur mehr um die Erfüllung persönlicher Ziele, bzw. des Wunsches nach sozialem Kontakt oder Anerkennung.

Motivation und Motivationstheorien Seite 18 Man findet sowohl intrinsische als auch extrinsische Motive unter den Motiven zur ehrenamtlichen Arbeit. Natürlich spielt vor allem die intrinsische Komponente eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel beim Wunsch, anderen zu helfen, seine Freizeit sinnvoll zu gestalten oder bei der Erlangung persönlicher Zufriedenheit. All diese Motive werden allein durch die Ausführung der Tätigkeit erfüllt. Andererseits findet man hinter ehrenamtlicher Tätigkeit auch oft extrinsische Motive, wie den Wunsch nach Anerkennung oder sozialem Status. In diesem Fall sind es die Folgeerscheinungen der eigentlichen Tätigkeit, welche die Person motivierend findet. Motive alleine reichen jedoch noch nicht aus, um die Motivation eines Menschen zu einem gewissen Verhalten zu erklären. Es müssen auch gewisse Situationsvariablen berücksichtigt werden. Situationen wirken auf die menschlichen Motive ein, regen sie an und lösen dadurch Verhalten aus. 35 Das nächste Kapitel befasst sich mit der Frage, wie solche Stimuli der Situation, die als Anreize bezeichnet werden, gewisse Motive aktivieren, und somit Motivation erzeugen. 3.4. Aktivierung der Motive Anreize Voraussetzung für die Erreichung eines gewissen Verhaltens ist, dass ein vorhandenes Bedürfnis Motiv Aktivierung Verhalten Motiv durch einen Anreiz aktiviert wird. 3.4.1. Definition von Anreizen Anreize stellen das Bindeglied zwischen Motiven (im Sinne von Bedürfnissen) und Motivation dar. Sie sind verhaltensbeeinflussende Reize, die inner- oder außerhalb einer Person liegen. Wenn sie ihre Entsprechung in den Bedürfnissen eines Menschen finden, können sie die Person zu einem bestimmten Verhalten veranlassen. 36 Wie auch schon bei den Motiven, wird hier zwischen extrinsischen und intrinsischen Anreizen unterschieden. Man spricht von extrinsischen Anreizen, wenn jemand durch die erwarteten Folgen seiner Handlung (wie zum Beispiel monetäre Entlohnung) zu einem gewissen Verhalten veranlasst wird. Intrinsische Anreize beziehen sich auf die Tätigkeit selbst, und bedeuten, dass jemand die Arbeit um ihrer selbst Willen ausführt (also zum 35 Nerdinger (2003), S. 3 36 http://de.wikipedia.org/wiki/anreiz: 19.09.2006, 14:45

Motivation und Motivationstheorien Seite 19 Beispiel, weil die Arbeit besonders interessant oder herausfordernd ist). Hierbei spricht man von personen-internen Reizen, was allerdings nicht bedeutet, dass sie nicht auch von außen beeinflusst werden können. So können Vorgesetzte durch die Gestaltung der Arbeitsaufgaben sehr viele intrinsische Anreize setzen. Je nachdem welcher dieser Anreize einen Menschen zu einer gewissen Handlung verleitet, unterscheidet man zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. Die Kapitel 3.4.2 und 3.4.3 sollen diese zwei Konzepte genauer erläutern. In weiterer Folge wird auch auf die Frage eingegangen, ob es möglich ist, falsche Anreize zu setzen, die sich negativ auf die Motivation auswirken können. 3.4.2. Extrinsische Motivation Entscheidet man sich für eine Handlungsalternative, weil man Befriedigung aus den Begleitumständen der Arbeit erwartet, so spricht man von extrinsischer Motivation. Diese kann aber nicht nur auf Grund der erwarteten Belohnung sondern auch auf Grund von Angst vor Bestrafung entstehen. 37 Extrinsische Motivation könnte demnach durch Gehalt, Anerkennung sowie äußere Arbeitsbedingungen oder aber durch Vermeidung einer Strafe entstehen. 3.4.3. Intrinsische Motivation Man spricht von intrinsischer Motivation, wenn direkt aus der Aktivität oder deren Zielen Befriedigung erlangt wird, das heißt, wenn die Tätigkeit ein aktuelles Motiv abdeckt. 38 So wirkt Teamarbeit auf eine Person mit starkem Zugehörigkeitsmotiv, Routinearbeit auf jemanden mit aktuellem Sicherheitsbedürfnis, und Autonomie auf eine Person mit Selbstverwirklichungsbedürfnis intrinsisch motivierend. 39 Weitere intrinsische Motivation hervorrufende Arbeitsmerkmale wären Ganzheitlichkeit, Lernmöglichkeiten und Anforderungsvielfalt. Hackman und Oldham nennen die folgenden Bedingungen, die eine Arbeit erfüllen muss, um intrinsische Motivation bei Mitarbeitern hervorzurufen: 40 1. Die Tätigkeit muss als bedeutsam erlebt werden. 37 Gmür/Thommen (2006), S. 94 38 Gmür/Thommen (2006), S. 94 39 Klimecki/Gmür (2005), S. 279 40 Nerdinger (2003), S. 23

