Das Hausmagazin der. Im Fokus: Spezialisten in der Werkstatt: Was sie brauchen, wie wir sie fordern und fördern



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Transkript:

lewe aktuell Nummer 15 Ausgabe 1.2013 Das Hausmagazin der Im Fokus: Spezialisten in der Werkstatt: Was sie brauchen, wie wir sie fordern und fördern Aktuelles: Kooperation mit Kreis ausgezeichnet: Unsere MüBo holt Bundespreis

Im Überblick Impressum Preis für MüBo Wertvolle Arbeitsplätze, Partnerschaft auf Augenhöhe, öffentliche Wahrnehmung: Mit dem Kreis haben wir den exzellent -Preis für die MüBo geholt. Seiten 10/11 Menschen in der Werkstatt lewe aktuell hat mit Patrick Kröger (rechts) gesprochen. Was motiviert ihn? Wie wichtig ist sein neues Werkstatt-Umfeld für ihn? Im Fokus Menschen mit psychischer Behinderung und Berufserfahrung: Was müssen wir ihnen bieten? Was können und wollen sie leisten? ab Seite 4 Wir feiern Kulturfest Nach Pfingsten feiern wir Kulturfest. Alle fünf Jahre tun wir das und jetzt, zum 45. LeWe-Geburtstag, haben wir uns wieder eine Menge einfallen lassen. Seite 18 Herausgeber: Ledder Werkstätten des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Tecklenburg gemeinnützige GmbH Ledder Dorfstraße 65 49545 Tecklenburg Telefon 05482 72-0 Fax 05482 72-138 info@ledderwerkstaetten.de www.ledderwerkstaetten.de Verantwortlich für den Inhalt: Ralf Hagemeier Geschäftsführung Redaktion und Fotos: Jörg Birgoleit Telefon 05482 72-234 j.birgoleit@ledderwerkstaetten.de Heinz Bischoff, Sandra Tietmeyer Gestaltung: Melanie Kother Telefon 05482 72-124 m.kother@ledderwerkstaetten.de Erscheinungsweise: vier Ausgaben pro Jahr Auflage: 3.000 Exemplare Konto: Kreissparkasse Steinfurt Konto 31 000 599 BLZ 403 510 60 Unser Titelfoto zeigt Ministerin Christine Haderthauer mit Landrat Thomas Kubendorff, Kreis-Projektmanagerin Martina Borgschulte (rechts) und Geschäftsführer Ralf Hagemeier. Das Editorialfoto zeigt Landrat Thomas Kubendorff, Kreis-Projektmanagerin Martina Borgschulte und Geschäfsführer Ralf Hagemeier. 2

Editorial Verlässliche Netzwerke sind eine unserer großen Stärken Die Ledder Werkstätten werden 45 Jahre das sind auch 45 Jahre in der Region. Das sind die Beschäftigten und ihre Familien, die hier leben. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich für Menschen mit Behinderungen im Einsatz sind. Geschäftspartner, Betriebe, Kommunen und Kirchengemeinden, die uns Aufträge geben und mit uns zusammenarbeiten. Und das sind Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Sie uns vielleicht nicht so gut kennen, aber wissen, dass wir da sind. Gut, dass es die gibt! Vielleicht denken Sie das und das zeugt von Vertrauen in unsere Arbeit. Verlässliche Netzwerke sind nämlich eine unserer großen Stärken. Ein ganz besonderes will ich hier nennen, denn für diese Kooperation haben wir gemeinsam mit dem Kreis Steinfurt eine bundesweite Auszeichnung bekommen: den Preis exzellent: kooperation der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM). Jährlich zeichnet unsere Dachorganisation auf der Werkstätten:Messe in Nürnberg besondere regionale Konzepte aus. Kennen Sie die Münsterland Botschaft? Das ist diese handliche Präsentkiste mit Produkten, die ausschließlich aus unserer Region stammen. Schinken und Pralinés, Bierspezialitäten und Schwarzbrot und auch unsere k-lumets und Kerzen entdeckt man in der MüBo. Seit über zwei Jahren sind wir strategischer Hauptpartner des Kreises, denn wir also unsere Beschäftigten in Teams mit Mitarbeitern packen die saisonal wechselnden Produkte, organisieren Lagerhaltung, Bestellungen und Versand. Wirtschaft, Tourismus und soziales Handeln gehen Hand in Hand. Der Wert liegt im gegenseitigen Nutzen, denn die Kooperationspartner haben ein gemeinsames Ziel. Das würdigt die BAG-Jury; Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer hat Landrat Thomas Kubendorff und uns am 14. März den Preis in Nürnberg verliehen. Lesen Sie unsere Seiten 10 und 11. Ganz anderes Thema: Die Werkstatt ist groß und die Vielfalt der beruflichen Hintergründe der Menschen, die viele mitbringen, ebenso. Da ist es nur konsequent, dass wir einigen spezielle Arbeiten anbieten, die das berücksichtigen, ohne sie zu überfordern. Wir stellen einige dieser Spezialisten in den Fokus: Was bedeutet Werkstatt für sie? Wie schätzen sie ihre Entwicklung ein? Wohin wir uns im ersten Quartal dieses Jahres räumlich erweitert haben (Berufsbildung in Ladbergen), was wir planen (Kulturtage im Mai), wo uns Netzwerke außerdem noch helfen (Sponsorenlauf), wie fachlich und gut informiert unser Werkstattrat auftritt (als Gast im Rathaus Ibbenbüren), darüber können Sie ab Seite 12 lesen. Herzlichst, Ihr Ralf Hagemeier Geschäftsführung 3

Im Fokus Was sie täglich brauchen, was wir für sie tun können: Spezialisten an ihrem Arbeitsplatz Spezialist, sagt der Duden, bedeutet Fachmann. Man denkt an Handwerker, die ihr Gewerk beherrschen. An Ingenieure, die komplizierte Technik konstruieren. Aber an Personen mit Behinderungen? 300 Menschen mit psychischen Behinderungen, ein Viertel unserer Beschäftigten, bilden auch einen kleinen Querschnitt der Gesellschaft ab. Dazu zählen Handwerker und Hauswirtschafterinnen, Facharbeiter und Ingenieure. Einige bringen (langjährige) berufliche Kenntnisse mit und sind im Laufe ihres Berufslebens durch eine Vielzahl von möglichen Gründen chronisch psychisch erkrankt. Ihnen adäquate Arbeit, den sicheren Rahmen der Werkstatt, aber zugleich ein neues Ziel im Arbeitsleben anzubieten, ist unsere professionelle Aufgabe. lewe aktuell hat einige Spezialisten an ihren Arbeitsplätzen besucht. Im Untergeschoss unserer Ledder Großküche herrscht ständiges Kommen und Gehen, was Bernd von der Assen in keinster Weise irritiert. Seit zehn Jahren ist der 38-Jährige bei uns und seit Bernd von der Assen (38) prüft seit mittlerweile neun Jahren ortsveränderbare elektrische Geräte. Das macht er mit großer Sorgfalt. neun Jahren mit der Überprüfung so genannter ortsveränderbarer elektrischer Geräte beauftragt. Bohrmaschinen, Drucker, Wäschetrockner und Der Fachmann für alle Lötarbeiten bei Schnieders an der Glücksburger Straße: Michael Pott. Der Ibbenbürener arbeitet äußerst akkurat. alle Geräte, die einen Stecker haben. Er prüft den Schutzleiterwiderstand, speichert Daten und klebt, falls der Messwert okay ist, ein Prüfsiegel aufs Gerät. 5000 davon, schätzt er, gebe es in der Einrichtung Arbeit für acht Beschäftigte, die abwechselnd, ohne Zeitdruck, mit ihren Prüfgerätekoffern unterwegs sind. Bernd von der Assen, der neben seinen psychischen Beeinträchtigungen auch Autist ist, mag dieses selbstständige Arbeiten. Nach dem Abi in Tecklenburg lernte er Bürokaufmann, war lange arbeitslos und bald zeichnete sich ab: Er war auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, wie es im Amtsdeutsch heißt. Das akribische Prüfen der Geräte liegt ihm. Er hat Unterweisungen unserer Elektrofachleute bekommen und damit die Routinen entwickelt, die man für so eine technische Aufgabe braucht. Eine Beschäftigung, die zu seinem Fähigkeitsprofil passt und die er auch nach neun Jahren mag. 15 Minuten! Kerstin Brinker und Nicole Daut wissen exakt, wie lange der Fußweg von unserer Ibbenbürener Betriebsstätte Gausepohl zum

