Ne, das kann ich besser!

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Transkript:

Ne, das kann ich besser! Motive von Fanfictionautorinnen und -autoren zum Post-Television Drama The Mentalist kommunikation.medien Onlinejournal des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft Universität Salzburg ISSN 2227-7277 4. Ausgabe / Dezember 2014 Julia Goldmann http://www.kommunikation-medien.at Abstract Einzelgängerin oder Einzelgänger, Außenseiterin oder Außenseiter, exzessive Beschäftigung mit, sowie Trivialwissen rund um ein spezielles, kulturelles Produkt und obsessives Konsumverhalten, welches an dieses gekoppelt ist auch heute wird das Bild des Fans im Alltag noch von Stereotypen bestimmt. Selten werden die Anhängerinnen und Anhänger populärkultureller Produkte mit Aktivität und Kreativität in Verbindung gebracht. In vielen Fällen sind sie, was ein Google-Suchlauf sofort bestätigen kann, jedoch genau das: aktive Produzentinnen und Produzenten von tertiären Texten, die auf einem bestimmten Ausgangsobjekt beruhen. Diese Arbeit widmet sich lediglich einem derartigen Bereich der Fankultur, jenem der Fanfictions. Darunter werden eigens generierte, fiktive Geschichten verstanden, welche rund um Charaktere eines speziellen populärkulturellen Produktes von Fans entwickelt, und daraufhin (meist) auf einschlägigen Internetseiten veröffentlicht werden. Diese Arbeit fokussiert die US-amerikanische Serie The Mentalist sowie deren Fans, welche ihre Geschichten auf der deutschsprachigen Seite www.fanfiktion.de posten und sich über die Kommentarfunktion darüber austauschen. Es wurden in dieser Arbeit fünf Autorinnen mittels medienbiografischer Interviews hinsichtlich ihrer Fanfiction-Produktion, den bevorzugten Themen sowie ihren diesbezüglichen Motivationen befragt. Keywords Fanfictions, Post-Television-Drama, The Mentalist, Populärkultur

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 2 Zitiervorschlag Goldmann, Julia (2013): Ne, das kann ich besser!. Motive von Fanfictionautorinnen und -autoren zum Post-Television Drama The Mentalist. In: kommunikation.medien, 4. Ausgabe. [journal.kommunikation-medien.at]. 1. Einleitung Das Bild des Fans war bis zum eigentlichen Beginn der Fanforschung Ende der 1980er Jahre von Stereotypen geprägt (vgl. Winter 2010: 161; Jenkins 2006: 38f.). Das Fernsehen und die Sensationspresse vermittelten den Eindruck der Einzelgängerin und des Einzelgängers und Außenseiterin und Außenseiters, die oder der bei den Eltern im Keller wohnt und durch obsessives Konsumverhalten, obskure Begierden und Trivialwissen um ein minderwertiges, kulturelles Objekt gekennzeichnet ist (vgl. ebd.). So war auch das vorrangige Interesse des Auftraggebers einer empirischen Studie über die Fans von Horror- und Pornofilmen (vgl. Winter et al. 1990), ob eine intensive Nutzung von Horror- und Pornofilmen eine Gefahr für die soziale Ordnung darstellen würden (vgl. Winter 2010: 161). Besagte Studie kam allerdings zu dem Schluss, dass Fans aktive, kritische engagierte Konsumenten [sind], die über differenzierte und kreative Rezeptions- und Aneignungspraktiken verfügen, die sie in Prozessen der Medienbildung erworben haben. (Ebd.) Dieses Forschungsprojekt beschäftigt sich mit diesen aktiven und kreativen Rezeptions- und Aneignungspraktiken der Fans der US-amerikanischen Krimiserie The Mentalist. Dabei wird die Bedeutung eigens generierter Geschichten mit den Charakteren der Serie, sogenannter Fanfictions, im Mittelpunkt stehen. Eine derartige Produktion tertiärer Texte setzt eine starke Auseinandersetzung mit dem filmischen (Primär-)Text und einen gewissen Grad an Bedeutung der Serie selbst für die einzelne Rezipientin und den einzelnen Rezipienten voraus. Eben dieser 'Stellenwert' der Serie bzw. der Fanfictions im Leben der Fans soll mittels medienbiografischer Interviews erhoben werden. Da man sich im deutschen Raum bisher eher wenig mit dem Bereich des Fandoms und der Fanfictions auseinandergesetzt hat, sich die medialen Bedingungen und Voraussetzungen von Fankulturen mit dem Potenzial des Internets und Social Media aber entschieden verändert haben (vgl. Winter 2010: 163), ist dieser Bereich für die Kommunikationswissenschaft sehr relevant. Als theoretische Fundierung wird einerseits Johnsons (1999) Kreislauf der Kultur dienen, der Bezug auf Stuart Halls Encoding/Decoding -Modell nimmt, sich jedoch auf den Spannungsbogen zwischen Produktion (Encodieren), Zirkulation (sinnhafter

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 3 Diskurs) und Konsum (Decodieren) konzentriert und somit die Cultural Studies als Ganzes verortet. Andererseits werde ich vor allem auf Henry Jenkins (2002; 2006) Texte zu Fandom und Fanfictions zurückgreifen, da diese wohl die derzeit bedeutendste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser speziellen Thematik darstellen. 2. Theorie und Stand der Forschung 2.1 Fandom 2.1.1 Kreislauf der Kultur Einerseits wird Johnsons (1999) Kreislauf der Kultur als theoretische Fundierung dienen. Abbildung 1: Kreislauf der Kultur. (Johnson 1999: 148) Dieses Modell nimmt Bezug auf Stuart Halls Encoding/Decoding-Modell, hat laut Johnson (1999: 147) allerdings den Anspruch, ein komplexeres und vielschichtigeres Modell mit umfassenderen Vermittlungskategorien zu sein als jenes von Hall. Der zentrale Gedanke dieses Kreislaufmodells von Produktion, Zirkulation und Konsumption kultureller Produkte ist jener, dass jedes Element dieses Kreislaufs zwar von den ande-

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 4 ren unterschieden werden kann und für das große Ganze unverzichtbar ist, aber dennoch von den anderen Elementen abhängt (vgl. Johnson 1999: 148f.). Eine weitere Grundannahme dieses Kreislaufs der Kultur ist, dass man aus der Perspektive eines bestimmten Elements des Kreislaufs nicht zwingend erkennen kann, was in der Zwischenzeit bei den anderen Teilen geschieht (vgl. Johnson 1999: 149). So kann es beispielsweise geschehen, dass ein von uns kommunizierter Text in völlig veränderter Art und Weise wieder zu uns zurückkommt, eine Fehlinterpretation oder eine oppositionelle Leseart. Um eine derartige Transformation zu verstehen, müssen die Bedingungen von Konsum und Lektüre mit in Betracht gezogen werden. Dazu gehören die asymmetrische Verteilung von Macht und Ressourcen, die bereits existierenden Kulturelemente innerhalb eines bestimmten gesellschaftlichen Milieus und die gesellschaftlichen Verhältnisse, von denen diese Kombinationen abhängen (vgl. ebd.). Diese Diskurs- und Bedeutungsreservoirs bilden das Rohmaterial für die neue, kulturelle Produktion (vgl. ebd.). 2.1.2 Vergnügen Betrachtet man den Gegenstand der Fanfictions, so stellt sich möglicherweise die Frage, welchen Nutzen oder welche Gratifikationen die Autorinnen und Autoren aus derartigen Fanaktivitäten ziehen bzw. welcher 'Sinn' hinter den Produktionen derartiger Tertiärtexte steckt, um es sehr allgemein zu formulieren. Hier möchte ich dem folgenden Teilkapitel etwas vorgreifen und auf das Vergnügen oder pleasure (vgl. Klaus 1998; O Connor/Klaus 2000), das in der Rezeption neuer US-amerikanischer Serien und (möglicherweise) der nachfolgenden Fanfiction-Produktion liegt, näher eingehen. Bereits seit ihrem Beginn hat die (feministische) Rezeptionsforschung die Frage nach der Bedeutung der Texte, also in diesem Fall der Serien, für ihre Rezipientinnen und Rezipienten gestellt. Im Besonderen wurde dieser Gedanke im Rahmen der Soap Opera Diskussion verfolgt, um festzustellen, aus welchem Grund sich vor allem Frauen derartig trivialen Inhalten zuwenden (vgl. Klaus 1998: 337). Klaus (1998: 338) definiert den Begriff des Vergnügens folgendermaßen: In der alltagssprachlichen Verwendung bedeutet Vergnügen zunächst einmal, daß ZuschauerInnen ein Programm ausgesprochen gerne sehen, die Handlung mit Engagement verfolgen, das Gefühl haben, gut unterhalten zu werden, und neugierig auf die Fortsetzung warten. Vergnügen thematisiert also die Motivation und die subjektive Bedeutung der Zuwendung zu einem Programm, seinen Unterhaltungswert. In weiterer Folge unterscheidet Klaus (1998: 338ff.) zwischen fünf unterschiedlichen Arten des Vergnügens:

