Aktives Zins- und Schuldenmanagement im kommunalen Bereich
Gründe für ein aktives Zins- und Schuldenmanagement 92 Abs. 2 HGO Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung Erlass des Hess. Ministeriums des Innern und für Sport vom 25.08.2006 Verpflichtung der Kommunen zur Optimierung des Zins- und Schuldenmanagements Zunahme des Kreditvolumens, insbesondere im Bereich der Kassenkredite Reduzierung der finanziellen Ressourcen 2
Aktives Zins- und Schuldenmanagement Trennung von Liquiditäts- und Zinsmanagement Hauptziele des Zins- und Schuldenmanagements Sparsame und wirtschaftliche Gestaltung von Verbindlichkeiten Reduzierung des Zinsaufwands Begrenzung des Zinsänderungsrisikos Planungssicherheit Tilgungsleistungen entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit Da die Ziele teilweise miteinander kollidieren, müssen Prioritäten entsprechend der aktuellen Situation festgelegt werden. 3
4
5
Organisatorische Voraussetzungen Grundsatzbeschluss der Vertretungskörperschaft über die Durchführung eines aktiven Zins- und Schuldenmanagements sowie Ermächtigung der Verwaltung zum Abschluss von Vereinbarungen zur Zinssicherung und -optimierung im Rahmen der Kreditfinanzierungen Richtlinien für den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente Bildung eines Portfoliobeirats (Zinsbeirat), der Zinsmeinung, Ziele und Strategie festlegt und über einzelne Steuerungsinstrumente entscheidet Festlegungen über Art und Umfang der Zinssteuerungsmaßnahmen Bevollmächtigung einzelner Mitarbeiter zum Abschluss von Finanzgeschäften zur Zinssicherung und -optimierung Abschluss des deutschen Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte mit beteiligten Banken Schulung der Beiratsmitglieder und Mitarbeiter der Verwaltung 6
Aktives Zins- und Schuldenmanagement Verfahrensablauf Analyse des gesamten Kreditbestands zur Feststellung der Zinsänderungsrisiken regelmäßige Analyse der Zinsrisiken und -chancen permanente Marktbeobachtung Festlegung von Zielen Erarbeitung einer Zinsstrategie Entscheidung über den Einsatz von Steuerungsinstrumenten Umsetzung der Zinssteuerungsmaßnahmen durch die Verwaltung Controlling und Berichtswesen 7
Zinssteuerung durch Festlegung der Kreditstruktur Zinsbindung (kurzfristig, langfristig, Gesamtlaufzeit) Tilgung (ratenweise, annuitätisch, endfällig) Zinsstruktur (fest, variabel) besondere Kreditarten (z. B. EONIA-Kassenkredit, Kredit mit Gläubigerwandlungsrecht) Kreditvolumen (möglichst keine Kleinbeträge, bei Umschuldungen ggfs. Zusammenfassung mehrerer Kredite mit geringer Restschuld) 8
Zinssteuerung durch Laufzeitendiversifikation (Verteilung von Umschuldungsterminen auf verschiedene Jahre) Abschluss von Forwarddarlehen zur vorzeitigen Zinssicherung (insb. bei Umschuldungen) Abschluss von Festzinskrediten bei günstiger Marktsituation (Umstellung von variabler in feste Finanzierung, auch bei Kassenkrediten hier: Zinsfestschreibung innerhalb des Finanzplanungszeitraums. Bei einigen Kommunen erfolgt Festschreibung sogar bis zu 10 Jahre.) Einsatz von Finanzderivaten (z. B. Swaps, Caps) 9
Finanzderivate Beim Einsatz von Finanzderivaten ist das Konnexitätsprinzip zu beachten (keine Spekulationsgeschäfte) Jedes Derivatgeschäft zur Zinsicherung oder -optimierung muss in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einem Grundgeschäft stehen, d. h. es muss sich auf einen oder mehrere konkrete Kredite beziehen. Das Derivat verändert das Grundgeschäft nicht, beide Geschäfte bestehen nebeneinander. 10
Beim Kreis bisher eingesetzte Derivate (Grundformen) Zinsswap Austausch von Zinszahlungsströmen Payerswap zur Zinssicherung bei variablem Kredit (synthetischer Festsatzkredit) Kommune zahlt festen Zinssatz und erhält vereinbarten variablen Referenzzinssatz (z. B. 3-Monats-EURIBOR) Receiverswap zur Nutzung günstiger variabler Zinssätze Kommune erhält festen Zinssatz und zahlt vereinbarten variablen Referenzzinssatz Doppelswap Kombination aus Receiver- und Payerswap zur Optimierung bestehender Zinskonditionen und Sicherung eines künftigen Zinssatzes 11
Funktionsweise eines Zinsswaps (Payerswap) Kommune Festzins 3-Monats-EURIBOR Derivatbank 3-Monats- EURIBOR + Kreditmarge Kreditgeber variabler Kredit Finanzierungskosten für Kommune: Festzins + Kreditmarge variabler Kredit 12
Beim Kreis bisher eingesetzte Derivate (Grundformen) Zinscap zur Zinssicherung bei variablem Kredit Absicherung einer Zinsobergrenze (Strike) gegen Zahlung einer Capprämie Kommune und Derivatbank vereinbaren eine Zinsobergrenze für einen variablen Referenzzinssatz (z. B. 3-Monats-EURIBOR) Kommune zahlt hierfür eine Prämie, die abhängig von der Zinsobergrenze, der Laufzeit des Caps und der erwarteten Zinsschwankung (Volatilität) ist Kommune erhält eine Ausgleichszahlung, wenn der Referenzzinssatz am Fixingtermin höher als der Strike ist (Ausgleichszahlung = Referenzzinssatz Strike) Kommune kann an niedrigen variablen Zinssätzen partizipieren 13
Funktionsweise eines Zinscaps Kommune Capprämie Ausgleichszahlung falls 3-Monats-EURIBOR > Strike Derivatbank 3-Monats- EURIBOR + Kreditmarge Kreditgeber variabler Kredit Maximale Finanzierungskosten für Kommune: Zinsobergrenze (Strike) + Kreditmarge variabler Kredit + annualisierte Capprämie 14
Verfahren beim Einsatz von Derivaten in der Praxis Beobachtung der Zinsentwicklung und Analyse der Zinsrisiken Bildung einer Zinsmeinung im Portfoliobeirat Beschluss des Portfoliobeirats über geeignetes Derivat mit Vorgaben über Kosten bzw. Höchstzinssatz Einholung von Vergleichsangeboten bei Banken, mit denen der Rahmenvertrag abgeschlossen wurde Abschluss des Derivats (telefonisch durch bevollmächtigten Mitarbeiter) Abwicklung und regelmäßige Überwachung des Derivatgeschäfts, um auf Veränderungen im Zinsumfeld reagieren zu können Controlling und Berichterstattung an Gremien 15