Kommunale Fraktionsfinanzierung 05

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Transkript:

Kommunale Fraktionsfinanzierung 05 Die zweckmäßige und wirtschaftliche Verwendung der den Fraktionen und Gruppen in Kreistagen gewährten Sach- und Haushaltsmittel ist häufig nicht gewährleistet. Eine Konkretisierung der Vorschriften über die Nachweisführung sowie die Zulässigkeit und Grenzen der Mittelverwendung sind nach wie vor dringend erforderlich. 1 2 1 Prüfungsgegenstand Die StRPrÄ haben im Auftrag des SRH bei 3 Landkreisen erneut die Gewährung von Sach- und Geldleistungen an Fraktionen und Gruppen des Kreistages sowie deren Verwendung durch die Fraktionen und Gruppen geprüft. 2 Grundsätze der Fraktionsfinanzierung Der SRH hat die Grundsätze für die Gewährung von Sach- und Geldleistungen an Fraktionen und deren Verwendung durch die Fraktionen in seinem Jahresbericht 2005, Beitrag Nr. 43, ausführlich dargestellt und insbesondere im Jahresbericht 2010, Beiträge Nr. 34 und 40, darauf Bezug genommen. Die Höhe der gewährten Haushaltsmittel muss in einem angemessenen Verhältnis zur Arbeit der Fraktionen für den Gemeinderat bzw. Kreistag und zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kommune stehen. Die Verteilung der Fraktionsmittel ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) 1 nach einem Maßstab vorzunehmen, der sich an deren tatsächlichem oder erwartbarem Bedarf bei der Geschäftsführung orientiert. Danach ist eine Bemessung, die sich ausschließlich an der Anzahl der Fraktionsmitglieder ausrichtet, unzulässig. 3 Bemessung der Fraktionsmittel 4 Aus der Rechtsnatur und den Aufgaben der Fraktionen folgt, dass die ihnen zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel ausschließlich zur Finanzierung des notwendigen sächlichen und personellen Aufwandes, der ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben entsteht, und zur sachbezogenen Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden dürfen. Die Mittel sind insoweit zweckgebunden. Fraktionen als Teile des Gemeinderates bzw. des Kreistages haben bei der Bewirtschaftung der ihnen gewährten Haushaltsmittel nach Auffassung des SRH über die gesetzlich bestimmte einfache Nachweisführung (vgl. 35a Abs. 3 Satz 4 SächsGemO bzw. 31a Abs. 3 Satz 3 SächsLKrO) hinaus die Grundzüge des kommunalen Haushalts- und Kassenrechts zu beachten. 5 Beachtung der Grundzüge des kommunalen Haushalts- und Kassenrechts 6 Hierfür sind eine ordnungsgemäße Buch- und Belegführung mit Angabe des Verwendungszweckes sowie die Aufbewahrung der Unterlagen entsprechend den für die Kommunen geltenden Vorschriften erforderlich (vgl. 22 Abs. 1 Satz 2 und 34 SächsKomKBVO). Forderungen sind rechtzeitig durchzusetzen und überlassene Mittel müssen für Aufwendungen und Auszahlungen im Haushaltsjahr ausreichen (vgl. 27 und 28 Abs. 1 SächsKomHVO-Doppik). Die aus Fraktionsmitteln beschafften Vermögensgegenstände sind in einfachen Bestandsverzeichnissen nachzuweisen. 1 Vgl. Urteil vom 05.07.2012, Az.: 8 C 22/11. Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht 83

7 Es besteht jedoch auch nach Auffassung des SRH keine Verpflichtung zur Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit Nach wie vor erhebliche Rechtsunsicherheit bei der kommunalen Fraktionsfinanzierung Fraktionsmittel sind allgemeine Haushaltsmittel Zulässigkeit zweckwidriger Ausgaben nach der örtlichen Regelung Bewirtung von Fraktionsmitgliedern Erhöhte Aufwandsentschädigung für Fraktionsvorsitzende 8 9 10 11 12 13 14 15 Haushalts- bzw. Finanzplanung sowie Erstellung eines Jahresabschlusses, Erteilung einer Kassenanordnung vor einer Verwendung der zur Selbstbewirtschaftung überlassenen Mittel, schriftlichen Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit, Trennung von sachlicher und zeitlicher Buchung, Erstellung des kassenmäßigen Tages-, Zwischen- oder Jahresabschlusses. Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung gilt uneingeschränkt auch für die Bewirtschaftung der Fraktionsmittel. 3 Prüfungsergebnisse Im Rahmen der überörtlichen Prüfung war festzustellen, dass insbesondere hinsichtlich des Charakters der Finanzierung, der Art der Nachweisführung sowie der Zulässigkeit und der Grenzen der Verwendung der für ihre Aufgabenerfüllung bereitgestellten Haushaltsmittel sowohl bei Landkreisen als auch bei den Fraktionen und Gruppen in den Kreistagen nach wie vor erhebliche Unsicherheiten bestehen. Die Zielstellung des Gesetzgebers, mit der Einfügung des 31a SächsLKrO bzw. des 35a SächsGemO Rechtssicherheit für die Bildung, die Öffentlichkeitsdarstellung und die Finanzierung von Fraktionen zu schaffen, ist nach Einschätzung des SRH insofern teilweise nicht erreicht worden. Ein Landkreis gewährte seinen Fraktionen die Mittel nur auf schriftlichen Antrag durch Verwaltungsakt als Zuwendungen. Bei der Fraktionsfinanzierung handelt es sich nicht um die Gewährung von Zuwendungen an Dritte außerhalb der Kommune, sondern um Haushaltsausgaben für eigene Zwecke. 3.1 Zweckwidrige Ausgaben der Fraktionen Soweit die Landkreise Regelungen zur Fraktionsfinanzierung erließen, waren sie teilweise mit den für die Verwendung der Mittel geltenden Vorschriften nicht vereinbar. Zum Teil wurden darin Ausgaben als zulässig erachtet, die nicht oder nicht in jedem Fall in einem Zusammenhang mit dem den Fraktionen kommunalverfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgabenbereich standen. Dies betraf bspw. die uneingeschränkte Verwendungsmöglichkeit der Haushaltsmittel für Mitgliedsbeiträge kommunalpolitischer Vereinigungen (kpv) und zur Beauftragung von Gutachten zu Themen des Kreistages. Die Fraktionen und Gruppen verwendeten einen nicht unerheblichen Teil der ihnen zur Selbstbewirtschaftung überlassenen Haushaltsmittel für Zwecke, die in keinem Zusammenhang mit ihren Aufgaben standen. Mehrere Fraktionen setzten die Mittel zur Bewirtung ihrer Mitglieder ein oder beschafften für diese Geschenke anlässlich persönlicher Jubiläen. Eine Fraktion gewährte einem privaten Verein ein zinsloses Darlehen über 5.000 zur Finanzierung von Prozesskosten. Eine Fraktion gewährte ihrem Vorsitzenden eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von monatlich 100 ohne Bestehen einer entsprechenden örtlichen Regelung des Landkreises. 84 Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht

16 17 18 19 20 21 Die Leistung einer erhöhten Aufwandsentschädigung für den Fraktionsvorsitzenden ist nur aufgrund einer entsprechenden örtlichen Regelung (z. B. Entschädigungssatzung), die die Gemeinde bzw. der Landkreis getroffen hat, zulässig. Eine Funktionszulage aufgrund einer Entscheidung allein der Fraktion ist unzulässig. 3.2 Unzulässige Öffentlichkeitsarbeit und verdeckte Parteienfinanzierung Schwierigkeiten bereitete insbesondere die Abgrenzung zulässiger von unzulässiger Öffentlichkeitsarbeit. Eine Fraktion finanzierte bspw. im Jahr 2010 Informationsbriefe. In einem Brief informierte sie über die Richtlinie ihres Landkreises zur Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Empfänger von Arbeitslosengeld II. Gleichzeitig forderte sie die Empfänger auch auf, sich gegen ungerechte Bescheide des Landkreises zur Wehr zu setzen. In einem anderen Informationsbrief, für den sie 2.304 verausgabte, appellierte sie an die Abgeordneten des Landkreises, im Sächsischen Landtag in einer von ihr gewünschten Weise abzustimmen, setzte sich mit der Höhe der Abgeordnetendiäten auseinander und informierte über die Baukostenentwicklung zweier Großprojekte außerhalb der Zuständigkeit des Landkreises. Zudem führte sie eine Informationsveranstaltung zu den Änderungen beim Arbeitslosengeld und bei der Grundsicherung von Arbeitsuchenden und Arbeitenden durch. Eine andere