KRIEG: von Helga Kurowski

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Transkript:

Volkstrauertag 2012 A. Einstimmung und Begrüßung KRIEG: von Helga Kurowski Klirrende Fenster, brennendes Land, Zwei Zivilisten geduckt an der Wand. Ratternde Schüsse aus eifriger Hand. Zwei Opfer mehr am Straßenrand. Bomben fallen in Dörfern und Stadt. Panzer walzen die Ernten platt. Alte und Kinder vom Hunger längst matt. - Tränen der Ängste machen nicht satt. Winzige Minen, wie Spielzeug so klein, flüchtende Menschen treten hinein, qualvolles Wimmern, fragendes Schrei n. Wann wird der Krieg zu Ende sein? Machthaber droben auf sicherem Thron, verhandeln den Frieden so lange schon. Doch Kinder und Mütter erhalten den Lohn. Weit draußen die Gräber von Vater und Sohn.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Wieder neigt sich ein Jahr seinem Ende entgegen. Und wir gedenken am Volkstrauertag der Opfer von Krieg und Gewalt. Wir gedenken auch ganz besonders der Opfer, die die Weltkriege hier in Gelnhaar gefordert haben. Als Mahnung gegen den Krieg wurde unser Denkmal errichtet. Waren es im Ersten Weltkrieg noch 7 Opfer, die zu beklagen waren, so liest man auf unseren eisernen Tafeln des Zweiten Weltkrieges 70 Namen, zu deren Gedenken wir heute hier stehen. Hinter jedem Namen verbirgt sich eine Tragödie. Aus lebensfrohen Menschen wurden Opfer, deren Zukunft ausgelöscht wurde. 77 Opfer von Krieg und Gewalt, geopfert für zweifelhafte Ziele geopfert zur Durchsetzung irrwitziger Weltmachtsgedanken. Dieser letzte grausame Krieg, an den sich einige von Euch noch erinnern können, wurde angezettelt von einer menschenverachtenden braunen Brut! Von deutschem Boden aus wurde die ganze Welt in Chaos gestürzt. 60 Millionen Menschen starben weltweit: - Soldaten - Zivilisten - Kinder Frauen wurden geschändet Behinderte und Andersgläubige systematisch vergast. Familien wurden mit tiefen Schatten durchzogen: Söhne sind nicht mehr aus dem Krieg zurückgekommen. Erst kam noch ein Feldpostbrief: Liebe Eltern, mir geht es gut, macht euch keine Sorgen... Dann ein Brief von der Wehrmacht: Bedauerlicherweise müssen wir Ihnen mitteilen, daß Ihr Sohn als Held für sein Vaterland gefallen ist... Oder:

Kein Brief, keine Nachricht. Kein Brief nach Kriegsende Ist er in Gefangenschaft? Kein Brief bis 1950 Hoffentlich ist er in Gefangenschaft und nicht tot! Nur noch Hoffnung! Dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes wurden ab 1950 2,5 Mio. vermisste Soldaten, Zivilisten und Kinder gemeldet. Etwa die Hälfte der Suchfälle konnte aufgeklärt werden: Nach so vielen Jahren 1970 dann eine Postkarte: DRK Suchdienst Noch ein winziger Augenblick der Hoffnung, Vermutlich ist Ihr Sohn im Februar 1943 als Angehöriger der 6. Armee nördlich von Stalingrad gefallen. Was hatte der nur in Stalingrad zu suchen? Ganz Deutschland war aufgehetzt von der braunen Brut. Und es ist nicht zu fassen, daß es auch heute immer wieder Unbelehrbare gibt, die sich in den braunen Sumpf von Neonazis begeben. Wir gedenken in der Stille unserer Opfer der beiden Weltkriege! S T I L L E