Im Fokus Caritas-Altenwohnhaus dauert. Mehrmals in der Woche gehen sie in die Synagogenstraße 10. Die Senioren dort grüßen freundlich zurück, wenn sie ihren Wäschewagen durch die Bereiche rollen. Ziel sind die sechs Pflegearbeitsräume, wo sie die Verantwortung für die Schmutzwäsche und den Müll tragen. Beides ist zu sortieren, zur Wäscherei im Keller oder den Containern im Innenhof zu bringen. Die jungen Frauen sind ein eingespieltes Team, dem die Arbeit gut von der Hand geht. Kerstin Brinker (26) und Nicole Daut (27) machen den Wäschedienst seit anderthalb Jahren. Die Ibbenbürenerinnen haben in ihren Betriebsstätten Gausepohl und Zwenger weitere Aufgaben, aber nur für den Wäschedienst verlassen sie die Werkstatt. Räumliche Selbstständigkeit und eine Aufgabe, die Zuverlässigkeit verlangt. Dass es prima klappt, bestätigt Rita Stegemann-Bücker. Die Kooperation mit uns habe sich super entwickelt. Zwar sorgten 76 Senioren für einige Schmutzwäsche, aber die Frauen könnten sich ihren Dienst zeitlich einteilen und die Caritas-Mitarbeiter fühlten sich ein wenig entlastet, berichtet die Pflegedienstleitung. Draußen fegt Ralf Wiedkamp. Mit drei weiteren Beschäftigten sorgt er regelmäßig für Sauberkeit rund ums Haus und sammelt Müll auf. Auf diese Im Arbeitsraum von Andrej Benz ist es vollkommen ruhig und höchstens ein weiterer Kollege ist dort beschäftigt. In dieser Umgebung montiert und prüft der gebürtige Sibirier so genannte Druckwächter. Solche Schütteinsätze für Brötchentheken fertigen Dominik Jänsch (links) und Tobias Welp bei Gausepohl. Ein Einsatz besteht aus 200 angelieferten Einzelteilen. Weise sind etwa zehn Beschäftigte regelmäßig im Caritas-Altenwohnhaus. Dominik Jänsch schaut mit prüfendem Blick auf die Glasfront. Die Abstandsfugen müssen stimmen. Seit vergangenem Jahr lässt die Berner Ladenbau GmbH aus Osnabrück bei uns Schütteinsätze für Brötchentheken fertigen. Das sind diese stets gut befüllten SB-Theken für Backwaren in den Supermärkten. Es geht um Lebensmittel, da muss alles sauber und akkurat gefertigt sein. Das weiß der 24-jährige Ibbenbürener. 200 Einzelteile gehören zu so einem Schütteinsatz. Die Osnabrücker Ladenbauer liefern alles und etwa sechs Beschäftigte gehören inzwischen zum festen Montage-Team unserer Betriebsstätte Gausepohl. Mitarbeiter haben das passende

Im Fokus Kerstin Brinker (links) und Nicole Daut sind jede Woche im Caritas- Altenwohnhaus an der Synagogenstraße, sammeln und sortieren dort Schmutzwäsche und entsorgen den Abfall auf den Stationen. Umfeld geschaffen: Dominik hatte früher, vor seiner Erkrankung, eine Malerlehre begonnen. Mit anderen Beschäftigten verpasste er der Ladenbau- Werkstatt einen frischen Anstrich. Die Mitarbeiter konstruierten verschiedene Vorrichtungen für die Arbeitsschritte, die außerdem in Bildern und Infos rund ums Produkte dargestellt werden. Alle Schritte sind gut nachvollziehbar, jeder Einsatz von Technik wird auf die Möglichkeiten angepasst. Weil der Rahmen stimmt, arbeiten alle gerne am Produkt und übernehmen und erlernen systematisch verschiedene Aufgaben. Tobias Welp zum Beispiel setzt gerade die gläsernen Frontklappen zusammen. Der 40-jährige Ibbenbürener ist, ebenso wie Dominik Jänsch, noch nicht sehr lange bei uns. Beide erfahren ihre regelmäßige berufliche Bildung und haben mit dem Ladenbau eine Aufgabe gefunden, die ihnen täglich das entscheidende Stück Stabilität gibt. 200 Schütteinsätze haben die Frauen und Männer in 2012, 80 schon in diesem Jahr zusammengebaut. Und wenn sie einkaufen, sehen sie ihre Produkte. Die Arbeit in der Ibbenbürener Betriebsstätte Schnieders ist ebenso vielfältig: Elektromontage, Schalterbau, Lötarbeiten das leisten 35 Menschen mit psychischen Behinderungen an der Glücksburger Straße. Michael Pott, seit bald 13 Jahren da, lötet Verbindungsstecker oder Platinen mit großer Genauigkeit. Früher habe er im elterlichen Betrieb gearbeitet, aber der sei dann verkauft worden und er drei Jahre lang arbeitslos gewesen, erzählt der heute 56-Jährige. Der Ibbenbürener ist früh erkrankt, wurde schon in den 80er Jahren stationär behandelt. Die Werkstatt und ihr geregelter Arbeitstag, seine Akkuratesse, die für die Funktion der technischen Produkte wichtig ist, das soziale Umfeld bekannter Kollegen Michael Pott weiß das zu schätzen. Matthias Giese leistet verschiedene Computerarbeiten in unserer Betriebsstätte Zwenger. Die akuten Phasen seiner psychischen Erkrankung sind seltener geworden. Das strukturierte Arbeitsumfeld hilft ihm dabei.