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 5 Einerseits existiert das formale Vergnügen, welches aus dem Genrewissen, der Kenntnis des narrativen Prozesses und dem Spiel mit Nähe und Distanz der Genrestruktur resultiert. Außerdem lässt sich darunter auch Regelmäßigkeit und Vertrautheit der Zuseherinnen und Zuseher mit der Struktur der Serie, also mit Raum, Zeit, Charakteren und deren Handlungsabläufen fassen. Unter dem inhaltlichen Vergnügen wird die Thematisierung und Validierung des traditionell weiblichen Lebenszusammenhanges verstanden, das Klaus (1998: 338), wie auch die anderen Ausprägungen des Vergnügens, im Rahmen der Soap Operas diskutiert. Die Attraktivität der Serie besteht in diesem Zusammenhang darin, dass einerseits Frauen eine zentrale Rolle in den Seifenopern zukommt, andererseits wird das Privatleben thematisiert auch dadurch, dass der öffentliche Raum durch die private Sphäre beleuchtet wird. Weibliche Werte und Erfahrungen finden in der Soap Opera Raum, wodurch ihnen Wert verliehen wird. Serien regen durch ihre narrative Offenheit und sogenannte 'Cliffhanger', durch ihre Kontinuität und Handlungsstränge zur Diskussion an; etwas, das als kommunikatives Vergnügen bezeichnet wird. Im Rahmen der Soap Operas wird vermerkt, dass dieses spezielle Genre durch die bereits diskutierten formalen und inhaltlichen Merkmale zum Austausch mit anderen anregen. Somit wird der Plot in alltäglichen Netzwerken diskutiert und weiterbearbeitet, wodurch sich die partizipierenden Parteien über Vorgänge auf dem Laufenden halten und ihnen gleichzeitig Sinn verleihen. Das phantasievolle Vergnügen beschreibt das der Serie inhärente Potenzial, den gelebten Alltag gedanklich zu verlassen und sich einer Phantasie hinzugeben. Tania Modleski (1986: 108; zit. n. Klaus 1998: 339) hat dies folgendermaßen formuliert: The fantasy here is a collective fantasy a fantasy of community, but put in terms with which the viewer can be comfortable. Auch Janice Radway (1987) hat in ihrer Studie Reading the Romance herausgefunden, dass Hausfrauen, Ehefrauen und Mütter während sie Liebesromane lesen, sich ihrer übrigen Tätigkeiten verweigern und diese somit aufwerten. Spannungen im Alltag können durch das Lesen der Romane kompensiert werden. Diese Flucht in eine Fantasie ermögliche sowohl symbolische Anerkennung sowie eine symbolische Befriedigung von Bedürfnissen, die im realen Leben nicht befriedigt würden. Ien Ang (1988) hat in einer Analyse von Briefen von Dallas- Rezipientinnen in den Niederlanden die eigenständige Bedeutung des Phantasierens als Möglichkeit des spielerischen Umgangs mit der Wirklichkeit (Klaus 1998: 340) formuliert, welche weder Flucht aus dem Alltag noch Kompensation darstellt die Phantasie ist zwischen Utopie und Wirklichkeit zu verorten. Während die Phantasie die Leserin/Zuschauerin gedanklich aus dem gelebten Sozialleben hinausprojiziert und eine Atempause gewährt, thematisiert die Utopie die Lebenswelt und setzt sich damit

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 6 kritisch auseinander, indem sie alternative soziale oder politische Verhältnisse entwirft. (Ebd.) Weiters wird hier noch auf das realistische Vergnügen eingegangen, welches die Möglichkeit bietet, einen Bezug zwischen Serie und Realität herzustellen. Hier wird die Glaubwürdigkeit der Handlung anhand der Darstellung sowie mithilfe biografisch bedeutsamer Themen und eigener Erfahrungen gewissermaßen überprüft. Klaus (1998: 342) bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Lothar Mikos (1994), der feststellte, dass dieser Abgleich für die Rezipientinnen und Rezipienten Identitätsarbeit ermöglicht unter Umständen können sich diese im Plot selbst wiedererkennen. Fiktionale Handlungen können überdacht und diskutiert werden; das Vergnügen hierbei hängt von der Plausibilität der Charaktere, ihrer Handlungen und Gefühle ab. Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist jener der sozialen Probleme. Werden Krisen und Umbrüche sonst meist in den Nachrichten thematisiert, heben sich derartige Elemente vom üblichen Handlungsstrang der Seifenoper ab und fordern so Aufmerksamkeit und emotionale Beteiligung der Rezipientinnen und Rezipienten. Diese Beobachtung hat diverse Kritikerinnen und Kritiker dazu veranlasst, die Gefahr einer derartigen Verschränkung von Realität und Fiktion zu betonen, was als Eskapismus klassifiziert wird. Allerdings wurde dieses Argument von diversen Rezeptionsstudien widerlegt der Großteil der Rezipientinnen und Rezipienten sei demnach sehr wohl in der Lage, zwischen Realität und Film- bzw. Fernsehgeschehen zu unterscheiden. Zusätzlich zu diesen fünf Arten des Vergnügens, weist Klaus (1998: 344f.) darauf hin, dass Vergnügen einerseits genrespezifisch die Soap Opera ähnle zwar anderen Frauengenre-Produktionen, würde sich aber durch formale Merkmale abgrenzen andererseits geschlechtsgebunden ist. Dieses geschlechtsgebundene Vergnügen komme durch die Inszenierung verschiedener und auch starker Frauenfiguren in den Soap Operas zum Ausdruck. An dieser Stelle soll abermals festgehalten werden, dass diese unterschiedlichen Arten und Ausprägungen des Vergnügens ursprünglich lediglich auf Soap Operas ausgelegt wurden. Jedoch stellt sich die Frage, ob dieser Blickwinkel nicht auf allgemeine Serienrezeption und möglicherweise auch auf männliche Zuseher ausgeweitet werden kann. Zudem hebt Jenkins (2006: 43), wie bereits erwähnt, hervor, dass die Mehrzahl der Fanfictionautorinnen und -autoren weiblich seien, was einen weiteren Anknüpfungspunkt an die Konzeptionen des Vergnügens darstellt. 2.1.3 Fans und Fandom Um mich nun auf mein Forschungsinteresse zu spezialisieren, möchte ich an dieser Stelle den 'Fan' genauer definieren:

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 7 Der Begriff des Fans wird auch heute noch eher selten präzise definiert (vgl. Roose/Schäfer/Schmidt-Lux 2010: 11) und ist häufig, wie bereits erwähnt, von Vorurteilen geprägt (vgl. Winter 2010: 161; Jenkins 2006: 38f.). In den vorliegenden Konkretisierungen steht meist die Emotionalität der Fans im Mittelpunkt; wie diese jedoch aussieht, ist nicht genauer bestimmt (vgl. Roose/Schäfer/Schmidt-Lux 2010: 11). Sicher ist nur, dass eine leidenschaftliche Beziehung des Fans zu bestimmten Fanobjekten, seien dies nun Personen, Gegenstände, Kollektive, Musikrichtungen oder filmische Inhalte, in Intensität und Ausdruck variiert und sich verändern kann (vgl. Roose/Schäfer/Schmidt-Lux 2010: 13). Das Fanobjekt kann jedoch nur folgendermaßen eingegrenzt werden: Besagtes Objekt ist dem Fan extern, das bedeutet, dass das Fansein oder Fandom von Freizeitaktivitäten abgegrenzt werden kann, bei denen die Person selbst aktiv werden muss (vgl. ebd.). So bin ich bspw. Fan einer Band, ohne dass ich selbst in der Band spiele. Weiters ist das Fanobjekt ein öffentliches, das heißt, dass der Zugang zu besagtem Objekt prinzipiell unabgeschlossen ist (vgl. ebd.). Außerdem umfasst eine Fanbeziehung neben der emotionalen Bindung auch noch die Investition von Zeit und/oder Geld (vgl. ebd.). Dies macht deutlich, dass das Fansein mit Handlungen verbunden ist, der Fan wird also selbst aktiv (vgl. ebd.). Aus diesen Elementen resultiert folgende Definition: Fans sind Menschen, die längerfristig eine leidenschaftliche Beziehung zu einem für sie externen, öffentlichen, entweder personalen, kollektiven, gegenständlichen oder abstrakten Fanobjekt haben und in die emotionale Beziehung zu diesem Objekt Zeit und/oder Geld investieren. (Roose/Schäfer/Schmidt-Lux 2010: 12) In 'The Cultural Economy of Fandom' beschreibt Fiske (2003: 30) die Charakteristiken des Fandoms wie folgt: Ein bestimmtes Fandom ist Teil der Populärkultur und widmet sich bestimmten Künstlerinnen und Künstlern, Erzählungen oder Genres und grenzt sich so von der Vielzahl an massenproduzierter Unterhaltung ab. They are then reworked into an intensely pleasurable, intensely signifying popular culture that is both similar to, yet significantly different from, the culture of more normal popular audiences. (Fiske 2003: 30). Den Unterschied zwischen Fans und dem regulären Publikum sieht Fiske (ebd.) darin, dass Fans die semiotische Produktivität, die auch dem herkömmlichen Publikum innewohnt, dazu nutzen, (tertiäre) Texte zu produzieren und so die Fan Community mit definieren. So wird eine Fankultur mit eigenen Produktionsund Distributionssystemen kreiert, welche laut Fiske außerhalb der Kulturindustrie liegen. Fiske (2003: 31), der in seinen Ausführungen auf Pierre Bourdieu zurückgreift, beschreibt, dass die Stereotypen von Fans häufig aus dem Kultursystem, das in dieser Hinsicht mit dem Wirtschaftssystem zu vergleichen ist, resultiert. Die Ressourcen des

