Nahverkehrsplan für den Landkreis Wittenberg

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Transkript:

Nahverkehrsplan für den Landkreis Wittenberg 2015 2020 in der Fassung des Beschlusses des Kreistages vom 08.07.2013 Beschluss-Nr. I/211-45/13 A U F T R A G G E B E R Landkreis Wittenberg Breitscheidstraße 3 06886 Lutherstadt Wittenberg D A T U M 08. Juli 2013 Verkehr Mobilität Logistik Leipziger Straße 120 01127 Dresden Tel. (03 51) 8 51 07 11 Fax (03 51) 8 48 90 60 E-Mail isup@isup.de www.isup.de

A Inhalt Abbildungsverzeichnis 4 Begriffsklärungen 6 A Anlass und Zielstellung 8 B Strukturelle Entwicklung und Potenziale 11 1. Lage und Einordnung des Landkreises 11 2. Bevölkerung 12 3. PKW-Verfügbarkeit 16 4. Schulen und Schülerzahlen 17 5. Beschäftigungsstruktur 19 6. Bedeutende Quell- und Zieleinrichtungen 21 C Analyse und Bewertung des ÖPNV 22 1. Liniennetz und Bedienung 22 1.1 Schienenpersonennahverkehr 22 1.2 Regionalbusverkehr 24 1.2.1 Linienbündel und Verkehrsunternehmen 24 1.2.2 Linien und Angebot 25 1.2.3 Entwicklung der Verkehrsleistung 25 1.2.4 Entwicklung der Nachfrage 26 1.3 Stadtverkehr 27 1.4 Flexible Bedienung 28 2. Verknüpfungen 29 2.1 Verknüpfungen im Landesnetz 29 2.2 Verknüpfungen SPNV/Landesbedeutsamer Busverkehr - Regionalbusverkehr 29 2.3 Verknüpfungen im Regionalbusverkehr 30 2.4 Intermodale Verknüpfungen 30 D Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV 31 2

A 1. Festsetzungen und Zielstellungen 32 1.1 Linienbündelung 32 1.2 Zielstellungen 33 1.3 Hierarchie des Verkehrsnetzes 35 2. Netz- und Bedienkonzept 36 2.1 Landesnetz 36 2.2 ÖSPV-Netz Landkreis Wittenberg 37 2.2.1 Verbindungsachsen 37 2.2.2 Lutherstadt Wittenberg 38 2.2.3 Flexible Verkehrsbedienung 38 3. Qualitätskriterien 40 3.1 Erschließungsqualität 40 3.2 Bedienungsqualität 40 3.2.1 Zeitliche Erschließung (Bedienungshäufigkeit ) 40 3.2.2 Pünktlichkeit 42 3.3 Verbindungsqualität 42 3.3.1 Anschluss 42 3.3.2 Erreichbarkeit 42 3.4 Tarife 43 3.5 Ausrüstungsqualität 43 3.5.1 Zugangsstellen 43 3.5.2 Fahrzeuge 44 3.5.4 Mobilitätszentrale und Vertrieb 45 3.5.5 Personal 45 3.5.6 Fahrgastinformation 45 3.6 Qualitäts- und Beschwerdemanagement 47 E Finanzierung des ÖSPV 48 F Anlagen 49 3

A Abbildungsverzeichnis Abbildung B-1: Übersichtskarte Landkreis WittenbergDie zentralörtliche Gliederung des Landkreises weist Mittel- und Grundzentren aus:... 11 Abbildung B-2: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Wittenberg von 2009 bis 2025... 12 Abbildung B-3: Prozentuale Veränderung ausgewählter Altersgruppen von 2009 bis 2025... 13 Abbildung B-4: Anteile der Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung von 2009 bis 2025... 14 Abbildung B-5: Entwicklung der Altersgruppen 0-20 Jahre von 2009 bis 2025... 14 Abbildung B-6: Entwicklung Bevölkerungsdichte Landkreis Wittenberg... 15 Abbildung B-7: Entwicklung des Pkw-Bestandes im Landkreis Wittenberg (Pkw je 1.000 Einwohner)... 16 Abbildung B-8: Schulstandorte im Landkreis Schuljahr 2012/13... 17 Abbildung B-9: Entwicklung der Schülerzahlen für die Schuljahre 2011/12 bis 2025/26...18 Abbildung B-10: Entwicklung der Bevölkerung, Zahl der Beschäftigten und Arbeitslosenquote (Stichtag: 30.06.)... 19 Abbildung B-11: Einpendler, Auspendler und Pendlersaldo jeweils über die Kreisgrenze von 2006 bis 2010... 20 Abbildung B-12: Gesamtbetrachtung Pendlerbeziehungen des Landkreises Wittenberg in 2010... 20 Abbildung C-1: Netz des Schienenpersonennahverkehrs im Landkreis Wittenberg (Stand Fahrplan 2013)...22 Abbildung C-2: Liniennetz und -bündelung im Landkreis Wittenberg 2012... 24 Abbildung C-3: Entwicklung des Fahrplanangebotes im Landkreis [Tsd. Fplkm]...25 Abbildung C-4: Entwicklung Nachfrage im ÖSPV (Beförderungsfälle/Jahr [Tsd.])...26 Abbildung C-5: Liniennetz des Stadtbusverkehrs Lutherstadt Wittenberg... 28 Abbildung D-1: SPNV-Netz und landesbedeutsamer Busverkehr (Linie 331)... 36 4

A Tabellenverzeichnis Tabelle C-1: SPNV-Angebot im Landkreis Wittenberg 2013... 23 Tabelle C-2: Angebot des Stadtbusverkehrs Lutherstadt Wittenberg... 27 Tabelle D-1: Gliederung des Liniennetzes... 35 Tabelle D-2: Mindestbedienung im Regionalbusverkehr... 41 Tabelle D-3: Mindestbedienung in der Lutherstadt Wittenberg... 41 Tabelle D-4: Anforderungen an Informationsmedien... 46 5

A Begriffsklärungen B+R BGBl. Bike und Ride Bundesgesetzblatt BGG Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz BBG) vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1468), zuletzt geändert durch Art. 12 G zur Änd. des SGB IV und and. G vom 19. 12. 2007 (BGBl. I S. 3024) GVBl. LSA Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt INSA KBS Informationssystem Nahverkehr Sachsen-Anhalt Kursbuchstrecke Kerngebiet Das Kerngebiet der Lutherstadt Wittenberg im Sinne dieser Konzeption umfasst folgende statistische Bezirke der Lutherstadt Wittenberg: MDSB MDV 1.01, 1.02, 1.03, 2.01, 2.02, 2.03, 2.04, 2.05, 2.06, 3.01, 3.03, 4.03, 4.05, 4.06, 5.01 Alle anderen statistischen Bezirke sind über Linienverbindungen oder flexible Angebote mit den Verbindungsachsen des ÖSPV im Landkreis Wittenberg am Hauptbahnhof zu verknüpfen. Mitteldeutsches S-Bahn-Netz Mitteldeutscher Verkehrsverbund Modal Split Anteilige Nutzung von Verkehrsmitteln NASA Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH NVP NWB ÖPNV ÖPNVG LSA ÖSPV P+R PBefG Pkw RB Nahverkehrsplan Neuer Wittenberger Busverkehr Öffentlicher Personennahverkehr (umfasst ÖSPV und SPNV) Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt (ÖPNVG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Juli 2012 (GVBl. LSA S. 307) Öffentlicher Straßenpersonennahverkehr Park und Ride Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1960), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änd. personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2598) Personenkraftwagen Regionalbahn 6