Im Fokus Erst drei Jahre ist Andrej Benz bei uns. Vorher stand er bei Karmann in Osnabrück am Band. Schichtarbeit, hohe Dauerbelastung, die erste Psychose, Eheprobleme. Der 38-Jährige erkrankte psychisch. Heute setzt er komplizierte Druckwächter für ein Lengericher Unternehmen zusammen. Das sind Sicherheitsschalter, die aus vielen Einzelteilen bestehen und mit Messgeräten auf ihre spätere Funktion überprüft werden müssen. In seinem Arbeitsraum ist es vollkommen ruhig, denn exakt diese Umgebung braucht der gebürtige Sibirier, um solche komplizierten Bauteile täglich und gerne zu fertigen. Etwas unruhiger geht s in der Fahrersitzung wenig später zu. Zwölf Fahrer und Beifahrer setzen sich jeden Dienstag in der Betriebsstätte Dierkes zusammen und sprechen den Wochenplan ab. Auch sie sind Spezialisten, transportieren Material von A nach B, holen Essen vom Caterern, liefern Waren aus und fahren Beschäftigte. Dazu gehören auch Absprachen oder der Fahrzeugcheck alle zwei Wochen. Zwei Mitarbeiter sind stets dabei; man bemerkt sofort die Routinen, in denen Verlässlichkeit und präzise Zeitplanung eine wichtige Rolle spielen. Schule, Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, 2001 Zivildienst bei den Ledder Werkstätten: Alles lief gut für Matthias Giese, bis er 2004 psychisch erkrankte. Es folgten stationäre Aufenthalte, Versuche der beruflichen Wiedereingliederung, Praktika in Firmen. 2007 ging der heute 31-Jährige den Schritt in die Werkstatt und leistet inzwischen vielfältige PC-Arbeiten in der Betriebsstätte Zwenger. Wenn es ihm schlecht gehe, stelle das besondere Anforderungen an sein Arbeitsumfeld, weiß er den Werkstatt-Rahmen zu schätzen. Die zermürbenden Krankheitsphasen sind seltener geworden, doch es gibt sie. Dann braucht er Verständnis, nicht Druck, persönliche Freiräume, nicht straff organisierte Abläufe. Sein Erfolg ist es, dass er täglich kommt. Nicht zuletzt wegen der facettenreichen Tätigkeit. Tobias Welp setzt gerade die gläsernen Frontklappen der Schütteinsätze zusammen. 7

Fünf Fragen an...... Bernhard Wilbers Bernhard Wilbers ist als Teamleiter Rehabilitanden/Schwerbehinderte bei der Agentur für Arbeit in Rheine tätig und seit 1982 Fachmann für den Rehabilitationsbereich. Sein Zuständigkeitsbereich umfasst alle Werkstätten im Kreis Steinfurt. Wilbers lebt mit seiner Familie in Rheine. Frage 1: Sie sind seit über 30 Jahren für die Arbeitsagentur im Bereich Rehabilitation tätig. Erklären Sie bitte kurz die Rolle des Fachausschusses, der regelmäßig bei uns tagt und in dem Sie Mitglied sind? In jeder Werkstatt für behinderte Menschen muss ein Fachausschuss (FAS) gebildet werden. Der Fachausschuss entscheidet darüber, wer in die Ledder Werkstätten aufgenommen wird. Kostenträger, wie die Agentur für Arbeit oder die Träger der Rentenversicherung, schlagen Antragsteller für eine Aufnahme in die WfbM vor. Der FAS prüft, ob die Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllt sind. Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird der Aufnahme zugestimmt. Der Fachausschuss besteht aus je einem Vertreter der Werkstatt, des Landschaftsverbandes Westfalen- Lippe als Träger der Sozialhilfe und der Agentur für Arbeit. Entscheidungen sollten einstimmig getroffen werden. Frage 2: Wie sehr hat sich über die Jahrzehnte die Rolle von Werkstatt verändert? Wo haben sich neue Formen der Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur entwickelt? Werkstätten arbeiten in der bisherigen Form seit gut 40 Jahren. Aus kleinen Einheiten sind inzwischen große Unternehmen geworden, die ein breites Spektrum an verschiedenen Arbeitsmöglichkeiten anbieten. Der Personenkreis der Beschäftigten hat sich stark verändert. Zunächst haben in den Werkstätten nur Menschen gearbeitet, die häufig von Geburt an behindert waren oder in jungen Jahren erkrankt sind. Sie hatten in der Regel keine beruflichen Vorerfahrungen und haben in ihrem Berufsleben fast ausschließlich in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet. Das hat sich Jedes Jahr wieder dabei: Bernhard Wilbers (zweiter von rec Begegnung im vergangenen November. Im Fachausschuss geändert. Zu den Beschäftigten, die jung in die Werkstätten aufgenommen wurden und auch weiterhin werden, sind Menschen gekommen, die nach mehr- oder langjähriger Tätigkeit in Betrieben erkrankt sind und dort nicht mehr arbeiten können. Ebenso sind verstärkt Menschen mit psychischen Problemen hinzugekommen. Aufgrund ihrer Erkrankung, aber auch eines unterschiedlichen Werdeganges werden von psychisch behinderten Menschen andere Tätigkeiten und Arbeiten, auch eine andere Form der Betreuung, eingefordert. Auch für sie müssen Möglichkeiten zu sinnvollen Tätigkeiten in einer WfbM gefunden werden, die sicherlich teilweise anders zu gestalten sind. Insgesamt bleibt festzustellen, dass der Personenkreis der Beschäftigten deutlich vielschichtiger geworden ist und damit die WfbM vor andere Herausforderungen stellt. Zunehmend wird geprüft, für einzelne behinderte Menschen Möglichkeiten für eine Rückkehr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. In Einzelfällen ist das in Zusammenarbeit verschiedener Stellen, auch mit der Agentur für Arbeit, gelungen. Vermehrt werden aus Haupt- oder Realschulen Jugendliche entlassen, die auf Wunsch der Eltern mit verschiedenen Behinderungsbildern integrativ 8

Fünf Fragen an... hts) am Stand der Agentur für Arbeit bei unserem Tag der ist der Rheinenser kompetenter Partner der Arbeitsagentur. beschult worden sind. Eltern und Jugendliche selbst erwarten, dass ihnen möglichst eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder eine arbeitsmarktnahe Tätigkeit in einer WfbM angeboten werden kann. Werkstätten werden daher ihr Angebot verändern und anpassen müssen. Angebote könnten unter dem Dach einer Werkstatt in Form von Außenarbeitsplätzen oder in besonderen, möglichst arbeitsmarktnahen Arbeitsgruppen innerhalb der Werkstatt erfolgen. Um das zu erreichen, muss die Zusammenarbeit aller Beteiligten weiter verbessert und intensiviert werden. Frage 3: Welche Faktoren wären wichtig, damit trotz des Strukturwandels in der traditionellen Erwerbsarbeit weiter Menschen mit Behinderung möglichst viel Teilhabe am wertschöpfenden Prozess der Gesellschaft behalten? Das Thema Inklusion ist in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. In Schulen wird es bereits gelebt. Eltern können für ihre Kinder inzwischen auch Schulen außerhalb der Förderschulen wählen. Beim Thema Arbeit ist das zurzeit noch anders. In Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes wird die Leistungsfähigkeit von behinderten Mitarbeitern oft noch falsch eingeschätzt. Dabei sind Menschen mit Behinderungen oft hoch motiviert und leistungsbereit. Auch bestehen technische Möglichkeiten, Arbeitsplätze behindertengerecht einzurichten. Die Kostenträger für Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, u. a. die Agentur für Arbeit, sind jederzeit bereit, über Hilfsmöglichkeiten zu informieren. Alle Beteiligten an der Integration von Menschen mit Behinderungen sind jedoch auf die Bereitschaft der Arbeitgeber angewiesen. Nur wenn Unternehmen bereit sind, Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben, haben Kostenträger auch die Möglichkeit, eine Integration zu fördern. Arbeit wird in Deutschland nach wie vor von Arbeitgebern angeboten. Kostenträger können nur einen Arbeitsplatz oder Mitarbeiter bei bestehender Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber fördern. Es gibt Betriebe und auch Behörden, die Mitarbeitern mit Behinderungen eine Chance geben. Ihre Zahl darf jedoch durchaus noch wachsen. Frage 4: Welche Erkenntnis, aus Ihrer langjährigen Erfahrung, hat Ihre Sichtweise auf Menschen mit Behinderung am meisten beeinflusst? Während meiner Tätigkeit habe ich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Eine Behinderung zu haben, ist in unserer Gesellschaft nicht leicht. Beeindruckt hat mich aber immer wieder die Bereitschaft von behinderten Menschen, ihre Behinderung anzunehmen und trotzdem eine positive Haltung zum Leben und gleichzeitig eine hohe Leistungsbereitschaft und Motivation für eine Tätigkeit zu entwickeln. Frage 5: Mal angenommen, Sie hätten für die Menschen mit Behinderung einen Wunsch frei: Was würden Sie ihnen in unserer heutigen Gesellschaft wünschen? Ich hätte einen Wunsch, der aus zwei Teilen besteht, die jedoch miteinander verbunden sind: ein angemessenes, möglichst selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft und optimale arbeitsmarktliche Rahmenbedingungen für Menschen mit Handicap in einer Gesellschaft, die sich immer mehr über Arbeit und Schnelllebigkeit definiert. 9

