Der Schweizer Weltatlas ist 100 Jahre alt geworden und bietet heute weit mehr als nur «Briefträgergeografie»



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Transkript:

17. Januar 2011 Der Schweizer Weltatlas ist 100 Jahre alt geworden und bietet heute weit mehr als nur «Briefträgergeografie» Das Oberengadin - wie man es im neuen Schweizer Weltatlas sieh t (Bild: ETH-Institut für Kartografie) Seit hundert Jahren gibt es den Schweizer Weltatlas. Die neuste, soeben veröffentlichte Ausgabe ist Abbild eines neuen Geografieverständnisses und der jüngsten Entwicklungen in der Kartografie. Die Internet-Version erlaubt neue Verwendungsformen. Gregor Henger In den hundert Jahren, seit denen es den Schweizer Weltatlas gibt, hat sich das Geografieverständnis im Schulunterricht stark verändert. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts diente dieses Fach vor allem dem Erwerb des sogenannten Orientierungswissens, etwas abfällig auch «Briefträgergeografie» genannt. Im Lauf der letzten Jahrzehnte hat sich die Geografie von der rein physischen Beschreibung der Erde um die Darstellung des Zusammenwirkens von Mensch und Umwelt erweitert. Bestseller mit Kontinuität Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1910 hat das heute «Schweizer Weltatlas» genannte Lehrmittel mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) die gleiche Herausgeberschaft. Insgesamt erschien der Schweizer Weltatlas im Verlauf seiner 100-jährigen Geschichte in einem vollen Dutzend Ausgaben in allen drei Landessprachen, und die Gesamtauflage übersteigt bei weitem die Millionengrenze; es ist das wohl am weitesten verbreitete Schulbuch des Landes. Der Atlas ist nicht nur von der Auflage her ein Bestseller, sondern auch ein gutes, wenn auch nicht profitorientiertes Verlagsgeschäft: Der Schweizer Weltatlas ist finanziell selbsttragend. Mit der neuesten Ausgabe, die im Spätherbst 2010 erschienen ist, wurde neben der nachgeführten Buchausgabe auch ein revolutionär neues Instrument für den Geografieunterricht eingeführt, der «Schweizer Weltatlas interaktiv». Es handelt sich dabei um eine neuartige Web-Applikation, die aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Dieser interaktive Web-Atlas will jedoch die Buchausgabe keineswegs ersetzen. Der gedruckte Atlas wird darum auch in Zukunft aktualisiert und bleibt in seiner bewährten Form erhalten. Für die neue Ausgabe wurde der Inhalt nachgeführt. Es kamen verschiedene Detailkarten der Schweiz und von Regionen aus der ganzen Welt hinzu. Ferner wurden neue Signaturen eingeführt, damit Grossstädte (ab 5 Millionen Einwohnern) von sogenannten Megacitys (über 10 Millionen Einwohner) unterschieden werden können. Überdies

wurden die Wirtschaftsdiagramme einheitlich und anhand der neuesten statistischen Daten des International Trade Center (ITC) aktualisiert. Ein Abbild der Entwicklung Die 136 Kartenseiten der Erstausgabe von 1910 waren noch teilweise in der im 19. Jahrhundert durch die legendäre Dufour-Karte populär gewordenen, einfarbigen, aber sehr plastisch wirkenden Schraffendarstellung gehalten, obwohl sich für die amtlichen Kartenwerke die nach Hermann Siegfried, dem Nachfolger Guillaume Henri Dufours in der Abteilung für Landestopografie, benannte Siegfriedkarte bereits weitgehend durchgesetzt hatte. Die dreifarbige Darstellung des Geländes war dort durch Höhenkurven charakterisiert und wurde ab 1928 durch Eduard Imhof auch in der inhaltlich nur unwesentlich erweiterten zweiten Mittelschulatlas-Ausgabe übernommen. Mit der Neuausgabe von 1962 führte Imhof auf allen Geländekarten die von ihm entwickelte geschummerte Reliefdarstellung des Geländes mit einer naturähnlichen Höhenstufen-Farbskala ein. Die 148 Kartenseiten des Mittelschulatlas dienten, dem damaligen Verständnis der Kartografie entsprechend, zum überwiegenden Teil der physischen Beschreibung der Erdoberfläche. Eine grundsätzliche Neuerung des Atlasinhalts wurde nach der Übernahme der Chefredaktion durch Ernst Spiess eingeführt. Die Analyse ausländischer Schulatlanten sowie Umfragen unter den Atlasbenützern machten klar, dass sich der Geografieunterricht methodisch und didaktisch in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert hatte. In seinem Tätigkeitsbericht schilderte Ernst Spiess die Situation wie folgt: «Anstelle der früher mehr auf die physische Geografie und ein enzyklopädisches länderkundliches Wissen ausgerichteten Lehrinhalte wurden nun die Einwirkungen des Menschen auf den Lebensraum stärker betont. Die Analyse der Komplexität einer Landschaft, thematische Interdependenzen, aber auch Quervergleiche über verschiedene Regionen hatten ebenfalls an Bedeutung gewonnen.» Diese Einsichten prägten die Gestaltung der Atlasneuausgabe. Der Inhalt wurde in traditioneller Manier regional und kontinental gegliedert und über ein Inhaltsverzeichnis sowie einen Namensindex und ein Sachregister mit Seitenzahlen erschlossen. Man einigte sich auf die Einführung von einheitlichen Kartenpaaren in grossem Massstab, wobei einer Reliefkarte mit Vegetationsangaben und dem Verkehrsnetz eine komplexe Wirtschaftskarte im gleichen Massstab gegenübergestellt wurde. Ab 1993, 1994 und 1997 erschienen nachgeführte und erweiterte, für alle Stufen gemeinsame Ausgaben mit dem Namen «Schweizer Weltatlas». Ab 2002 wurde die Ausgabe alle zwei Jahre nach geführt und erweitert, sie wuchs bis heute auf 192 Kartenseiten sowie 48 Sachregister- und Indexseiten an. Die Redaktion am Institut für Kartografie der ETH wird durch eine Beratende Kommission der EDK unter Arthur Jetzer begleitet, einem Dozenten für Geografiedidaktik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Weltatlas im Internet Neben den methodischen und didaktischen Veränderungen von Atlanten hat sich seit den 1980er Jahren im Zuge des rasanten Fortschritts der Computer- und Kommunikationstechnologie auch die Kartografie grundlegend verändert. Sie ist für den Atlasbenützer der Druckausgabe zwar kaum erkennbar komplett digitalisiert worden.