A RE SPNV Regionalexpress Schienenpersonennahverkehr Wohnplatz Unter Wohnplatz im Sinne dieser Konzeption ist ein räumlich geschlossener, dauerhaft bewohnter geographischer Ort, an dem Menschen in Gebäuden zum Zwecke des Wohnens und Arbeitens zusammenleben. Er ist mit einer zusammenhängenden Bebauung versehen. Als Wohnplatz ist auch ein Orts-, Stadt- oder Gemeindeteil zu verstehen, der ein begrenzter und kommunalpolitisch mit eigenem Namen versehener Teilraum einer selbständigen Gemeinde oder Stadt ist. 7

Anlass und Zielstellung A A Anlass und Zielstellung Der Landkreis Wittenberg ist nach 4 Absatz 1 ÖPNVG LSA Aufgabenträger für den ÖSPV und nach 7 Absatz 3 ÖPNVG LSA zuständig für die SPNV-Strecke KBS 218 (Heidebahn) in seinem Territorium. Das Land Sachsen-Anhalt ist Aufgabenträger für den SPNV. Der Aufgabenträger für den ÖSPV hat nach 6 ÖPNVG LSA einen Nahverkehrsplan aufzustellen, der insbesondere Aussagen zu folgenden Punkten enthält: verkehrspolitische Grundsätze und Ziele des Aufgabenträgers, siedlungsstrukturelle Entwicklung und der sich daraus ergebenden Potenziale für den öffentlichen Personennahverkehr, die Darstellung des bestehenden und geplanten Netzes des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich Linienbündel, geplante Maßnahmen zur weiteren Ausgestaltung des Angebotes des öffentlichen Personennahverkehrs unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen einzelner Kundengruppen, Investitions- und Finanzierungsplanung unter Berücksichtigung der Mittelzuweisungen nach 8 ÖPNVG LSA sowie Anforderungen an das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich möglicher flexibler Bedienformen als Grundlage für die Vergabe von Verkehrsleistungen und für die Erteilung von Genehmigungen nach den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes. Die Gebietskörperschaften Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Landkreis Wittenberg und Stadt Dessau-Roßlau haben sich zum Ziel gesetzt, ihren jeweiligen Nahverkehrsplan so zu entwickeln, dass langfristig eine verkehrliche sowie tarifliche Kooperation im Gesamtterritorium für den ÖPNV entsteht. Darüber hinaus erweist es sich als förderlich, dass unter anderem ein einheitlicher Kooperationstarif in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg sowie der Stadt Dessau-Roßlau entwickelt werden sollte. Geänderte Rahmenbedingungen machen es notwendig, den aktuellen Nahverkehrsplan für den Landkreis Wittenberg neu zu entwickeln und an die Anforderungen anzupassen. Die Notwendigkeit dieser Planung resultiert u. a. aus: Kreisgebietsreform (2007) Kommunalgebietsreform (2009/10) ÖPNV-Plan des Landes Sachsen-Anhalt 2010-2015/2025 8

Anlass und Zielstellung A Siedlungsstrukturelle und Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Wittenberg Notwendigkeit der Neuerteilung der Linienverkehrsgenehmigungen im Landkreis Wittenberg zum 01.01.2015 Schulentwicklungsplanung Notwendigkeit zur Gestaltung von Übergangstarifen zum MDSB-Netz (2. Ausbaustufe) Der ÖPNV Plan des Landes Sachsen-Anhalt ist dabei für die Erarbeitung des Nahverkehrsplanes als Grundlagenplan zu beachten. Der Landkreis Wittenberg als Aufgabenträger für den ÖSPV lässt sich bei der Gestaltung des NVP von folgenden Grundsätzen leiten: Daseinsvorsorge: Jedem Bürger soll unabhängig von der Pkw-Verfügbarkeit ein Mindestangebot an Mobilitätsmöglichkeiten mit dem ÖSPV unter kooperativer Betrachtung des SPNV zur Verfügung stehen. Schrittweise ist die Barrierefreiheit, jeweils unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten, zu verwirklichen. Ausbildungsverkehr: Auszubildende im Sinne von 9 Absatz 6 ÖPNVG LSA sollen ihre Ausbildungsstätten günstig und sicher erreichen können. Freie Verkehrsmittelwahl: Für immer mehr Fahrtenanlässe soll eine brauchbare Alternative zum privaten Pkw verfügbar sein. Die Angebote des Straßenpersonennahverkehrs sind deshalb untereinander sowie mit dem Eisenbahnverkehr und dem Individualverkehr als Zubringer optimal zu verknüpfen und entsprechende Verkehrskooperationen sind zu realisieren. Das Angebot und seine Qualität sind ständig zu verbessern. Es ist offensiv darüber zu informieren. Erfolgsorientierung: Grundsatz ist eine wirtschaftliche Gestaltung des ÖSPV unter kooperativer Betrachtung des SPNV. Nutzer der bisherigen Angebote sollen weiterhin als Fahrgäste gehalten werden und neue Angebote sind auf Erfolg versprechende Kundenpotenziale auszurichten. Umweltschutz und Ressourcenschonung: Eine effektive Verkehrsdurchführung und die Vermeidung von Pkw-Fahrten sparen Ressourcen und vermindern die Belastung durch Lärm, Unfälle, Abgase und hohen Flächenbedarf insbesondere in den verdichteten Räumen. Die Umsetzung dieser Grundsätze wird durch die in diesem Nahverkehrsplan benannten Ziele gewährleistet. Die Aussagen des vorliegenden Nahverkehrsplanes beziehen sich auf den Zeitraum 2015 bis 2020. Wichtige rechtliche Rahmenbedingungen für die Nahverkehrsplanung im Landkreis Wittenberg zum Zeitpunkt der Erarbeitung sind: Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. August 2009 (GVBl. LSA S. 435), zuletzt geändert durch 20 Absatz 2 des Gesetzes vom 20. Januar 2011 (GVBl. LSA S. 14) 9

Anlass und Zielstellung A Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1960), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änd. personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2598) Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt (ÖPNVG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Juli 2012 (GVBl. LSA S. 307) Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Wittenberg (Schülerbeförderungssatzung) vom 17. Dezember 2009 (veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Wittenberg vom 19. Dezember 2009 S.25), geändert durch die 1. Änderungssatzung vom 19. Januar 2012 (veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Wittenberg vom 21. Januar 2012 S.2) Satzung über die anteilige Mitfinanzierung von Defiziten der Verkehrsunternehmen für die Erstellung von eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistungen des öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs auf dem Territorium des Landkreises Wittenberg (ÖSPV-Finanzierungssatzung) Satzung zum Ausgleich ermäßigter Ausbildungstarife im Ausbildungsverkehr in dem Landkreis Wittenberg Ausgleichssatzung (AusglS) vom 19. Januar 2012 (veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Wittenberg vom 21. Januar 2012 S.3) Verordnung (EG) Nr. 1370/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, insbesondere Anhang 1 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz BBG) vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1468), zuletzt geändert durch Art. 12 G zur Änd. des SGB IV und and. G vom 19. 12. 2007 (BGBl. I S. 3024) Landesplanungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. April 1998 (GVBl. LSA 1998, 225) in der jeweils gültigen Fassung Erstes Funktionalreformgesetz (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 22.12.2004 (GVBl. LSA 2004, 852) Verordnung über den Landesentwicklungsplan 2010 des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 160) Landesentwicklungsplan 2010 des Landes Sachsen-Anhalt Plan des öffentlichen Personennahverkehrs des Landes Sachsen-Anhalt 2010 2015/2025 beschlossen durch die Landesregierung am 8. Februar 2011 10

