Der Bundesvorsitzende DSTG * DEUTSCHE STEUER-GEWERKSCHAFT * Friedrichstraße 169 * 10117 Berlin Bundesministerium der Finanzen Wilhelmstraße 97 10117 Berlin Per E-Mail an: IVA4@bmf.bund.de Friedrichstraße 169 10117 Berlin Telefon: 030 / 20 62 56 600 Telefax: 030 / 20 62 56 601 www.dstg.de dstg-bund@t-online.de 21. April 2017 Entwurf einer Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung - KassenSichV) GZ: IV A 4 - S 0316/13/10005 :51 Dok: 2017/0157769 Ihr Schreiben vom 31. März 2017 Sehr geehrter Herr Dr. Misera, ich danke Ihnen für die Übersendung des Referentenentwurfs und nehme für die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) wie folgt Stellung: Für die DSTG ist das Thema Manipulationssicherheit von Registrierkassen in puncto Steuergerechtigkeit von besonders großer Bedeutung. Als Fachgewerkschaft der Finanzverwaltung legen wir unser Augenmerk nicht nur auf praktikable, sondern möglichst umfassende Lösungen, die der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienen müssen. Ein gerechter und gleichmäßiger Steuervollzug, besonders im sensiblen Bereich der zahlreichen Bargeschäfte des täglichen Lebens, ist ein wesentlicher Beitrag zu höherer Steuerakzeptanz und Steuerehrlichkeit. Gleichzeitig ist eine gleichmäßige Besteuerung ohne Manipulationsmöglichkeiten unabdingbar für einen unverzerrten wirtschaftlichen Wettbewerb mit gleichen Marktchancen für die Marktteilnehmer.
2 Der jetzt vorliegende Entwurf einer Kassensicherungsverordnung engt den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen so stark ein, dass das Ziel einer umfassenden Bekämpfung von Manipulationen aus unserer Sicht nicht erreicht werden kann. Zu 1: Elektronische Aufzeichnungssysteme Eine klare Definition der elektronischen Aufzeichnungssysteme im 1 Satz 1 des Verordnungsentwurfs wird zwar grundsätzlich befürwortet. Wir treten jedoch den zahlreichen Ausnahmen in 1 Satz 2 des Verordnungsentwurfs entschieden entgegen. Mit dieser Formulierung weicht der Satz 2 erheblich vom VO-Referentenentwurf des BMF aus dem Juni 2016 ab. 1. Ausnahme von Geld- und Warenspielgeräten Unverständlich ist, weshalb gerade die Geld- und Warenspielgeräte ausgenommen werden sollen. Damit wird eine ganze Branche privilegiert, in denen die Manipulationsanfälligkeit und -häufigkeit erfahrungsgemäß außerordentlich hoch ist. Gerade hier ist die Verpflichtung zur Manipulationssicherheit besonders angezeigt. Unternehmer berichten uns, dass ein wirtschaftliches Überleben mit nicht manipulierten Geld- und Warenspielgeräten nahezu unmöglich sei und geben uns deutliche Hinweise auf evidente strukturelle Vollzugsdefizite. Die praktischen Erfahrungen aus den Finanzämtern zeigen ebenfalls auffällig hohes Manipulationspotential bei Gewinnspielgeräten. Wir sprechen uns daher dringend dafür aus, die Geld- und Warengewinnspielgeräte ausdrücklich in den sachlichen Anwendungsbereich einzubeziehen und zur manipulationssicheren Aufzeichnung zu verpflichten. 2. Ausnahme von Taxametern und Wegstreckenzählern Ebenso wenig nachvollziehbar ist die Ausnahme für Taxameter und Wegstreckenzähler. Die praktischen Erfahrungen im Land Hamburg zeigen, dass durch die Ausrüstung von Taxametern mit manipulationssicheren Systemen wesentliche Erfolge zu verzeichnen waren.
