Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland?

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Transkript:

Dr. Tobias Hentze München, 2. August 2017

Agenda 1 Status quo: Finanzpolitik in Deutschland 2 Erklärungsansätze für die Entwicklung der vergangenen Jahre 3 Herausforderungen und Handlungsoptionen Seite 2

Seite 3 Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland?

Landeshaushalte: nur zwei im Minus in Millionen Euro für 2016 Sachsen Saarland Bremen Nordrhein-Westfalen Hamburg Rheinland-Pfalz Schleswig-Holstein Baden-Württemberg Brandenburg Sachsen-Anhalt Thüringen Mecklenburg-Vorpommern Hessen Niedersachsen Berlin Bayern -200 300 800 1.300 1.800 Quelle: Finanzministerien der Länder Seite 4

Maastricht-Kriterium wieder in Sichtweite Schuldenstand in Milliarden Euro (linke Skala), Schuldenstandsquote als Relation von Schuldenstand zum BIP (rechte Skala) 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Schuldenstand (linke Skala) Maastricht-Kriterium (rechte Skala) Schuldenquote (rechte Skala) Anmerkung: Definition des Schuldenstands gemäß Maastricht-Vertrag. Quellen: Deutsche Bundesbank, 2017; Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR); eigene Darstellung Seite 5

Quelle: Fotolia Seite 6

Einfache Gleichung Steuereinnahmen Zinsausgaben Investitionen Schwarze Null Seite 7

Steuerquote so hoch wie seit den 1980er-Jahren nicht mehr Steuereinnahmen nach der Kassenstatistik als Anteil am BIP Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland? 24% 23% 1 Prozentpunkt = 30 Milliarden Euro 22,7% 22% 21% 20% 19% Quellen: BMF; Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 8

Zinsausgaben fast auf Niveau von 1991 Zinsausgaben der öffentlichen Hand in Milliarden Euro 70 65 60 55 2008: 68 Milliarden Euro 50 45 40 2016: 43 Milliarden Euro Anmerkung: Zinsausgaben nach VGR-Definition. Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 9

Zins-Steuer-Quote deutlich gesunken Relation von Zinsausgaben zu den Steuereinnahmen 16% 14% 12% 12% 10% 8% 6% Halbierung seit 2009 6% 4% Anmerkung: Zinsausgaben nach VGR-Definition. Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 10

Investitionsquote stagniert seit längerer Zeit Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden als Anteil der Gesamtausgaben (linke Skala) und des Bruttoinlandsprodukts (rechte Skala) 11% 3,5% 10% 3,0% 9% 2,5% 8% 2,0% 7% 1,5% 6% 1,0% Investitionsquote (Ausgaben Gebietskörperschaften) Investitionsquote (BIP) Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 11

Länder und Gemeinden schwächeln Investitionen als Anteil an den Gesamtausgaben 15% 14% 13% 12% 11% 10% 9% 8% 7% 6% 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Gemeinden Länder Bund Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 12

Investitionsquote in den meisten Bundesländer gesunken Investitionen als Anteil der Gesamtausgaben Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland? 16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% Länder und Gemeinden zusammen 2016 Länder und Gemeinden zusammen 2011 Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 13

Gewerbesteuer vielfach nicht für Investitionen genutzt Investitionsausgaben und Gewerbesteuereinnahmen (ohne Stadtstaaten) für das Jahr 2015 in Prozent SN BY TH BB BW SH MV ST NI SL RP NW HE -49-43 -32-30 -21-19 -13-8 -7 3 4 14 15 Investitionsüberhang (+) / Investitionsdefizit (-) Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 14

Zinsanstieg... Demografischer Wandel Konjunkturelle Abkühlung Pensionslasten Investitionsdefizit Quelle: istockphoto Seite 15

Demografie-Effekt auf das Einkommensteueraufkommen Veränderung des realen Einkommensteueraufkommens in Milliarden Euro Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland? 4 2 0-2 -4-6 -8-10 -12-14 -16 2019 2022 2025 2028 2031 2034 Quelle: IW Köln Seite 16

Kräftiger Anstieg der Pensionslasten ist absehbar keine ausreichende Vorsorge in den öffentlichen Haushalten Generationengerechte Finanzpolitik wo steht Deutschland? Allein der Bund hat Pensionslasten in Höhe von 647 Milliarden Euro. Quelle: Handelsblatt Seite 17

Szenarien eines Zinsanstiegs Zinsausgaben in Milliarden Euro (in Preisen des Jahres 2016) 100 90 80 70 60 50 40 Zinsausgaben des Staates Szenario 1 (real) Szenario 2 (real) Anmerkung: Szenario-Rechnungen ab dem Jahr 2017; unterstellt wird eine Inflationsrate von 2 Prozent. Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 18

Tilgungsplan für eine nicht merklich steigende Zinsquote Staatsschuldentilgung in Milliarden Euro pro Jahr 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 Szenario 1 Szenario 2 Anmerkung: Szenario-Rechnungen ab dem Jahr 2017; angenommen wird für das nominale Wachstum des BIP eine Steigerungsrate von 3 Prozent pro Jahr. Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 19

Moderate Tilgung (Szenario 1) bei steilem Zinsanstieg (Szenario 2) Entwicklung der Zinsquote als Relation von Zinsausgaben zum BIP in Prozent 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% Zinsquote bei Tilgung Szenario 1 Zinsquote bei konstantem Schuldenstand Anmerkung: Szenario-Rechnungen ab dem Jahr 2017; angenommen wird für das nominale Wachstum des BIP eine Steigerungsrate von 3 Prozent pro Jahr. Quellen: Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 20

Mögliche Verläufe der Schuldenstandsquote Schuldenstandsquote des Staates als Relation des Schuldenstandes zum BIP in Prozent 70% 65% 60% 55% 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 Szenario 1 Szenario 2 Konstanter Schuldenstand Anmerkung: Szenario-Rechnungen; angenommen wird für das nominale Wachstum des BIP eine Steigerungsrate von 3 Prozent pro Jahr. Quellen: Deutsche Bundesbank; Statistisches Bundesamt; IW Köln Seite 21

Vorhandenen Spielraum nutzen Tilgungsplan veranschlagt anfänglich 22 Milliarden Euro pro Jahr Die durchschnittliche Steuerquote lag von 2002 bis 2016 bei 21,1 Prozent. Im Jahr 2017 beträgt die Steuerquote 22,7 Prozent der Staat beansprucht einen größeren Anteil des Erwirtschafteten für sich. Dieser Unterschied von 1,6 Prozentpunkten entspricht Mehreinnahmen von rund 50 Milliarden Euro. Weniger als die Hälfte davon würde für den Tilgungsplan benötigt werden, der Rest bliebe für eine Steuerentlastung. Zusätzlich ist eine Umschichtung in den öffentlichen Haushalten hin zu wachstumsorientierten Investitionen erstrebenswert. Schuldenabbau, Stärkung der öffentlichen Investitionen und Steuerentlastung schließen sich nicht gegenseitig aus. Seite 22

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Tobias Hentze Senior Economist Öffentliche Finanzen, Soziale Sicherung, Verteilung 0221 4981-748 hentze@iwkoeln.de