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 8 jeweiligen Systems werden ungleich verteilt und somit ist eine Unterscheidung zwischen den Privilegierten und den Benachteiligten gegeben. Das System fördert die Privilegierten, ihren kulturellen Geschmack und ihre Kompetenzen. Diese werden durch bestimmte Instanzen wie etwa Galerien, Opernhäuser oder Museen gefördert, was in einer sogenannten Hochkultur ('high culture') resultiert. Dies ist die sozusagen offiziell legitimierte Kultur, die sich von der Populärkultur, die vom System keinerlei Anerkennung erfährt, unterscheidet. Fiske greift auf das Modell von Bourdieu zurück, kritisiert jedoch, dass die Kreativität der Populärkultur oft unterschätzt wird (Fiske 2003: 32). Fans, so argumentiert Fiske (2003: 33), sind aktive Produzentinnen und Produzenten von kulturellem Kapital, die auf der Ebene der Fanorganisation Äquivalente der formalen Institutionen reproduzieren. Somit eröffnet ein Fandom Wege, kulturelle Lücken zu füllen und bietet ebenfalls soziales Prestige und Selbstwertgefühl, die ebenfalls als kulturelles Kapital bezeichnet werden können. Mitglieder eines bestimmten Fandoms ziehen eine klare Grenze zwischen den Inhalten, die sich innerhalb ihres Interessengebiets befinden, und jenen, die nicht mehr dazu zählen (vgl. Fiske 2003: 34). This popular discrimination involves the selection of texts or stars that offer fans opportunities to make meanings of their social identities and social experiences that are self-interested and functional. (Fiske 2003: 35) Kombiniert man schließlich diese Aktivität der Fans und die Inhalte, denen sie sich zuwenden, so kann eines der kulturellen Produkte dieser Betätigungen die Fanfiction sein. 2.1.4 Fanfiction Produktivität ist im Bereich des Fandoms ein zentraler Faktor. Fiske (2003: 37ff.) unterscheidet dabei drei Arten: die semiotische, die ausdrückende und die textuelle Produktivität. Die semiotische Produktivität ist charakteristisch für Populärkultur allgemein und besteht darin, dass aus den semiotischen Ressourcen der kulturellen Waren Bedeutungen der sozialen Identität und sozialen Erfahrungen generiert werden. Diese Art der Produktivität ist allerdings den Personen bzw. den Fans innewohnend. Wenn diese generierten Bedeutungen im Alltag artikuliert und geteilt werden, spricht man von der ausdrückenden Produktivität. Ein Beispiel hierfür wäre etwa das Gespräch zwischen Fans. Bei diesem Fan Talk werden ebenfalls spezielle Bedeutungen generiert und geteilt, bspw. das Verhalten diverser Charaktere einer Serie evaluiert und in Beziehung zum Alltag der Rezipientinnen und Rezipienten gesetzt. Ein Großteil des Vergnügens ( pleasure ; vgl. Fiske 2003: 38) des Fandoms liegt im Fan Talk (vgl. ebd.). Die textuelle Produktivität (vgl. Fiske 2003: 39ff.) nähert sich beinahe an jene Kunstwerke an, die von der offiziellen Kultur ihre Berechtigung erhalten. Fans produzieren selbst Texte, die in ihrem Produktionswert jenen der Hochkultur ebenbürtig sind und

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 9 veröffentlichen diese unter Gleichgesinnten. Während Fiske (ebd.) noch das Problem des begrenzten Zuganges der Fans zu Produktions- und Veröffentlichungsmöglichkeiten nennt, könnte man annehmen, dass heute diese Probleme dank der Entwicklungen im Bereich des Social Web zumindest verringert wurden. Was jedoch noch ähnlich sein dürfte, ist die Tatsache, dass Fans meist keinen Profit aus ihren Werken schlagen und diese auch nicht außerhalb ihres Fandoms veröffentlichen. Dies unterscheidet abermals die Populär- von der Hochkultur. Fan texts, then, have to be producerly [ ], in that they have to be open, to contain gaps, irresolutions, contradictions, which both allow and invite fan productivity. They are insufficient texts that are inadequate to their cultural function of circulating meanings and pleasure until they are worked upon and activated by their fans, who by such activity produce their own popular cultural capital. (Fiske 2003: 42) Wenn dieser industriell produzierte Text, im Falle dieser Arbeit also die Serie, schließlich seine Fans 'trifft', dann wird er durch ihre aktive Teilnahme an der Verhandlung der Inhalte überarbeitet und somit wird aus dem Moment der Rezeption ein Moment der Produktion (vgl. Fiske 2003: 41). So zeichnet sich ein Fandom beispielsweise dadurch aus, dass seine Mitglieder den Text des eigentlichen Künstlers bzw. der Künstlerin nicht ebenso verehren wie dies die Hochkultur praktiziert (vgl. Fiske 2003: 40). Fans einer Serie haben oft das Gefühl, dass sie selbst bessere Handlungsstränge schreiben können, als dies die Autorinnen und Autoren der eigentlichen Serie tun. Ein Paradebeispiel hierfür sind die Fans der Serie Star Trek (vgl. Fiske 2003: 39; Jenkins 2002: o.s.), die von Anfang an ein aktives Publikum waren (vgl. Jenkins 2002: o.s.). Sie waren zwar nicht in der Lage, den Inhalt der Serie direkt mitzubestimmen oder zu ändern, aber sie formten die Rezeption durch eigene Medienproduktion um (vgl. ebd.). So bezeichnet Jenkins (ebd.) das Star Trek Fandom als Modell gewisser Weise für andere Fan Communities, indem es vormachte, wie Interpretationen des Inhaltes debattiert, eigens kreierte Inhalte in Umlauf gebracht und Kanäle für die Produzentinnen und Produzenten der Serie eingesetzt werden können. Die Entwicklungen im Bereich von Social Media haben dazu geführt, dass Fans ihre eigenen oder die Inhalte Anderer ohne großen, finanziellen Aufwand archivieren, kommentieren, sich aneignen und abermals in Umlauf bringen können (vgl. Jenkins 2002: o.s.). So kursieren in Online-Fan-Communities mittlerweile Photoshop-Collagen und andere Formen der digitalen Kunst, eigens zusammengestellte Soundtracks oder Fanfictions (vgl. ebd.). Die Autorinnen und Autoren besagter Fanfictions, also selbst entwickelter Geschichten, sind laut Jenkins (2006: 43) zum Großteil weiblich. Als Begründung hierfür wird die unterschiedliche Sozialisation von Männern und Frauen gesehen (vgl. ebd.):

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 10 Während für Männer eher das narrative Element und die Absichten der Autorinnen und der Autoren im Mittelpunkt der Rezeption stehen, stecken Frauen ihre Energien in die Rekonstruktion der textuellen Welt und in das Verständnis der Charaktere (vgl. Jenkins 2006: 43). Sie sind eher dazu bereit, frei mit den Inhalten der Serie zu spielen und ziehen Rückschlüsse auf Beziehungen zwischen Charakteren, welche nicht explizit in der Serie thematisiert wurden (vgl. Jenkins 2006: 44). Such data strongly suggests that the practice of fan writing the compulsion to expand speculations about characters and story events beyond textual boundaries, draws more heavily upon the types of interpretive strategies common to the feminine rather than to the masculine. (Jenkins 2006: 44) An dieser Stelle soll kurz auf sogenannte Frauenöffentlichkeiten (vgl. Klaus 1998: 353ff.) eingegangen werden. Bereits Janice Radway (1987) stellte fest, dass die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Text, in diesem Fall Liebesromanen, von ihren Leserinnen zur Möglichkeit wird, an einer Frauenöffentlichkeit teilzuhaben auch wenn eine Gemeinschaft nur indirekt (über die Buchverkäuferinnen), beziehungsweise symbolisch bestand. Klaus (1998: 355) attestierte auch dem Genre der Soap Opera, dass dieses den Fans die Möglichkeit biete, ein derartiges sternförmiges Netzwerk zu formen. Möglicherweise trifft dies auch auf den Bereich der Fanfictions zu. Auch Fanfictions bieten ihren Produzentinnen und Produzenten die Möglichkeit zum kommunikativen Austausch (via Kommentar- und Review-Funktionen auf den jeweiligen Plattformen), zur Bildung von spezifischen Fangemeinden (Fandoms) und zur gemeinsamen Ansammlung von strategischem Wissen (vgl. Klaus 1998: 355ff.). So könnte Fanfictions die Kraft innewohnen, Frauenöffentlichkeiten herzustellen; wie es Mary Ellen Brown (1994: xi) auch den Soap Operas attestierte. Der informelle Austausch über Serieninhalte wie etwa Fanfiction könnte differenzierte Sinnproduktion und Kommunikationsprozesse ermöglichen, die traditionellen Geschlechterdiskursen zuwiderlaufen (vgl. Klaus 1998: 356). Derartige Räume schaffen Platz für vom Originaltext abweichende Sinnproduktionen für Rezipientinnen und Rezipienten und können die Illusion eines Raumes schaffen, in dem Frauen authentisch und selbstbestimmt handeln können (vgl. Klaus 1998: 357). Warum Frauen und warum gerade Star Trek? Einerseits beschreibt Jenkins (2006: 45) in Bezug auf Judith Spector (1986: 163) das Science Fiction Genre (ebenso wie Cop- Serien, Detective-Dramen oder Western) als feindselig gegenüber Frauen. Diese Serien wurden von Männern für Männer geschrieben (vgl. Jenkins 2006: 44) und bieten so männliches Sehvergnügen, welches den Frauen somit verschlossen bleibt. Um also die Rezeption des Textes vollkommen genießen zu können, sind Frauen oft dazu gezwungen, eine Art intellektuellen Transvestismus zu vollführen um ihre eigenen narrativen