Kommen wir noch einmal zurück zum Gedicht von Helga Kurowski Klirrende Fenster, brennendes Land, Zwei Zivilisten geduckt an der Wand. Ratternde Schüsse aus eifriger Hand. Zwei Opfer mehr am Straßenrand. Wie wird es in Gelnhaar gewesen sein, im Krieg? Ein alter Bauer pflügt eines der Felder nahe des Bachlaufs. Er ist zu alt, um in den Krieg zu ziehen, sein Sohn wurde zur Wehrmacht eingezogen, ebenso die Ehemänner seiner beiden Töchter. Das Pferd vor den Pflug gespannt will er sein Tagwerk beginnen. Aus den Schornsteinen der Häuser dringt der Rauch zahlreicher Herdfeuer. Die Sonne steht schon hoch über dem Hohleberg. Über dem Dorf liegt eine trügerische Ruhe. Von dem unheilvollen Grollen, welches sich von Bergheim aus in Richtung Norden bewegt, ist in Gelnhaar noch nichts zu hören. Auf dem Feld hört von weitem nur die metallischen Schläge aus einer Schmiede. Der alte Bauer denkt an den Ertrag des Feldes: Hoffentlich bekomme ich die Familie satt. Hoffentlich wird die Ernte nicht durch den Krieg vernichtet. Ich muss die Familie über den Winter bringen! Bomben fallen in Dörfern und Stadt. Panzer walzen die Ernten platt. Alte und Kinder vom Hunger längst matt. - Tränen der Ängste machen nicht satt.

Der Bauer hat große Mühe mit dem Pferd, es ist unruhig und will einfach nicht gehorchen. Das ist ja auch kein Wunder in diesem verfluchten Krieg, denkt er. Normalerweise hatte sein Sohn die harte Feldarbeit schon längst übernommen, aber der dient ja für das Vaterland. Auch der Verdienst aus der Eisengießerei in Hirzenhain fehlt der Familie so dringend. Um so wichtiger ist nun der Ertrag aus der Landwirtschaft, um die Familie satt zu bekommen. Mit dem Pferd schimpfend und schwer atmend gesteht er sich ein, daß die Arbeit auf dem Felde eigentlich für ihn viel zu schwer geworden ist. Aus der Ferne sieht er einige Kinder friedlich an der Bleiche spielen. Sie werfen kleine Stöckchen in den Bach und sehen dann zu, wie ihre Schiffchen mit der Strömung schwimmen. Hinter einem großen Stein werden die Schiffchen für einen Moment aufgehalten. Die Kinder begleiten dann ihre Stöckchen mit der schneller werdenden Strömung in Richtung Wiesengrund... als die Tiefflieger langsam hörbar werden. Entsetzt brüllt der alte Bauer mit weit aufgerissenen Augen nach den Kindern: Deckung! Deckung! Ab ins Gebüsch! Seine Stimme überschlägt sich. Die Kinder haben die Gefahr bereits erkannt und laufen um ihr Leben. Winzige Minen, wie Spielzeug so klein, flüchtende Menschen treten hinein, qualvolles Wimmern, fragendes Schrei n. Wann wird der Krieg zu Ende sein?

Das Dröhnen der Flieger schwillt an zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Im Dorf verstecken sich Frauen und Kinder hastig und in Todesangst in den Kellern. So schnell kann der Bauer den Pflug nicht abspannen, ihm bleibt keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Er lässt den Gaul stehen und wirft sich zu Boden. Er betet, er ruft, er fleht: Allmächtiger Gott, hilf uns! Lass die Kinder nicht sterben, sie tragen keine Schuld. Lass das Pferd nicht sterben, wir brauchen es doch so dringend für unser täglich Brot. Vater unser im Himmel, nimm mich an ihrer Stelle, ich habe mein Leben gelebt, nimm mich! So oder so ähnlich könnte es sich an diesem Morgen in Gelnhaar zugetragen haben. Machthaber droben auf sicherem Thron, verhandeln den Frieden so lange schon. Doch Kinder und Mütter erhalten den Lohn. Weit draußen die Gräber von Vater und Sohn. Ich bitte nun Herrn Pfarrer Opper!

Im Gedenken an die Opfer der Weltkriege lege ich im Namen des Magistrats der Stadt Ortenberg und des Ortsbeirates Gelnhaar - diesen Kranz hier nieder! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! - Unsere Feierstunde geht nun zu Ende - Ich danke Ihnen für die Teilnahme zu Ehren unserer Toten und zur Mahnung gegen Krieg und Gewalt - Ich danke den Vereinsabordnungen, und - den Fahnenabordnungen. - Der Feuerwehr Gelnhaar herzlichen Dank für die Ehrenwache. - Sehr geehrter Herr Pfarrer Opper, auch Ihnen gebührt ein herzlicher Dank! Uns Allen wünsche ich einen guten Nachhauseweg und einen friedvollen Sonntag! Olaf Kromm November 2012