Motivation und Motivationstheorien Seite 20 2. Die Arbeitenden müssen sich für die Ergebnisse ihrer Tätigkeit verantwortlich fühlen. 3. Sie müssen die aktuellen Resultate ihrer Tätigkeit, besonders die Qualität der Ergebnisse, kennen. Weiters ist besonders wichtig, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit bekommen, sich untereinander auszutauschen, also soziale Kontakte pflegen können. Intrinsisch motivierte Mitarbeiter haben demnach Freude an der Arbeit, Halten Normen um ihrer selbst Willen ein, und Versuchen selbstgesetzte Ziele zu erreichen 41 Im Zusammenhang mit intrinsischer Motivation hört man oft vom Flow-Erleben (Csikszentmihalyi, 1975). Dabei spricht man von einem Zustand, in dem der Ausführende komplett in seiner Arbeit aufgeht. Die Arbeit geht, verbunden mit einem Hochgefühl, wie selbstverständlich von der Hand. 42 Abbildung 4: Flow-Modell nach Csikszentmihalyi (1975) 43 Nach Csikszentmihalyi entsteht optimales Flow dann, wenn eine subjektiv bedeutsame Tätigkeit als Herausforderung erlebt wird und die eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten der Herausforderung entsprechend erlebt werden. 44 41 Frey/Osterloh (2002), S. 24 42 Comelli/Rosenstiel (2001), S. 145f 43 http://de.wikipedia.org/wiki/flow_%28psychologie%29: 20.09.2006, 13:35 44 Kirchler/Rodler (2001), S. 13

Motivation und Motivationstheorien Seite 21 Nachdem man nun weiß, welche Arten von Anreizen es gibt, und zu welcher Art der Motivation sie beitragen, stellt sich natürlich auch die Frage, ob man zu viele Anreize setzen kann, bzw. falsche Anreize setzen kann. 3.4.4. Verdrängungseffekt Früher war man davon überzeugt, dass die beiden Arten der Motivation völlig unabhängig nebeneinander existieren. Mittlerweile konnte man jedoch empirisch gut nachweisen, dass zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation ein negativer Zusammenhang besteht. Durch extrinsische Belohnung kann die intrinsische Motivation einer Person verdrängt werden, daher spricht man auch vom Verdrängungseffekt. Man findet in der Literatur auch die Begriffe verborgene Kosten der Belohnung und Korrumpierungseffekt der extrinsischen Motivation. 45 In Unternehmen wird oft der Fehler gemacht, dass man davon ausgeht, dass Geld der einzige Anreiz ist, den ein Mitarbeiter anstrebt. Jedoch stößt dieser Motivator irgendwann an seine Grenzen, da Mitarbeiter auch intrinsische Belohnungen anstreben. Alles Geld der Welt wird Mitarbeiter nicht langfristig zu Höchstleistungen anspornen, wenn sie nicht aus der Tätigkeit selbst Befriedigung erlangen können. 46 Für eine seiner vielen Studien zu diesem Thema führte Deci ein Experiment mit Studenten durch und konnte nachweisen, dass die intrinsische Motivation durch externe Faktoren beeinflusst wurde. Die Studenten bekamen die Aufgabe innerhalb von zehn Minuten ein 3D-Puzzle zusammenzubauen. Schafften sie es nicht in der angegebenen Zeit, so wurden sie gestoppt und es wurde ihnen gezeigt, wie es richtig geht. Das wurde mit vier verschiedenen Puzzles wiederholt. Nach dem vierten Experiment wurden sie dann für kurze Zeit alleine gelassen, jedoch weiter beobachtet. Während die Studenten alleine waren, hatten sie die Möglichkeit Zeitungen zu lesen, oder aber an den Puzzles weiterzuarbeiten. Die intrinsische Motivation wurde dadurch gemessen, ob die Studenten freiwillig nach den Experimenten weiter versuchen würden, die Puzzles zu lösen, oder nicht. Manche Studenten wurden für jedes gelöste Puzzle bezahlt, andere nicht. Man konnte feststellen, dass jene Studenten, die nichts bezahlt bekamen, viel eher dazu bereit waren, sich 45 Frey/Osterloh (2002), S. 29 46 Deci (1973), S.29