3 Im Ergebnis der manipulationssicheren Umrüstung auf freiwilliger Basis stiegen die steuerlich gemeldeten Erlöse von durchschnittlich 0,62 je km (im Jahr 2004) auf durchschnittlich 1,10 je km (im Jahr 2014). Der durchschnittliche Jahreserlös je Fahrzeug bei Mehrfahrzeugbetrieben stieg von 43.800 (im Jahr 2005) auf 81.200 (im Jahr 2014). Zudem habe sich der Markt von 4.200 Fahrzeugen (im Jahr 2006) auf ca. 3.200 Fahrzeuge (im Jahr 2015) bereinigt. Die DSTG plädiert daher unbedingt dafür, auch Taxameter und Wegstreckenzähler zur manipulationssicheren Umrüstung vorzusehen. 3. Ausnahme von elektronischen Buchhaltungsprogrammen Da die Regelungen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen frühestens ab 2020, teilweise erst ab 2023 anzuwenden sind, muss die Verordnung jetzt zukunftssicher ausgestaltet werden, um nicht in drei Jahren bereits veraltet zu sein und moderne Szenarien nicht zu erfassen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Ausnahme von elektronischen Buchhaltungsprogrammen überdacht und präziser gefasst werden. Im Zuge der immer weiter und rascher voranschreitenden Digitalisierung werden statt klobiger Registrierkassen immer häufiger Tablet-PC-basierte Softwarelösungen in der Gastronomie, im Event- und Dienstleistungsbereich sowie auch im Einzelhandel eingesetzt. Die DSTG geht davon aus, dass Kassensoftware auf tragbaren Endgeräten in drei bis fünf Jahren eher Standard als die Ausnahme sein wird. Reine Softwarelösungen sind, unabhängig vom Betriebssystem, jedoch besonders manipulationsanfällig und müssen daher durch Sicherungseinrichtungen vor Eingriffen geschützt werden. Wenn elektronische Buchhaltungsprogramme in der Verordnung pauschal von der Pflicht zum Manipulationsschutz ausgenommen werden, wird damit eine schwere Regelungslücke aufgetan. Zu befürchten sind nicht nur Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten, sondern auch Umgehungsmöglichkeiten von nicht abschätzbarem Umfang. Um solchen Unwägbarkeiten bereits im Vorfeld zu begegnen, sollte nur Buchhaltungssoftware ausgenommen werden, mit der keine Zahlungsvorgänge oder -umsätze erfasst und verarbeitet werden können.
4 Buchhaltungssoftware, die auch an Verkaufs- und Zahlstellen eingesetzt werden kann, muss ebenso von der Verordnung erfasst sein wie klassische elektronische Registrierkassen. Die DSTG erinnert daran, dass bereits im Gesetz keine Pflicht zum Einsatz eines elektronischen Registrierkassensystems verankert ist und somit nur Unternehmer erfasst werden, die ohnehin schon Registrierkassen einsetzen. Mit den zahlreichen Ausnahmen im 1 S. 2 des vorliegenden Referentenentwurfs würde die Kassensicherungsverordnung das Gesetz endgültig zum Papiertiger reduzieren. Insgesamt würde zum Zeitpunkt der ersten Gesetzesanwendung nur ein Bruchteil der in Deutschland betriebenen Verkaufs- und Zahlstellen erfasst werden. Wir halten es zudem für höchst problematisch, dass eine Rechtsverordnung den sachlichen Anwendungsbereich eines Parlamentsgesetzes in einer so weitreichenden Art und Weise einschränken kann. Es erscheint uns sehr zweifelhaft, dass dies von der Verordnungsermächtigung abgedeckt ist. Zu 6: Anforderungen an den Beleg Die DSTG vermisst in den Mindestanforderungen zum Beleg ein steuerliches eindeutiges Identifikationsmerkmal. Zum Einen ist dies äußerst hilfreich für die eindeutige Zuordnung der Belege zu einem Steuerpflichtigen, zum Anderen aber muss es den Kunden (als Umsatzsteuer-Belastete) möglich sein, auf einen Blick zu erkennen, ob das Unternehmen auch tatsächlich wenigstens steuerlich erfasst ist. Wir regen daher an, wenigstens eines der folgenden Merkmale in die Mindestanforderungen an einen Beleg aufzunehmen: - Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID), - Steuernummer oder - Steuer- bzw. Wirtschafts-Identifikationsnummer (Steuer-/ Wirtschafts-ID).
5 Die Angabe mindestens eines dieser Merkmale ist bereits heute bei der überwiegenden Zahl an Kassensystemen Standard und damit keinerlei zusätzliche Belastung für die Unternehmen. Mit freundlichen Grüßen Thomas Eigenthaler Bundesvorsitzender