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 11 Anliegen zu erkunden (vgl. Jenkins 2006: 44). Dies verlangt den Frauen ab, sich in (vermeintlicher) Opposition zu ihren eigenen, kulturellen Erfahrungen, mit männlichen Charakteren zu identifizieren (vgl. ebd.). This need to reclaim feminine interests from the margins of masculine texts produces endless speculation that draws the reader well beyond textual boundaries into the domain of the intertextual. [ ] Fan writing represents the logical next step in this cultural process: the transformation of oral countertexts into a more tangible form, the translation of verbal speculations into written works that can be shared with a broader circle of women. To do so, their status must change; no longer simply spectators, these women become textual producers. (Jenkins 2006: 44) Diese Autorinnen und Autoren wollen die Beziehungen zwischen den Charakteren auf eine realistische und ausgedehnte Art und Weise erkunden; sie wollen Fanfictions, die wahr und glaubwürdig sind und nicht syrupy or sweet (Jenkins 2006: 50). Diese Geschichten fokussieren häufig zeitgenössische, feministische Themen wie Sexualität, Geschlechterpolitik, Religion, Familie, Ehe und Romantik (vgl. Jenkins 2006: 51). Jenkins (2006: 49) bezeichnet dies als einen Wechsel von der Space Opera zur Soap Opera. Emotionen stehen hierbei im Vordergrund, die eigentlichen Konflikte der Enterprise bleiben möglicherweise als Rahmenhandlung präsent (vgl. Jenkins 2006: 50). Ungeachtet dieser kreativen Freiheit, die die Fans von Star Trek hier ausleben können, gibt es so etwas wie ein Regelwerk oder gewisse Normen und Richtlinien (vgl. Jenkins 2006: 54ff.): The ideology of fandom involves both a commitment to some degree of conformity to the original program materials, as well as perceived right to evaluate the legitimacy of any use of those materials, either by textual producers or by textual consumers. (Jenkins 2006: 55) Generell kann gesagt werden, dass man nicht dem Originaltext, also der Serie selbst, sondern den Konventionen der Fan Community in seiner Arbeit treu bleiben muss. Die Star Trek-Fans sind darüber hinaus der Meinung, dass sie selbst die Charaktere am besten verstünden, und somit am besten qualifiziert seien (auch gegenüber den Autorinnen), derartige Fanfictions zu schreiben und die Geschichte 'ihrer' Serie fortzuführen. Diesen Konventionen zum Trotz, hat sich eine neue Konzeption von Fanfictions entwickelt. Diese alternate universes (Jenkins 2006: 57) nimmt die eigens produzierten Texte nicht als Erweiterung der Serie wahr, sondern erlaubt sich die Freiheit, in gewissen Punkten vom Originaltext abzuweichen (vgl. ebd.).

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 12 2.1.5 Slash-Fanfiction Eine weitere Entwicklung im Bereich der Fanfiction sind die Slash-Stories (vgl. Jenkins 2006: 57ff; Green/Jenkins/Jenkins 2006: 61ff.). Laut Green/Jenkins/Jenkins (2006: 62f.) ist Slash eine Ausprägung von Fanfiction, die allgegenwärtig ist. Das Genre bezeichnet Texte, die ein gleichgeschlechtliches Paar aus Filmen, Fernsehen, Comics oder Literatur fokussieren (vgl. ebd.) und meist detaillierte Beschreibungen sexueller Handlungen beinhalten (vgl. Jenkins 2006: 56). Die Forschung war bisher vor allem daran interessiert, warum so viele heterosexuelle Frauen ein schwules Paar, wie beispielsweise Captain Kirk und Mr. Spock, zum Zentrum ihrer Fanfiction machen (vgl. Green/Jenkins/Jenkins 2006: 64). Tatsache ist allerdings, dass dieses Genre keineswegs auf heterosexuelle Autorinnen und Autoren beschränkt ist auch bisexuelle und lesbische Frauen schreiben nachweislich Slash (vgl. ebd.). In some ways, having a shared set of bodies onto which to map erotic fantasies created a common ground where queers and straights could talk about their desires outside the polarization occurring in the identity politics of the era. (Green/Jenkins/Jenkins 2006: 62) Ein weiterer Standpunkt ist dieser, dass es bei Slash-Fiction nicht so sehr um Identifikation mit einer Figur geht, sondern vielmehr die Kontrolle, die die Autorin oder der Autor über die Charaktere hat (vgl. Green/Jenkins/Jenkins 2006: 69). Isn t manipulation and watching so much fun? That s what I do; I never, ever insert myself [ ] into the character in the story, zitieren Green/Jenkins/Jenkins (ebd.) eine Autorin. Slash wird außerdem, sowohl von den Autorinnen und Autoren als auch von Akademikerinnen und Akademikern als Umdenken und Umschreiben (Green/Jenkins/Jenkins 2006: 71), also Verhandeln von Männlichkeit gesehen. Slash ermöglicht es den Autorinnen und Autoren, den männlichen Figuren ihrer Geschichte emotionale Verantwortung zuzuschreiben; etwas, das in der Realität oft abgelehnt wird (vgl. ebd.). Henry Jenkins (Green/Jenkins/Jenkins 2006: 72) beschreibt Slash in einem Artikel in Strange Bedfellows folgendermaßen: In The Wrath of Khan trennt eine Glasscheibe den Captain Kirk und Mr. Spock, der im Sterben liegt. Beide pressen ihre Hände gegen das Glas, versuchen, physischen Kontakt herzustellen und schwören sich ihre Freundschaft. [S]lash is what happens when you take away the glass. The glass, for me, is often more social than physical; the glass represents those aspects of traditional masculinity which prevent emotional expressiveness or physical intimacy between men, which block the possibility of true friendship. Slash is what happens when you take away those barriers and imagine what a new kind of male friendship might look like. One of the most excit-

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 13 ing things about slash is that it teaches us how to recognize the signs of emotional caring beneath all the masks which male culture seeks to repress or hide those feelings. (Green/Jenkins/Jenkins 2006: 72) Hinzu kommt, dass Fans sich in ihrem Fandom oft freier fühlen als in anderen Kontexten und sich so eher selbst ausdrücken, Fragen stellen oder alternative Perspektiven diskutieren können (vgl. Green/Jenkins/Jenkins 2006: 85). Hier ist es ihnen möglich, ihre eigene Kultur zu formen und aktiv daran teilzuhaben (vgl. ebd.). Die Fans geben sich einem phantasievollen Vergnügen (vgl. Klaus 1998: 339) in Bezug auf Geschlechterkonstruktionen und verhältnissen hin. Sie kreieren die Geschichten, die sie selbst lesen wollen; wenn eine Fanfiction gut gefällt, wird sie geteilt, wenn sie aufregt, wird eine Fortsetzung geschrieben und wenn sie nicht gefällt, kann sie überarbeitet und nochmal geschrieben werden (vgl. Green/Jenkins/Jenkins 2006: 87). In embracing popular texts, the fans claim those works as their own, remaking them in their own image, forcing them to respond to their needs and to gratify their desires. [ ] Consumption becomes production; reading becomes writing; spectator culture becomes participatory culture. (Jenkins 2006: 59f.) 2.2 Post-Television Drama Die Zeit fragte in einem Onlineartikel: Was haben amerikanische Serien, was deutsche nicht haben? (Schmetkamp 2008) Die Serien nach dem Jahrtausendwechsel schnüren intelligente, ausgefallene Geschichten mit filmästhetischer Qualität und originellen Dialogen zu einem hochwertigen Gesamtpaket. Die Serien sind anspruchsvoll, originell, klug, witzig, unterhaltsam, unkonventionell, gut besetzt und sie spielen, was ihre Machart und Finanzierung angeht, mit großen Kinofilmen in einer Liga. Zugleich ist jede einzelne Reihe für sich genommen ein Unikat, ein Brand, wie amerikanische Serien-Produzenten das nennen, eine Marke. (Schmetkamp 2008, H.i.O.) In dem folgenden Teilkapitel möchte ich mich dem bisher noch eher unzureichend definierten Begriff besagter US-amerikanischer Serien etwas weiter annähern. Attestierte Theodor Adorno in seinem Aufsatz How to Look at Television aus dem Jahr 1954 dem Fernsehen noch triviale Inhalte, schablonenhafte Figuren und stereotype Darstellungsformen, die zur Verdummung und Entmündigung der Rezipientinnen und Rezipienten führe (vgl. Köhler 2011: 18), wird diesem Bereich derzeit ein Experimental- und Innovationsraum attestiert, welcher die akademische Beschäftigung herausfordert (vgl. Schabacher 2010: 20). Qualität bzw. Quality TV oder Quality Televi-