Parallel zur durch den neuen Weltatlas-Chefredaktor Lorenz Hurni nachgeführten Buchausgabe ist nach jahrelangen Vorarbeiten auch der neuartige «Schweizer Weltatlas interaktiv» entstanden. Dieser Web-Atlas ist entsprechend der Buchausgabe gegliedert, enthält jedoch zahlreiche völlig neuartige kartografische Darstellungen. Lehrerinnen und Lehrer können den Web-Atlas zur Gestaltung von spezifischen Karten für Schüler- Arbeitsblätter nutzen, die mit eigenen Texten und Bildern zu ergänzen sind. In den Schulstunden können ausgewählte Karten per Beamer als Ersatz für Wandkarten auf eine Leinwand projiziert werden. Schüler und Schülerinnen können das neue Lehr- und Lernmedium zur Erledigung von Hausaufgaben verwenden oder auch für eigene, selbständige Recherchen. Dass der neue Schweizer Weltatlas interaktiv sehr viel Anklang findet, geht schon daraus hervor, dass die Website bereits in den paar Tagen nach der öffentlichen Ankündigung mehr als 100 000 Mal angeklickt wurde in den Spitzenzeiten wurden mehr als 500 Klicks pro Sekunde gezählt, und der Webserver gelangte aufgrund des unerwarteten Ansturmes zeitweise an seine Leistungsgrenze. Der Schweizer Weltatlas in Buchform wird durch den Lehrmittelverlag Zürich vertrieben und ist auch im Buchhandel erhältlich. Schulpreis: Fr. 51., Preis für Private: Fr. 63.80. Der Schweizer Weltatlas interaktiv kann gratis aus dem Internet heruntergeladen werden (www.schweizerweltatlas.ch). Die Website orientiert über die erforderlichen Systemvoraussetzungen. Copyright Neue Zürcher Zeitung AG Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von NZZ Online ist nicht gestattet. Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter: http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/von_der_kartensammlung_zum_internet-lehrmittel_1.9116638.html