Aktuelles Nachhaltige Netzwerke: Wir holen mit dem Kreis Steinfurt den exzellent:kooperation -Preis Ein Plus an Wahrnehmung unserer Beschäftigten im öffentlichen Leben. Ein sichtbares Stück Wertschätzung, weil sie als gleichberechtigte Partner auftreten. Eine gute Arbeit, die Potenzial für differenzierte und dauerhafte Arbeitsplätze birgt. Der Werbefaktor für den Tourismus vor der Haustür, denn heimische Produkte mit hoher Qualität sind hervorragende Botschafter. Und nicht zuletzt der Mehrwert für die Lieferanten, die ja auch Produzenten sind, denn sie finden einen neuen (wachsenden) Absatzmarkt: Die Münsterland Botschaft, seit zwei Jahren bestens eingeführt als MüBo, ist ein schönes Beispiel, wie regionale Netzwerke erfolgreich, werbewirksam und sozial nachhaltig arbeiten können. Am 14. März hat die bayerische Staatsministerin Christine Haderthauer unserem Geschäftsführer Ralf Hagemeier und Thomas Kubendorff als Landrat des Kreises Steinfurt für dieses Projekt den exzellent: kooperation -Preis der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) auf der Werkstätten:Messe in Nürnberg überreicht. Die hochkarätig mit Fachleuten aus dem Umfeld der Werkstatt-Szene besetzte Jury würdigt damit unsere regionale Kooperation MüBo besonders auch deshalb, weil Menschen mit Behinderungen darin eine große Rolle spielten, wie BAG-Vorsitzender und Laudator Martin Berg bei der Preisverleihung betonte: Sie packen täglich wechselnd die inzwischen zehn unterschiedlichen Präsentboxen, kümmern sich begleitet von unseren Mitarbeitern beispielsweise um Lagerhaltung, Kontrolle der Bayerns Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Christine Haderthauer (mit MüBo), überreichte unserem Geschäftsführer Ralf Hagemeier (2. von links) und Landrat Thomas Kubendorff (3. von rechts) den Preis. 10

Aktuelles Freude auf allen Seiten über den exzellent:kooperation -Preis. Unser Geschäftsführer (links) wies darauf hin, dass auch Schwerst- und Mehrfachbehinderte über ihr Kerzen-Produkt beteiligt seien. Haltbarkeitsdaten und den Versand. Thomas Kubendorff betonte in Nürnberg im Gespräch mit lewe aktuell, dass diese nationale Auszeichnung ein Gütesiegel für eine tolle Kooperation und die MüBo ganz sicher eine feste Einrichtung auf Jahre sei. Und Ralf Hagemeier? Unseren Geschäftsführer freute neben den etlichen damit dauerhaft gesicherten neuen Arbeitsplätzen besonders, dass auch unser Arbeitsbereich für schwerstund mehrfachbehinderte Menschen dabei ist: Dort werden auch Kerzen und die Kaminanzünder k-lumet gefertigt, die zum Waren-Portfolio gehören. Die MüBo auf den Weg brachte 2011 Projektmanagerin Martina Borgschulte vom Agenda 21-Büro des Kreises, der damals einen verlässlichen Dienstleister und Logistiker für die praktische Abwicklung suchte. Inzwischen tausende versandte Boxen zeigen: Die Beschäftigten können das. An verschiedenen Stellen der Werkstatt werden die Münsterland Botschaften von Beschäftigten gepackt, auch im Berufsbildungsbereich in Ladbergen. 11

Aktuelles Berufsbildungsbereich hat in in Ladbergen neue Möglichkeiten Sie haben Förderschulen durchlaufen, gehen durchs dreimonatige Eingangsverfahren, um dann zwei Jahre lang eine ihrer Behinderung angemessene, kontinuierliche Bildung zu erfahren: Die Rede ist von unserem Berufsbildungsbereich (BBB). Jahr für Jahr etwa 40 Personen kommen zu uns, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen BBB: Der Berufsbildungsbereich hat in unserer Immobilie am Ruthemeiers Esch in Ladbergen, einem ehemaligen Fachgeschäft, neue Möglichkeiten. Arbeitsmarkt beschäftigt werden können (Paragraf 136, Sozialgesetzbuch 9). Die Empfehlungen spricht der mit den Kostenträgern und unserer Einrichtung besetzte Fachausschuss aus. Er entscheidet inhaltlich. Im Eingangsverfahren stellen unsere Fachleute fest, ob die Person die Werkstatt auch tatsächlich braucht und welche Grundarbeitsfähigkeiten wie Ausdauer, Konzentration oder Fein- und Grobmotorik vorhanden sind. Das geschieht mit standardisierten Verfahren und ist die Vorbereitung für die spätere Bildungs- und Begleitplanung, denn anschließend geht der Teilnehmer in die intensive zweijährige Berufsbildung. 12 In Ladbergen, am Ruthemeiers Esch, entwickelt der BBB nun neue Möglichkeiten im Rahmen einer ausgelagerten Struktur. Das erklärte Ziel der Politik ist es, Berufsbildungsbereichen mehr organisatorische Eigenständigkeit zu ermöglichen. Dem kommen wir mit unserer neuen Immobilie in Ladbergen nach. 400 Quadratmeter Fläche werden in Ladbergen 24 bis 30 Personen (darunter auch Schulpraktikanten der Förderschulen) mit unserem Mitarbeiterteam nutzen. Das hallenähnliche, einladende Foyer des ehemaligen Geschäftshauses empfängt den Besucher mit viel Platz sowie Tischen und Stühlen für die Pausen. Denn gleich daneben liegt die moderne Küche mit großer Durchreiche Übungsraum für das mögliche spätere Arbeitsfeld Hauswirtschaft. Nebenan hört man Maschinen: elektrische Sägen, Akkuschrauber. Hier werden maschinelle Tätigkeiten erprobt, lernen die Neuen den Umgang mit Werkzeug und Arbeitssicherheit kennen. Im Unterweisungsraum findet regelmäßig fachtheoretische Bildung statt: Mit dem Medium Lerneinheiten wird dort anhand von sorgfältig und in Kooperation mit dem Werkstatt- Netzwerk Arbeitsgemeinschaft pädagogische Systeme entwickelten Rahmenplänen gearbeitet. Systematisch erfahren die jungen Leute auf diese Weise Bildung, beschäftigen sich zum Beispiel auch mit Hygiene, alltagspraktischen Tätigkeiten oder sozialen Themen. Dann sind da noch zwei Gruppenräume, wo Arbeitserfahrungen gemacht werden. Das BBB- Team achtet auf Arbeitsfelder, die nach Bedarf und personenbezogen variabel in der Anforderung und inhaltlichen Gestaltung sind und in denen Teilnehmer nach und nach Routinen entwickeln können. Gemeinsam wird herausgefunden, was möglich sein könnte und wo die Behinderung eine Grenze setzt. Im zweiten Jahr findet die Arbeitserprobung in unseren Betriebsstätten statt und auch auf den ersten Arbeitsmarkt gehen einige. Zoo Osnabrück, Baumarkt und Getränkehandel sind aktuelle Beispiele für Praktika, wo junge Leute ihre Fähigkeiten testen und vom Betrieb beurteilt werden. Am Ende des BBB stünden gute Entscheidungen, betont Paul Sackarendt. Der Bereichsleiter und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Teilnehmer nach 27 Monaten fundiert für einen Arbeitsplatz innerhalb der Werkstatt entscheiden.

