Pilotprojekt Abklärung Subsidiarität, unrechtmässiger und missbräuchlicher Sozialhilfebezug

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Transkript:

Stadt Biel Pilotprojekt Abklärung Subsidiarität, unrechtmässiger und missbräuchlicher Sozialhilfebezug Vereinbarung zum Projektauftrag zwischen dem KANTON BERN, vertreten durch die GESUNDHEITS- UND FÜRSORGEDIREKTION DES KANTONS BERN (GEF), Rathausgasse 1 3011 Bern als Auftraggeber und der STADT BIEL DIREKTION FÜR BILDUNG, SOZIALES UND KULTUR Pierre-Yves Moeschler, Vorsteher Zentralstrasse 49 2501 Biel als Projektgemeinde

Projektauftrag I Projektbezeichnung Pilotprojekt Abklärung Subsidiarität, unrechtmässiger und missbräuchlicher Sozialhilfebezug II Projektinhalt 1. Ausgangslage / Problemstellung Missbrauch in der Sozialhilfe ist seit 2006 1 zu einem öffentlichen und breit diskutierten Thema geworden, welches auch in den Medien häufig und zum Teil polemisch debattiert wird. Dabei wird nicht immer korrekt unterschieden zwischen verschiedenen möglichen Formen von Missbrauch: Nicht alles, was gemeinhin als Sozialhilfemissbrauch bezeichnet wird, ist tatsächlich ein Fall von rechtswidrigem Leistungsbezug (vgl. unten Kap. 3a). Das mündet darin, dass jegliches Fehlverhalten oder gar Unwissenheit und Unvermögen als Missbrauch dargestellt werden, obwohl es sich in den wenigsten Fällen effektiv um Missbrauch im rechtlichen Sinn handelt. 2 Ebenso entsteht mitunter der Eindruck, es würde heute nichts unternommen, um Missbräuchen vorzubeugen. Dem ist nicht so: Die Fachpersonen in den Sozialdiensten sind angehalten, bei allen Anträgen für den Bezug von wirtschaftlicher Sozialhilfe die persönliche und finanzielle Situation des Antragstellers/der Antragstellerin genau abzuklären. Dazu gehört auch die Überprüfung aller möglichen vorgelagerten finanziellen Bezugsquellen (Subsidiaritätsabklärung 3 ). Und schon heute führen Sozialarbeitende bei verdächtigen Dossiers Kontrollen durch. 4 Die öffentliche Diskussion der Missbrauchsthematik schlägt sich auch in der politischen Landschaft nieder: Sowohl auf kantonaler wie auf kommunaler Ebene sind diverse parlamentarische Vorstösse eingereicht worden, welche eine Verbesserung der Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialhilfe verlangen. Auf Grund dieser Vorstösse hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) beschlossen, unter Mitwirkung der Gemeinden ein Pilotprojekt im Sinne von Artikel 73 Absatz 4 des kantonalen Sozialhilfegesetzes (SHG) durchzuführen (vgl. unten Kap.2). Mit diesem Pilotprojekt soll einem öffentlichen Bedürfnis nach mehr Fakten im Bereich von Kontrolle und Controllingprozessen in der Sozialhilfe entsprochen werden. Die im Projekt gewonnen Erkenntnisse sollen Grundlagen für die Versachlichung der Diskussion schaffen und den Gemeinden bei der Entscheidung behilflich sein, mit welchen Massnahmen sich der Missbrauch von Sozialhilfe weiter minimieren lässt. Im November 2007 hat der Grosse Rat die Motion Kneubühler Für eine glaubwürdige und effiziente Sozialhilfe: Vertrauen stärken, Missbrauch bekämpfen (M173/2007) überwiesen. Darin wird der Regierungsrat aufgefordert, Massnahmen zu ergreifen, um den Kampf gegen den missbräuchlichen Bezug von Sozialhilfegeldern zu verstärken und hierfür die notwendigen Gesetzesrevisionen an die Hand zu nehmen. Die im Rahmen der Missbrauchsbekämpfung erwachsenden Kosten der Gemeinden sollen dem Lastenausgleich zugeführt werden können, dabei ist auch explizit die Möglichkeit vorgesehen, Sozialinspektor/innen einzusetzen. Aufgrund des geltenden Gesetzes (Art. 80 Bst b / Art. 80 Abs. 1 Bst. c SHG und Art 36 Ziff 1 SHV) sind die Besoldungskosten von Fachpersonal (Sozialarbeitende) sowie des zugeordneten 1 Losgetreten wurde die Debatte primär durch einzelne gravierende Fälle von Sozialhilfemissbrauch in den Städten Zürich und Bern (e.g. BMW-Fall ). 