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B B Strukturelle Entwicklung und Potenziale 1. Lage und Einordnung des Landkreises Der im Osten Sachsen-Anhaltes gelegene Landkreis Wittenberg erstreckt sich auf einer Fläche von knapp 1.930 km 2. Im Norden grenzt er an den brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark. Im Osten wird der Landkreis Wittenberg durch die Kreise Teltow-Fläming und Elbe-Elster des Landes Brandenburg begrenzt. Südlich befindet sich der sächsische Landkreis Nordsachsen. Westlich gelegen sind der Landkreis Anhalt-Bitterfeld und die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau. Der Landkreis Wittenberg besteht aus den Territorien der Städte Annaburg, Bad Schmiedeberg, Coswig (Anhalt), Gräfenhainichen, Jessen (Elster), Kemberg, Lutherstadt Wittenberg, Oranienbaum-Wörlitz und Zahna-Elster (vgl. Abbildung B-1). Im gesamten Landkreis leben aktuell 134.240 Einwohner 1. Abbildung B-1: Übersichtskarte Landkreis Wittenberg 1 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (Stand 31.10.2012) 11

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B Die zentralörtliche Gliederung des Landkreises weist Mittel- und Grundzentren aus: Die Kreisstadt Lutherstadt Wittenberg ist mit ca. 50.000 Einwohnern 2 die größte Gemeinde im Landkreis und besitzt die Funktion eines Mittelzentrums. Die Städte Gräfenhainichen und Jessen übernehmen jeweils die Versorgungsfunktion eines Grundzentrums mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums. 2. Bevölkerung In den letzten Jahrzehnten ist die Bevölkerung im Landkreis, wie in ganz Sachsen- Anhalt, stetig gesunken. Auch die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes aus dem Jahr 2010 geht davon aus, dass sich der negative Trend fortsetzen wird 3. Während im Jahr 2009 noch fast 140.000 Einwohner im Landkreis lebten, wird die Bevölkerung bis zum Jahr 2025 um 22 % auf 107.976 Einwohner zurückgehen (vgl. Abbildung B-2). Abbildung B-2: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Wittenberg von 2009 bis 2025 Besonders gravierend ist die Bevölkerungsabnahme in den Gruppen der 0- bis 5-, 19- bis 24- und 25- bis 44-jährigen (vgl. Abbildung B-3). Bis zum Jahr 2025 wird die Zahl der 0- bis 5-jährigen Kinder um 2.842 auf 48,8 % zurückgehen, da die Zahl der Neugeborenen stark abnimmt. Die Gruppe der 19- bis 24-jährigen wird sich bis zum Jahr 2016 um 75% auf 2.568 Personen reduzieren. Jungen Erwachsenen fehlt nach der Ausbildung bzw. dem Abitur die berufliche Perspektive, so dass sie den Landkreis Wittenberg verlassen. Die Nahverkehrsunternehmen werden diese Entwicklung im Schüler- und Ausbil- 2 Quelle: http://www.landkreis-wittenberg.de/staticsite/staticsite.php?menuid=2&topmenu=2&keepmenu=inactive (Stand: 10.05.2012) 3 Quelle: 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt (Stand: 2010) 12

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B dungsverkehr spüren. Bis zum Jahr 2025 wird sich diese Gruppe wieder leicht erholen und bei rund 4.200 Personen (43 % des Jahres 2009) einpendeln. Abbildung B-3: Prozentuale Veränderung ausgewählter Altersgruppen von 2009 bis 2025 Neben der Abnahme der Einwohnerzahlen wird die Verschiebung innerhalb der Altersgruppen die Potentiale für den ÖPNV im Landkreis Wittenberg erheblich beeinflussen (vgl. Abbildung B-4). Der Anteil der unter 21-jährigen wird bis 2025 weiter abnehmen. Auch der Anteil der Erwerbstätigen reduziert sich langfristig von knapp 59,7 % im Jahr 2010 auf 50,9 % im Jahr 2025. Lediglich der Anteil der über 65- Jährigen wird im gleichen Zeitraum von 25,2 % auf 34,9 % deutlich zunehmen. 13

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B Abbildung B-4: Anteile der Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung von 2009 bis 2025 Die Berechnungen zur Entwicklung der jungen Altersgruppen im Landkreis Wittenberg zeigen, dass sich die Zahl der 0- bis 5-jährigen von 2009 bis 2025 mehr als halbieren und bei 2.714 Kindern einpendeln wird (vgl. Abbildung B-5). Abbildung B-5: Entwicklung der Altersgruppen 0-20 Jahre von 2009 bis 2025 14

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B Die Altersgruppe der 6- bis 10-jährigen, die die Schülerzahlen im Grundschulbereich repräsentieren, geht um rund ein Viertel auf 3.561 Kinder bis 2025 zurück. Ein ähnlich hoher Rückgang ist für die 16- bis 20-jährigen zu verzeichnen, die repräsentativ für Schüler höherer Bildungsstufen sind. Allein die Gruppe der 11- bis 15-jährigen bleibt stabil und legt bis 2025 sogar um 3 % auf 4.475 Kinder zu. Betrachtet man die Kinder und Jugendlichen von 6 bis 20 Jahren, die für den Schüler- und Ausbildungsverkehr im öffentlichen Personennahverkehr von Bedeutung sind, so ist für diese bis zum Jahr 2025 ein Rückgang auf 82,5 % bzw. 12.632 Personen zu verzeichnen. Die höchste Bevölkerungsdichte im Landkreis Wittenberg konzentriert sich auf Teile der Lutherstadt Wittenberg. 36 % der Landkreis-Bevölkerung leben in der Lutherstadt Wittenberg Abbildung B-6: Entwicklung Bevölkerungsdichte Landkreis Wittenberg 15

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B 3. PKW-Verfügbarkeit Die Anzahl der PKW je 1.000 Einwohner ist im Landkreis Wittenberg seit 2005 kontinuierlich gestiegen und liegt seit 2011 bei ca. 550 Pkw auf 1.000 Einwohner (Vgl. Abbildung B-7). Der sprunghafte Anstieg des Motorisierungsgrades im Jahr 2007 ist durch die Kreisgebietsreform begründet, in deren Folge dem Landkreis Wittenberg die Verwaltungsgemeinschaft Coswig (Anhalt) und die Verwaltungsgemeinschaft Wörlitzer Winkel des bisherigen Landkreises Anhalt-Zerbst zugeordnet wurden. Eine weitere Zunahme ist auch künftig wahrscheinlich und könnte sich negativ auf die Nachfrage im ÖPNV auswirken. Abbildung B-7: Entwicklung des Pkw-Bestandes im Landkreis Wittenberg (Pkw je 1.000 Einwohner) 16

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B 4. Schulen und Schülerzahlen Das Schulangebot im Landkreis Wittenberg umfasst allgemeinbildende und berufsbildende Schulen. Die Schulstruktur für das Schuljahr 2012/13 stellt sich folgendermaßen dar: 35 Grundschulen (davon 2 in freier Trägerschaft) 10 Sekundarschulen 4 Gymnasien 2 Gesamtschulen (in freier Trägerschaft) 7 Förderschulen 1 Berufsbildende Schule Die folgende Abbildung veranschaulicht die Standorte der Schulen im Landkreis Wittenberg: Abbildung B-8: Schulstandorte im Landkreis Schuljahr 2012/13 17