Aktuelles Kulturtage 2013: 60 Workshops, Offene Tür und eine echte Schlager-Queen Schlager-Queen Anna-Maria Zimmermann live, 60 unglaublich vielfältige Workshops und die große Abschlusspräsentation für alle: Die Kulturtage 2013 haben es in sich. Vom 21. bis 25. Mai machen unsere Beschäftigten jede Menge Kultur. Für ein paar Tage den gewohnten Werkstatt-Alltag mit anderen Inhalten füllen, in eine Rolle schlüpfen, was Neues ausprobieren, dabei vielleicht ein Talent entdecken, dem Publikum etwas vorführen oder zeigen, was man hergestellt hat. Darum geht s in der Woche nach Pfingsten. Rund 60 Workshops bieten wir vom 21. bis 23. Mai in mehreren Betriebsstätten an. Ein echter Probier dich aus-marathon: Beauty and Style wird ein Thema sein. Musik in vielen Facetten (Instrumentenbau, Rappen, HipHop, Musikvideo) gibt s. Eisenbahnfans sind gefragt, Hobbyköche Kochen wie in Lappland. Jonglage und Schmuckwerkstatt gehören ebenso dazu wie Improtheater und Bauchtanz. Wer noch nie ein Graffiti gesprayt oder Erdbeermarmelade zubereitet hat auch das geht. Absolutes Highlight für viele begeisterte Beschäftigte am Freitag, 24. Mai: Anna-Maria Zimmermann, die beim Betriebsfest (15 bis 19 Uhr) die LeWe-Bühne entert. Bekannt wurde sie durch die Talentshow Deutschland sucht den Superstar und stieg anschließend ins Schlagergeschäft ein. Im Oktober 2010 erlitt sie bei einem Hubschrauberabsturz lebensgefährliche Verletzungen. Seitdem ist ihr linker Arm gelähmt. Gespannt sein darf man auch auf den Abschluss der Kulturtage 2013 am Samstag, 25. Mai: Von 15 bis 18 Uhr ist dann die öffentliche Präsentation vieler Ergebnisse in der Betriebsstätte Ledde geplant. Jedermann ist willkommen. Bei Kaffee und Sich als Steinbildhauer zu versuchen, auch das geht bei den Kulturtagen 2013 in der Woche nach Pfingsten. Rund 60 Workshops sind schon in Vorbereitung. denn sie bringen die Beschäftigten aus den Betriebsstätten zusammen. Dabei herausgekommen sind stets einige bem e r k e n s w e r t e Kunstwerke, tolle Happenings, wertvolle neue Kontakte untereinander und auf jeden Fall ein paar wirklich gute, gemeinsame Tage für Menschen mit Behinderungen. Kuchen oder Currywurst und Cola können die Gäste erleben, was in dieser Woche so alles geschehen ist, was hergestellt wurde, was bühnenreif ist. Organisiert wird das gesamte Programm von der Werkstatt. Die Workshop-Leitung übernehmen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bereits 2003 und 2008 haben wir solche Events veranstaltet. Der Aufwand hat gelohnt, Anna-Maria Zimmermann singt am 24. Mai in Ledde für unsere Beschäftigten. 13

Aktuelles Von Improtheater bis Schlagerparade: Kultur wirkt, steckt an und macht so viel Spaß In seine Lieblingsrolle zu schlüpfen, ein Publikum zu haben, etwas mit seinen Ideen und Händen zu tun. Oder Vorfreude auf ein Konzert zu erleben, zu einer tollen Gemeinschaft vor der Bühne zu gehören, einfach nur viel Spaß zu haben Kultur wirkt. Dass dabei Denk-Barrieren hinter den Kulissen bleiben und Behinderung keine Rolle bekommt, ist ein Effekt, der meist ganz unbemerkt eintritt. Beispiel aus unserer Kleinkunst-Szene: Die Impro- Aktiv-Werkstatt (IAW) gibt es seit zehn Jahren. Aktuell 15 Personen machen mit viel Herzblut Improvisationstheater und hatten in dieser Dekade fast 40 Auftritte. Was bedeutet Improtheater für Beschäftigte? Uwe Schreck, IAW-Mitglied der ersten Stunde: Es macht Spaß. Es ist einfach alles, Mimik, Gestik. Fantasie, Spontanität und Mut, auch mal zu scheitern, sind gefragt. Am Samstag, 23. Februar, hatte die IAW Besuch von 16 angehenden Heilpädagogen im Blauen Haus der Betriebsstätte Settel, wo viele Angebote unseres Freizeit- und Kulturvereins stattfinden. Die jungen Leute lernen an den Evangelischen Fachschulen Osnabrück im Rahmen ihres Unterrichts auch Improtheater bei Friederike Niederdalhoff kennen. Die Diplom-Sozialpädagogin aus Lienen hat die IAW von 2003 bis 2008 geleitet. Jetzt verbrachten Schüler und IAW zusammen einen vierstündigen Workshop. Das sei schon etwas Besonderes, mit einer anderen Das hat so richtig Spaß gemacht: 27 Beschäftigte haben mit unserem Freizeit- und Kulturverein die NDR 1-Schlagerparade in Hannover erlebt. Schön zu erleben: Behinderung spielt in der großen Schlager- Familie überhaupt keine Rolle. Fans halten prima zusammen. Mal schräg, mal skurril, aber immer wieder spannend und immer wieder neu: Improvisationstheater gibt es bei uns seit genau zehn Jahren. Gruppe zu spielen, sagte unser Mitarbeiter und Theater-Profi Christian Flechsig zur Begrüßung und schon ging s los: Kennenlernrunde, Warming up und dann direkt in die Games. Ganz große Gefühle zeigen, witzige Bilder stellen, skurrile Ausflüge in die Geschichte machen der gemeinsamen Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Beispiel aus unserer Freizeitarbeit: Millionen Menschen lieben Schlager, vermutlich hunderte unserer Beschäftigten auch. Der Freizeit- und Kulturverein hatte eine Fahrt zur NDR 1-Schlagerstarparade in der TUI-Arena Hannover organisiert. 27 Beschäftigte machten sich am 24. Februar mit vier Mitarbeitern im modernen Reisebus auf den Weg und erlebten ihre Stars live: Andrea Berg, Helene Fischer, Kristina Bach und Nik P. begeisterten weit über 10.000 Fans. Freundliche Atmosphäre im Sitzblock, geduldige Servicekräfte an den Snackständen, Verständnis und spontane Hilfe an Türen, Drehkreuzen oder Treppen Schlagerfreunde sind ganz offensichtlich eine herzliche Gemeinschaft, zu der ausnahmslos alle dazugehören. Für die Beschäftigten, eine bunt gemischte Gruppe aus vielen Betriebstätten, war der Tag ganz sicher ein unglaubliches Erlebnis. 14

