Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL Abteilung Sicherheit Infrastruktur Leitfaden AD I-004 D Gegenstand: Compliance Management auf Flugplätzen Referenz: 043.3 Adressaten: Flugplatzleiter, Compliance Manager, Safety Manager Ausgabestand: Vorliegende Version: 2.0 vom 1.1.2018 Verfasser: Abteilung Sicherheit Infrastruktur
Inhaltsverzeichnis 1. Einführung... 3 2. Compliance Management nach ICAO... 3 3. Compliance Management nach EASA... 5 2/9
1. Einführung Gemäss Art. 3 Abs. 1 bis der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt (VIL; SR 748.131.1) sind die Normen (Standards) und Empfehlungen (Recommendations) der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) in u.a. Anhang 14 zum Übereinkommen vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO Annex 14) sowie die dazugehörigen technischen Vorschriften für Schweizer Flugplätze unmittelbar anwendbar. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im Rahmen der Flugplatz-Zertifizierung gestützt auf ICAO Doc 9774 (Manual on Certification of Aerodromes) überprüft. Das Gleiche gilt analog für die Vorschriften der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) gemäss der Verordnung (EU) Nr. 139/2014 der Kommission vom 12. Februar 2014 zur Festlegung von Anforderungen und Verwaltungsverfahren in Bezug auf Flugplätze (EASA Aerodromes Regulation), welche in der Schweiz am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Der vorliegende Leitfaden dient als Wegleitung für die Erstellung und periodische Nachführung der Konformitätsnachweise nach ICAO Annex 14 1 und EASA Aerodromes Regulation 2 durch den Flugplatz und richtet sich an die Flugplatzleiter und Compliance Manager von zertifizierten Flugplätzen. 2. Compliance Management nach ICAO 2.1 Grundlagen 1. Beschaffung des aktuellen ICAO-Regelwerks für Flugplätze 2. Bezug der elektronischen Compliance Checkliste beim BAZL 3. Festlegung der Themenverantwortlichen Die aktuellen Normen und Empfehlungen für Flugplätze, insbesondere ICAO Annex 14 Volume I (Aerodromes) und II (Heliports), sowie die dazugehörigen technischen Vorschriften und BAZL-Richtlinien sind auf der Internetseite des BAZL unter Portal für Fachleute 3 verfügbar. Compliance Checklisten auf Basis der aktuellen Version des ICAO Annex 14 sind beim BAZL in elektronischer Form erhältlich. 2.2 Beurteilung der Verbindlichkeit, Anwendbarkeit und Konformität 1. Ermittlung der verbindlichen und anwendbaren Artikel 2. Konformitätsprüfung für alle verbindlichen und anwendbaren Vorgaben 1 Massgebend für Flugplätze im Geltungsbereich der ICAO-Zertifizierung 2 Massgebend für Flugplätze im Geltungsbereich der EASA-Zertifizierung 3 http://www.zivilluftfahrt.admin.ch 3/9
Eine Konformitätsprüfung ist nur für diejenigen Vorgaben erforderlich, welche sowohl verbindlich als auch anwendbar sind. Die Verbindlichkeit von ICAO Standards und Recommendations richtet sich nach Art. 3 Abs. 1 bis VIL und der BAZL-Richtlinie AD I-010 "Anwendung der ICAO Standards und Recommendations (SARPs) im Bereich der Flugplätze" vom 22. Juli 2011, wonach auch Recommendations anzuwenden sind und dementsprechend bezüglich ihrer Konformität überprüft werden müssen. Anhänge und Appendices der ICAO Annexes müssen nur dann überprüft werden, wenn die Einhaltung vom BAZL gestützt auf die lokale Situation gefordert wird. Auch die Anwendbarkeit einer Vorgabe richtet sich nach der lokalen Situation (vgl. Begriffsdefinitionen). 