Bundesarbeitsgericht Urteil vom 9. August 2016 Neunter Senat - 9 AZR 575/15 - ECLI:DE:BAG:2016: U.9AZR

Ähnliche Dokumente
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 17. November 2015 Neunter Senat - 9 AZR 179/15 - ECLI:DE:BAG:2015: U.9AZR

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 19. Januar 2016 Neunter Senat - 9 AZR 507/14 - ECLI:DE:BAG:2016: U.9AZR

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 760/11

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20. Oktober 2015 Neunter Senat - 9 AZR 224/14 - ECLI:DE:BAG:2015: U.9AZR

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 50/12

1. Eine widerrufliche Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht ist nicht geeignet, den Urlaubsanspruch zu erfüllen.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 22. Februar 2018 Sechster Senat - 6 AZR 95/17 - ECLI:DE:BAG:2018: U.6AZR

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 13. November 2014 Achter Senat - 8 AZR 919/13 - I. Arbeitsgericht Gera Urteil vom 25. Juni Ca 214/12 -

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 22. Februar 2018 Sechster Senat - 6 AZR 137/17 - ECLI:DE:BAG:2018: U.6AZR

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23. Januar 2018 Neunter Senat - 9 AZR 200/17 - ECLI:DE:BAG:2018: U.9AZR

Landesarbeitsgericht Nürnberg URTEIL

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom , 9 AZR 669/05

BAG, AZR 224/14

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 8. November 2017 Fünfter Senat - 5 AZR 692/16 - ECLI:DE:BAG:2017: U.5AZR

LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Rechtsstreit. g e g e n

Tatbestand. Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Nachteilsausgleich gemäß 113 Abs. 3, Abs. 1 BetrVG.

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 570/00

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

Fällt ein gesetzlicher Feiertag in einen Urlaubszeitraum, besteht für den Feiertag Anspruch auf Entgeltzahlung nach 2 Abs. 1 EFZG.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23. Januar 2018 Erster Senat - 1 AZR 550/16 - ECLI:DE:BAG:2018: U.1AZR

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG

Landesarbeitsgericht Nürnberg URTEIL

Tilgung des Urlaubsanspruchs bei fehlender Differenzierung zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Mehrurlaub

LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Rechtsstreit. g e g e n

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. Mai 2016 Fünfter Senat - 5 AZR 318/15 - ECLI:DE:BAG:2016: U.5AZR

Orientierungsatz: Der Urlaubsersatzanspruch unterliegt als Schadensersatzanspruch arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen.

Deutscher Bundestag. Sachstand. Erholungsurlaub während Mutterschutz und Elternzeit? Wissenschaftliche Dienste

Freistellung. Tatbestand

Urteil vom 13. November AZR 64/11 - Bundesarbeitsgericht 9. Senat. I. Arbeitsgericht Dortmund. Urteil vom 15. April Ca 5353/09 -

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom , 9 AZR 64/11

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

Beschluss: Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand. Freistellung BGB 133, 157, 293, 611, 615. Die Parteien streiten über Arbeitsvergütung.

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

Im Namen des Volkes. Urteil


U r t e i l. für Recht erkannt:

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 7 AZR 642/02

BAG Urteil vom AZR 730/87

Urlaubsabgeltung bei zweiter Elternzeit

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit. U. Straße 3 a, Q., g e g e n. K. straße 67, N.,

DNotI. Dokumentnummer: 8zr264_12 letzte Aktualisierung: BGH, VIII ZR 264/12. BGB 556 Abs. 3, 199 Abs. 1 Nr.

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

Tatbestand. Verkäuferin G

5 Teilurlaub. 5 BUrlG

BAG, Urteil vom AZR 221/10 Auflösende Bedingung für Arbeitsverhältnis Beginn der Klagefrist schwerbehinderter Arbeitnehmer

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Pfändbarkeit von Urlaubsentgelt

Schlussformulierung eines Arbeitszeugnisses - kein Anspruch auf Dankes- und Wunschformel

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 17. Januar 2017 Neunter Senat - 9 AZR 326/16 - ECLI:DE:BAG:2017: U.9AZR

Befristung TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2, 17 Satz 1; UmwG 2 Nr. 1, 19 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 324; BGB 613 a Abs. 1

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 27. Februar 2018 Neunter Senat - 9 AZR 167/17 - ECLI:DE:BAG:2018: U.9AZR

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 374/12

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Arbeitsgericht München

1. Die Revision des klagenden Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. April Sa 177/04 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 19. Februar AZR 461/11 - I. Arbeitsgericht Hamburg Urteil vom 9. September Ca 203/10 -