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 14 sion Series (Köhler 2011; Frizzoni 2012; Jahn-Sudmann/Kelleter 2012), künstlerisches Potential (vgl. Schabacher 2010: 19), intelligente Erzählformen (vgl. Jahn- Sudmann/Kelleter 2012: 205), gehobenes Publikum (vgl. Blanchet 2011: 52) und vor allem die Umbruchphase (Jahn-Sudmann/Kelleter 2012: 205) oder das zweite goldene Zeitalter des Fernsehens (Köhler 2011: 15) sind Begriffe, die sich in beinahe jeder Auseinandersetzung mit besagten, neuen Serien wiederfinden. Robert Blanchet (2011) arbeitet in seinem Beitrag Quality-TV. Eine kurze Einführung in die Geschichte und Ästhetik neuer amerikanischer Fernsehserien zwölf Merkmale von Qualitätsserien heraus: 1.) Qualitätsserien sind nicht gewöhnliches Fernsehen. 2.) Qualitätsserien werden von Künstlerinnen und Künstlern gemacht. 3.) Qualitätsserien sprechen ein gehobenes Publikum an. 4.) Qualitätsserien haben niedrige Einschaltquoten und kämpfen gegen den Widerstand der Sender und des Mainstream-Publikums. 5.) Qualitätsserien verfügen über ein großes Figurenensemble, präsentieren unterschiedliche Perspektiven und haben multiple Plots. 6.) Qualitätsserien haben ein Gedächtnis. 7.) Qualitätsserien kreieren ein neues Genre, indem sie bestehende Genres kombinieren. 8.) Qualitätsserien sind literarisch und autorenzentriert. Der Schreibstil ist komplexer als bei anderen Serien. 9.) Qualitätsserien sind selbstreflexiv. 10.) Qualitätsserien behandeln kontroverse Themen. 11.) Qualitätsserien versuchen, realistisch zu sein. 12.) Qualitätsserien werden mit Lobeshymnen und Preisen überhäuft. Nun stellt sich hiermit die unweigerliche Frage, ob, und wenn ja, wie Qualität in diesem Zusammenhang definiert werden kann. Betrachtet man Blanchets (2011) eben erwähnten zwölf Qualitätsmerkmale, so kann beispielsweise die Gültigkeit der Aussage Qualitätsserien haben niedrige Einschaltquoten und kämpfen gegen den Widerstand der Sender und des Mainstream-Publikums angezweifelt werden startete die sechste Staffel von Mad Men, einer Serie, die in Diskussionen dieses neuen Serienphänomens immer wieder auftaucht (Köhler 2011; Frizzoni 2012), mit 3,4 Millionen Zuseherinnen und Zusehern in den USA (vgl. Junklewitz 2013: o.s.). Außerdem würden wohl einige der verwendeten Begriffe, wie etwa gewöhnliches Fernsehen, die realistischen Ansprüche der Serien oder auch das Mainstream-Publikum noch einer genaueren Definition bedürfen.

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 15 Aus diesem Grund wurde von dem oftmals verwendeten Begriff des Quality-TV bewusst Abstand genommen und stattdessen jener des Post-Television Dramas verwendet. Im Folgenden wird versucht, den Begriff so weit wie möglich einzugrenzen und so eine Arbeitsdefinition zu schaffen. Zu Beginn soll der Begriff selbst kurz erläutert werden. Lange galt die Serie als mediencharakteristische Form (Faulstich 1994: 47, zit. n. Köhler 2011: 22), die immer zu einer bestimmten Zeit im Fernsehen gesendet wurde (vgl. Köhler 2011: 22f.). Dadurch entstand eine regelmäßige, serielle Produktion des Programms (vgl. ebd.). Heute bieten sich den Rezipientinnen und Rezipienten allerdings unterschiedlichste Möglichkeiten, 'ihre' Serien zu sehen. Einerseits bleibt natürlich das Fernsehen als Medium präsent, andererseits bieten DVDs, Downloads oder Streamings andere, räumlich und zeitlich ungebundene Arten, den gewünschten Inhalt zu sehen. So wird bereits bei Turner/Tay (2009, zit. n. Köhler 2011: 23) von post-broadcast-television oder bei Leverette/Ott/Buckley (2008, zit. n. Köhler 2011: 23) von post-television gesprochen. Der Beginn besagter Umbruchphase im Feld der Fernsehserien wird auch in der Literatur nicht eindeutig festgelegt, am Häufigsten wird allerdings auf die 1990er Jahre hingewiesen (vgl. Blanchet 2011: 37; Jahn-Sudmann/Kelleter 2012: 205; Köhler 2011: 20). Eines scheint jedoch gewiss zu sein: Im Verlauf der letzten Jahre hat sich in der amerikanischen Serienlandschaft ein markanter Wandel vollzogen weg von einfach gestrickten Wiederholungsmustern und trivialen Stoffen hin zu komplex nuanciert gestalteten Erzählungen, die den Vergleich mit dem Kino nicht mehr zu scheuen brauchen und sogar vieles von dem, was wir auf der großen Leinwand geboten bekommen, in den Schatten stellen. (Blanchet 2011: 37) Charakteristisch für diese Entwicklung ist der Sender HBO, der in seinen Serien wie etwa The Sopranos oder Six Feet Under rund 1,5 Millionen US-Dollar für eine Folge investiert hat und diese schließlich auch ohne Werbeunterbrechung ausstrahlt (vgl. Schabacher 2010: 21). Dieses Konzept übernahmen schließlich auch andere Sender, wie etwa FX oder Showtime, was mittlerweile als HBO-Effect bezeichnet wird (Schabacher 2010: 21f.). Im obigen Zitat von Blanchet wird bereits eine Eigenschaft angesprochen, auf welche auch Köhler (2011: 15) hinweist ein cineastischer Stil (ebd.), der an das Kino erinnert und so einen Vergleich mit etablierten Kunstformen, wie dem Kino oder auch dem Roman (vgl. Köhler 2011: 20; Blanchet 2011: 43; Frizzoni 2012: 344) erlaubt. Die Parallele zum Roman wird auch durch die intelligenten und innovativen Erzählstrukturen (vgl. Jahn-Sudmann/Kelleter 2012: 205; Köhler 2011: 15), Ellipsen, Leerstellen und die komplexen Figurenkonstellationen (vgl. Köhler 2011: 15) plausibel weiter gefestigt. Die

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 16 erfolgreichen US-Serien zeichnen sich [...] nicht nur durch multiples Genre-Crossing aus, sondern vor allem durch komplexe Narrative, die dem Publikum ein hohes Maß an Aufmerksamkeit abverlangen und damit dem Produkt kulturelles Prestige sichern. schreibt Gabriele Schabacher (2010: 22) in ihrem Beitrag Serienzeit. Zur Ökonomie und Ästhetik der Zeitlichkeit neuerer US-amerikanischer TV-Serien. Im Zusammenhang mit besagter Komplexität wird von einer era of television complexity gesprochen (Mittell 2006: 29), die maßgeblich in der Serienstruktur verankert ist. Außerdem hebt Frizzoni (2012: 342) hervor, dass die Post-Television Drama-Series Konventionen brechen und präzise Einblicke in andere Lebenswelten geben. Außerdem finden brisante Themen oder Tabus wie etwa der Tod in Six Feet Under oder Verslumung in The Wire Platz im Fernsehen (vgl. ebd.). Des Weiteren stellt die Hybridisierung, also eine Kombination mehrerer Genres, ein Merkmal der Post-Television Dramas dar, da sie laut Jahn-Sudmann und Kelleter (2012: 208) eine wichtige Strategie innovativer Reproduktion ist. Ein weiteres bedeutendes Merkmal des Post-Television Dramas ist das Image der Rezipientinnen und Rezipienten. So hebt Kristina Köhler (2011: 24) hervor, dass das Bild der oder des manipulierbaren, passiven Zuseherin oder Zusehers einer Revision bedarf. Die Serienrezipientin oder der Serienrezipient gehe demnach produktiv, ironisch oder gar subversiv mit den Serieninhalten und den darin transportierten Werthaltungen und Weltvorstellungen um (vgl. ebd.). Auch Frizzoni (2012: 346) spricht die Aktivitäten von Fans, in diesem Fall Fans der Serie Lost an, die eine digitale Enzyklopädie des Serien- Universums erstellten. Als weiteres Beispiel für aktive Rezipientinnen und Rezipienten führt Köhler (2011: 11f.) die Serie Mad Men an. Zuseherinnen und Zuseher diskutieren und spekulieren, welchen Film sich Don Draper, der Protagonist der Serie, in Folge drei der zweiten Staffel im Kino ansieht. Welcher Film es nun gewesen ist, wurde von Seiten der Produktion nicht preisgegeben. Die Fans scheinen sich aber sicher zu sein, dass diese Szene in irgendeiner Form Signifikanz aufweist was die ausführlichen Diskussionen in Internetforen oder Blogs bestätigen (vgl. ebd.). 2.2.1 Genreanalyse: Krimiserien / Crime Series In diesem Kapitel soll nun das Genre der Krimiserien näher diskutiert werden, um die Auseinandersetzung mit dem Post-Television Drama The Mentalist, das (zumindest in weiten Teilen) dieser Gattung zugeordnet werden kann, zu fundieren. Die Tradition der Police Series, wie Glen Creeber (2001:19) dieses Genre beschreibt, geht auf das Großbritannien der 1950er Jahre zurück, wo die BBC die eher provinzielle Serie Dixon of Dock Green ausstrahlte. Die Serie enthielt keine sonderlich komplexe Handlung. Jede Episode enthielt einen Fall, den George Dixon zu Beginn in Richtung