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B Im Basis-Schuljahr 2011/12 besuchen 9.210 Schüler eine Schule im Landkreis Wittenberg. Wie in Abbildung B-9 veranschaulicht, werden die Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2014/15 steigen und da voraussichtlich ihren Höhepunkt bei 9.420 Schülern erreichen. Dieser Anstieg ist im Wesentlichen bedingt durch die steigende Zahl der Gymnasiasten, die sich in diesem Zeitraum von 2.617 auf 2.965 erhöht (+ 13,3 %). In den folgenden Schuljahren und damit prägend für diesen Nahverkehrsplan werden die Auswirkungen des Bevölkerungs- bzw. Geburtenrückgangs insbesondere an den Grundschulen sichtbar: im Jahr 2025/26 werden noch 2.602 Schüler eine Grundschule besuchen, was einem Rückgang um 30,1 % im Vergleich zum Jahr 2011/12 entspricht. Der Schülerverlust fällt bei den Sekundarschulen mit -19,1 % etwas geringer aus. Abbildung B-9: Entwicklung der Schülerzahlen für die Schuljahre 2011/12 bis 2025/26 4 Diese Tendenzen könnten im zu betrachtenden Zeitraum zu Schulstandortveränderungen führen und gleichzeitig die spezifischen Verkehrserlöse für Auszubildende negativ beeinflussen. Im Ergebnis können mehr zu leistende Fahrplankilometer mit weniger zu befördernden Auszubildenden korrespondieren. 4 Quelle: Schulverwaltungsamt Landkreis Wittenberg, März 2013 18

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B 5. Beschäftigungsstruktur Trotz Bevölkerungsrückgangs im Landkreis Wittenberg (vgl. Kap. 2) ist die Zahl der Beschäftigten in den letzten Jahren leicht gestiegen bzw. annähernd konstant geblieben (vgl. Abbildung B-10). Die Zahl der Arbeitssuchenden und damit die Arbeitslosenquote reduzierten sich von 15,1 % im Jahr 2007 auf 11,0 % im Jahr 2011. Abbildung B-10: Entwicklung der Bevölkerung 5, Zahl der Beschäftigten und Arbeitslosenquote (Stichtag: 30.06.) 6 Auch bei den Pendlerzahlen ist, wie Abbildung B-11 zeigt, eine positive Entwicklung zu erkennen. Zwar ist die Zahl der Auspendler im betrachteten Zeitraum fast dreimal so groß wie die der Einpendler. Das Pendlersaldo nimmt allerdings seit 2006 leicht ab, was ein positives Zeichen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landkreises darstellt. 5 Altersgruppe 21-64 Jahre 6 Quelle: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon, (23.05.2012), Stichtag 30.06. 19

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B Abbildung B-11: Einpendler, Auspendler und Pendlersaldo jeweils über die Kreisgrenze von 2006 bis 2010 Die unter Beachtung des SPNV und des MIV ein- und ausströmenden Pendlerverkehre in die benachbarten Landkreise setzen sich wie folgt zusammen: Abbildung B-12: Gesamtbetrachtung Pendlerbeziehungen des Landkreises Wittenberg in 2010 7 7 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2012 20

Strukturelle Entwicklung und Potenziale B 6. Bedeutende Quell- und Zieleinrichtungen Im Landkreis Wittenberg existieren diverse gewerbliche und soziale Verkehrserzeuger. Industrie- und Gewerbegebiete Die 16 im Landkreis ausgewiesenen Industrie- und Gewerbegebiete besitzen vielfältige und entwicklungsfähige Markt-, Zuliefer- und Absatzpotenziale und dadurch zahlreiche Verflechtungsbeziehungen in der Region. Die wirtschaftliche Struktur des Landkreises ist durch die Branchen chemische Industrie, Maschinenbau, Verpackungsmittelindustrie und die Nahrungs- und Genussmittelproduktion geprägt. Etwa 50 % der Fläche des Kreises werden landwirtschaftlich genutzt. Die Industriestandorte und damit Arbeitsstätten mit hohen Mitarbeiterzahlen konzentrieren sich dabei auf die Siedlungsschwerpunkte des Landkreises. Freizeiteinrichtungen Die Nutzung von Freizeiteinrichtungen spielt im Landkreis als Wirtschaftsfaktor ebenfalls eine große Rolle. Vor allem die Wittenberger Luthergedenkstätten und die Dessau-Wörlitzer Gartenreich-Anlagen sind hier von Bedeutung. Die Wörlitzer Parkanlagen sind Bestandteil des Netzwerkes Gartenträume. Sie wurden 1996 bzw. 2000 als UNESCO- Weltkulturerbe anerkannt. Die ausgedehnten Wald- und Heidegebiete (Fläming, Dübener Heide) und das Biosphärenreservat Mittelelbe sind ebenfalls von Bedeutung. Die Elbe mit ihrer weitgehend naturbelassenen Flusslandschaft ist einer der Schwerpunkte für Freizeitaktivitäten im Landkreis Wittenberg, vor allem für den Fahrradverkehr. Seit 1997 sind die Elbauen zwischen Lutherstadt Wittenberg und Dessau-Roßlau als UNESCO- Biosphärenreservat Mittelelbe ausgewiesen. Ferropolis - Die Stadt aus Eisen - ist seit 2005 Teil der Europäischen Route der Industriekultur und überregional als Veranstaltungsort bekannt und ist dadurch auch ein entsprechender Verkehrserzeuger. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen Andere verkehrserzeugende Einrichtungen im Landkreis Wittenberg sind u. a. die Paul-Gerhardt-Diakonie und die Klinik Bosse in Wittenberg, die Herzklinik Coswig sowie Kliniken und Kureinrichtungen in Bad Schmiedeberg. 21

Analyse und Bewertung des ÖPNV C C Analyse und Bewertung des ÖPNV 1. Liniennetz und Bedienung Der Landkreis Wittenberg ist an überregionale Eisenbahnstrecken angebunden und wird im Regionalverkehr mit Leistungen des SPNV und ÖSPV bedient. Die Kreisstadt Wittenberg verfügt zudem über einen Stadtbusverkehr. Eine detaillierte Darstellung erfolgt in den folgenden Abschnitten. 1.1 Schienenpersonennahverkehr Abbildung C-1: Netz des Schienenpersonennahverkehrs im Landkreis Wittenberg (Stand Fahrplan 2013) 22

Analyse und Bewertung des ÖPNV C Das in Abbildung C-1 dargestellte Netz des Schienenpersonennahverkehrs im Landkreis Wittenberg wird zum Fahrplan 2013 wie in Tabelle C-1 dargestellt mit SPNV- Leistungen bedient. Diese Leistungen entsprechen bis auf die der KBS 218 (Heidebahn) den Festlegungen des Aufgabenträgers SPNV. Die KBS 218 wird aktuell ohne direkte Bestellung jedoch mit finanzieller Unterstützung des Landes auf Veranlassung des Landkreises Wittenberg betrieben. In einem Probezeitraum bis 13.12.2014 wird eine integrierte Bus/Bahn-Bedienung mit Verlagerung des Ausbildungsverkehrs auf die Bahn erprobt. Über die Möglichkeit der Fortführung dieses Projektes wird bis zum 28.04.2014 entschieden. Diese Verbindung ist nicht Bestandteil des ÖPNV-Landesnetzes. KBS Produkt Relation Fahrzeugfolgezeit (Minuten) Mo-Fr Sa/SF 205 RE 5 Lutherstadt Wittenberg - Zörnigall - Bülzig - Zahna - Klebitz (- Jüterbog - Berlin Rostock) 120 120 205 RE 5 (Stralsund - Berlin - Jüterbog -) Linda/Elster Holzdorf/Elster (- Herzberg Falkenberg) 120 120 207 RE 7 (Wünsdorf-Waldstadt - Berlin - Bad Belzig) - Jeber- Bergfrieden (- Dessau) 60 120 216 RE 15 (Magdeburg Dessau -) Klieken - Coswig - Griebo - Lutherstadt Wittenberg (mehrere Halte) Einzelne Fahrten - 216 RB 51 (Halle/Leipzig - Dessau -) Klieken - Coswig - Griebo - Lutherstadt Wittenberg (mehrere Halte) - Elster - Jessen - Annaburg (- Falkenberg) 60 (120 + V ab Lu. Wittenberg) 60 (120 ab Lu. Wittenberg) 250 RB 57* Lutherstadt Wittenberg Pratau - Bergwitz - Radis - Gräfenhainichen (- Bitterfeld Leipzig) 120 * + V 120 250 RB 80* Lutherstadt Wittenberg Pratau - Bergwitz - Radis - Gräfenhainichen (- Bitterfeld Halle) 120 * + V 120 218 Heidebahn Lutherstadt Wittenberg - Bad Schmiedeberg 5 Fahrtenpaare 3 Fahrtenpaare * Die Linien RB 57 und RB 80 überlagern sich zwischen Lutherstadt Wittenberg und Bitterfeld zu einem Stundentakt. Montags - freitags ergibt sich durch zusätzliche Leistungen zum Teil ein 30-Minuten-Takt. Tabelle C-1: SPNV-Angebot im Landkreis Wittenberg 2013 23

