Hilfe zur Formulierung von Qualifikationszielen In den deutschen Qualifikationsrahmen 1 ist die Rede von Fertigkeiten und Kompetenzen, teils wird auch zwischen Wissen und Verstehen und dem Können unterschieden. Für die Modulhandbücher sollen diese entsprechend konkretisiert dargestellt werden. Als Hilfestellung zur Formulierung von Qualifikationszielen sollen nachfolgende Erläuterungen dieser Begrifflichkeiten dienen. Entnommen sind diese Anregungen aus dem Bologna-Handbuch in freier Übersetzung. 2 Über die Fußnote können Sie die angegebenen Formulierungshilfen auch in englischer Sprache einsehen. Zur Beschreibung von Lernzielen bietet sich im kognitiven Bereich vor allem eine von Bloom 3 entworfene Einstufung an. Er ordnet die verschiedenen Ebenen des Denkens als aufeinander aufbauend in hierarchischer Reihenfolge. Zusammengeführt mit den oben genannten Begriffen ergibt sich folgende Darstellung der Zuordnung: Qualifikationsrahmen Bloom 6. Bewertung Kompetenzen / Können 5. Synthese Kenntnisse / Wissen Fertigkeiten / Verstehen 4. Analyse 3. Anwenden 2. Verständnis 1. Faktenwissen Blooms Einstufung wird häufig benutzt, um Lernziele zu formulieren, weil nicht nur eine fertige Struktur, sondern auch eine Liste von Verben zur Beschreibung der einzelnen Stufen existiert. Die folgende Liste von Verben ist eine Sammlung aus der ursprünglichen Liste Blooms und deren Erweiterungen aus der modernen Fachliteratur. Zu beachten ist, dass die Verben, die in den nachstehenden sechs Kategorien verwendet werden, nicht exklusiv einer bestimmten Kategorie zuzuordnen sind. Einige von ihnen tauchen mehrmals auf. So ist es zum Beispiel möglich, dass eine mathematische Berechnung nur daraus besteht, eine gegebene Formel anzuwenden (3); sie kann allerdings ebenso aus einer Analyse des Problems (4) und der Anwendung (3) der passenden Formel bestehen. Weiterhin gilt, dass dies alles nur Anhaltspunkte sind, die es erleichtern sollen, Lernziele zu formulieren. 1 Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse und Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen 2 Kennedy, D.; Hyland, A.; Ryan, N.: Writing and Using Learning Outcomes: a Practical Guide. in: Froment, E:; Kohler, J.; Purser, L.; Wilson,L.(Ed.): EUA Bologna Handbook; C 3.4-1, Raabe academic publishing, 2006. 3 Benjamin S. Bloom: Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich; Beltz Verlag, Weinheim 1976.
Kenntnisse / Wissen: 1. Faktenwissen Faktenwissen kann definiert werden als die Fähigkeit, Fakten abzurufen bzw. sie im Gedächtnis zu haben, ohne sie notwendigerweise verstehen zu müssen. Einige Verben zur Einstufung des Wissens sind: Einordnen, bestimmen, definieren, beschreiben, reproduzieren, aufzählen, benennen, bezeichnen, sortieren, abgrenzen, merken, erkennen, zuordnen, wiederholen, (auf) zeigen, angeben, ausführen, unterscheiden. Beispiele von Lernzielen aus unterschiedlichen Fächern die das Wissen abbilden: Aufzählen der Kriterien, die bei der Behandlung von Tuberkulose berücksichtigt werden müssen. Beschreiben, wie und warum Gesetze sich ändern und welche Konsequenzen dies für die Gesellschaft hat. Benennen der ethischen Grundsätze wissenschaftlicher Forschung. 2. Verständnis Verständnis kann definiert werden als die Fähigkeit, gelernte Information zu verstehen und zu interpretieren. Einige Verben zur Bezeichnung von Verständnis sind: Verbinden, erklären, einstufen, konstruieren, beschreiben, differenzieren, unterscheiden, diskutieren, einschätzen, vorhersagen, lösen, übertragen, erweitern, generalisieren, ableiten, folgern. Einige Beispiele von Lernzielen, die Verständnis bezeichnen: Unterscheiden von Strafrecht und Zivilrecht Erklären der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des ersten Weltkriegs. Klassifizieren chemischer Reaktionen als endotherm und exotherm. Vorhersagen des Genotyps von Zellen, die Meiose und Mitose durchlaufen.