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 17 der Kamera erklärte, dessen Aufklärung meist mit kleinen, physischen Auseinandersetzungen gelöst wurde. Dixon of Dock Green wurde anfangs für seine realistische Darstellung und vor allem für den Fokus von Arbeiterklassenpolizistinnen und -polizisten gelobt (vgl. ebd.). Fabian of Scotland Yard war die erste englische Dramaserie, die auf Film aufgenommen wurde. Dies eröffnete den Weg für eine schnellere und anspruchsvollere narrative Geschwindigkeit. Anders als bei Dixon of Dock Green waren hier die Ermittler bzw. die Ermittlerinnen allerdings routinierte Scotland Yard-Detectives, die ihre analytischen Fähigkeiten einsetzten, um das Verbrechen aufzuklären (vgl. Creeber 2011: 19). These two approaches to the police series the ordinary uniformed policeman on the one hand, the skilled plain-clothes police detective on the other set a pattern for the genre that has prevailed throughout its history. (Creeber 2001: 19) Im Allgemeinen beginnt die Krimiserie mit einer Störung der Gesellschaftsordnung, zum Beispiel einer Entführung oder einem Mord. An diesem Punkt kommt die Polizei ins Spiel. Sie nimmt Beweise auf und befragt Augenzeugen, um so Informationen über den Tathergang zu sammeln und diesen 'Angriff' auf die sozialen Normen zu neutralisieren also die Täterin oder den Täter zu fassen. Durch eine Verhaftung wird schließlich die gesellschaftliche Ordnung wiederhergestellt (vgl. Bignell/Orlebar 2005: 64; Casey et al 2003: 44f.). In der Vergangenheit waren die Kriminellen immer die 'Bösen' und die polizeilichen Vertreter die 'Guten'. Neuerdings verwischen die Grenzen von Moralität und Legalität vor Allem bei Figuren wie den bent cops (Casey et al 2003: 44), also Polizisten, die außerhalb der gesetzlichen Norm agieren oder den sympathetic villains (ebd.). The tension and indeed pleasure, within the narrative emanates from the conflict between the police and the criminal and uncertainty as to whether the criminal will be caught or, in the case of a whodunnit [ ] revealed. (Ebd., H.i.O.) Die Dynamik des Genres entsteht durch oppositionelle Charaktere. Die Protagonistin oder der Protagonist, meist die Hauptermittlerin, der Hauptermittler oder ein Team der Polizistinnen und Polizisten, sind grundsätzlich gut. Dieser Charakter beziehungsweise die Charaktere tauchen regelmäßig auf. Durch ein besonderes Erkennungsmerkmal, wie zum Beispiel Kojaks Lollie, wird eine Person weiter charakterisiert und schürt das Interesse der Zuseherin oder des Zusehers. Eine weitere Funktion derartiger Besonderheiten ist, dass der zentrale Charakter sich so von anderen Figuren unterscheidet er wird dadurch zur Persönlichkeit. Ein ständig zitiertes Beispiel für Krimiserien ist Hill Street Blues. Creeber (2001: 23, H.i.O.) beschreibt sie folgendermaßen:

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 18 The appearance of Hill Street Blues on NBC in 1981 was a landmark in the history of American television, breaking all the rules of series drama. It used a large ensemble of thirteen to fourteen central characters, overlapping dialogue, multiple narrative strands with lack of resolution to many of the storylines, documentary-style camerawork, a multi-ethnic cast and strong female characters, and took a liberal attitude towards policing and social issues. [ ] The complex narrative structure moving from one character, or pair of characters, to another, and from one storyline to another as the episode developed, with dialogue often overlapping as a consequence of the ensemble interplay and the interweaving of storylines was all part of the objective of establishing a new realism in drama as a whole. Die Kombination aus Krimi-Elementen, das enorme Figurenensemble mit starken, weiblichen Charakteren und die unterschiedlichen Erzählstränge finden sich auch im eigentlichen Forschungsgebiet dieser Arbeit, der Serie The Mentalist. 2.2.2 The Mentalist Die US-amerikanischen Krimi-Drama-Serie The Mentalist basiert auf der Idee von Bruno Heller, der bereits die Serie Rom entwickelte. Sie handelt von Patrick Jane, der seinen Lebensunterhalt früher als Hellseher verdient hat. Aufgrund seiner Fähigkeiten wurde er vom CBI (California Bureau of Investigation) als Berater engagiert um einen Serienkiller namens Red John zu fassen. Als Jane diesen in einer Talkshow öffentlich bloßstellt, bringt Red John Janes Frau und Tochter um. Dies veranlasst Patrick Jane dazu, sein Leben vollständig zu ändern. Mittlerweile beteuert er, dass seine 'Arbeit' als Medium absoluter Unsinn und Betrug gewesen sei und versichert, lediglich eine gute Beobachtungs- und Kombinationsgabe zu haben. Mit dieser Gabe unterstützt Jane weiterhin die CBI-Einheit und berät die Leiterin Teresa Lisbon bei diversen Delikten. Seine unkonventionellen Ermittlungsmethoden führen dabei oft zu Problemen mit seinen Vorgesetzten. Im Hintergrund steht aber weiterhin Janes oberstes Ziel: Red John zu finden und umzubringen. Die erste Staffel von The Mentalist startete am 23. September 2008 auf CBS, wobei die Pilot-Episode in den USA 15,6 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer erreichte. Die Staffel wurde in den USA mit durchschnittlich 17 Millionen Zuseherinnen und Zusehern der erfolgreichste Neustart einer Serie in der Saison 2008/2009 und auch insgesamt die erfolgreichste fiktionale Serie in den USA (vgl. Wikipedia Contributors 2013; Roßmann 2013). Gedreht wird hauptsächlich in einem Studio in Los Angeles; die Produktionsfirma ist Primerose Hill Productions und Warner Bros. Television (vgl. ebd.). In den USA (CBS) sowie in Österreich (ORFeins) und Deutschland (Sat.1) wurde die mittlerweile fünfte Staffel bereits ausgestrahlt. Laut Roßmann (2013) verlor die Serie