2 Einsätze von Sozialinspektor/innen in Emmen und Basel ermittelten eine Missbrauchsquote von 2 bis 5%. Die Versuche in Zürich bringen eine weit geringere Quote zutage. 3 Die Subsidiarität muss gemäss Artikel 9 SHG von den Sozialdiensten abgeklärt und befolgt werden. Weiter ist in Artikel 28 festgehalten, dass Personen, die Sozialhilfe beantragen, verpflichtet sind, dem Sozialdienst die erforderlichen Auskünfte über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben und Änderungen der Verhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. 4 Gemäss der kürzlich erschienenen BASS Studie Evaluation der Mindeststandards im Sozialhilfegesetz im Bereich der Finanzierung der Sozialdienste erfüllen die Sozialdienste nicht alles, was sie an Kontrollfunktionen wahrnehmen könnten. Als Grund werden Kapazitätsprobleme (fehlendes Personal) genannt.

Administrativpersonals lastenausgleichsberechtigt. Kosten für darüber hinaus gehende Massnahmen (e.g. Anstellung eines Sozialinspektors) können derzeit von der GEF nicht übernommen werden. Das Pilotprojekt soll deshalb darüber Aufschluss geben, inwiefern ein optimierter Einsatz der bestehenden Kontroll-Instrumente in den Sozialdiensten den Missbrauch von Sozialhilfe verhindern kann und welchen Zusatznutzen der Einsatz von Sozialinspektoren bringt. Das Pilotprojekt kann somit Aufschluss darüber geben, wie die Forderungen der Motion ideal umgesetzt werden können. Die entsprechenden Erkenntnisse sollen den Gemeinden Ende 2008 in Form von Empfehlungen zur Verfügung gestellt werden, wie die Missbrauchsprävention und bekämpfung am effektivsten ausgestaltet werden kann. Aufgrund der Resultate des Projektes kann auch beurteilt werden, inwieweit das geltende Recht angepasst werden muss, um die Finanzierung von Massnahmen zu ermöglichen, welche den gegenwärtigen gesetzlichen Rahmen übersteigen. Im Kanton Bern sind diverse Gemeinden gewillt, Sozialinspektor/innen einzusetzen und sind mit dem Anliegen an das kantonale Sozialamt (SOA) getreten, sich an einem übergreifenden Pilotprojekt zu beteiligen. Das SOA hat entschieden, das Pilotprojekt der Überschaubarkeit und Steuerbarkeit halber auf vier Gemeindeprojekte zu beschränken. Bern als grosse Stadt, Biel 5 und Köniz als mittelgrosse Städte und Ittigen als kleinere Gemeinde bieten sich für einen Pilotversuch an. 2. Rechtsgrundlagen Gemäss Art. 73 Abs. 1 SHG kann die GEF zur Erreichung des Zwecks und der Wirkungsziele der Sozialhilfe besondere Massnahmen treffen. Laut Abs. 4 kann sie "Forschungs- und Pilotprojekte fördern und unterstützen, insbesondere solche, die auf die Entwicklung und Umsetzung von neuen Präventions- und Integrationsmodellen, Anreizsystemen und Abgeltungsformen" ausgerichtet sind. Im Vortrag zum SHG wurde speziell darauf hingewiesen, dass hier in erster Linie an Bestrebungen von Institutionen oder Gemeinden zur Entwicklung und Evaluation von neuen Formen der Integration und der Sozialarbeit zu denken sei. Gestützt auf diese Bestimmung kann die GEF die Pilotgemeinden beauftragen, in