Analyse und Bewertung des ÖPNV C 1.2 Regionalbusverkehr 1.2.1 Linienbündel und Verkehrsunternehmen Der ÖSPV im Landkreis wird aktuell in 5 Linienbündeln durch folgende Verkehrsunternehmen durchgeführt: Nahverkehrskooperation Neuer Wittenberger Busverkehr (4 Genehmigungsinhaber, 10 Subunternehmen) in den Linienbündeln 1-3 mit 18 Regionalbuslinien und 5 Stadtbuslinien Otto Müller Omnibusbetrieb GmbH & Co KG im Linienbündel 4 mit 5 Regionalbuslinien Vetter GmbH im Linienbündel 5 mit 4 Regionalbuslinien Abbildung C-2 zeigt die aktuelle Linienbündelung sowie das Liniennetz im Landkreis 8. Abbildung C-2: Liniennetz und -bündelung im Landkreis Wittenberg 2012 8 Quelle: Otto Müller Omnibus & Co KG 24

Analyse und Bewertung des ÖPNV C 1.2.2 Linien und Angebot Die Regionalbuslinien erschließen alle Gemeinden im Landkreis Wittenberg und sind in ihrer Linienführung auf die Kreisstadt Lutherstadt Wittenberg ausgerichtet. Der Regionalbus übernimmt neben der Erschließung der Fläche im Landkreis eine Verbindungsfunktion zwischen den zentralen Orten des Landkreises und zum Oberzentrum Dessau-Roßlau. Die aus dem Landkreis ausbrechende Linie 331 (Gräfenhainichen - Dessau) der Vetter GmbH ist als landesbedeutsame Linie eingestuft und wird durch die NASA GmbH gefördert. Weitere landkreisüberschreitende ÖSPV-Angebote werden durch die SaxBus Eilenburger Busverkehr GmbH (Linie 236 Bad Düben - Pressel - Kossa Bad Düben, Linie 238 Bad Düben Söllichau - Bad Schmiedeberg) und das Verkehrsunternehmen Regionalverkehr Bitterfeld-Wolfen (RVB) (Linie 440 Bitterfeld - Gräfenhainichen) sowie durch die VerkehrsManagement Elbe-Elster GmbH (Linie 542 Herzberg Holzdorf) und durch die Omnibus-Verkehrsgesellschaft mbh "Heideland" (Linie 751 Torgau Prettin) erbracht. Die Linienwege im Regionalbusverkehr sind erheblich verzweigt. Fahrten und Fahrtlänge innerhalb einer Linie werden durch den in den Linienverkehr integrierten Ausbildungsverkehr geprägt. 1.2.3 Entwicklung der Verkehrsleistung Abbildung C-3: Entwicklung des Fahrplanangebotes im Landkreis [Tsd. Fplkm] 9 Die obige Grafik zeigt, dass die Fahrplankilometer von 2009 bis 2012 durchschnittlich bei ca. 4,4 Mio. Fahrplankilometer pro Jahr lagen. Der Anteil der Fahrplankilometer im Bereich der flexiblen Bedienform wurde auf einen Anteil von etwa 35% 9 Der Wert für 2012 stellt ein vorläufiges Ergebnis dar. 25

Analyse und Bewertung des ÖPNV C gesteigert. (Der Anteil der Fahrplankilometer im Bereich der flexiblen Bedienformen betrug im Vergleich dazu im Jahr 2008 ca. 20%.) 1.2.4 Entwicklung der Nachfrage Die Nachfrage im ÖSPV im Landkreis Wittenberg hat sich wie folgt entwickelt: Abbildung C-4: Entwicklung Nachfrage im ÖSPV (Beförderungsfälle/Jahr [Tsd.]) Der kontinuierliche Anstieg der Nachfrage wurde vor allem durch den Einsatz flexibler Bedienung erreicht. Damit ist das Angebot von flexiblen Bedienformen im Landkreis Wittenberg für die Sicherung des Modal Split für den ÖPNV und damit der Umweltqualität im Verkehrsbereich auch weiterhin dringend erforderlich. 26

Analyse und Bewertung des ÖPNV C 1.3 Stadtverkehr In der Lutherstadt Wittenberg wird der Stadtverkehr als Linienbündel 3 durch die Vetter GmbH als Betriebsführerin der Nahverkehrskooperation Neuer Wittenberger Busverkehr betrieben. Eine Übersicht zum Angebot auf der Basis des geltenden Fahrplanes (Stand 2012) zeigt die folgende Tabelle: Linie Einsatzzeit MF Fahrten pro Tag und Richtung von bis MF Sa SF 300 04:20 21:43 51 20 10 301 06:44 19:22 19-23 9 5 302 04:50 17:18 20-22 2 2 303 04:00 23:00 Anrufbus Anrufbus Anrufbus 304 07:00 14:31 4 2 2 Tabelle C-2: Angebot des Stadtbusverkehrs Lutherstadt Wittenberg 27

Analyse und Bewertung des ÖPNV C Die folgende Abbildung C-5 zeigt das Liniennetz im Stadtbusverkehr der Lutherstadt Wittenberg. Abbildung C-5: Liniennetz des Stadtbusverkehrs Lutherstadt Wittenberg 1.4 Flexible Bedienung Im gesamten Landkreis Wittenberg wird zusätzlich zu den festen Linienfahrten eine flexible Bedienung auf dem Liniennetz angeboten. In den Linienbündeln 1 bis 3 und 5 wird dieser durch die Vetter GmbH angeboten. Im Linienbündel 4 bietet das Verkehrsunternehmen Otto Müller GmbH & Co KG ebenfalls eine flexible Verkehrsbedienung an. Die Anmeldung muss bei beiden Unternehmen jeweils grundsätzlich 1 Stunde vor Fahrtantritt erfolgen. 28