Fraktion führte einen Neujahrsempfang und andere Veranstaltungen durch, deren Zwecke und Teilnehmer nicht mehr nachvollzogen werden konnten. Die Fraktionen und Gruppen verwendeten die Mittel insbesondere im Zusammenhang mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit, aber auch sonst, z. T. zugunsten von politischen Parteien und Wählervereinigungen. Die mit Haushaltsmitteln finanzierten Internetseiten der Fraktionen enthielten regelmäßig Links zu den entsprechenden Orts-, Kreis- und Landesverbänden. Teilweise ließen sich auf ihnen Wahlprogramme und sonstiges Werbematerial der die Fraktion oder Gruppe tragenden Parteien abrufen. Zahlreiche zum Abruf bereitgestellte Beiträge waren parteipolitischen Inhalts. Eine Fraktion finanzierte neben ihrem eigenen Internetauftritt auch den einer Wählervereinigung und bezahlte dafür im Jahr 2009 1.867. Die Beiträge einer Zeitschrift einer in einem Kreistag vertretenen Gruppe, für deren Druck im Jahr 2009 rd. 2.478 aufgewendet wurden, fielen ganz überwiegend inhaltlich nicht in die Zuständigkeit des Landkreises. Eine andere Fraktion ließ ihre Mitglieder auf Kosten des Landkreises u. a. zu den Themen Kommunalwahl 2009, Spendenbescheinigungen und Freibetragsgrenzen und Wahlrecht zum Sächsischen Landtag schulen. Einige Fraktionen zahlten aus den Haushaltsmitteln Mitgliedsbeiträge an kommunalpolitische Vereinigungen, deren primärer Zweck in der Durchsetzung von parteipolitischen Zielen und Grundsätzen in der Kommunalpolitik und nicht in der Unterstützung und Beratung der Fraktion bestand. Insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen hält sich nur dann im Rahmen des Zulässigen, wenn die Veröffentlichungen, Veranstaltungen und sonstige Öffentlichkeitsarbeit einen Bezug zur Arbeit im Gemeinderat bzw. Kreistag haben. Sie muss so gestaltet werden, dass die interessierte Öffentlichkeit allgemeinen Zugang hierzu hat. Eine Öffentlichkeitsarbeit, bei der Bezüge zur Gemeinderats- bzw. Kreistagsarbeit fehlen bzw. hinter allgemein- oder parteipolitische Anliegen zurücktreten, darf nicht mit Haushaltsmitteln finanziert werden. Fraktionsmittel dürfen nicht zugunsten von politischen Parteien oder Wählergruppen eingesetzt werden. Unzulässige Öffentlichkeitsarbeit Unzulässige Mittelverwendung zugunsten politischer Parteien Zulässige Öffentlichkeitsarbeit Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht 85

Beiträge für kommunalpolitische Vereinigungen Unwirtschaftliches Handeln der Fraktionen 22 23 24 Übernimmt eine Fraktion die Kosten für Mitgliedsbeiträge oder Fortbildungskosten einer kommunalpolitischen Vereinigung (kpv 2 ), so ist dies nur zulässig, wenn die von der kpv erbrachte Gegenleistung in nicht nur unerheblichem Maße der Fraktion - und nicht nur dem Einzelnen - zugutekommt, indem die Gegenleistung für die Aufgabenerfüllung der Fraktion von Nutzen ist. Andernfalls liegt eine zweckwidrige Mittelverwendung vor. So sind bspw. entsprechende Aufwendungen aus Fraktionsmitteln zulässig, wenn die Beratung oder Fortbildung von Fraktionen ausweislich der Satzung der kpv oder tatsächlich eine nicht nur untergeordnete Rolle einnimmt 3. 3.3 Mangelhafte Bewirtschaftung der Fraktionsmittel Die geprüften Fraktionen und Gruppen verwendeten die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel nicht in jedem Fall wirtschaftlich und sparsam. Beanstandungswürdig waren in nahezu allen Fällen die Reisekostenerstattungen für die Geschäftsführer, Mitarbeiter bzw. Mitglieder der Fraktionen. Teilweise hatten die Reisen zudem keinen Bezug zur zulässigen Fraktionsarbeit. Miet- und Arbeitsverträge schlossen die Fraktionen grundsätzlich unbefristet. Sie liefen damit Gefahr, im Falle ihrer Auflösung Abfindungen zahlen oder über ihr Bestehen hinaus weitere Zahlungen leisten zu müssen. Eine Fraktion honorierte die Tätigkeiten ihres Geschäftsführers