AUSGABE 4 2017
TITELINTERVIEW MIT > HELMUT FLEISCHMANN 2 AUSGABE 4 2017 Fotokonzept, Layout und Produktion: MEDIENHAUS Verlag GmbH
< TITELINTERVIEW DER RICHTIGE DREH BEIM LIZENZ- MANAGEMENT 3 Interview mit Helmut Fleischmann, Vorstand der Voquz Group, über den richtigen Dreh beim SAP-Lizenzmanagement und den Stellenwert frühzeitiger Sicherheitstests bei der Software-Entwicklung Text: Ina Schlücker Fotos: Andreas Schebesta Helmut Fleischmann Alter: 58 Jahre Familienstand: verheiratet Werdegang: Fleischmann startete seine Karriere bei IBM in Österreich. Vier Jahre später machte er sich mit der Firma Brainforce selbstständig, die 1999 an die Börse ging. 2007 verkaufte er seine Anteile und gründete 2009 das Start-up Cloud7, welches 2014 mit DV-Ratio fusionierte und woraus die heutige Voquz Group entstand. Derzeitige Position: CEO und Vorstand Voquz Group Hobbys: Kampf-, Motorsport, Jogging, Krafttraining > Die Voquz Group mit Sitz in München agiert als internationaler Lösungsanbieter und Systemintegrator mit rund 400 Mitarbeitern. Angeboten werden verschiedene Lösungen u.a. in den Bereichen SAP Business Solutions, Asset-Management und Datenqualität. Die Unternehmensgruppe entstand im Jahr 2014 durch den Zusammenschluss der beiden Anbieter Cloud7 und DV-Ratio und verfügt damit über mehr als 35 Jahre Erfahrung in der IT-Branche. Neben klassischen SAP-Services konzentriert man sich auf die Entwicklung eigener Produkte, die bei großen SAP- Projekten wichtige Hilfestellungen leisten sollen. Alles in allem stammen 80 Prozent unseres Umsatzes im SAP-Bereich aus dem Projektgeschäft, die übrigen 20 Prozent generieren sich aus unserem Tool- Angebot, so Helmut Fleischmann. Aufgrund dieses Verhältnisses will man sich auch in Zukunft nicht zu einem reinen Software-Anbieter entwickeln, sondern als Lösungsanbieter agieren, wie Helmut Fleischmann im Interview erklärt. IT-DIRECTOR: Herr Fleischmann, auf welche Lösungen legen Sie Ihr Augenmerk? H. Fleischmann: Wir bieten verschiedene Services für IT-Sicherheit, Lizenzmanagement, Business Intelligence (BI) und die Software-Entwicklung an. Unsere Schwerpunkte liegen dabei auf SAP-Lösungen und der sogenannten Application Quality. Im Zuge dessen realisieren wir viele Entwicklungsprojekte im SAP- sowie im Java- und C#-Bereich. Großes Augenmerk legen
TITELINTERVIEW MIT > HELMUT FLEISCHMANN 4 Mit SamQ bieten wir ein spezielles Produkt für das SAP-Lizenz management und die SAP-Berechtigungsverwaltung. wir dabei auf umfassende Sicherheits- und Funktionstests der entwickelten Anwendungen. IT-DIRECTOR: Was bieten Sie speziell SAP-Anwendern an? H. Fleischmann: Hier besitzen wir ein breites Angebot angefangen bei der SAP-Beratung über die -Implementierung, den Rollout und Release- Wechsel bis hin zu Wartung und Support. Neben dem klassischen Projektgeschäft offerieren wir Application Managed Services. Wir übernehmen dabei über Jahre hinweg die Betreuung von SAP-Bestandssystemen zu fest vereinbarten Service Levels und Preisen. Daneben realisieren wir die Einführung und Umstellung von Data- Warehouse-Systemen auf Hana for SAP Business Warehouse (BW), um den Anwendern den Einstieg ins In-Memory Computing zu ermöglichen. Der Hintergrund: Business Analytics wird immer wichtiger, da immer mehr Daten generiert werden, die im nächsten Schritt auch ausgewertet werden müssen. IT-DIRECTOR: In welchen Ländern sind Sie aktiv? H. Fleischmann: Historisch betrachtet liegen unsere Wurzeln in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wobei wir uns zuletzt international vergrößert haben. Im Januar 2016 starteten wir mit einem neuen Standort in den USA, wo wir bereits im vierten Quartal profitabel arbeiten konnten. Über Partnerkonzepte versuchen wir überdies weitere Länder abzudecken. So arbeiten wir mit Anbietern u.a. in Brasilien, Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich oder den Balkanstaaten zusammen. Nicht zuletzt sind wir über unseren Partner Software One auch in den asiatischen Märkten vertreten. Hierzulande haben wir während der Cebit 2017 eine Partnerschaft mit der Deskcenter Solutions AG verkündet. Die Kooperation ermöglicht zentrales Software-Asset- Management für alle Lizenzarten und -metriken. Dabei wird SamQ, unsere Spezialanwendung für das Management von SAP-Lizenzen, in die Deskcenter-Management- Suite integriert. Die Integration wird es Anwendern ermöglichen, unter der einheitlichen Oberfläche der Suite auch die Nutzung ihrer SAP-Lizenzen zu messen, abzubilden und zu verbessern. IT-DIRECTOR: Wer zählt zu Ihren Kunden? H. Fleischmann: Wir arbeiten vorrangig mit Großkunden und gehobenen Mittelständlern zusammen. Denn diese besitzen in der Regel komplexe Prozesse, weshalb sie gerne mit langfristigen Service-Partnern zusammenarbeiten, die die Abläufe beim Anwender aus jahrelanger Zusammenarbeit kennen. Viele dieser Kunden setzen überdies auf unsere verschiedenen Produkte, z.b. auf SamQ für das SAP-Lizenzmanagement IT-DIRECTOR: Was ist das besondere an diesem Tool? H. Fleischmann: Das Lizenzmanagement der Walldorfer verfolgt im Gegensatz zu anderen Software-Anbietern eine sehr spezielle Lizenz- struktur: Die Kunden nutzen die SAP-Systeme in vielfältiger Weise im täglichen Betrieb, indem sie Nutzer autorisieren und lizenzieren. Nach einem Jahr müssen sie eine Lizenzvermessung vornehmen und dem Anbieter melden, welche Lizenzen im Einsatz sind. Haben größere Kunden diverse SAP-Lösungen mit mehreren tausend Usern im Einsatz, gestaltet sich dies recht kompliziert. Auch da die Nutzer parallel mit unterschiedlichen Rechten auf verschiedene SAP-Systeme zugreifen können. Da man stets die teuerste genutzte Lizenz bezahlen muss, sollten die Kunden genau wissen, welche User zu welchem Zweck mit welchen Systemen arbeiten. IT-DIRECTOR: Wie kann man dabei den Überblick behalten? H. Fleischmann: Vielfach orientieren sich Kunden bei der Lizenzvergabe an der Berechtigungsstruktur. Anhand von Berechtigungen, die man einmal an die Mitarbeiter vergeben hat, wird deren Nutzung und folglich die entsprechende User-Lizenz abgeleitet. Dies ist jedoch höchst ungenau, da die aktuelle und damit tatsächliche Nutzung meist anders aussieht. Zudem orientieren sich die SAP-Lizenzbestimmungen nicht an den Berechtigungen, sondern vielmehr an den getätigten Transaktionen. Ein Beispiel: Der Leiter der Finanzbuchhaltung besitzt alle Zugriffsmöglichkeiten auf das SAP-System, wird aber nie oder nur höchst selten eigene Buchungen vornehmen. Von daher bietet sich die Verwendung einer