einem von ihr bewilligten Rahmen Sozialinspektoren einzusetzen, in dem sie den Gemeinden erlaubt, Abklärungsund Kontrollaufgaben des Sozialdienstes vertraglich an Dritte zu übertragen. Dabei kann der Sozialdienst nur diejenigen Kompetenzen übertragen, die ihm für die Prüfung der Voraussetzungen für den Leistungsbezug zufallen (Hausbesuche etc.). Die mandatierten Sozialinspektor/innen unterstehen durch den Vertrag auch dem Amtsgeheimnis. Für weitergehende Massnahmen, die das Grundrecht der persönlichen Freiheit tangieren würden, bedürfte es zusätzlich einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage der betreffenden Gemeinde. Bei verdeckter Ermittlung ist allerdings - auch aus Sicherheitsgründen - aus Sicht der GEF grundsätzlich die Polizei beizuziehen. 3. Projektziele a) Gewinn neuer Erkenntnisse Es geht im Projekt darum, Erkenntnisse zu den verschiedenen Formen missbräuchlichen Verhaltens zu erhalten und mögliche Massnahmen und Methoden zur Erkennung und Bekämpfung von Missbrauch zu definieren und zu prüfen. a. Missbräuchliches Verhalten 6 Die verschiedenen Formen missbräuchlichen Verhaltens sollen im Rahmen einer externen Evaluation (siehe nachfolgend b) quantitativ und qualitativ erfasst, analysiert und beschrieben werden. 5 Biel ist auch darum interessant für das Projekt, weil es im kantonalen Vergleich eine der höchsten Sozialhilfequoten aufweist. 6 Die SKOS unterscheidet drei Formen von missbräuchlichem Verhalten: Erwirken von Leistungen durch falsche oder unvollständige Angaben (=klassischer Missbrauch); zweckwidrige Verwendung von Sozialhilfeleistungen (=ebenfalls missbräuchlich); Aufrechterhaltung der Notlage (=nicht in jedem Fall ein Missbrauch). Die drei Formen ziehen unterschiedliche rechtliche Folgen nach sich. (vgl. SKOS: Kontrollen und Sanktionen in der Sozialhilfe, März 2006)

b. Missbrauchsbekämpfung aa. Einerseits soll sichtbar werden, was auf der Basis des SKOS-Konzeptes Kontrollen und Sanktionen in der Sozialhilfe und im Rahmen der Abklärung der Subsidiarität erreicht werden kann und bereits erreicht wird. 7 Der Status Quo der heute praktizierten internen Missbrauchspräventionund Aufdeckung soll im Rahmen einer externen Evaluation 8 analysiert, beschrieben und bewertet werden. Dabei interessiert die Frage, wie weit die bestehenden Möglichkeiten angewendet und ausgeschöpft werden, inwiefern sie für die Verhinderung und Aufdeckung von Missbrauch tauglich und wirksam sind, wo ein Verbesserungspotential der gegebenen Instrumente besteht und wo deren Grenzen sind. Ein Katalog mit Empfehlungen soll die Ergebnisse zusammenfassend darstellen. bb. Andererseits soll eruiert werden, welche zusätzlichen Erfolge in der Missbrauchsprävention und bekämpfung durch den Einsatz von Sozialinspektor/innen erzielt werden können. 9 b) Öffentlichkeitsarbeit Im Zusammenhang mit dem eingangs beschriebenen grossen öffentlichen Interesse am Thema Sozialhilfemissbrauch besteht ein hoher Bedarf nach sachlicher Information. Die öffentliche Forderung nach Sozialinspektoren ist unüberhörbar. Mit dem Pilotprojekt soll deshalb diesem Bedürfnis Rechnung getragen werden und der objektive Nutzen von Sozialinspektoren im Vergleich zu bestehenden Kontrollmöglichkeiten eruiert und kommuniziert werden. 