Analyse und Bewertung des ÖPNV C 2. Verknüpfungen 2.1 Verknüpfungen im Landesnetz Im Nahverkehrsraum Landkreis Wittenberg ist der Bahnhof/Busbahnhof Verknüpfungspunkt zum Schienenpersonennah- und -fernverkehr sowie zum ÖSPV. Eine weitere wichtige Schnittstelle innerhalb des Landesnetzes stellt Gräfenhainichen dar. Im integralen Taktfahrplan des Landesnetzes Sachsen-Anhalt ist der Bahnhof Gräfenhainichen als Taktknoten zur vollen Stunde ausgewiesen, wodurch die Anschlüsse zwischen SPNV und der landesbedeutsamen Linie 331 gesichert werden. 2.2 Verknüpfungen SPNV/Landesbedeutsamer Busverkehr - Regionalbusverkehr Die Verknüpfungspunkte zwischen dem SPNV/Landesbedeutsamen Busverkehr und dem ÖSPV im Landkreis Wittenberg sind folgende Schnittstellen: Annaburg, Bahnhof Bad Schmiedeberg, Bahnhof Coswig (Anhalt), Bahnhof Jessen (Elster), Bahnhof Gräfenhainichen, Bahnhof Jeber-Bergfrieden, Bahnhof Lutherstadt Wittenberg, Hauptbahnhof Zahna, Bahnhof Der Bahnhof Elster (Elbe) wird voraussichtlich ab dem Jahr 2014 durch die Stadt Zahna-Elster in Zusammenarbeit mit der NASA GmbH mit Fördermitteln aus dem Schnittstellenprogramm neu gestaltet und mit einer barrierefreien Bushaltestelle sowie mit einer Buswendeschleife ausgestattet, so dass diese Schnittstelle künftig mit festen Linienfahrten bedient werden muss. Durch Zusammenlegung der Bahnhöfe Lutherstadt Wittenberg, Piesteritz und Lutherstadt Wittenberg, West entsteht voraussichtlich ab 2014 die neue Verknüpfungsstelle Lutherstadt Wittenberg Piesteritz. 29

Analyse und Bewertung des ÖPNV C 2.3 Verknüpfungen im Regionalbusverkehr Wichtige Verknüpfungspunkte innerhalb des ÖSPV sind die folgenden Haltestellen: Bad Schmiedeberg, Busbahnhof Coswig (Anhalt), Bahnhof Jessen (Elster), Busbahnhof / Bahnhof Gräfenhainichen, Bahnhof Kemberg, Leipziger Straße Lutherstadt Wittenberg, Hauptbahnhof Zahna, Schule Diese stellen die Vernetzung der Regionalbuslinien untereinander mit kurzen, sicheren und barrierefreien Wegen sicher. Anschlüsse werden dabei an allen Verkehrstagen grundsätzlich sichergestellt. Längere Übergangszeiten zu Zeiten des Ausbildungsverkehrs an Schultagen sind z. T. jedoch nicht auszuschließen, da insbesondere bei der Flächenerschließung die Fahrplanlagen der einzelnen Fahrten vorrangig von den Erfordernissen des Ausbildungsverkehrs bestimmt werden. 2.4 Intermodale Verknüpfungen Intermodale Verknüpfungen sind als Übergangsmöglichkeiten zwischen ÖPNV und Individualverkehrsmitteln (Pkw, Fahrrad) unverzichtbarer Bestandteil eines integrierten ÖPNV-Angebotes (P+R, B+R). Durch die Vernetzung der öffentlichen mit den individuellen Verkehrsmitteln können durchgängige Beförderungsketten zum gegenseitigen Vorteil der Teilsysteme geschaffen werden. Im Landkreis Wittenberg sind die Schnittstellen in Jessen (Elster), Bad Schmiedeberg, Pretzsch und Wittenberg-Labetz bereits mit Unterstützung des Schnittstellenprogramms des Landes Sachsen-Anhalt ausgebaut und entsprechen den Anforderungen. Die Neugestaltung der Schnittstellen Lutherstadt Wittenberg, Hauptbahnhof, Lutherstadt Wittenberg, Altstadt und Lutherstadt Wittenberg Piesteritz befinden sich noch in der Planungsphase. In Coswig (Anhalt) sind erste Schnittstellenmaßnahmen erfolgt und weitere befinden sich in der Umsetzung. Die Aufnahme des Bahnhofes Elster (Elbe) in das Schnittstellenprogramm ist in Vorbereitung. 30

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D D Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV Das Kapitel D des Nahverkehrsplanes umfasst die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen und sichert die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen für die Nutzung des ÖPNV. Der Landkreis Wittenberg als Aufgabenträger für den Öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV) berücksichtigt bei der Verkehrsplanung alle sich aus den Kapiteln A bis C ergebenden Erfordernisse, insbesondere notwendige Grundlagen für die Verkehrserstellung. Er beachtet die Bevölkerungsstruktur, die Schulentwicklungsplanung und die Siedlungsstruktur sowie die Auswirkungen der diese prägenden Faktoren. Der Landkreis Wittenberg ist als Aufgabenträger für den ÖSPV für die Daseinsvorsorge und damit für eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV auf seinem Territorium ( 8 Absatz 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)) zuständig. Er definiert dazu im Folgenden die grundsätzlichen Anforderungen in diesem Nahverkehrsplan, welchen zugrunde liegt, dass Verkehrsleistungen im ÖPNV eigenwirtschaftlich zu erbringen sind ( 8 Absatz 4 PBefG). Die im Landkreis Wittenberg zu erstellenden Verkehrsleistungen folgen einer dreistufigen Gliederung. Basis der Verkehrsleistungen ist dabei die Beförderung aller nach der Schülerbeförderungssatzung zu befördernden Schülerinnen und Schüler. Dieses Grundangebot wird durch die für Jedermann-Nutzungen vorzuhaltenden Verkehrsleistungen ergänzt. Um einen individuellen und bedarfsgerechten ÖSPV zu leisten, soll das Verkehrsangebot durch eine flexible Verkehrsbedienung ausgestaltet werden. Der Landkreis Wittenberg stellt über eine in einer Satzung begründete Anspruchsgrundlage sicher, dass die den Verkehr erstellenden Verkehrsunternehmen einen Zuschuss zur Ausgleichung entstehender Defizite erhalten. Diese als handelsrechtliche Erträge der Unternehmen zu definierenden Leistungen stellen sicher, dass die Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich erbracht werden können. Erst wenn sich zu diesen Konditionen keine Antragsteller für die Erbringung eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistungen finden, wird der Landkreis Wittenberg Verfahren nach den 8a (Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge) oder 8b (Durchführung wettbewerblicher Vergabeverfahren) PBefG durchführen. Die im Kapitel D aufgestellten Rahmenforderungen für den ÖPNV können im Antrag des Verkehrsunternehmens auf Linienverkehrsgenehmigung gemäß 12 Absatz 1a 31