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TITELINTERVIEW MIT > HELMUT FLEISCHMANN 6 Wir besitzen eine breite Angebotspalette angefangen bei der SAP-Beratung über die SAP-Implementierung, den Rollout und Release-Wechsel bis hin zu Wartung und Support. Employee-Lizenz an, die ca. 350 Euro pro Nutzer kostet. Entscheidet man sich hingegen für eine Professional-Lizenz liegt man bei über 3.000 Euro. Das Beispiel zeigt das noch immer große Optimierungspotential im Lizenzmanagement auf. Mit unserem Tool lassen sich sämtliche SAP-Zugriffe automatisiert auswerten. Dies funktioniert dank einer Transaktionsdatenbank, die alle möglichen SAP- Transaktionen mit einem User-Lizenztyp bewertet. So können wir innerhalb weniger Stunden nach der Installation des Tools erste Optimierungspotentiale beim Lizenzmanagement heben. IT-DIRECTOR: Gibt es weitere Vorteile? H. Fleischmann: Mit dem Tool ist eine kontinuierliche Lizenzüberwachung und -steuerung möglich, wobei die Kunden regelmäßige Auswertungen erhalten, welche Nutzer auf welchen Ebenen unterwegs sind. Dies ist u.a. für die Einhaltung von Compliance-Vorgaben wichtig. So lässt sich beispielsweise erkennen, wenn ein Mitarbeiter die Position oder Abteilung wechselt, aber seine Berechtigungen nicht angepasst wurden. IT-DIRECTOR: Was macht die Lizenzmetriken so kompliziert? H. Fleischmann: Vielfach können sich die Kunden nicht sicher sein, ob sie sich inner- oder außerhalb des legalen Lizenzrahmens bewegen. Ein Beispiel stellt die indirekte Nutzung dar. Dies bedeutet, dass SAP aber auch andere Software- Hersteller nicht nur messen, ob die eigenen Mitarbeiter die Software nutzen, sondern auch, ob über Fremdsysteme ein Zugriff darauf erfolgt. Dies könnten Online- Shops sein, die Daten aus der Warenwirtschaft ziehen, oder Business-Intelligence-Portale, die dem Management Finanzzahlen zur Verfügung stellen. Die SAP-Systeme selbst bemerken, dass von außen zugegriffen wurde, womit eine indirekte Nutzung gegeben ist. Solche Vorgänge führen nicht selten zu großen Diskussionen mit dem Hersteller. Mit unserer Lösung lässt sich genau feststellen, über welche Schnittstellen SAP-Daten genutzt werden und wie diese Nutzung konkret aussieht. IT-DIRECTOR: Ein Blick in Ihre Projektpraxis: Wie weit sind die Anwender mit dem Umstieg auf S4/Hana? H. Fleischmann: S4/Hana steht erst am Anfang und es gibt bislang kaum Anwender, die bereits komplett darauf umgestiegen sind. Die meisten unserer Kunden nutzen die Version ERP 6.0, die von SAP weiterhin gepflegt wird. Der Plan des Herstellers ist es, dass die Firmen bis zum Jahr 2020 auf S4/Hana umgestellt haben. IT-DIRECTOR: Bieten Sie Migrationspfade für den Hana-Umstieg an? H. Fleischmann: Wir unterstützen die Unternehmen beim Umstieg von SAP BW auf BW on Hana. Hierfür haben wir Migrationspfade, Tools und Schnelltests entwickelt, mit denen die Kunden sehen, wo sie heute stehen und wie sie am einfachsten umsteigen können. IT-DIRECTOR: Worauf sollte beim Umstieg geachtet werden? H. Fleischmann: Bei der Migration gilt es, die Daten rationalisiert vorzuhalten, denn bei Hana gibt es zwei Möglichkeiten der Lizenzierung: Entweder bezahlt man volumenabhängig Wartungsgebühren oder man nutzt ein Modell, bei dem die Lizenzkosten anhand der Nutzung der Daten innerhalb der Hana- Datenbank ermittelt werden. Letzteres kommt günstiger, wenn sich die Anwender fragen, welche Daten sie in memory halten müssen: Welche Standarddaten gibt es, auf die ein stetiger und schneller Zugriff möglich sein muss? Welche Daten können außerhalb von Hana vorgehalten werden?