Aktuelles Ironman Carlo Jesse läuft für Ralf Ostendorf neuen E-Rolli Ralf Ostendorf und Carlo Jesse sind alte Kumpels. Die Ibbenbürener waren begeisterte Handballer, machten zusammen Urlaub, hatten Spaß in der Clique. Die Freundschaft hielt, auch als beide in die Ausbildung gingen. Ralf hatte sich für den Beruf des Energieanlagenelektronikers entschieden, arbeitete anschließend bei der Firma Keller in Laggenbeck. Was beide damals nicht ahnten: Ralf war bereits herzkrank. Am 16. Mai 2004 hatte er eine lebensbedrohliche H e r z r h y t h m u s s t ö r u n g, ein Kammerflimmern. Die Notärzte retteten sein Leben, doch der damals 27-Jährige behielt einen so genannten hypoxischen Hirnschaden zurück. Durch Sauerstoffmangel tritt eine Hirnverletzung ein, die alle Teile des Hirns betreffen kann. Sein Kurzzeitgedächtnis sowie seine Orientierungsfähigkeit waren jetzt extrem beeinträchtigt und auch seine motorischen Fähigkeiten litten. Nach vier Jahren in Fachkliniken und einem Betreuungszentrum für Schwerstpflegebedürftige kam Ralf Ostendorf 2008 zu uns. In der Abteilung Verpackung und Service (VS) konfektioniert er heute Musterordner für einen Möbelhersteller und lebt in unserem Wohnbereich Hof Feldmann. Es geht ihm inzwischen besser. In seiner VS 1 sind Beschäftigte, die Interesse an komplexeren Arbeiten haben und vielfältig kommunizieren. Ralf gehört zu ihnen. Er bekommt oft Krankengymnastik und spielt gerne Schach. Um sich fortzubewegen, ist er auf seinen Rollator angewiesen und übt das täglich. Unser Beschäftigter Ralf Ostendorf mit seinem Freund Carlo Jesse, der Spenden für ihn sammelt. Nach diesen teils dramatischen Jahren kommt sein alter Kumpel Carlo wieder ins Spiel: Der 36-Jährige ist ein weltweit erfolgreicher Triathlet und hat sich aktuell für den Ironman auf Hawaii qualifiziert. 3,8 Kilometer zu schwimmen, 180 Kilometer Rad zu fahren und 42 Kilometer zu laufen, das schaffen weltweit nicht viele Sportler in seiner Zeit von kaum mehr als neun Stunden. Dafür betreibe ich einen sehr hohen Aufwand und brauche ein verlässliches, kompetentes Team, berichtet der Leistungssportler. Seinen Freund Ralf sieht er auch auf einem langen, anstrengenden Weg mit kleinen Fortschritten, begleitet durch ein qualifiziertes Team. Er hat ein klar definiertes Ziel: Als Vorbereitung auf den Ironman am 12. Oktober (1800 Athleten) absolviert er sieben Rennen. In dieser Zeit möchte er Spenden sammeln für einen E-Rolli. Diese Spezialrollstühle kosten mehrere tausend Euro und sind keine Regelleistung der Krankenkasse. Mehr Mobilität, mehr Selbstständigkeit, das kann Ralf auf seinem Weg weiterbringen. Mit unserem Förderverein Wohnen- Arbeiten-Leben hat Carlo Jesse einen Träger gefunden, der die Aktion unterstützt. Offizieller Start war im Februar auf unserem Hof Feldmann, wo sich Reinhard Paul, Vorsitzender vom Förderverein, das Rolli-Projekt erklären ließ. In Bewegung kommen Ironman für Ralles E- Rollstuhl heißt das Projekt auf Deutschlands größter Online-Spendenplattform Betterplace.org : Unter dem Stichwort In Bewegung kommen findet man dort eine Seite mit den wichtigsten Infos und kann direkt spenden. 5000 Euro sind das erklärte Ziel, denn ungefähr so teuer ist ein E-Rolli. 15

Aktuelles Behindert in Ibbenbüren: Werkstattrat beim Bürgermeister Ich weiß, dass nicht alles ideal ist. Heinz Steingröver gab gleich zu Beginn offen zu, dass Ibbenbüren durchaus Verbesserungsbedarf hat, was Menschen mit Behinderungen betrifft. Wir müssen alle permanent dazulernen und das vor allem immer mitbedenken, bei allen Maßnahmen, sagte der Bürgermeister. Unser Werkstattrat für Menschen mit geistigen Behinderungen hatte am 7. Februar einen Gesprächstermin im Ibbenbürener Rathaus. Inhalt: Was tut die Stadt für behinderte Menschen? Wo lässt sich etwas verbessern? Der Werkstattrat ist das gewählte Vertretungsremium von 900 Menschen mit geistigen Behinderungen. Viele haben auch ein körperliches Handicap. Petra Keller aus unserem Arbeitsbereich für schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen zum Beispiel sitzt im Rollstuhl und ärgert sich darüber, dass sie in einem Café die Herrentoilette benutzen muss, weil nur eine Treppe zum Damenklo führt. Oder unsere Werkstattrat-Vorsitzende Susanne Hielscher, die sich zwar über Fußgängerampeln mit akustischem Grün-Zeichen freut, was ihr aber kaum nützt. Sie ist blind und findet diese Ampeln gar nicht. Solchen Fragen aus dem Alltag behinderter Menschen stellten sich Heinz Steingröver und der Fachdienstleiter Tiefbau, Karl-Ludwig Borgmann. Bei Neuplanungen würden solche Details berücksichtigt. Aber es gebe viel alte Bausubstanz in Privat- Ibbenbürens Bürgermeister Heinz Steingröver (links) hat unseren Werkstattrat für geistig behinderte Menschen empfangen. Viele konkrete Fragen kamen dabei auf den Tisch. Interessen vertreten, Missstände ansprechen: Petra Keller (links) trägt ihr Anliegen vor. besitz. Ibbenbüren liege am Berg, Treppen seien kaum vermeidbar. Nur für bestimmte Maßnahmen gebe es Fördermittel vom Land für mobilitätseingeschränkte Personen. Bei eigenen Planungen sei Barrierefreiheit eine Priorität, so der Bürgermeister. Karl-Ludwig Borgmann zeigte Bilder von innerstädtischen Plätzen, wo auf höhengleiche Geschäftseingänge, so genannte taktile (ertastbare) Elemente der Verkehrsführung für Sehbehinderte oder gut begehbares Pflaster geachtet wird. Die Zahl der Behindertenparkplätze in der Innenstadt hält Heinz Steingröver für ausreichend. Nicht gut aufgestellt sei die Stadt, was behindertengerechte Toiletten betreffe, weiß er. Im Rathaus selbst sieht das anders auch und auch ein rollstuhlgerechter, ausreichend großer Aufzug ist dort vorhanden. Susanne Hielscher, Petra Keller und die anderen vom Werkstattrat regten eine Infotafel zum Thema Behinderung für das Rathaus-Foyer sowie einen Stadtplan mit solchen Infos an. Für den Werkstattrat war dieser Besuch eine echte Premiere. Für das freundliche, konstruktive Gespräch bedankte er sich mit einer Münsterland Botschaft. Die Präsentkiste mit Produkten aus der Region packen unsere Beschäftigten als Partner des Kreises Steinfurt. 16