Fertigkeiten / Verständnis: 2. Verständnis (siehe oben) 3. Anwenden Anwendung kann definiert werden als die Fähigkeit, Gelerntes in neuen Situationen zu nutzen, z.b. Theorien und Konzepte zur Problemlösung anzuwenden. Einige der Verben, die genutzt werden um Anwendung zu klassifizieren, sind: Einsetzen, abschätzen, beurteilen, berechnen, auswählen, erstellen, entwickeln, nutzen, interpretieren, beeinflussen, anpassen, organisieren, produzieren, planen, skizzieren, lösen, transferieren, anwenden, anfertigen. Einige Beispiele, die Lernziele im Anwendungsbereich darstellen sind: Erstellen einer Chronologie wichtiger Ereignisse in der Geschichte Australiens im 19. Jahrhundert. Anwenden von Hygienevorschriften bei der Instandhaltung von Pflegeeinrichtungen. Auswählen und anwenden von anspruchsvollen Methoden zur Energieeffizienzanalyse in komplexen industriellen Fertigungsprozessen. Anpassen von Leitsätzen in einer Fallstudie zur Einführung eines Qualitätssicherungssystems in einem kleinen Produktionsbetrieb.
Kompetenzen / Können: 4. Analyse Analyse kann definiert werden als die Fähigkeit, Information in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen, z.b. Zusammenhänge und grundlegende Ideen (Verstehen der zugrundeliegenden Strukturen). Einige Verben zur Beschreibung der Analyse lauten: Analysieren, auswerten, begutachten, gliedern, unterteilen, aufschlüsseln, kategorisieren, klassifizieren, verbinden, kritisieren, untersuchen, rückschließen, trennen, unterscheiden, hinterfragen, diskutieren, einteilen, gegenüberstellen, experimentieren, prüfen, vergleichen. Einige Beispiele zur Beschreibung von Lernzielen auf analytischer Ebene sind: Analysieren, warum die Gesellschaft bestimmte Verhaltensweisen kriminalisiert. Gegenüberstellen und Vergleichen verschiedener Geschäftsmodelle im e-commerce. Diskutieren von ökonomischen und ökologischen Auswirkungen verschiedener Energieumwandlungsprozesse. Berechnen von Steigungen aus Karten in m, km, % und Verhältnis. 5. Synthese Synthese kann definiert werden als die Fähigkeit, Dinge zusammenzufügen. Einige der Verben, die benutzt werden um die Fähigkeit zur Synthese darzustellen, sind: Argumentieren, aufbauen, entwickeln, schaffen, zusammenstellen, verknüpfen, erstellen, entwerfen, einrichten, anlegen, erklären, formulieren, generalisieren, generieren, organisieren, integrieren, restrukturieren, begründen, überprüfen, überarbeiten. Einige Beispiele für Lernziele auf der Ebene der Synthese: Erkennen und beschreiben von Problemen, die mit Hilfe von Energietechnik gelöst werden können. Formulieren von Lösungen zu komplexen Problemen der Energiewirtschaft in Vortrag und schriftlicher Ausarbeitung. Zusammenfassen der Ursachen und Auswirkungen der russischen Revolution 1917. Erstellen eines Ausbildungsplans für Werkzeugmechaniker.