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 19 dabei allerdings eine beträchtliche Zahl an Zuseherinnen und Zusehern (Staffel zwei und drei: 15 Millionen, Staffel vier: 14 Millionen, Staffel fünf: 11,06 Millionen), büßte ihren Sendeplatz vom Donnerstagabend ein und wurde auf Sonntagabend verschoben. Trotzdem scheint die Serie für CBS weiterhin lukrativ zu sein (vgl. Krannich 2013). Ein Großteil des Erfolgs wird von den Kritikerinnen und Kritikern dem Schauspieler Simon Baker und seiner Verkörperung Patrick Janes zugesprochen (vgl. McNamara 2008; Der Standard 2009). Poniewozik (2009) sieht dies als möglichen Grund für den 60-prozentigen Anteil von weiblichen Zuseherinnen jedoch kann die Krimiserie auch als Frauen- oder Universalgenre bezeichnet werden. The Mentalist hat 2009 den People s Choice Award in der Kategorie 'Beste neue TV- Drama-Serie' gewonnen. Zusätzlich war Simon Baker im gleichen Jahr für den Emmy als 'Hauptdarsteller in einer Dramaserie' nominiert. 2010 wurde der Schauspieler abermals als bester Hauptdarsteller in einer Dramaserie für einen Golden Globe und Screen Actors Guild Award nominiert (vgl. Wikipedia Contributors 2013). Am 14. Februar 2013 bekam Simon Baker einen Stern am Hollywood Walk of Fame verliehen. Robin Tunney nahm im Juni 2013 am Monte-Carlo Television Festival die Goldene Nymphe für The Mentalist als 'Best Drama Series- International Audience Award' entgegen (vgl. Robin s Green Shades 2013: o.s.). Um nun The Mentalist im Bereich des Post-Television Dramas zu verankern, wird auf die in den vorherigen Kapiteln angeführten Kriterien Bezug genommen. Zwar wurde die erste Staffel der Serie von den Kritikerinnen und Kritikern als althergebrachtes, jedoch unterhaltsam aufbereitetes Krimi-Konzept (vgl. Der Standard 2009) bezeichnet, doch mit zunehmenden Staffeln tritt der übergeordnete Handlungsbogen, die Jagd nach Red John, immer mehr in den Vordergrund. Dies spiegelt sich auch in den Zuschauerzahlen wider: Staffel eins 17 Millionen Zuseherinnen und Zuseher, Staffel fünf 11,06 Millionen Zuseherinnen und Zuseher (vgl. Roßmann 2013). Dies stellt möglicherweise einen Indikator für eine Entwicklung in Richtung des Post-Television Drama dar. Andererseits könnte diese Veränderung in den Zuschauerzahlen auch als Entwicklung in Richtung des Quality-TV s gesehen werden, um jene Zahlen aufzufangen. Auch die von Jahn-Sudmann und Kelleter (2012: 208) erwähnte Hybridisierung trifft auf The Mentalist zu: Auf Wikipedia wird das Programm als Krimiserie gehandelt, bei den Award-Nominierungen der Serie fällt diese jedoch unter 'Drama'. Komplexe Narrative, die einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit ihres Publikums fordern, zeichnen sich durch multiple, sich überlappende Handlungsstränge, eine Vielzahl an elaborierten Charakteren, die in einem Geflecht agieren aus (vgl. Schabacher 2010: 22; 37). Entsprach die CBS-Serie zu Beginn vielleicht noch nicht vollständig diesen Kriterien, so

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 20 scheint sie derzeit auf dem besten Weg dahin zu sein, diese zu erfüllen. Bestes Beispiel hierfür sind wohl die 'Abstimmungen', wer sich nun hinter Red John verbirgt, welche die Fans direkt auf der CBS-Homepage durchführen konnten. Mittlerweile hat sich die Liste auf sieben Hauptverdächtige eingegrenzt: http://www.cbs.com/shows/the_mentalist/red-john/. Die vergangenen Abstimmungen sind hier zu finden: http://www.fanpop.com/clubs/thementalist/images/34358043/title/red-john-suspect-galleries-photo. Diese Abstimmungen zeugen von einer aktiven Teilhabe der Fans an der Entschlüsselung des Produktes (vgl. Schabacher 2010: 22). Diese Abstimmungen weisen auf eine aktive Fangemeinde der Serie The Mentalist hin. Um abermals auf Köhler (2011: 11f.) und die von ihr verschriftlichten Beobachtungen zu den Mad Men-Fans und ihrer Diskussionen der Kino-Szene mit Don Draper zu verweisen, gilt wohl Ähnliches für The Mentalist-Fans. Nur geben hier nicht (ausschließlich) unaufgelöste Szenen Anlass zur Diskussion, sondern der Serienkiller Red John und die in Bezug auf ihn ausgelegten Hinweise und Indizien. So finden beispielsweise in diesem Simon Baker/The Mentalist-Forum (http://simonizecomau.proboards.com/) unter der Rubrik 'The Psychic Tent' Diskussionen zu den einzelnen Staffeln und Episoden sowie zur Red John-Thematik im Speziellen (http://simonizecomau.proboards.com/thread/781/red-john-speculation) statt. Neben Red John bietet allerdings auch Patrick Jane Potenzial für Diskussionen, da über seine eigene Vergangenheit nicht allzu viel bekannt ist. Wie Kristina Köhler (2011: 12) bereits für Mad Men festhielt, könnten The Mentalist-Fans auch fragen: Who is Patrick Jane? Zudem soll hier angemerkt werden, dass sich das Genre, in welches The Mentalist eingeordnet werden kann, nicht eindeutig bestimmen lässt. Einerseits weist die Serie klare Krimi-Elemente auf, andererseits könnte man den Mord an Janes Familie und die darauffolgende Jagd nach Red John den Genres Thriller und Drama zuschreiben. Dies ist ein Indikator dafür, dass man The Mentalist in das Post-Television Drama einordnen kann, aber auch dafür, dass es keine klare Abgrenzung zwischen den sogenannten Quality-TV und anderen Genres und Serien gibt. 3. Problembenennung: Eigene Fragestellungen und Hypothesen Die bisherige Literaturrecherche legt nahe, dass im Bereich der Fanfictions, vor allem im deutschsprachigen Raum, noch beträchtlicher Forschungsbedarf besteht. Aus diesem Grund sehe ich die kommunikationswissenschaftliche Relevanz für die folgenden Forschungsfragen gegeben: Welche Bedeutungen haben deutschsprachige Fanfictions im Fandom der USamerikanischen Serie The Mentalist für ihre Autorinnen und Autoren? Wie wird die

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 21 Serie selbst und in weiterer Folge die Produktion der Fanfiction in den Alltag eingebettet? Durch medienbiografische Interviews (siehe nächster Abschnitt) erhoffe ich mir, einen genaueren Einblick einerseits in die persönlichen Motivationen der Autorinnen und Autoren sowie andererseits in die aus der Fanfictionproduktion erhaltenen Gratifikationen zu erhalten. Geht man von einem hohen Stellenwert der Serie beziehungsweise der daraus resultierenden, eigenen Texte aus, so folgt die Frage, wie dieses Fandom in den Alltag der einzelnen Personen eingebettet wird. 4. Methode und Forschungsablauf 4.1 Vorstellung der gewählten Methode: Das Medienbiografische Interview Um die soeben dargelegten Forschungsfragen und Hypothesen zu erheben, habe ich das medienbiografische Interview als Methode ausgewählt. Der Begriff 'Medienbiografie' wurde Anfang der 1980er Jahre von Jan-Uwe Rogge in die Kommunikationswissenschaft eingeführt und steht für eine Übertragung von Ansätzen aus der Soziologie ('Biographieforschung') und der Geschichte ('Oral History') (vgl. Klaus/Röttger 1996: 98). In Bezug auf Knut Hickethier (1982) erklärt Aufenanger (2006: 490), dass der medienbiografische Ansatz eine Art Paradigmenwechsel in der Rezeptionsforschung darstellt. Die Medienbiografien lenken die Forschungsperspektive von der medienzentrierten Forschung auf das die Medien rezipierende Subjekt, was für das hier vorliegende Vorhaben ideal zu sein scheint. Der medienbiografische Ansatz hat den Medienlebenslauf von RezipientInnen oder Ausschnitte daraus zum Gegenstand, das heißt er thematisiert Medienverhalten im Laufe der lebenszeitlichen Entwicklung. Rezeptionsverhalten wird dabei als komplexes Resultat des Zusammenspiels von Alltag, Lebenslauf und Medien und der Bewertung des Zusammenhanges durch die RezipientInnen begriffen. (Klaus/Röttger 1996: 99) Im medienbiografischen Ansatz geht es weniger um Repräsentativität als darum, während des Gespräches in die Tiefe der medialen Rezeptionsprozesse zu gehen und so die Entstehung des individuellen Medienhandelns zu untersuchen (vgl. Klaus/Röttger 1996: 99). Die Probandinnen und Probanden werden zu Biographinnen und Biographen und Autorinnen und Autoren ihrer eigenen Lebens- und Mediengeschichte und wenden sich, als aktive Rezipientinnen und Rezipienten, bestimmten Angeboten zu und beziehen diese individuell in ihren Alltag mit ein (vgl. ebd.). Das medienbiografische Interview ist laut Klaus und Röttger (1996: 96) besonders zur Untersuchung weiblichen Medienhandelns geeignet, da der Zusammenhang von Ge-