zur Vorbereitung der Unterlagen für die überörtliche Prüfung mit 500, obgleich dies zu den vertraglich geschuldeten Aufgaben gehörte, für die er monatlich 100 bezog. Mangelhafte Nachweisführung 25 26 27 28 Bis auf wenige Ausnahmen führten die Fraktionen und Gruppen keine Nachweise über die von ihnen mit Haushaltsmitteln beschafften Vermögensgegenstände. In vielen Fällen war aus Unsicherheit über die anzuwendenden Vorschriften zudem die Belegführung und -aufbewahrung mangelhaft. Teilweise waren die Verwendungszwecke der verausgabten Beträge anhand der geführten Unterlagen nicht oder nicht mehr nachvollziehbar. So ging bspw. aus den Belegen für Bewirtungen nicht hervor, welche Personen aus welchem Anlass diese Leistungen in Anspruch nahmen. Die Fraktionen haben die Pflicht, über die Verwendung der ihnen zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel einen Nachweis in einfacher Form zu führen ( 35a Abs. 3 Satz 4 SächsGemO bzw. 31a Abs. 3 Satz 3 SächsLKrO). 3.4 Unzureichende Prüfung der Mittelverwendung Die Landkreise prüften Verwendungsnachweise der Fraktionen und Gruppen in den Kreistagen nicht oder nur unzureichend. Rückforderungsansprüche machten sie deshalb in keinem einzigen Fall geltend, selbst dort nicht, wo die Mittelverwendung offensichtlich zweckwidrig war. Mittelverwendung prüfen 29 30 Die Kommunen haben die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch die Fraktionen zu prüfen. Nicht zweckentsprechend verwendete Mittel haben die Fraktionen den Gemeinden bzw. Landkreisen nach Feststellung innerhalb einer dafür zu bestimmenden Frist zu erstatten. Die Gemeinden bzw. Landkreise haben 2 Die hier betrachteten kommunalpolitischen Vereinigungen sind nicht für jede politische Richtung deckungsgleich mit den sog. kommunalpolitischen Bildungsvereinigungen; diese können eine Förderung durch den Freistaat etwa aufgrund der RL des SMI über die Gewährung von Zuwendungen an kommunalpolitische Bildungsvereinigungen erfahren. 3 Vgl. auch Menke: in Quecke/Schmid, Kommentar zur SächsGemO, 35a, Rdnr. 54. 86 Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht

die Fraktionen zur Rückzahlung aufzufordern, ggf. kommt auch eine Verrechnung mit künftigen Ansprüchen der Fraktionen in Betracht. 31 3.5 Anwendung der Grundsätze für Gruppen Da sich auch Gruppen 4, auch wenn ihnen im Freistaat Sachsen die kommunalverfassungsrechtliche Absicherung fehlt, in einer den Fraktionen angenäherten Weise an der Arbeit im Hauptorgan beteiligen, können die Kommunen auch ihnen Haushaltsmittel gewähren. Haushaltsmittel, die die Kommunen den Gruppen für die sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung zur Verfügung stellen, unterliegen derselben Zweckbindung und denselben rechtlichen Regeln wie die Mittel der Fraktionen; die Grundsätze der Fraktionsfinanzierung gelten daher für die Gruppen entsprechend. 4 Empfehlungen Für die Fraktionsfinanzierung sollte das SMI nach Auffassung des SRH insbesondere die nachfolgend aufgeführten Grundzüge des kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsrechts verbindlich vorgeben: 32 Konkretisierung erforderlich wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung, Nachweisführung durch Buchführung in einfacher, vollständiger und nachprüfbarer Form, Erfordernis begründender Unterlagen für entstandene Aufwendungen, Führung eines geordneten Verzeichnisses über Inventar, das aus Mitteln der Gemeinde beschafft wurde (ggf. unter Bestimmung einer Wertgrenze), Vorlagepflicht für die Bücher, Belege und des Inventarverzeichnisses gegenüber der Gemeinde unverzüglich nach Ablauf des Haushaltsjahres, Rückforderung von Mitteln durch die Gemeinde, soweit diese nach Prüfung nicht zur Wahrnehmung fachlicher Aufgaben verwendet oder nicht verbraucht wurden, Aufbewahrungspflicht für die haushaltsrechtlichen Dokumente bis zum Ende der Wahlperiode und anschließende Übergabepflicht an die Gemeindekasse zur weiteren Aufbewahrung, Übergabe der mit Mitteln der Gemeinde beschafften Sachen sowie überlassener Räume nach Ablauf der Wahlperiode, Vorlage- und Übergabepflichten auch für diejenigen Fraktionen, die nicht bis zum Ende des Haushaltsjahres oder der Wahlperiode bestehen. 