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D PBefG verbindlich zugesichert werden. Sollten entsprechende Zusicherungen vorliegen, können diese nach 15 Absatz 3 PBefG verbindlich für die gesamte Genehmigungsdauer werden. 1. Festsetzungen und Zielstellungen 1.1 Linienbündelung Soweit es die Zielsetzung von 8 PBefG erfordert, können Linienverkehrsgenehmigungen für eine oder mehrere Linien gemäß 9 Absatz 2 PBefG gebündelt erteilt werden. Eine Linienbündelung ist stets dann sinnvoll, wenn in Folge der Eigenart des zu überplanenden Verkehrsgebietes, in Ansehung der Bevölkerungsstruktur sowie im Hinblick auf die Qualität des Verkehrsangebotes auch im Sinne einer wirtschaftlichen und integrierten Verkehrsbedienung eine einheitliche Verkehrserstellung geboten ist. Das Bediengebiet des Landkreises Wittenberg bietet im Hinblick auf die Bevölkerungszahlen, insbesondere jedoch im Hinblick auf deren Rückgang, auch in Ansehung der Landkreisfläche die Voraussetzungen für eine einheitliche Verkehrserstellung. Eine Linienbündelung ist daher geboten. Dies ergibt sich auch daraus, dass eine jeweils isolierte wirtschaftliche Betrachtung von Einzellinien wegen der Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur zu unvertretbaren Ergebnissen führt. Das Zulassen der Verkehrsgestaltung mittels Verkehrsraumerschließung durch Einzellinien könnte dazu führen, dass Verkehrsunternehmen lediglich erlösstärkere Linien beantragen und somit die notwendige Raumerschließung in dem flächigen Landkreis beeinträchtigt oder gar ausgeschlossen wäre. Die Linienbündelung umfasst Linien, die räumlich, nachfrageseitig und funktional in einem Zusammenhang stehen und damit eine verkehrliche und betriebswirtschaftliche Optimierung ermöglichen. Damit wird die Voraussetzung für eine wirtschaftliche, kundengerechte und betrieblich sinnvolle Verkehrsgestaltung geschaffen. Ein wesentlicher Effekt der Linienbündelung ist dabei, dass ertragsstarke und ertragsschwache Linien zusammengefasst werden können. Damit wird das Herausbrechen lukrativer Linien aus dem Gesamtzusammenhang im Rahmen des Genehmigungswettbewerbes verhindert und stattdessen ein Ausgleich zwischen niedrigen und hohen wirtschaftlichen Risiken erreicht. Insgesamt muss die Wirtschaftlichkeit innerhalb der Linienbündelung gewährleistet sein. Die gebündelte Erteilung von Genehmigungen sichert also die Umsetzung einer integrierten Nahverkehrsbedienung für den Fahrgast und eine wirtschaftliche Ausgestaltung des Verkehrs mit einer im Ergebnis möglichst geringen Belastung des öffentlichen Haushaltes. Für die Fahrgäste sollen sich weiterhin keine negativen Auswirkungen ergeben (z.b. keine Zunahme des Umsteigezwanges). Unter Beachtung der Größe und Struktur des Planungsraumes Landkreis Wittenberg, der bestehenden funktionalen Zusammenhänge zwischen den Linien und dem Ziel des Erreichens einer attraktiven Verkehrsbedienung für jeden Fahrgast und un- 32

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D ter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden im Landkreis Wittenberg 2 Linienbündel gebildet. Der Verkehrserstellungsraum des Landkreises Wittenberg wird geografisch durch die Elbe in zwei Räume geteilt. Bei Zugrundelegung dieser geografischen Besonderheit lassen sich die Verkehrsräume in ein links- und ein rechtselbisches Linienbündel unterscheiden. Die Verbindung dieser Verkehrsräume besteht in der straßengebundenen Elbquerung in der Lutherstadt Wittenberg. Zusätzlich bestehen vier Fährverbindungen mit beschränkter Verkehrslast und witterungsbedingten Einschränkungen (Prettin-Dommitzsch, Pretzsch-Mauken, Elster-Wartenburg, Coswig-Wörlitz). 1.2 Zielstellungen Es sind bei der Beantragung der Linien in den Linienbündeln folgende Anforderungen in der hier vorgenommenen Prioritätsfolge zu erfüllen: Der Ausbildungsverkehr, der den Schwerpunkt der Verkehrsnachfrage darstellt, ist durch das Angebot auf den Linien mit Linienverkehr nach 42 PBefG der Linienbündel entsprechend der Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Wittenberg sicherzustellen. Das Verkehrsunternehmen ist verpflichtet, jeden nach der vorstehenden Satzung beförderungspflichtigen Schüler auf dem Gebiet des durch ihn beantragten Linienbündels tatsächlich zu befördern. Das Verkehrsunternehmen ist ferner verpflichtet, mit seinem Fahrplan im Hinblick auf die beantragten Linienwege, die Beförderungs- und Wartezeiten gemäß den Regelungen der Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Wittenberg zu erfüllen. Ergänzend hierzu entspricht es dem öffentlichen Verkehrsinteresse, dass Schüler, auch soweit sie landkreisfremd sind, über die Verkehrsbeziehung Bad Düben- Söllichau-Gräfenhainichen oder Bad Düben-Tornau-Gräfenhainichen zu dort besuchten Schulen befördert werden. Dies gilt entsprechend für den Rückweg. Gleiches gilt für Beförderungen von Schülern aus dem Landkreis Anhalt- Bitterfeld nach Gräfenhainichen, soweit nicht ein ausreichendes Verkehrsangebot aus diesem Landkreis existiert. Öffentliche Mobilitätsbedürfnisse außerhalb des Ausbildungsverkehrs, also solche zu anderen Verkehrszwecken als Ausbildung und Schule, sind als Jedermann-Nutzung als Linienverkehr nach 42 PBefG darzustellen. Der Aufgabenträger sieht im Bereich der fahrplangebundenen, festen Jedermann-Nutzungen die in der Anlage 1 (dortige Abbildung) dargestellten, als Verbindungsachsen bezeichneten Linienwege als im öffentlichen Verkehrsinteresse stehend. Eine darüber hinaus gehende Verkehrsraumerschließung mit fahrplangebundenen festen Jedermann-Nutzungsangeboten stellt mangels nachhaltigen Beförderungsbedarfs in dieser Beförderungsart ein Überangebot dar. Hinsichtlich der Mindestbedienung wird in der Tabelle D-2 auf Seite 41 Bezug genommen. Die Verbindungsachse mit der Bezeichnung A1 ist als landesbedeutsame Linie im ÖPNV-Plan LSA ausgewiesen. 33

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D In den Linienbündeln sind klare Linienwege mit direkten Linienführungen (auch im Ausbildungsverkehr) vorzusehen. Wechselnde Routen sind weitestgehend zu vermeiden, wenn der Ausbildungsverkehr dieses zulässt. Linienführung und Verkehrsleistung des Busverkehrs auf schienenparallelen Relationen sind dahingehend zum SPNV abzustimmen, dass sich nichtkonkurrierende bzw. kooperierende Angebote ergeben (flächenerschließende Wirkung des Busses zwischen den eingebundenen zentralen Orten, zeitlicher Versatz der Fahrten). Das ÖSPV-Netz im Landkreis Wittenberg hat im Bereich der Jedermann-Nutzung die Zubringerfunktion zum SPNV zu sichern. Anschlüsse Bus-Bahn sind herzustellen. Die Verkehrserschließung soll so erfolgen, dass eine bedarfsgerechte Bedienung aus festen Fahrplanfahrten und aus linienweggebundenen flexiblen Bedienformen entsteht. Das System der flexiblen Bedienung, welches die Verkehre mit festen Fahrplanangebot ergänzt, bedarf einer Voranmeldung vor Fahrtdurchführung, ist Bestandteil des Linienverkehrs nach 42 PBefG und darf ausschließlich auf genehmigten Linienwegen von und zu Haltestellen sowie von und zu Schnittstellen durchgeführt werden (Vgl. Anlage 1). Eine Haustürbedienung ist ausgeschlossen. Aus den Pendlerströmen nach Dessau-Roßlau und in den Landkreis Anhalt- Bitterfeld sowie aufgrund der Schülerbeförderung ergibt sich die Notwendigkeit einer kreisübergreifenden Vernetzung der Verkehre. Dies stellt eine wichtige Grundlage für die künftig zu entwickelnde verkehrliche und tarifliche Kooperation unter Einschluss des SPNV zwischen den Landkreisen Wittenberg, Anhalt- Bitterfeld und der Stadt Dessau-Roßlau dar. 34

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D 1.3 Hierarchie des Verkehrsnetzes Der öffentliche Personennahverkehr im Planungsraum Landkreis Wittenberg wird maßgeblich durch die Verkehrsmittel Eisenbahn und Regionalbus gewährleistet. Das ÖPNV-Netz wird wie folgt gegliedert: Kategorie Verkehrsträger Funktion Landesnetz Schienenpersonennahverkehr (SPNV) Verbindung von zentralen Orten des Landkreises Wittenberg Verbindung des Planungsraumes mit zentralen Orten innerhalb und außerhalb LSA ÖSPV-Netz Landkreis Wittenberg Tabelle D-1: Landesbedeutsamer Busverkehr Bus Gliederung des Liniennetzes Überregionale Verbindungen mit besonderem Landesinteresse Ergänzung des Landesnetzes mit fest definierten Verbindungsachsen Erschließung der Fläche durch Integration flexibler Bedienungsformen in die Verbindungsachsen an die ausgewiesenen Umsteigepunkte Bedienung der Lutherstadt Wittenberg durch Integration von Regionalbuslinien auf den Verbindungsachsen im Kerngebiet der Lutherstadt Wittenberg Ergänzende flexible Bedienform auf Fahrtwegen der Linien 35