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 22 schlecht, Lebenssituation und Mediennutzung adäquat erfassbar ist. Fragen nach dem Umgang von Frauen mit Medien allgemein und mit spezifischen Genres insbesondere können nur beantwortet werden, wenn Rezipientinnen im Kontext ihres Alltages selber zu Wort kommen. (Klaus/Röttger 1996: 100). Da laut Henry Jenkins (2006), wie unter Punkt zwei bereits erläutert wurde, die Autorinnen und Autoren von Fanfiction (zumindest jener des Slash-Genres) überwiegend weiblich sind, wird diese Methode hier bereits zum Teil legitimiert. Kritik an den medienbiografischen Interviews oder Gesprächen wurde wie folgt geäußert (vgl. Klaus/Röttger 1996: 100ff; Aufenanger 2006: 493ff.): - Der demokratische, egalitäre Anspruch der biografischen Forschung ist insofern ein Problem, als bereits die autobiografische Erzählung eine Interpretation der Vergangenheit und der Gegenwart beinhaltet. Diese wird von der Wissenschaftlerin oder dem Wissenschaftler abermals aus einer anderen Perspektive interpretiert, wobei beide Auslegungen nicht deckungsgleich sein können. Es entsteht also ein hierarchisches Gefälle. - Die Erinnerungen, aus denen das Gespräch wohl zum Großteil besteht, sind keine zuverlässige, in Sinne von objektiver, Quelle. Sie vermitteln kein wirklichkeitsgetreues Bild sondern werden im Rückblick neu erschaffen. Erinnerungen sind also situationsspezifische, verformte Bilder der Vergangenheit, die gewisse Facetten herausheben und andere verdrängen. - Die Fülle von Daten, welche aus den Gesprächen entsteht, kann nicht zur Gänze ausgewertet werden. Es obliegt also der Forscherin oder dem Forscher zu entscheiden, was relevant ist und was nicht. - Mediennutzung wird als Teil der Alltagsroutine selten bewusst reflektiert; ihre emotionale Bedeutung ist im Vergleich mit anderen lebensgeschichtlichen Ereignissen also gering. Dieser Kritikpunkt mag für einen Großteil der medienbiografischen Interviews zwar zutreffen, doch in diesem Fall sind die Probandinnen und Probanden bei ihrer Produktion von Fanfiction aktiv, was bedeutet, dass dieses mediale Handeln möglicherweise präsenter ist als beispielsweise die tägliche Nachrichtensendung. - Bei Gesprächen, die das Medienhandeln fokussieren, spielt soziale Erwünschtheit oft eine große Rolle und wirft so die Frage nach der Authentizität der Antworten auf. Das wohl größte noch ungelöste Problem der medienbiografischen Forschung liegt in der Auswertung und der Interpretation der Interviews (vgl. Klaus/Röttger 1996: 102; Aufenanger 2006: 495). Hierbei kann zwischen der Tiefenanalyse der Medienbiografie einer einzelnen Person oder einer Querschnittanalyse mehrerer Lebensgeschichten

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 23 unterschieden werden (vgl. Klaus/Röttger 1996: 102). Bei der Tiefenanalyse steht das Individuum im Mittelpunkt. Die Forscherin oder der Forscher arbeitet den medienspezifischen Teil der Biografie heraus und es entstehen so medienbezogene Personenportraits (vgl. Klaus/Röttger 1996: 104). Verallgemeinerungen sind hierbei nicht möglich (vgl. ebd.). Bei der Querschnittanalyse werden verschiedene Biografien in Bezug auf die jeweiligen, für die Fragestellung relevanten Themen verglichen und die Interviewtranskripte anschließend kodiert (vgl. ebd.). Für dieses Forschungsvorhaben werden beide Arten der Analyse kombiniert. Es werden erst Einzelfalldarstellungen erstellt und anschließend in einer Querschnittanalyse miteinander verglichen. Dabei wird das Ziel verfolgt, Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede der jeweiligen Fälle herauszuarbeiten und somit Anknüpfungspunkte für künftige Forschung herzustellen. Bei der Entstehung eines biografischen Dokuments werden mehrere kommunikative Beziehungen angesprochen (vgl. Klaus/Röttger 1996: 102ff.): Einerseits gibt es die interne Beziehung der Erzählung, der durch Wortwahl, Satzfolge, Themensequenzen und Erzählweise eine manifeste Form gegeben wird. Dabei ist aber das persönliche Zusammentreffen der Probandin oder des Probanden und der Forscherin oder des Forschers Voraussetzung für ihr Entstehen. Die soziale Beziehung entsteht dadurch, dass die biografischen Inhalte durch den Anstoß einer oder eines Außenstehenden generiert und für diese Person angefertigt werden. Die Medienbiografie ist also das Produkt einer Interaktion. Unter der externen Beziehung versteht man einen lebensweltlichen, gesellschaftlichen und ideologischen Kontext, der auf die Dynamik sozialer Prozesse verweist, so wie die Befragten diesen erlebt haben und im Zusammenhang mit den eigenen Lebensverläufen deuten. Eine weitere Ebene in der medienbiografischen Forschung ist die intrapersonale Beziehung. Diese verweist auf die Einbettung des Medienhandelns und der Medienerinnerung in die eigene Lebensgeschichte, ohne die das Gespräch bedeutungslos wäre. Die medienbiografische Forschung setzt die Bereitschaft und Fähigkeit zur Interpretation derselben voraus. Die Aspekte der eigenen Mediennutzung werden dann erinnert, wenn Medien mit emotional besetzten Ereignissen wie Konflikten, angestrebten Situationen, außergewöhnlichen Begebenheiten oder veränderten Rezeptionsbedingungen in Verbindung gebracht werden. 4.2. Beschreibung des Forschungsverlaufes 4.2.1 Begründungszusammenhang und Explorationsphase Die Methode des medienbiografischen Interviews wurde einerseits ausgewählt, da sie die Fanfiction-Autorin oder den Fanfiction-Autor ins Zentrum rückt und ihr oder ihm die Möglichkeit bietet, ihre Erfahrungen und Motivationen frei zu äußern. Zudem kön-

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 24 nen die Probandinnen und Probanden in freiem Rahmen erzählen ein Kriterium, das für dieses Forschungsvorhaben sehr wichtig ist. Möglicherweise bedürfen die Autorinnen und Autoren zuerst einer kleinen 'Aufwärmphase' und so können sie selbst bestimmen, wann sie welchen Teil erzählen. Etwaige Lücken können immer noch durch gezieltes Nachfragen geschlossen werden. Die Gesprächssituation ist wohl besser dafür geeignet, über persönliche Dinge, wie das Verfassen einer Fanfiction, zu sprechen, als eine formelle Interviewsituation. Die persönlichen Motivationen der Autorinnen und Autoren können dadurch näher beleuchtet werden, da der Probandin oder dem Probanden die Chance geben wird, ihren oder seinen Anreiz für die Textproduktion individuell wiederzugeben. Wie in Kapitel 4.1.1 bereits kurz angesprochen wurde, eignet sich das medienbiografische Interview laut Klaus und Röttger (1996: 96) besonders zur Erforschung weiblichen Medienhandelns und da Jenkins (2006: 43) behauptet, der Großteil der Fanfiction- Autorinnen und -autoren seien weiblich (eine Aussage, auf welche in der Auswertung noch genauer Bezug genommen wird) scheint diese Erhebungsmethode abermals angebracht zu sein. Als Untersuchungsgegenstand wird bei diesem Forschungsprojekt die deutschsprachige Fanfiction-Plattform http://www.fanfiktion.de/herangezogen. Die Wahl fiel deshalb auf diese spezielle Plattform, da sie eine große Auswahl an deutschsprachiger Fanfiction bietet und somit dem Untersuchungsgegenstand entspricht. Zudem ist eine separate Sektion für das Fandom von The Mentalist (http://www.fanfiktion.de/the- Mentalist/c/101135000) angelegt, was die Eingrenzung der relevanten Veröffentlichung erheblich vereinfacht. Außerdem besteht die Möglichkeit nach einer Registrierung auf dem Fanfiction-Portal, die anderen Autorinnen und Autoren per persönlicher Nachricht zu kontaktieren abermals eine Erleichterung im Forschungsprozess.

kommunikation.medien 4. Ausgabe / Dezember 2014 25 4.2.2 Verwertungszusammenhang 4.2.2.1 Basisdaten zur Stichprobe Abbildung 2: Screenshot von www.fanfiktion.de Alle Autorinnen und Autoren, die auf der Online-Plattform http://www.fanfiktion.de/eine Fanfiction im Fandom von The Mentalist (http://www.fanfiktion.de/the-mentalist/c/101135000) veröffentlicht haben, zählen zur Grundgesamtheit des hier vorliegenden Forschungsprojektes. Die einzelnen Autorinnen und Autoren wurden Anfang Juli 2013 mit einer persönlichen Nachricht angeschrieben und gefragt beziehungsweise gebeten, ob Interesse an einem Interview bezüglich ihrer Arbeit besteht. Aus den eingegangenen 37 Rückmeldungen wurden schließlich sechs Interviewpartnerinnen und Interviewpartner in erster Linie anhand ihrer veröffentlichten Fanfictions ausgewählt. Da mit dieser eher geringen Anzahl an Interviews diese Erhebung dem Kriterium der Repräsentativität ohnehin nicht gerecht werden konnte, wurde bei der Auswahl der Autorinnen und Autoren darauf geachtet, dass diese in ihren Veröffentlichungen Differenzen aufwiesen. Das bedeutet, dass Probandinnen und Probanden ausgewählt wurden, deren Fanfictions sich in der Länge oder der Anzahl der Kapitel, wenn möglich thematisch und auch hinsichtlich der Veröffentlichungen in anderen Fandoms unterscheiden. Dies könnte für mögliche künftige, umfangreichere Forschung weitere Ansätze liefern. Als zweites Auswahlkriterium wurde die Bereitschaft, das Interview (falls ein persönliches Gespräch aufgrund der Distanz nicht geführt werden konnte) auch via Skype zu führen, berücksichtigt. Die einzelnen Interviews wurden schließlich im Zeitraum vom 31. Juli bis 15. August 2013 geführt und mit einem Diktiergerät aufgezeichnet. Im An-