Von der gedruckten Karte zum interaktiven Modell am Computer (Startse... http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/von_der_gedruckten_karte_zu... 1 von 2 17.01.2011 07:55 17. Januar 2011 Der Chefredaktor des Schweizer Weltatlas über die Neuerungen in der jüngsten Ausgabe des traditionsreichen Kartenwerks Interview: Gregor Henger Herr Hurni, welches inhaltliche Konzept liegt der neuen Ausgabe des Schweizer Weltatlas zugrunde? Wir haben sowohl in der Buchausgabe als auch in der Internet-Version versucht, die Erdoberfläche nach physischen und humangeografischen Aspekten darzustellen. Darunter ist einerseits die Beschreibung der Erde mit ihren Geländeformen und ihrer Oberflächenbedeckung zu verstehen, also Kontinente, Gewässer und Eismassen sowie die Vegetation. Immer wichtiger wird anderseits die geografische Beschreibung der menschlichen Einflüsse auf die Umwelt, insbesondere die Auswirkungen durch wirtschaftliche Aktivitäten. Deshalb haben wir sowohl in der Buch- als auch in der Internet-Ausgabe des Weltatlas den physischen Karten konsequent Wirtschaftskarten gegenübergestellt. Warum wurde ein Universitätsinstitut das Institut für Kartografie der ETH mit der Redaktion des Schweizer Weltatlas betraut? Die erste Ausgabe im Jahr 1910 wurde unter der Leitung des Mittelschul-Geografieprofessors August Aeppli erstellt, der die Chefredaktion 1927 an Professor Eduard Imhof übergab. Dieser hatte zwei Jahre zuvor an der ETH das Institut für Kartografie gegründet, damals weltweit das erste Universitätsinstitut für dieses Fachgebiet. Seither lag die Redaktion und Entwicklung sowohl der früheren Sekundarschul- als auch Mittelschul-Atlanten bei unserem Institut. Im Jahr 1981 erschien die erste Ausgabe unter dem Namen Schweizer Weltatlas. Als Nachfolger von Eduard Imhof übernahm der neue Chefredaktor, Professor Ernst Spiess, einen Grossteil der damaligen physischen Karten aus dem Mittelschulatlas und ergänzte sie mit zahlreichen thematischen Karten. Sie haben die Chefredaktion des Weltatlas als Nachfolger von Ernst Spiess im Jahr 2009 übernommen. Wie kamen Sie auf die Kartografie? Ich bin in Biel, an der Sprachgrenze, aufgewachsen und wurde erstmals in der Primarschule mit diesem Fachgebiet konfrontiert. Unsere Lehrerin hatte für den Geografieunterricht von der Eidgenössischen Landestopografie so hiess damals die heutige Swisstopo Karten und Luftbilder beschafft, und diese Darstellungen faszinierten mich. Später, mit ungefähr 16 Jahren, nahm ich am Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» teil. In der Umgebung von Biel gibt es zahlreiche Findlinge, während der letzten Eiszeit vom Rhonegletscher herangetragene erratische Blöcke, für die es kein Inventar gab. Deshalb suchte ich das Längholz, ein Waldgebiet bei Biel, nach Findlingen ab, trug die Fundstellen in eine Karte ein und bestimmte die Gesteine, soweit ich das als 16-Jähriger konnte. Die Arbeit wurde prämiert und führte dazu, dass das Findlingsreservat Längholz entstand. Später studierte ich, nicht zuletzt unter dem Einfluss der Atlanten und Karten von Eduard Imhof, Vermessungsingenieur und schlug eine akademische Laufbahn ein. Sie waren auch an den letzten Ausgaben des Schweizer Weltatlas beteiligt. Was ist nun an der neuen Ausgabe 2010, deren Erstellung sie erstmals als Chefredaktor leiteten, Neues entstanden? Das von Professor Ernst Spiess ab 1981 entwickelte Konzept der Gegenüberstellung von physischen Karten mit der Darstellung der Bodenbedeckung und Wirtschaftskarten haben wir beibehalten und ausgebaut. Wir haben bestehende Karten angepasst und nachgeführt. Dazu wurden wirtschaftliche Kennzahlen der einzelnen Länder in Diagrammen mit einheitlichen Brancheneinteilungen visualisiert. Und was ist nun in der Tat neu? Ganz neu ist, dass der Schweizer Weltatlas interaktiv über das Internet zugänglich ist. Das bestehende Kartenmaterial musste für diesen Web-Atlas zwar umformatiert werden, aber der grafische Stil wurde beibehalten, um eine gute Wiedererkennung der zusammengehörigen Karten zu ermöglichen. Für die praktische Anwendung solcher neuartigen Karten im Unterricht waren jedoch kaum Erfahrungen vorhanden. Wir konnten nicht von fertigen Konzepten ausgehen, sondern haben die Inhalte und Programmfunktionen schrittweise als Prototypen entwickelt, immer wieder zukünftigen Benützern vorgestellt und aufgrund von deren Rückmeldungen angepasst und erweitert. Dabei kam es vielfach zu Lösungen, die anfänglich gar nicht absehbar waren. Auf diese Weise wurde ein webbasierter Schulatlas geschaffen, der eine flächendeckende Abbildung des Globus vermittelt, die interaktiv durch den Benutzer beeinflusst werden kann. Sie sprechen vom Globus. Inwiefern werden die Schweiz und andere Regionen abgebildet? Der Web-Atlas enthält exemplarische Karten mit regionalem Charakter sowohl aus der Schweiz als auch aus europäischen Ländern und anderen Kontinenten. Sie sind zum Teil als perspektivische Blockbilder gestaltet, die sich durch rechnerische Transformationen aus unseren kartografischen Daten erzeugen lassen. Benutzer können solche Bilder drehen und wenden und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Macht der neue Atlas den Geografieunterricht besser? Wir haben auch kartenverwandte, animierte und interaktive Darstellungen beigefügt, die etwa die Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne zeigen. Der Web-Atlas bietet neuartige Möglichkeiten für das Studium und den Unterricht der Geografie. Wir hoffen, dass die Lehrerschaft, aber auch die Schüler diese Möglichkeiten kreativ nutzen. Professor Lorenz Hurni ist Chefredaktor des Schweizer Weltatlas. ((info-box)) Copyright Neue Zürcher Zeitung AG Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von NZZ Online ist nicht gestattet.

Von der gedruckten Karte zum interaktiven Modell am Computer (Startse... http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/von_der_gedruckten_karte_zu... 2 von 2 17.01.2011 07:55 Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter: http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/von_der_gedruckten_karte_zum_interaktiven_modell_am_computer_1.9116627.html