Befristung - Überraschungsklausel - Transparenzgebot

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 855/11

Oberlandesgericht Celle

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 934/06

Urteil. Klosterplatz 7 Tel.: 0241/ Fax: 0241/ /05. In dem Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 6 AZR 486/00

Landesarbeitsgericht München URTEIL

Im Namen des Volkes! URTEIL. In Sachen. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 29. Juni 2016 Fünfter Senat - 5 AZR 716/15 - ECLI:DE:BAG:2016: U.5AZR

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 17. Januar 2017 Neunter Senat - 9 AZR 325/16 - ECLI:DE:BAG:2017: U.9AZR

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 30. September 2009 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Abgeltung und Verfall von Urlaub bei Wechsel in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20. Februar 2018 Erster Senat - 1 AZR 361/16 - ECLI:DE:BAG:2018: U.1AZR

Seite 1. BAG AZR 981/08 - Urteil Volltext-ID: 3K32988

Betriebliche Sonderzahlung und Mutterschutz

M 07/06 Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz auf Grund eines Mandats des Hl. Stuhls URTEIL. In dem Verfahren. , Geschäftsführerin,, gegen

Direktionsrecht BGB 315 Abs. 3; GewO 106 Satz 1; KSchG 1 Abs. 3, 2

juris Langtext Quelle: Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit

Urteil Az. 2 Ca 1173/01

I. Arbeitsgericht Hannover Urteil vom 29. November Ca 204/12 Ö - II. Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil vom 5. Juni Sa 48/13-

Landesarbeitsgericht Nürnberg BESCHLUSS

Arbeitsrecht (mit BAT) Berechnung Dienstzeit;Musiker;Kulturorchester;

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Im Namen des Volkes URTEIL. In dem Rechtsstreit ...

Kündigung eines schwerbehinderten Menschen I SGB IX 69 Abs. 1, 85, 90 Abs. 2a


Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Entscheidung vom II. Die Revision wird nicht zugelassen.

LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Rechtsstreit. g e g e n

Ausschluss der ordentlichen Kündigung

Urlaub bei Arbeitsunfähigkeit Die Entscheidung des BAG vom 24. März 2009

LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit. - Beklagte und Berufungsklägerin - - Kläger und Berufungsbeklagter -

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 669/05

LAG Hamm v Sa 488/10

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS In dem Rechtsstreit. - Klägerin - X. str. 18, O.,

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit. B. straße 45, F.,

M 05/06 Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz auf Grund eines Mandats des Hl. Stuhls URTEIL. In dem Verfahren. gegen

Arbeitsgericht München ENDURTEIL

Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 24. Februar 2016 Siebter Senat - 7 ABR 20/14 - ECLI:DE:BAG:2016: B.7ABR

II. Zeitliche Festlegung ( 7 Abs. 1 und 2 BUrlG) 61 D. Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs 66 I. Fälligkeit des Urlaubsanspruchs 66 I

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit. Prozessbevollmächtigte:... g e g e n. Prozessbevollmächtigte:...

Transkript:

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 9. August 2016 Neunter Senat - 9 AZR 575/15 - ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0 I. Arbeitsgericht Erfurt Urteil vom 5. März 2014-4 Ca 1834/13 - II. Thüringer Landesarbeitsgericht Urteil vom 25. März 2015-4 Sa 91/14 - Für die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort: Bestimmungen: Beschäftigungsverbot nach Urlaubsfestlegung BGB 275 Abs. 1, 362 Abs. 1; BUrlG 7 Abs. 4; MuSchG 4, 17 Satz 2; Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) 4 Leitsätze: 1. Ein tätigkeitsbezogenes generelles Beschäftigungsverbot nach 4 MuSchG verhindert den zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs nach 362 Abs. 1 BGB erforderlichen Leistungserfolg auch dann, wenn der Urlaubszeitraum bereits vor Eintritt des Beschäftigungsverbots festgelegt war und der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin keine zumutbare Ersatztätigkeit zugewiesen hat. 2. 17 Satz 2 MuSchG regelt die Unvereinbarkeit von Urlaub und einer (vollständigen) Arbeitsbefreiung infolge mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote mit der Folge, dass das Risiko der Leistungsstörung durch ein in den festgelegten Urlaubszeitraum fallendes Beschäftigungsverbot dem Arbeitgeber zugewiesen wird.

BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 575/15 4 Sa 91/14 Thüringer Landesarbeitsgericht Verkündet am 9. August 2016 Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Im Namen des Volkes! URTEIL In Sachen Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und Zimmermann sowie die ehrenamtlichen Richter Ropertz und Lücke für Recht erkannt: ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-2 -

- 2-9 AZR 575/15 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. März 2015-4 Sa 91/14 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Jahr 2013. Die Parteien streiten über die Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Die Klägerin war seit dem 1. Juli 2008 bei der Beklagten als sog. Operatorin im Blutspendebereich mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1.790,00 Euro tätig. Zu ihrem Aufgabenbereich zählte die Entnahme von menschlichem Blut und Blutbestandteilen von Spendern. Anfang des Jahres 2013 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ua. am 11. und 12. Juli 2013, vom 19. bis zum 30. August 2013 und vom 21. bis zum 25. Oktober 2013 Urlaub wünsche. Die zuständige Zentrumsmanagerin übernahm die Urlaubswünsche in einen Urlaubsplan und erteilte hierfür einen Freigabevermerk, der den Mitarbeitern in einer Dienstbesprechung am 20. Februar 2013 mitgeteilt wurde. Die Klägerin informierte die Beklagte am 2. Juni 2013 unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über ihre Schwangerschaft. Voraussichtlicher Entbindungstermin war der 29. Dezember 2013. Die Beklagte sprach gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 5. Juni 2013 ein Beschäftigungsverbot aus. Darin heißt es auszugsweise: Aufgrund des mit Ihrer Tätigkeit verbundenen Umganges mit potentiell infektiösem Material, und zwar Blut und Plasma, und der fehlenden Möglichkeit der Umgestaltung Ihres Arbeitsplatzes bzw. eines Arbeitsplatzwechsels sehen wir bei einer Weiterbeschäftigung für die Fortdauer 1 2 3 4 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-3 -

- 3-9 AZR 575/15 Ihrer Schwangerschaft ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für Sie und Ihr ungeborenes Kind. Auf der Grundlage von 4 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz i.v.m. 4 Mutterschutzgesetz erteilen wir Ihnen mit Wirkung ab dem 05. Juni 2013 bis zum Beginn der Mutterschutzfrist nach 3 Absatz 2 Mutterschutzgesetz ein Beschäftigungsverbot. Wir [be]halten uns einen Widerruf des Beschäftigungsverbotes ausdrücklich vor. Das Beschäftigungsverbot erfolgt unter Anrechnung der Ihnen bewilligten Urlaubstage: 11.07.2013 bis 12.07.2013 2 Urlaubstage 19.08.2013 bis 30.08.2013 10 Urlaubstage 21.10.2013 bis 25.10.2013 5 Urlaubstage Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begehrte die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Jahr 2013 mit 1.400,80 Euro brutto. Sie hat die Auffassung vertreten, die Gewährung von Urlaub während des Beschäftigungsverbots verstoße gegen 17 Satz 2 MuSchG. Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.400,80 Euro brutto zu zahlen. 5 6 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe den Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Jahr 2013 durch tatsächliche Gewährung erfüllt. In der Mitteilung des Urlaubsplans habe die verbindliche Festlegung des Urlaubs gelegen. Das tätigkeitsbezogene Beschäftigungsverbot stehe der Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht entgegen, weil der Klägerin nicht jedwede arbeitsvertragliche Tätigkeit, sondern nur Arbeiten isv. 4 MuSchG ivm. 4 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) untersagt seien. Jedenfalls sei die Beklagte durch die verbindliche Anordnung des Urlaubs nach 275 Abs. 1 BGB von ihrer Leistungs- 7 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-4 -

- 4-9 AZR 575/15 pflicht frei geworden. 17 Satz 2 MuSchG sei nicht auf Beschäftigungsverbote nach 4 MuSchG anzuwenden. Das Arbeitsgericht hat der - noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses auf Feststellung des Bestehens eines Urlaubsanspruchs gerichteten - Klage stattgegeben. Nach Klageänderung in der Berufungsinstanz hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Zahlung von 1.400,80 Euro brutto verurteilt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter. 8 Entscheidungsgründe Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Beklagte ist nach 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, 17 Urlaubstage aus dem Jahr 2013 mit 1.400,80 Euro brutto abzugelten. I. In diesem Umfang ist der Urlaubsanspruch nicht durch Erfüllung gemäß 362 Abs. 1 BGB untergegangen. Der Erfüllung des Urlaubsanspruchs stand entgegen, dass für die Klägerin infolge des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots gemäß 4 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 MuSchG ivm. 4 Abs. 1 Satz 1 MuSchArbV keine Arbeitspflicht bestand. 1. Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers. Diese ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will (st. Rspr., zb BAG 10. Februar 2015-9 AZR 455/13 - Rn. 19, BAGE 150, 355; 19. Mai 2009-9 AZR 433/08 - Rn. 16, BAGE 131, 30). Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht (st. Rspr., zb BAG 9 10 11 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-5 -