Aktuelles Besuch aus Sri Lanka ist beeindruckt von unseren Möglichkeiten Senarath Attanayake und Lasanthi Daskon Attanayake waren durchaus beeindruckt. So eine Einrichtung wie die Ledder Werkstätten gibt es in ihrer Heimat Sri Lanka nicht, aber die beiden Juristen haben ein Unternehmen gegründet, das Menschen mit Körperbehinderungen in Arbeit bringt. Back to Earth heißt es und fertigt aus Naturmaterialien rustikale Bleistifte, Untersetzer, Teelichter oder Notizbücher. Ihr Sortiment hatten die beiden auf der Paperworld 2013 in Frankfurt, einer internationalen Messe für Papier, Bürobedarf und Schreibwaren, präsentiert. Zum zweiten Mal besuchten sie anschließend die befreundete Familie Aufmkolk in Tecklenburg und im Februar erstmals auch unsere Einrichtung. Andreas Aufmkolk, beruflich als Tee-Fachmann häufig in Indien unterwegs, unterstützte die tamilischen Gäste als Dotmetscher, während Rudolf Schönrock (Geschäftsleitung Werkstatt für geistig behinderte Menschen) unsere Betriebsstätte Ledde vorstellte. 520 Menschen mit Behinderungen sind am LeWe- Standort Ledde täglich mit einer Vielzahl von Arbeiten beschäftigt. Dass man so viele verschiedene Niveaus von Arbeiten anbieten kann, fanden die Attanayakes beinahe unglaublich. Senarath Attanayake berichtete von einer finanziellen Unterstützung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO für ein Behindertenprojekt. Auf einer Konferenz in Südafrika hätten sie ein Konzept vorstellen können, wie man eine Stadt auf Sri Lanka behindertengerechter gestalten könne. Auch über die Fertigung unseres Kaminanzünders k-lumets haben sich die beiden Gäste aus Sri Lanka ausführlich informieren lassen. Rudolf Schönrock (stehend, rechts; Geschäftsleitung Werkstatt für geistig behinderte Menschen) zeigte den Gästen die Fertigung von Industriefiltern in der Textilabteilung. Bei Back to Earth funktioniert Inklusion ganz pragmatisch: Angestellte bringen Rohmaterialien in kleine Behindertenzentren, wo sie die Menschen weiterverarbeiten zu Bleistiften, Kulis, Kleiderbügeln aus Recyclingpapier oder Schreibtisch-Accessoires. Ein Teil des Gewinns fließt in Hilfsprojekte für Menschen mit Behinderungen. Senarath Attanayake engagiert sich auch deshalb so, weil er seit seiner Jugend durch eine Kinderlähmung behindert ist. Darum hat ihn ganz persönlich unser breites Arbeitsangebot gefreut, weil es auch schwerst- und mehrfachbehinderte Personen einbezieht. Rudolf Schönrock beantwortete den Gästen Fragen der Werkstattfinanzierung, Wohnmöglichkeiten oder Auftraggeber. Unsere Eigenprodukte und deren Vermarktung interessierten die Gäste besonders, denn die Att a n ayake s suchen über ihren niederländischen I m p o r t e u r hinaus nach neuen Vermarktungswegen in Europa. So sehen die Produkte aus, die Menschen mit Behinderungen auf Sri Lanka herstellen. 17

Aktuelles Projekt Arbeitssicherheitsassistenten: Die Schulungen gehen weiter Die Themen Arbeitssicherheit und Beteiligung gehen im Werkstattalltag unserer Beschäftigten Hand in Hand. Menschen mit Behinderung an der sicheren, ergonomischen Gestaltung ihres Arbeitsplatzes unmittelbar teilnehmen zu lassen, ist das Ziel unseres Projekts Sicherheitsassistenten. Im November 2011 haben wir damit in unserem Bereich für Menschen mit psychischen Behinderungen begonnen: Zwei Tage lang haben unsere Fachkraft für Arbeitssicherheit, Detlef Leferink, und unsere Mitarbeiter Katharina Niermeier, Markus Aulkemeier und Carsten Dieckmann zwölf Beschäftigte geschult. Seitdem fungieren diese Personen als Sicherheitsassistenten in ihren jeweiligen Betriebsstätten. Was bedeutet das? Sie wirken mit beim regelmäßigen Abarbeiten einer 13 Punkte umfassenden Checkliste (ob Flucht- und Rettungswege frei begehbar sind, ob elektrische Kabel ohne optische Mängel sind, ob persönliche Schutzausrüstungen vorhanden sind und entsprechend benutzt werden oder ob Hautschutz und -pflege konsequent durchgeführt werden). Das beteiligt Beschäftigte unmittelbar, es geht schließlich um ihre Arbeitsplätze. Seit Jahresanfang ist das gleiche Mitarbeiter- Team im Bereich für Menschen mit geistigen Arbeitssicherheit zum Anfassen: Wie man sich selbst mit seiner persönlichen Schutzausrüstung schützt, was man für welche Arbeit beachten muss - die Beschäftigten haben es gelernt. Schwere Gegenstände richtig heben: Auch das war Gegenstand der mehrtägigen Schulung unserer neuen Sicherheitsassistenten. Behinderungen unterwegs. Wiederum zwölf Beschäftigte haben sich zwei Tage lang unter seiner Anleitung unter anderem mit richtigem Heben und Tragen, Brandschutzmaßnahmen, Hautschutz, der persönlichen Schutzausrüstung oder Lärmemissionen am Arbeitsplatz befasst. Kurze Vorträge, Lehrfilme, Anschauungsmaterial und auch praktische Übungen (wie hebe ich eine Getränkekiste richtig?) gestalteten diese zwei Tage abwechslungsreich und immer wieder auch plastisch. Dabei brachte die motivierte Gruppe Vorwissen aus ihrer täglichen Arbeit mit. Als neue Sicherheitsassistenten mit Zertifikat sind die zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun Ansprechpartner für andere Beschäftigte und können jederzeit Informationen geben. Verantwortlich sind und bleiben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als bestellte Sicherheitsbeauftragte in den Bereichen fungieren. Das Projekt interessiert jetzt auch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (bgw): Dr. Jennifer Schilling (Münster), in Ausbildung zur Aufsichtsbeamtin, hatte vergangenes Jahr bereits ein Praktikum bei uns gemacht (lewe aktuell berichtete). Jetzt greift sie das Konzept der Sicherheitsassistenten für eine schriftliche Arbeit im Rahmen ihrer Staatsprüfung auf. 18