2.3 Umgang mit Abweichungen 1. Festlegung des weiteren Umgangs mit Abweichungen (Herstellung des konformen Zustands oder Beantragung der entsprechenden Abweichung beim BAZL) 2. Erstellung des erforderlichen Sicherheitsnachweises und Einholen der Zustimmung des BAZL. 3. Dokumentation der vom BAZL bewilligten Abweichungen im Flugplatzhandbuch mit Verweis auf zugehörige Sicherheitsnachweise 4. Publikation von operationell relevanten Abweichungen im AIP/VFRM Primäres Ziel im Falle einer Abweichung ist die Herstellung des konformen Zustands. Sofern dies nicht mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist, muss mittels eines Sicherheitsnachweises belegt werden, dass trotz der bestehenden Abweichung ein akzeptierbares Sicherheitsniveau gewährleistet ist. Die Abweichung von ICAO-Vorgaben bedarf der Zustimmung des BAZL. 2.4 Risikomanagement von Abweichungen 1. Verknüpfung der Abweichungen mit dem Gefahrenkatalog des Flugplatzes Abweichungen werden in Abhängigkeit des damit verbundenen Risikos (gemäss zugehörigem Sicherheitsnachweis) in den Gefahrenkatalog des Flugplatzes aufgenommen oder mit diesem verknüpft. Das Vorgehen für die Risikoeinschätzung und die Erstellung von Sicherheitsnachweisen richtet sich nach dem ICAO Doc 9859 (Safety Management Manual) und dem BAZL-Leitfaden AD I-005 Safety Risk Management auf Flugplätzen. Sofern aus dem Projekt SARPS bereits eine Klassifikation des Abweichungsgrads in significant, major, minor vorliegt, kann die Risikoeinschätzung einer Abweichung aus dieser Klassifikation abgeleitet werden. Falls zu einer Abweichung bereits ein Safety Assessment vorliegt und dieses weiterhin gültig ist, kann auf dieses verwiesen werden. In offensichtlichen Fällen kann auf die Erstellung eines Safety Assessment verzichtet werden und die Risikoeinschätzung direkt in der Compliance Checkliste vorgenommen und mit einer Begründung versehen werden. 4/9
2.5 Periodische Überprüfung und Nachführung 1. Festlegung der Überprüfungsintervalle 2. Überprüfung und Nachführung der Compliance Checklist gemäss festgelegtem Zeitintervall, bei Änderungsvorhaben (Change Management) und nach Publikation neuer oder geänderter Vorgaben Nach erstmaliger Erstellung des Konformitätsnachweises wird dieser in geeigneten zeitlichen Abständen überprüft und nachgeführt. Das Überprüfungsintervall kann risikobasiert festgelegt werden. Aktualisiert wird die Compliance Checklist zudem bei Änderungsvorhaben im Rahmen des Change Managements sowie bei Aktualisierung des Flugplatz-Regelwerks durch die ICAO. 3. Compliance Management nach EASA 3.1 Grundlagen 1. Beschaffung des aktuellen EASA-Regelwerks für Flugplätze 2. Bezug der elektronischen Compliance Checkliste beim BAZL 3. Festlegung der Themenverantwortlichen Das aktuelle EASA-Regelwerk für Flugplätze können sowohl auf der Internetseite der EASA wie auch des BAZL bezogen werden. Zum Flugplatz-Regelwerk gehören die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 (Basic Regulation) sowie die Verordnung (EU) Nr. 139/2014 zur Festlegung von Anforderungen und Verwaltungsverfahren in Bezug auf Flugplätze samt Anhängen. Bei den EASA-Vorgaben wird unterschieden zwischen Implementing Rule (IR), Acceptable Means of Compliance (AMC) und Guidance Material (GM) für die Bereiche Organisation und Betrieb sowie Certification Specification (CS) und Guidance Material (GM) für den Bereich Infrastruktur. Compliance Checklisten auf Basis der aktuellen Version des EASA- Regelwerks für Flugplätze sind beim BAZL in elektronischer Form erhältlich. 