- 5-9 AZR 575/15 10. Februar 2015-9 AZR 455/13 - aao; 18. März 2014-9 AZR 669/12 - Rn. 16). 2. Für die Klägerin bestand im fraglichen Zeitraum keine Arbeitspflicht. Die Klägerin durfte gemäß 4 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 MuSchG ivm. 4 Abs. 1 Satz 1 MuSchArbV die geschuldete Tätigkeit nicht mehr erbringen. Die Beschäftigungsverbote des 4 MuSchG treten unmittelbar kraft Gesetzes ein (BVerwG 27. Mai 1993-5 C 42.89 -). Eine Ersatztätigkeit, zu deren Aufnahme die Klägerin verpflichtet gewesen wäre (vgl. hierzu BAG 15. November 2000-5 AZR 365/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 96, 228), hat die Beklagte nicht zugewiesen. Danach war die Klägerin weder vertraglich verpflichtet noch tatsächlich in der Lage, andere, nicht vom mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot erfasste Tätigkeiten auszuüben. Der nach 362 Abs. 1 BGB erforderliche Leistungserfolg konnte mithin nicht eintreten (vgl. BAG 9. August 1994-9 AZR 384/92 - zu 2 a der Gründe, BAGE 77, 296). Es ist unerheblich, dass unabhängig davon bei der Arbeitnehmerin der Zweck der Urlaubsgewährung eintreten kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es daher ohne Bedeutung, ob sich die Klägerin trotz des tätigkeitsbezogenen generellen Beschäftigungsverbots hätte erholen können (vgl. für den Fall der Flugdienstuntauglichkeit eines Flugzeugführers BAG 18. März 2014-9 AZR 669/12 - Rn. 26; aa für das Beschäftigungsverbot nach 4 MuSchG, weil nur die zulässige Beschäftigung, nicht aber die Arbeitspflicht als solche beschränkt sei: HWK/Hergenröder 7. Aufl. 17 MuSchG Rn. 2; Buchner/Becker MuSchG/BEEG 8. Aufl. Vor 3 bis 8 MuSchG Rn. 50; Hk-MuSchG/BEEG/Pepping 4. Aufl. 17 MuSchG Rn. 18; wohl auch Friese NZA 2003, 597, 601). II. Der Urlaubsanspruch der Klägerin ist nicht durch Eintritt nachträglicher Unmöglichkeit gemäß 275 Abs. 1 BGB untergegangen. 17 Satz 2 MuSchG verhindert den Untergang des Urlaubsanspruchs, der nach Festlegung des Urlaubszeitraums infolge eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nicht genommen werden kann. 1. Nach 17 Satz 2 MuSchG kann die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub 12 13 14 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-6 -

- 6-9 AZR 575/15 auch noch nach Ablauf der Fristen im laufenden Jahr oder im Folgejahr in Anspruch nehmen. Die Bestimmung regelt nicht nur das für das Fristenregime des 7 Abs. 3 BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr (vgl. BAG 15. Dezember 2015-9 AZR 52/15 - Rn. 19), sondern auch die Unvereinbarkeit von Urlaub und einer (vollständigen) Arbeitsbefreiung infolge mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote mit der Folge, dass das Risiko der Leistungsstörung durch ein in den zuvor festgelegten Urlaubszeitraum fallendes Beschäftigungsverbot dem Arbeitgeber zugewiesen wird (Düwell in jurispk-vereinbarkeit von Familie und Beruf Kap. 5.23 Rn. 12). 2. Eine Arbeitnehmerin hat auch dann isv. 17 Satz 2 MuSchG ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, wenn der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum bereits vor Eintritt des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots festgelegt hatte. Die Arbeitnehmerin erhält ihren Urlaub, wenn die mit der Festlegung des Urlaubszeitraums bezweckte Erfüllungswirkung eintritt. Damit die Verpflichtung zur Urlaubserteilung nach 362 Abs. 1 BGB erlischt, genügt nicht allein die Vornahme der erforderlichen Leistungshandlung, sondern es muss auch der Leistungserfolg eintreten (BAG 9. August 1994-9 AZR 384/92 - zu 2 a der Gründe, BAGE 77, 296). Kann die Arbeitnehmerin nach dem Wortlaut des 17 Satz 2 MuSchG den vor den Beschäftigungsverboten nicht erhaltenen Urlaub danach ungekürzt in Anspruch nehmen, folgt daraus die gesetzgeberische Wertung, dass Urlaub während der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nicht erlöschen kann. 17 Satz 2 MuSchG enthält eine insoweit den Rechtswirkungen des 9 BUrlG entsprechende Ausnahme von den Rechtsfolgen des 275 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu BAG 18. März 2014-9 AZR 669/12 - Rn. 23). Ohne die Regelung in 17 Satz 2 MuSchG würde die Arbeitnehmerin ihren Urlaubsanspruch gemäß 275 Abs. 1 BGB ersatzlos verlieren, wenn ihr vor Eintritt der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote Urlaub für diesen Zeitraum bewilligt worden wäre. Der Arbeitgeber würde von der Leistungspflicht frei, weil er mit der Festlegung des Urlaubszeitraums als Schuldner des Urlaubsanspruchs das nach 7 Abs. 1 BUrlG Erforderliche getan hätte. Würde die Freistellung durch den späteren Eintritt der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nachträg- 15 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-7 -