6. Bewertung Bewertung kann definiert werden als die Fähigkeit, den Nutzen bestimmter Methoden, Materialien, etc. für einen bestimmten Zweck zu beurteilen. Einige der Verben zur Beschreibung der Lernziele in dieser Ebene sind: Abschätzen, ermitteln, bestimmen, argumentieren, einstufen, auswählen, schließen, entscheiden, überzeugen, kritisieren, verteidigen, rechtfertigen, vorhersagen, interpretieren, bemessen, empfehlen, bewerten, lösen, beurteilen. Einige Beispiele zur Darstellung von Lernzielen, die sich auf Fähigkeiten aus dem Bereich der Bewertung beziehen: Einstufen der Bedeutung von Schlüsselfiguren im Zuge der Entwicklung der EU. Zusammenfassen der wichtigsten Beiträge von Michael Faraday auf dem Gebiet der elektromagnetischen Induktion. Abschätzen der Auswirkung einer Temperaturänderung auf das chemische Gleichgewicht einer Substanz. Bestimmen der Fähigkeiten, die einen guten Lehrer ausmachen. Soft-Skills: Hinzu kommen weiche, überfachliche learning outcomes (Schlüsselkompetenzen), die sich während der Beschäftigung mit den fachlichen Inhalten aufgrund der angewendeten Lehrund Lernmethoden sowie der dem Modul zugehörigen Prüfungsformen automatisch mit entwickeln. Darunter fallen z.b. Vortrag, Teamfähigkeit, selbstständiges Lernen neuer Inhalte (= Befähigung zu lebenslangem Lernen), interkulturelles/internationales Arbeiten, etc. Soft Skills müssen nicht in separaten Veranstaltungen gelehrt werden, sie sollen sich aus dem Kontext des Fachstudiums ergeben. Dazu sollte aber auch der entsprechende Anlass, der innerhalb des Moduls zur Bildung dieser Fähigkeiten führen soll, erkennbar sein (auch im Modulhandbuch).
Best-Practice-Beispiel Qualifikationsziele Nachfolgend soll ein Beispiel die Verwendung und Zusammenhänge zwischen Lehrinhalten und Qualifikationszielen deutlich machen und zeigen, wie die Beschreibung von Qualifikationszielen (auf Bachelor-Niveau) im Sinne der Akkreditierungsanforderungen aussehen können. Inhalte (deutsch): Teil I: Grundlagen der Unternehmensplanung 1. Einführung 2. Entscheidungstheorie 3. Projektplanung 4. Investition und Finanzierung Teil II: Grundlagen des Rechnungswesens 5. Einführung 6. Buchführung 7. Bilanzierung 8. Kostenrechnung 9. Controlling Qualifikationsziele (deutsch): Nach dem erfolgreichen Absolvieren dieses Kurses sollten die Studierenden in der Lage sein Die Bedeutung der Planung in Unternehmen zu erläutern und die wesentlichen Schritte eines Planungspozesses zu benennen Die wesentlichen Bestandteile einer Entscheidungssituation zu beschreiben und zu erläutern Methoden für Entscheidungsprobleme unter mehrfacher Zielsetzung, unter Ungewissheit sowie unter Risiko zu erklären und zur Lösung von entsprechenden Problemen anzuwenden Ausgewählte Methoden der Projektplanung zu erläutern und anzuwenden Grundlegende Methoden der Finanzmathematik auf Investitions- und Finanzierungsprobleme anzuwenden Die Grundlagen der Buchhaltung, der Bilanzierung und der Kostenrechnung zu erläutern und Methoden aus diesen Bereichen auf einfache Problemstellungen anzuwenden Die Bedeutung des Controllings im Unternehmen zu erläutern Ausgewählte Instrumente des Controllings auf Planungssituationen anzuwenden
Inhalte (englisch): Part I: Introduction to Business Planning 1. Introduction 2. Decision Analysis 3. Project Planning 4. Investment and Financial Decisions Part II: Introduction to Accounting 5. Introduction 6. Book Keeping 7. Financial Accounting 8. Costing 9. Management Control Qualifikationsziele (englisch): After successful completion of this module, students should be able to Explain the meaning of Planning in the business context and to name the most important steps of the planning process Describe and explain the relevant aspects of a decision situation Explain and apply methods for decision making under multiple objectives, under uncertainty and under risk Explain and apply selected methods for project planning Solve problems in investment and finance theory by applying mathematical methods Explain the basics of book keeping, financial accounting, management accounting and use basic accounting methods Explain the meaning and the importance of management control for companies Apply selected management control instruments to relevant planning situations