< TITELINTERVIEW Das ungekürzte Interview mit Helmut Fleischmann finden Sie auf www.it-director.de 7 Mit unseren Tests lassen sich bereits in einem frühen Stadium mögliche Schwachstellen bei der Software- Entwicklung aufspüren. IT-DIRECTOR: Sollten eine Hana-Datenbank und ein klassisches Business Warehouse parallel betrieben werden? H. Fleischmann: Verschiedene Systeme parallel vorzuhalten und zu pflegen ist immer mit hohem Aufwand verbunden. Auch müsste man dabei Prioritäten setzen, welche Systeme welche Daten beinhalten, was sich ebenfalls schwierig gestaltet. Daher sollte man bestenfalls die gesamte Datenhaltung mit Hana abdecken können. Stellt man bei der Migration jedoch Applikation für Applikation auf Hana um, wird man es nicht vermeiden können, dass über einen gewissen Zeitraum hinweg manche Daten noch auf dem alten Business Warehouse laufen. IT-DIRECTOR: Welche Branchen gehen Sie gezielt an? H. Fleischmann: Wir konzentrieren uns z.b. auf die Applikationsentwicklung im E-Commerce-Umfeld, wo wir Online-Shops und -Marktplätze entwickeln, die wiederum auf SAP-Daten etwa für Bestellungen, Lagerverwaltung, Versand und Logistik zugreifen müssen. Auf diese Weise können wir das reibungslose Zusammenspiel zwischen Shopping- und SAP- Applikationen gewährleisten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Finanzmarkt. Hier sorgt der Gesetzgeber mit seinen regelmäßigen Vorgaben wie Basel III oder Solvency II dafür, dass uns die Arbeit nicht ausgeht. IT-DIRECTOR: Worauf kommt es beim elektronischen Handel derzeit besonders an? H. Fleischmann: Es gilt, die Applikationen sicher und verfügbar zu entwickeln. Dafür sollten bestenfalls direkt bei der Software-Entwicklung regelmäßige Tests vorgenommen werden. Speziell hierfür bieten wir
TITELINTERVIEW MIT > HELMUT FLEISCHMANN 8 SAP-Anwender können sich vielfach nicht sicher sein, ob sie sich inner- oder außerhalb des legalen Lizenzrahmens bewegen. Ein Beispiel stellt die indirekte Nutzung dar. Tools, die alle Codezeilen auf deren Sicherheit überprüfen, sodass weder Trojaner eingeschleust noch Zero Day Exploits ausgeführt werden können. IT-DIRECTOR: Wie funktioniert das Vorgehen in der Praxis? H. Fleischmann: Die Kunden übermitteln uns den neu entwickelten Quellcode, den wir von unseren Systemen testen lassen. Danach übertragen wir die geprüften Codezeilen zurück. Inbegriffen sind entsprechende Protokolle, die die zu behebenden Schwachstellen aufzeigen. Möchte man die Entwicklungsphase erst abschließen, überprüfen wir mit dem Dynamic Test System die Gesamtapplikation, bevor das System live geht. IT-DIRECTOR: Mit welchen Ansprechpartnern haben Sie es auf Kundenseite zu tun? H. Fleischmann: In unseren Projekten sind zwar oftmals Lizenzmanager und SAP-Administratoren involviert. Die Entscheidung fällen aber in der Regel die IT-Verantwortlichen, da sich die Investitionen insbesondere bei Konzernen im sechsstelligen Bereich bewegen können. Generell handelt es sich dabei eher um einen geringen Betrag, wenn man bedenkt, dass Konzerne mitunter bis zu 15 Millionen Euro jährlich an SAP-Lizenzkosten bezahlen müssen. IT-DIRECTOR: Ein Blick nach vorne. Welche Ziele wollen Sie in naher Zukunft angehen? H. Fleischmann: Wir wollen weiterhin international wachsen. Neben den erwähnten Aktivitäten auf dem US-Markt, betreiben wir seit Anfang 2016 auch ein Nearshore- und Shared-Services-Center in Rumänien, das zentrale Aufgaben übernimmt. Dazu zählen Personalrekrutierung, Buchhaltung, Fakturierung, Produktentwicklung sowie Teilbereiche von Marketing und Vertrieb. Auch werden dort die erwähnten Sicherheitstests im Rahmen der Software-Entwicklung abgewickelt. Derzeit beschäftigen wir 17 Mitarbeiter in Rumänien, Tendenz steigend. IT-DIRECTOR: Speziell für die Stammdatenqualität bieten Sie mit DatQ ein weiteres Produkt an. Was kann man sich davon versprechen? H. Fleischmann: Mit dessen Hilfe kann nicht nur die Qualität der Stammdaten deutlich gesteigert, sondern auch kontinuierlich auf dem neuesten Stand gehalten werden. Denn von sauberen Stammdaten hängen unzählige Unternehmensprozesse ab, beispielsweise in der Produktion oder der Fertigung. Sind fehlerhafte Daten hinterlegt, wird bei Zulieferern falsches Material eingekauft, wodurch sich die Produktion verzögern oder gar stillstehen kann. <