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D 2. Netz- und Bedienkonzept 2.1 Landesnetz Das Landesnetz stellt Verbindungen zwischen dem Planungsraum und den zentralen Orten des Umlandes im Zuge überregional bedeutender sowie regional bedeutender Verkehrsachsen her. Es wird vom Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bedient. Der SPNV wird ergänzt durch das Landesnetz Bus, in dem Busverkehre von besonderem Landesinteresse zusammengefasst sind. Diese verbinden zentrale Orte ohne Bahnanbindung untereinander bzw. fungieren als Zu-/ Abbringer zur Bahn. Die folgende Abbildung D-1 zeigt das SPNV und Landesnetz Bus im Landkreis Wittenberg. Die KBS 257 Dessau-Wörlitz besitzt lediglich touristische Bedeutung. Abbildung D-1: SPNV-Netz und landesbedeutsamer Busverkehr (Linie 331) Der Landkreis Wittenberg setzt sich gegenüber dem Aufgabenträger für den SPNV (NASA GmbH) dafür ein, dass das im Planungsraum zum Fahrplan 2012/2013 mit Schienenpersonennahverkehr bzw. Regionalbus befahrene Streckennetz auch weiterhin erhalten und mit den entsprechenden Linien bedient wird. 36

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D Die KBS 218 ist gegenwärtig bis zum 13.12.2014 bestellt. Sofern dieser Verkehr im SPNV wirtschaftlich nicht geleistet werden kann, wird er als Busverkehr, dargestellt als Weiterführung der Verbindungsachse A6 von Kemberg bis Bad Schmiedeberg, erstellt (Vgl. Anlage 1). Das Landesnetz im SPNV und im landesbedeutsamen Busverkehr folgt dem ÖPNV- Plan des Landes Sachsen-Anhalt 2010 bis 2015/25. 2.2 ÖSPV-Netz Landkreis Wittenberg 2.2.1 Verbindungsachsen Die Mindestbedienung der Verbindungsachsen mit Linienverkehr ist in Kapitel 3.2.1 konkretisiert dargestellt. Soweit sich Überlagerungen von Linien ergeben, sollen die zeitlichen Abstände zwischen den Fahrten einheitlich sein (Vermeidung von Fahrtenhäufungen einerseits und Angebotslücken andererseits). Bestehende Angebote im Landes- und ÖSPV-Netz sind zu beachten. Die aufgeführten Verknüpfungen sind entsprechend den fahrplantechnologischen Möglichkeiten umzusetzen (vgl. Kapitel 3.3). Es werden die folgenden Verbindungsachsen innerhalb des Landkreises bzw. in benachbarte Zentren als im öffentlichen Verkehrsinteresse stehend wie folgt umschrieben: Haupt-Verbindungsachse Verbindungsachsen A1: Gräfenhainichen Oranienbaum Dessau-Roßlau (Dessau Hbf) (Landesbedeutsamer Busverkehr) A2: Lutherstadt Wittenberg Straach A3: Lutherstadt Wittenberg Apollensdorf - Griebo - Coswig A4: Lutherstadt Wittenberg - Kropstädt - Zahna A5: Lutherstadt Wittenberg Gallin - Elster (Elbe) Grabo - Jessen (Elster) A6: Lutherstadt Wittenberg Pratau Kemberg (- Bad Schmiedeberg) * A7: Lutherstadt Wittenberg Pratau Wörlitz Vockerode Dessau-Roßlau A8: Jessen (Elster) - Holzdorf * Bei Wegfall der KBS 218 Die parallel zum SPNV führenden Verbindungsachsen A3 und A5 entsprechen der unter D 1.2 definierten Zielstellung zum Parallelverkehr dann, wenn das ÖSPV- 37

Konzeption zur Gestaltung des ÖPNV D Angebot räumlich und zeitlich abgestimmt zum SPNV gestaltet wird. Bei der Verbindungsachse A3 wird dies mit der Linienführung über Apollensdorf und der abgestimmten Verknüpfung in Coswig (Anhalt) erreicht. Bei der Verbindungsachse A5 werden mindestens immer die nicht durch den SPNV erschlossenen Gemeinden und Ortsteile Prühlitz, Gallin, Gorsdorf, Hemsendorf und Grabo bedient und eine in etwa stündliche Verbindung Lutherstadt Wittenberg - Jessen im Wechsel SPNV-ÖSPV hergestellt. Nach Fertigstellung der Schnittstelle Elster (Elbe) ist diese im Rahmen der Erschließung durch die Verbindungsachse A5 mit anzubinden. 2.2.2 Lutherstadt Wittenberg Der Landkreis Wittenberg gewährleistet als Aufgabenträger für den ÖSPV die Bedienung und Erschließung der Lutherstadt Wittenberg nach den für den ländlichen Raum geltenden Standards und der im Kapitel 3.2 benannten Mindestbedienung. Weitergehende, insbesondere taktverdichtende Angebote sind vom finanziellen Engagement der Lutherstadt Wittenberg abhängig, die damit nach 4 Absatz 2 ÖPNVG LSA Aufgaben im ÖSPV wahrnimmt, ohne Aufgabenträger zu sein. Die in der Lutherstadt Wittenberg bestehenden Verbindungsachsen sind integraler Bestandteil des rechtselbischen Linienbündels. Die Verbindungsachsen erschließen alle wesentlichen Quellen und Ziele des Kerngebietes 10 der Lutherstadt Wittenberg. Eine Darstellung der Verbindungsachsen im Kerngebiet 10 der Lutherstadt Wittenberg ist der Anlage 2 zu entnehmen. Die Bedienung der Verbindungsachsen mit Linienverkehr erfolgt in der in Kapitel 3.2.1 dargestellten Form. Zentraler Verknüpfungspunkt aller ÖSPV-Linien der Linienbündel ist der Hauptbahnhof Wittenberg. Das ÖSPV-Angebot in der Lutherstadt Wittenberg ist nach Möglichkeit am Hauptbahnhof mit dem SPNV in und aus Richtung Dessau-Roßlau bzw. Halle (Saale)/Leipzig mit fahrgastfreundlichen Übergangszeiten zu verknüpfen (Vgl. Kapitel 3.3.1). Nach Fertigstellung der neuen Schnittstelle Wittenberg, Piesteritz ist an dieser ebenfalls der ÖSPV in der Lutherstadt Wittenberg nach Möglichkeit mit dem SPNV in und aus Richtung Dessau-Roßlau zu verknüpfen. 2.2.3 Flexible Verkehrsbedienung Die Erschließung der Verkehrsräume zwischen den Verbindungsachsen erfolgt durch eine flexible Verkehrsbedienung. Die Ausgestaltung der flexiblen Bedienung ist jeweils Bestandteil der gebildeten Linien. Wesentliche Funktion ist dabei das Zu- und Abbringen von Fahrgästen aus der Fläche zu definierten Schnittstellen (Vgl. Anlage 1) mit den Verbindungsachsen bzw. mit dem SPNV. 10 Die Definition des Kerngebietes ist den Begriffsbestimmungen zu entnehmen. 38