- 7-9 AZR 575/15 lich unmöglich, ohne dass der Arbeitgeber diese Unmöglichkeit zu vertreten hätte, würde er nach 275 Abs. 1 BGB von der Verpflichtung zur Freistellung frei (so ausdrücklich zur Rechtslage vor Inkrafttreten des 17 Satz 2 MuSchG BAG 9. August 1994-9 AZR 384/92 - zu 2 b der Gründe, aao). Diese Rechtsfolge verhindert 17 Satz 2 MuSchG zugunsten der schwangeren Arbeitnehmerin (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 7 BUrlG Rn. 82 f.; ders. in jurispk- Vereinbarkeit von Familie und Beruf Kap. 5.23 Rn. 12; Graue AiB 2002, 589, 592). 3. Die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote des 4 MuSchG sind nicht vom Anwendungsbereich des 17 Satz 2 MuSchG ausgeschlossen. Unter diese Regelung fallen Urlaubsansprüche, die infolge von generellen oder individuellen Beschäftigungsverboten nicht erfüllt werden konnten. Der in 17 MuSchG genannte Begriff mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote macht deutlich, dass die Regelung nicht nur für die generellen Beschäftigungsverbote nach 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 MuSchG gilt, sondern auch für die weiteren mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote (vgl. BAG 15. Dezember 2015-9 AZR 52/15 - Rn. 14). Hierzu zählen die individuellen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote wie beispielsweise 3 Abs. 1 MuSchG (so ausdrücklich BAG 15. Dezember 2015-9 AZR 52/15 - aao). Für die Nichtanwendung des 17 Satz 2 MuSchG auf die tätigkeitsbezogenen generellen Beschäftigungsverbote des 4 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG in Fällen, in denen der Arbeitgeber - wie vorliegend die Beklagte - der Arbeitnehmerin keine zumutbare Ersatztätigkeit zuweist, findet sich im Gesetz keine Stütze. 17 Satz 2 MuSchG unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Arten von Beschäftigungsverboten. Auch nach dem Inhalt der Beschäftigungsverbote ist keine Differenzierung geboten. Durch ein tätigkeitsbezogenes generelles Beschäftigungsverbot ist die konkrete Beschäftigung mit der verbotenen Arbeit untersagt. Weist der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin zur Vermeidung eines Arbeitsausfalls keinen Ersatzarbeitsplatz zu, ist die Arbeitnehmerin - wie bei sonstigen Beschäftigungsverboten - insgesamt von ihrer Leistungspflicht entbunden. 16 ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0-8 -

- 8-9 AZR 575/15 III. Der Resturlaub aus dem Jahr 2013 verfiel weder mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch des 31. März 2014. Die Klägerin konnte infolge der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nach 4 Abs. 1, 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 MuSchG ihren Urlaub aus dem Jahr 2013 nicht in diesem Urlaubsjahr nehmen. Nach Ablauf der Verbote im Jahr 2014 bestand dieser Urlaub gemäß 17 Satz 2 MuSchG noch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 15. Dezember 2015-9 AZR 52/15 - Rn. 13 ff.). Er war deshalb aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Höhe nach unstreitigen 1.400,80 Euro brutto abzugelten. 17 IV. tragen. Die Beklagte hat gemäß 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu 18 Brühler Krasshöfer Zimmermann Ropertz Lücke ECLI:DE:BAG:2016:090816.U.9AZR575.15.0