3.2 Beurteilung der Verbindlichkeit, Anwendbarkeit und Konformität 1. Ermittlung aller verbindlichen und anwendbaren Artikel 2. Konformitätsprüfung für alle verbindlichen und anwendbaren Vorgaben Eine Konformitätsprüfung ist nur für diejenigen Vorgaben erforderlich, welche sowohl verbindlich als auch anwendbar sind. Die Verbindlichkeit von EASA-Vorgaben richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 (Basic Regulation) und der Verordnung (EG) Nr. 139/2014, welche allfällige entgegengesetzte Vorgaben der Schweizer Rechtssetzung übersteuern. Guidance Material dient der Hilfestellung und gilt als nicht verbindlich. Die Anwend- 5/9
barkeit einer bestimmten Vorgabe richtet sich nach der lokalen Situation (Organisation, Betrieb und Infrastruktur). Für Bereiche, welche von der EASA nicht geregelt sind bleiben die ICAO-Vorgaben weiterhin massgebend. 3.3 Umgang mit Abweichungen Die Umgang mit Abweichungen von EASA-Vorgaben ist in der Basic Regulation und der EASA-Verordnung für Flugplätze geregelt, somit kommen die dort festgelegten Kriterien zur Anwendung. 1. Festlegung des weiteren Umgangs mit Abweichungen (Herstellung des konformen Zustands oder Beantragung der entsprechenden Flexibility Option beim BAZL) 2. Erstellung der erforderlichen Nachweise (siehe Tabelle) und Einholen der Zustimmung des BAZL bzw. der EASA durch das BAZL 3. Dokumentation der vom BAZL bewilligten Abweichungen im Flugplatzhandbuch mit Verweis auf zugehörige Sicherheitsnachweise 4. Publikation von operationell relevanten Abweichungen im AIP/VFRM Primäres Ziel im Falle einer Abweichung ist die Herstellung des konformen Zustands. Sofern dies nicht mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist, stehen je nach Art der Vorgabe unterschiedliche Flexibilitätsoptionen zu Verfügung. Der Gebrauch gewisser Flexibilitätsoption bedarf der Zustimmung des BAZL oder der EASA. Formulare zur Beantragung von Flexibilitätsoptionen sind beim BAZL in elektronischer Form erhältlich. Flexibilitätsoptionen im Bereich Organisation und Betrieb: Vorgabe Flexibilitätsoption Anwendung Nachweis BR, ER oder IR Exemption Derogation Dauerhafte Abweichung von Basic Regulation (BR), Essential Requirement (ER) oder Implementing Rule (IR) gemäss Art. 14(4) BR Temporäre Abweichung von Basic Regulation (BR), Essential Requirement (ER) oder Implementing Rule (IR) gemäss Art. 14(6) BR der Abweichung samt Nachweis des akzeptablen Sicherheitsniveaus. Zustimmung der EASA erforderlich. 6/9
AMC Alternative Means of Compliance (AltMOC) Abweichung von Acceptable Means of Compliance (AMC) des alternativen Verfahrens oder Mittels samt Nachweis des gleichen Sicherheitsniveaus gegenüber dem betreffenden AMC. Zustimmung des BAZL erforderlich, Notifikation an und Publikation durch die EASA. Flexibilitätsoptionen im Bereich Infrastruktur: Vorgabe Flexibilitätsoption Anwendung Nachweis Deviation Acceptance and Action Document (DAAD) Abweichung von Certification Specification (CS), welche bereits vor Inkrafttreten der EASA-Regulation in der Schweiz (1.8.2014) bestanden hat und bis zu einem definierten Zeitpunkt beseitigt werden soll. Darf nur bis zum 31.12.2024 ausgestellt werden. der Abweichung samt Nachweis, dass bis zur Beseitigung der Abweichung ein akzeptierbares Sicherheitsniveau eingehalten werden