Motivation und Motivationstheorien Seite 22 in der Pause weiter mit den Puzzles zu beschäftigen, als diejenigen, die bezahlt wurden. Diese lösten die eigentlich interessante Aufgabe nur dann, wenn sie Geld dafür bekamen. 47 Bei einem anderen Experiment konnte Deci feststellen, dass Bezahlung alleine noch nicht die intrinsische Motivation verdrängt. Wurden die Studenten nämlich nur für die Teilnahme am Experiment, nicht aber für ihre Leistung bezahlt, so konnte keine Veränderung bei der intrinsischen Motivation festgestellt werden. 48 Frey und Osterloh erklären den Verdrängungseffekt auf Grund von fünf Effekten: 49 1. Verminderte Selbstbestimmung: Belohnungen beinhalten zwei Aspekte: einen kontrollierenden und einen informierenden. Der kontrollierende Aspekt verstärkt die externe Kontrollüberzeugung, d.h. das Gefühl der Fremdsteuerung. Der informierende Aspekt beeinflusst die erlebte Kompetenz und verstärkt die internale Kontrollüberzeugung. 50 Sobald der kontrollierende Aspekt einer Belohnung überwiegt, der Handelnde also das Gefühl der Fremdbestimmung hat, wird die intrinsische Motivation verdrängt, da sich die betroffene Person zu fragen beginnt, ob sie die Aufgabe auch freiwillig gelöst hätte. Hat die Belohnung allerdings großteils informierende Wirkung, so kann die Motivation sogar erhöht werden. 2. Reziprozität: Wird eine aus intrinsischer Motivation gespeiste Interaktion extrinsisch belohnt, wird ein implizierter Vertrag verletzt, der auf gegenseitiger Wertschätzung des Engagements beruht. 51 Das bedeutet, dass es wichtig ist, die Beweggründe hinter einer Handlung zu würdigen. Würde man Freunde etwa für eine Einladung zum Essen bezahlen wollen, so würde man ihnen die Möglichkeit nehmen, ihre Freude über die Einladung zu zeigen. 3. Fairness: Ob Belohnungen als fair betrachtet werden, hängt von der Referenzgröße der jeweiligen Person ab. Fühlt sich die Person ungerecht behandelt, so wird ihre intrinsische Motivation sinken. 4. Reaktanz: Möchte man einer intrinsisch motivierten Person für eine freiwillig erbrachte Leistung eine Belohnung zahlen, so besteht die Gefahr sie damit unter Druck zu setzen und somit ihr Engagement einzuschränken. 47 Deci (1973), S. 29ff 48 Deci (1973), S. 30f 49 Frey/Osterloh (1997), S. 310ff 50 Frey/Osterloh (1997), S. 310 51 Frey/Osterloh (1997), S. 311

Motivation und Motivationstheorien Seite 23 5. Spillover-Effekt: Wenn man eine Person immer wieder für eine bestimmte Tätigkeit extrinsisch belohnt, kann sich das auch auf andere Lebensbereiche auswirken und der Betroffene wird bald keine freiwilligen Tätigkeiten mehr ausführen. Es ist beispielsweise oft zu beobachten, dass Kinder, denen immer wieder Belohnungen für Schulaufgaben gegeben wurden, öfters auch Belohnungen für die Mitarbeit im Haushalt fordern. Eine Motivationstheorie, welche der Phase der Aktivierung der Motive zugeordnet werden kann, ist die Zwei-Faktoren Theorie von Frederick Herzberg. Darin trifft er eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Arten von Anreizen und ihrer Auswirkung auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Er beschäftigt sich demnach mit der Frage, welche Arten von Anreizen man setzen muss um gewisse Motive zu aktivieren. 3.4.5. Die Zwei-Faktoren Theorie von Frederick Herzberg Der US-amerikanische Professor der Arbeitswissenschaften entwickelte als Resultat seiner vielen Studien über den Zusammenhang zwischen Bedürfnisbefriedigung am Arbeitsplatz und Arbeitszufriedenheit die Zwei-Faktoren-Theorie. Er stellte diese erstmals 1959 in seinem Buch The Motivation to Work vor. 52 Anders als Maslow unterteilt Herzberg die Grundbedürfnisse der Menschen in zwei Kategorien, nämlich die Hygienebedürfnisse und die Motivationsbedürfnisse. In seinen Studien erkannte er, dass die Nicht-Befriedigung von Hygienebedürfnissen zu Unzufriedenheit führte, deren Befriedigung allerdings nicht unbedingt zu Zufriedenheit. Die Erfüllung der Motivationsbedürfnisse hingegen führt zu Zufriedenheit, während ihr Fehlen nicht unbedingt zu Unzufriedenheit führt. 53 Die wichtigste Erkenntnis seiner Theorie war daher, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit der Mitarbeiter nicht von denselben Faktoren abhängen, was bedeutet, dass man, um Zufriedenheit zu erlangen, andere Anreize setzen muss, als um Unzufriedenheit zu vermeiden. Da Herzberg meinte, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit als zwei unabhängige Variablen zu betrachten sind, entwickelte er daraufhin ein zweidimensionales Zufriedenheitskonzept. 52 http://de.wikipedia.org/wiki/frederick_herzberg: 24.04.2006, 12:44 53 Jung (1999), S. 382