33 34 Das SMI sollte darüber hinaus den Erlass von Hinweisen für die Finanzierung der Fraktionen und Gruppen in den Gemeinderäten und Kreistagen prüfen, damit diese die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel ordnungsgemäß und rechtssicher bewirtschaften können. Dabei sollten insbesondere die Zulässigkeit und die Grenzen der Mittelverwendung näher bestimmt werden 5. Die Gemeinden und Landkreise sollten im Hinblick auf den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung im Einzelfall prüfen, inwieweit eine stärkere Nutzung gemeindlicher bzw. kreislicher Ressourcen für Belange der Fraktionen möglich ist. So kommt bspw. eine Erledigung der Kassengeschäfte der Fraktionen durch die Gemeinde- bzw. Kreiskasse in Betracht. Dies würde eine erhebliche Entlastung der Fraktionen von Verwaltungstätigkeiten bewirken und ihnen ermöglichen, sich Hinweise des SMI zur rechtskonformen Gewährung und Verwendung von Fraktionsmitteln notwendig Prüfung der Übernahme von Verwaltungstätigkeiten durch die Verwaltung 4 Die überörtliche Prüfung eines Landkreises zeigte auf, dass dieser nach seiner Entschädigungssatzung die finanzielle Unterstützung sowohl Fraktionen als auch Gruppen gewährte. Nach 3 der Geschäftsordnung für den Kreistag betrug die Fraktionsmindeststärke 6 Kreisräte. Fraktionslose Kreisräte konnten sich zu Gruppen mit einer Mindeststärke von 2 Kreisräten zusammenschließen. 5 Vgl. z. B. Runderlass Nr. 3/2013 Fraktionen in Vertretungen kommunaler Körperschaften des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 04.12.2013, www.bravors.brandenburg.de/sixcms/detail.php?gsid=land_bb_bravors_01.c.54117.de. Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht 87

stärker auf ihre Kernaufgaben, nämlich die Mitwirkung bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Kreistag, zu konzentrieren. Ebenso sollte hinsichtlich des Beschaffungswesens abgewogen werden, ob der notwendige Bedarf der Fraktionen an Sachmitteln oder Dienstleistungen in seiner Sachgesamtheit wirtschaftlicher über die Gemeinden bzw. Landkreise gesichert werden kann. Schaffung örtlicher Regelungen 35 36 37 38 Sofern örtliche Regelungen zur Finanzierung von Fraktionen und Gruppen nicht vorliegen, sind solche zu erarbeiten. Bestehende Regelungen sind auf Ihre Vereinbarkeit mit den geltenden Vorschriften zu überprüfen. 5 Stellungnahmen Das SMI nimmt die Ausführungen des SRH zur Kenntnis und weist darauf hin, dass die Rechtsaufsichtbehörden im Falle konkreter Prüfungsfeststellungen diese weiterverfolgen und im Einzelfall die gebotenen Maßnahmen ergreifen werden. Darüber sieht das SMI keinen Bedarf an weiteren gesetzlichen Regelungen, da die einschlägige Kommentarliteratur ausreichende Erläuterungen zur rechtmäßigen Verwendung von gewährten Fraktionsmitteln biete. Der Sächsische Landkreistag und der SSG bestätigen die bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf die kommunale Fraktionsfinanzierung. Eine Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen bzw. weiterführende Hinweise des SMI werden als hilfreich und der Rechtssicherheit dienlich eingeschätzt. 6 Schlussbemerkungen Die wiederkehrenden Prüfungsfeststellungen des SRH belegen, dass weitreichende Unsicherheiten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Verwendung gewährter Fraktionsmittel trotz vorhandener Erläuterungen in der Kommentarliteratur bestehen und insoweit verbindliche und einheitliche Leitlinien erforderlich sind. 88 Jahresbericht 2014 des Sächsischen Rechnungshofs, Band II: Kommunalbericht