Menschen in der Werkstatt Patrick Kröger: neue Aufgaben, neue Aussichten, neue Motivation Sympathisch, ruhig, offen für Neues: Beim Gespräch mit lewe aktuell entpuppt sich Patrick Kröger als angenehmer Gesprächspartner, der aufmerksam zuhört und gut überlegt, bevor er mit leiser Stimme auf die Fragen zu seinem Leben antwortet. Sein Leben war bislang ziemlich durcheinander und voller Brüche. Seit einem guten halben Jahr, seit seinem Wechsel innerhalb der Werkstatt, haben sich die Dinge geändert: Der 28-Jährige hat jetzt verschiedene Aufgaben in der Abteilung Verpackung und Service (VS). Sein gewecktes Interesse, regelmäßig zu kommen, seine Motivation für neue Aufgaben, das ist die gute Nachricht, doch davon später mehr. Sein Leben wurde spätestens nach seiner Zeit in der Mettinger Barbaraschule (Förderschule für Lernbehinderung) schwierig: Patrick versuchte mehrmals, neue Ausbildungswege zu gehen, begann über die Arbeitsagentur und verschiedene Träger Praktika, brach Maßnahmen aber meist nach kurzer Zeit wieder ab. So auch einen ersten Versuch in unserem Berufsbildungsbereich (BBB) Anfang 2005. Zwei Jahre später kam er erneut. Der BBB machte ihm, aus seiner Sicht, einfach nicht die richtigen Angebote und so durchlief er seine Berufsbildung und Arbeitserprobung in unserer Halle Sundermann. Ein tolles Team aus Menschen mit geistigen und psychischen Behinderungen arbeitet dort, die Männer respektieren und helfen sich. Patrick aber motivierten Anforderungen und Umfeld nicht. Er fehlte oft und mit dem Werkstoff Holz konnte er nicht sehr viel anfangen. Die Wende für ihn kam, als unsere Mitarbeiter ihm eine vollkommen neue Aufgabe anboten: einen so Patrick Kröger (links) ist in der Werkstatt angekommen : In der Abteilung Verpackung und Service übernimmt er verschiedene neue Aufgaben. genannten Einzelarbeitsplatz in der VS. Start war im September und aus den geplanten sechs Wochen wurden vier Monate Erprobung. Inzwischen ist Patrick seit über einem halben Jahr in der Gruppe unseres Mitarbeiters Albrecht Schmitt, stets pünktlich und immer motiviert. Zusammen mit unserer Abteilungsleitung Jörg Wiermann werden in Abständen neue Arbeitsinhalte festgelegt. Nach und nach ist eine Wochenübersicht mit Aufgaben entstanden, die er gerne ausfüllt und dabei Kontakt und Wertschätzung mit und durch andere Beschäftigte genießt. Er begleitet zum Beispiel Rollstuhlfahrer zu ihren täglichen Terminen, reicht mittags Personen Essen an oder unterstützt körperlich e i n g e s c h r ä n k t e Beschäftigte bei ihrer Arbeit. Was genau bedeuten ihm diese Aufgaben? Mich mit den Leuten zu beschäftigen, das tu ich total gerne. Dass die auf mich zukommen, wenn die was brauchen, erklärt Patrick. Gefragt zu sein, Anerkennung zu bekommen und die hohe Akzeptanz der Beschäftigten einerseits treffen auf seine soziale Kompetenz und neuerdings hohe Verlässlichkeit andererseits. Eine effektive Wechselwirkung entsteht, die für ihn einen wichtigen persönlichen Erfolg bedeutet. Endlich etwas durchzuziehen, von den Menschen seiner täglichen Umgebung gebraucht zu werden und ihnen in kleinen Situationen des Alltags helfen zu können, das hat Patrick nie zuvor erlebt. Zu seiner Familie und seinen Brüdern hätte er vielleicht gerne mehr Kontakt. In unserem Betreuten Wohnen in Ibbenbüren kommt er ganz gut klar und hat auch da feste, verlässliche Ansprechpartner, die ihn bei alltäglichen Dingen unterstützen. Für Patrick läuft es gut, sein Leben bekommt neue Perspektiven und endlich Stabilität. 19

Kultursommer : Dritte Auflage ist vom 29. Juli bis 9. August geplant Zum dritten Kultursommer lädt unser Freizeit- und Kulturverein vom 29. Juli bis 9. August in der Betriebsstätte Settel ein. Gemeinsam frühstücken und den Tag planen, Stadtausflüge unternehmen, zum Zoo fahren, schwimmen gehen, schöne Dinge herstellen das Angebot ist bunt und richtet sich nach Lust und Laune der etwa 20 Teilnehmer. Ein paar abwechslungsreiche, spannende, lustige Tage in guter Gemeinschaft zu verbringen, wenn man selbst nicht verreist oder sich vielleicht zuhause langweilt, darum geht s. Auch die dritte Kultursommer -Auflage findet jeweils montags bis freitags von zirka 9 bis 15 Uhr im Blauen Haus in Settel statt. Gemeinsam frühstücken, spannende Ausflüge unternehmen, die Städte der Umgebung erkunden, neue Leute kennenlernen: Der Kultursommer 2013 steht schon bald vor der Tür. Letzte Meldung Mittelwände: Imker aus ganz Deutschland nehmen Angebot hervorragend an Die Qualitätsprodukte der Beschäftigten und ganz sicher auch ein doppelseitiger Bericht im Deutschen Bienen-Journal im Januar haben die Nachfrage nach unseren Mittelwänden kräftig befeuert: Um die 700 Kilogramm Wachs lagern aktuell in den Regalen, um zu Wachswänden für Bienenkörbe verarbeitet zu werden. Weil wir die Betriebsstätte Heckenweg des LWL verlassen, findet die Produktion nach Ostern in Ledde statt. Mit anderen Dimensionen: Fünf Plätze für Gießformen mit eigenem Wasseranschluss werden eingerichtet. Da inzwischen Imker aus ganz Deutschland ihr Wachs schicken, bedeutet das Produkt dauerhaft (mehr) neue Arbeitsplätze. Seit Jahrzehnten ehrenamtlich im LeWe-Aufsichtsrat tätig: Rainer Paulo und Günter Fromm Vier Mal im Jahr tritt unser Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Alt-Superintendent Hans Werner Schneider zusammen. Die Gesellschafterversammlung des Kirchenkreises und des Diakonischen Werkes (die beiden Träger der Ledder Werkstätten) wählen das neunköpfige Gremium, dem unsere Geschäftsführung Rechenschaft ablegt. Die Mitglieder sind ausnahmslos seit vielen Jahren in dieser Funktion tätig: Rainer Paulo gehört seit dem Juni 1988 und damit nun fast 25 Jahre unserem Aufsichtsrat ein. Der heute 72-jährige Lengericher war Diplom-Ingenieur bei Windmöller & Hölscher. Im Mai 1983, also vor 30 Jahren, wurde Günter Fromm in den Aufsichtsrat gewählt. Der heute 78-jährige Rheinenser war Vorstandsmitglied der Sparkasse Rheine und gilt als Fachmann in allen Finanzfragen. 20