10 Die Durchführung des Pilotprojektes kann also zu einer dringend notwendigen Versachlichung der Diskussion beitragen und anderen interessierten Gemeinden (und Kantonen) wichtige Hinweise liefern. Es wird deshalb von zentraler Bedeutung sein, die Öffentlichkeitsarbeit der und des kantonalen Sozialamtes zu bündeln. Die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Pilotprojektes liegt bei der GEF; Medienauskünfte zum Pilotprojekt durch die erfolgen nur in Rücksprache mit der GEF. III Projektumfeld Diverse Gemeinden im Kanton Bern sind daran interessiert, (versuchsweise) Sozialinspektoren einzusetzen. Da das Pilotprojekt auf vier beschränkt ist, soll weiteren interessierten Gemeinden die Möglichkeit gegeben werden, Einblick in das Pilotprojekt zu erhalten und sich in dieses einzubringen. Dazu ist die Einrichtung eines gemeindeübergreifenden Begleitgremiums vorgesehen, in dem auch ein Ausschuss der Konsultationskommission Einsitz haben wird (siehe Kap. VII. Projektorganisation). 7 Die SKOS hat unter dem Titel Kontrollen und Sanktionen eine Praxishilfe ausgearbeitet, das Vorgehen ist im Handbuch und in den SKOS-Richtlinien näher beschrieben. Diese Grundlagen sind für die Sozialdienste verbindlich. 8 Um in der Öffentlichkeit dem Vorwurf der Befangenheit zu entgehen, ist es angezeigt, eine Person/Organisation im Bereich der Verwaltung und Wirtschaft zu beauftragen. 9 Der Einsatz von Sozialinspektor/innen erfolgt in begründeten Fällen, welche sich aus internen Abklärungen, Hinweisen der Fall führenden Sozialarbeitenden oder auf Grund von Hinweisen Dritter ergeben. Aufträge an den/die Sozialinspektor/in erteilt ausschliesslich der zuständige Sozialdienst. 10 Wichtig ist die Berichterstattung über die bestehenden Kontrollmechanismen in der Sozialhilfe und über die Arbeit der Sozialarbeitenden. Ebenso muss der Unterschied zwischen Rechtsmissbrauch und fehlerhaftem Verhalten praktisch vermittelt werden. Eventuell kann im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit über anders gelagerte Gründe der Kostenzunahme in der Sozialhilfe gesprochen werden (Konjunktur, gesellschaftliche Veränderungen (Scheidungszahl, grosse Anzahl von Alleinerziehenden etc.), Sparmassnahmen vorgelagerter Systeme, Arbeitgebende/Sozialversicherungen/Vermieter, welche ihren Verpflichtungen nicht nach kommen etc.)

IV Geplante Termine und Meilensteine (kursiv) Wann Was Wer Oktober 2007 Formulierung der Projektplanung / Projektorganisation GEF Dezember/Januar 2007 Kick Off Meeting & GEF Bis 15. Februar 2008 Ausarbeitung Detailkonzepte** Verhandlungen mit Sozialinspektor/innen Einbezug Evaluator/innen 01.04. 31.10.2008 Realisierungsphase (Meilensteine: Externe Evaluation abgeschlossen, erster und letzter Einsatz des Sozialinspektors GEF (Aufsicht GEF) November 2008 Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse GEF Dezember 2008 Publikation und Kommunikation der Ergebnisse GEF& ** Das Detailkonzept legt unter anderem fest, wie die den Einsatz von Sozialinspektor/innen auszugestalten gedenken. Jede Projektgemeinde organisiert sich diesbezüglich selbständig. Die GEF möchte den bei der Wahl der Person/Firma, welche mit den externen Abklärungen betraut wird, bewusst Spielraum lassen. Es ist den entsprechend frei gestellt, ob sie Sozialarbeitende intern mit dieser Spezialaufgabe betrauen oder ob eine externe Institution mit dem Sozialinspektorat beauftragt wird. 11 Die unterbreiten der GEF bis 15.02.2008 ihr Detailkonzept, welches über das geplante Vorgehen 12 hinsichtlich des Einsatzes von Sozialinspektor/innen sowie über die damit einhergehenden Kosten Aufschluss gibt. Das Konzept muss durch die GEF genehmigt werden. V Berichtwesen a) Sitzungen Traktandenlisten Beschlussprotokolle (Kopie an GEF) b) Endergebnisse Schriftliche Dokumentation aller Projektphasen: - Definitionsphase: Projektantrag - Konzeptphase: Detailkonzepte der - Realisierungsphase: Zwischenberichte und Schlussbericht. Die Ergebnisse der Projekte werden von einer externen Organisation 13 evaluiert und in Form von Empfehlungen zu Handen der kommunalen und der kantonalen Ebene bereit gestellt. 