kann, sowie Angabe des Zeitpunkts, bis zu welchem die Abweichung beseitigt wird. Zustimmung des BAZL erforderlich. CS Equivalent Level of Safety (ELOS) Abweichung von Certification Specification (CS) unter Einhaltung des gleichen Sicherheitsniveaus. der Abweichung samt Nachweis, dass trotz Abweichung das gleiche Sicherheitsniveau eingehalten werden kann. Zustimmung des BAZL erforderlich. Special Condition (SC) Abweichung von Certification Specification (CS), da Vorgabe unangemessen (inappropriate) oder unzweckmässig (inadequate) aufgrund physischer, topographischer oder ähnlicher Randbedingungen. der Abweichung samt Nachweis, dass bis dahin ein akzeptierbares Sicherheitsniveau eingehalten werden kann und eine Beseitigung nicht angemessen oder zweckmässig ist. Zustimmung des BAZL erforderlich. 7/9
3.4 Festlegung der established Certification Basis (CB) und Organisation and Operation Basis (OB) 1. Formelle Zustellung der established Certification Basis (CB) und Organisation and Operation Basis (OB) durch das BAZL Die Liste aller auf den Flugplatz anwendbaren EASA-Vorgaben samt aller zugestandenen Flexibility Options wird vom BAZL in der established Certification Basis (CB) sowie der established Organisation and Operation Basis (OB) festgelegt. Nach Festlegung der CB und OB durch das BAZL dienen diese als formelle Grundlage für die EASA-Zertifizierung des betreffenden Flugplatzes. 3.5 Declaration of Compliance 1. Einreichung der vom Flugplatzleiter unterschriebenen Declaration of Compliance ans BAZL (auf Anfrage des BAZL) Die vom Flugplatzleiter unterschriebene Declaration of Compliance wird dem BAZL vor dem ersten EASA-Audit und danach auf Anfrage im Rahmen der Aufsichtstätigkeit zugestellt. Das Formular Declaration of Compliance ist beim BAZL in elektronischer Form erhältlich. 3.6 Risikomanagement von Abweichungen 1. Verknüpfung der Abweichungen mit dem Gefahrenkatalog des Flugplatzes Abweichungen werden in Abhängigkeit des damit verbundenen Risikos (gemäss zugehörigem Sicherheitsnachweis) in den Gefahrenkatalog des Flugplatzes aufgenommen oder mit diesem verknüpft. Das Vorgehen für die Risikoeinschätzung und die Erstellung von Sicherheitsnachweisen richtet sich nach den EASA-Vorgaben und dem BAZL-Leitfaden AD I-005 Safety Risk Management auf Flugplätzen. 8/9
3.7 Periodische Überprüfung und Nachführung 1. Festlegung der Überprüfungsintervalle 2. Überprüfung und Nachführung der Compliance Checklist gemäss festgelegtem Zeitintervall, bei Änderungsvorhaben (Change Management) und nach Publikation neuer oder geänderter Vorgaben 3. Bei Anpassungen an der CB oder OB: Einholen der Zustimmung des BAZL mit anschliessender formeller Zustellung der aktuellen established Certification Basis (CB) sowie der established Organisation and Operation Basis (OB) durch das BAZL Nach erstmaliger Erstellung des Konformitätsnachweises wird dieser in geeigneten zeitlichen Abständen überprüft und nachgeführt. Das Überprüfungsintervall kann risikobasiert festgelegt werden. Aktualisiert wird die Compliance Checklist zudem bei Änderungsvorhaben im Rahmen des Change Managements sowie bei Aktualisierung des Flugplatz-Regelwerks durch die EASA. Sofern dies eine Anpassung der established CB oder OB zur Folge hat (z.b. Änderung oder Aufhebung einer Flexibility Option), muss die Zustimmung des BAZL eingeholt und die neue Version der established CB oder OB durch das BAZL formell zugestellt werden. 9/9