11 Je nach Ausgestaltung des Mandates für die Sozialinspektor/innen müssen die gegebenenfalls ihre kommunale Rechtsgrundlage anpassen (siehe Kap II. 2. Rechtsgrundlagen). 12 Die folgenden Fragen müssen beantwortet sein: Wer soll mit dem Auftrag für Inspektionen betraut werden? In welchen Situationen soll das Inspektorat zum Einsatz kommen? Wer entscheidet über den Einsatz? Wie arbeitet das Sozialinspektorat, wie führt es die Abklärungen durch? 13 Sinnvollerweise wird dieselbe Organisation mit der Gesamtevaluation beauftragt, welche bereits für die sozialdienstinterne Evaluation zuständig ist (siehe Kap. 3a)

VI Geplantes Budget Die GEF kommt für die Finanzierung der externen Evaluation sowie für die Kosten im Zusammenhang mit dem Einsatz von Sozialinspektor/innen auf. Die legen der GEF ein Budget über die zu erwartenden Kosten vor, welches von der GEF genehmigt werden muss. VII Projektorganisation Auftraggeber des Pilotprojektes ist der GEF Direktor. Strategisch für das Projekt verantwortlich ist ein übergreifendes Steuer- und Kontrollgremium mit Vertreter/innen der GEF sowie der beteiligten Gemeindeprojekte. Diese Steuerungsgruppe begleitet das Pilotprojekt und gewährleistet das Monitoring und Controlling. Auch soll in diesem Gremium ein Austausch zwischen den stattfinden und der gegenseitige Zugang zu Erkenntnissen ermöglicht werden. Auftraggeber Begleit- Gremium Steuerungsgruppe/ Strategische Projektleitung Operative Projektleitung Biel Ittigen Bern Köniz KT RT KT RT KT RT KT RT Biel Ittigen Bern Köniz KT Kernteam RT Ringteam Auftraggeber Strategische Projektleitung Ph. Perrenoud, Direktor GEF R. Unteregger, GEF, Amtsvorsteherin Sozialamt (SOA)

Steuerungsgruppe - GEF: R. Unteregger (Amtsvorsteherin), P. Coullery (stv. Generalsekretär), P. Meyer (Rechtsamt) - Vertretungen : E. Olibet (Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, Bern), P.Y. Moeschler (Vorsteher Direktion für Bildung, Soziales und Kultur, Biel), L. Baumgartner (Vorsteher der Departemente Gesundheit und Soziales, Ittigen), U. Studer (Direktionsvorsteher Bildung und Soziales, Köniz). Operative Projektleitung M. Riesch, GEF, Abteilungsleiter Sozialberatung/Existenzsicherung Projektleitung Bern n.n. Projektleitung Biel B. Reusser, Abteilungsleiterin Soziales Projektleitung Köniz G. Scheibelhofer, Leiter Sozialberatung Projektleitung Ittigen U. Bohren, Leiter Abteilung Soziales Begleitgremium GEF (M. Riesch, K. Asal), Ausschuss Konsultationskommission (Regierungsstatthalter, VBG, BKSV), einzelne interessierte Gemeinden Kernteam Projektgemeindespezifisch Ringteam Evaluationsbeauftragte, Sozialinspektor/innen 14 Datum: Datum: Unterschrift Auftraggeber: Unterschrift strategische Projektleitung Biel: DER GESUNDHEITS- UND FÜRSORGEDIREKTOR DIREKTION FÜR BILDUNG, SOZIALES UND KULTUR Philippe Perrenoud Regierungsrat Pierre-Yves Moeschler Vorsteher 14 Die Sozialinspektor/innen unterstehen der jeweiligen Sozialdienstleitung und handeln nur in deren Auftrag.