Die wesentlichen Änderungen des Prospektrechts zum 01.07.2012 BaFin-Workshop 04. und 05.06.2012 Dr. Kerstin Henningsen und Dr. Marcus Assion
Überblick Änderung von Schwellenwerten Neuregelungen zum qualifizierten Anleger Vertriebsketten ( Retail Cascades ) Mitarbeiterbeteiligungsprogramme Neue erleichterte Prospektanforderungen Veröffentlichungsvorschriften Nachträge
Änderung von Schwellenwerten Ausnahme vom Anwendungsbereich des WpPG: 1 Abs. 2 Nr. 4: Angebote mit einem Gesamtgegenwert von EUR 5.000.000 (bisher: 2.500.000 EUR), die innerhalb von 12 Monaten in der Union angeboten werden Ausnahme von der Prospektpflicht: Hinweis: 1 Abs. 2 Nr. 4 WpPG ist in Deutschland weiter ausschließlich auf KI oder Emittenten am organisierten Markt anwendbar 3 Abs. 2 Nr. 2: Angebot an <150 nicht qualifizierte Anleger (bisher: <100 nicht qualifizierte Anleger) 3 Abs. 2 Nr. 3: Mindesterwerbsbetrag: 100.000 EUR (bisher: 50.000 EUR) 3 Abs. 2 Nr. 4: Mindeststückelung: 100.000 EUR (bisher 50.000 EUR)
Neuregelungen zum qualifizierten Anleger (1) Angebote ausschließlich an qualifizierte Anleger sind gemäß 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG nicht prospektpflichtig bislang: fehlender Gleichklang der Definitionen auf europäischer Ebene (MiFID vs. ProspektRL) daher: Angleichung der Definition im Prospektrecht ( 2 Nr. 6 WpPG-E) an die MiFID- Regeln zum professionellen Kunden (Anhang II, Abschn. I MiFID, sog. "geborene" professionelle Kunden, Anhang II, Abschn. II MiFID, sog. "gekorene" professionelle Kunden sowie "geeignete Gegenparteien" im Sinne des Art. 24 MiFID) Jeweils vorbehaltlich einer Einstufung als Privatkunde In Deutschland umgesetzt in 31a WpHG-E
Neuregelungen zum qualifizierten Anleger (2) zudem: Auskunftsanspruch gegen Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Auskunft nach vorheriger schriftlicher Einwilligung des Kunden ( 32 WpPG-E) Abschaffung des Registers für qualifizierte Anleger nach 27 WpPG (alt)
Regelungen zu Vertriebsketten ( Retail Cascades ) Nach 3 Abs. 3 WpPG-E für Anbieter innerhalb einer Vertriebskette (Finanzintermediäre) kein neuer Prospekt erforderlich, wenn gültiger Prospekt vorhanden und schriftliche Zustimmung des Prospekterstellers für dessen Verwendung vorliegt Hinweis: kein Schriftformerfordernis nach BGB Problem: derzeit noch keine DelVO von der KOM veröffentlicht, jedoch wird zusätzliches Modul erwartet, welches die Anforderungen an den Prospektinhalt konkretisiert (vgl. hierzu ESMA Final Report vom 29.02.2012, ESMA/2012/137, Rz. 109 ff.) Bis dahin: BaFin verlangt keine Zustimmungserklärung im Prospekt.
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (1) Ausgabe von Wertpapieren an Mitarbeiter nach 4 Abs. 1 Nr. 5 WpPG-E prospektfrei, wenn: Arbeitgeber oder mit ihm verbundenes Unternehmen Emittent ist und Dokument vorliegt, welches Informationen über die Anzahl und den Typ der Wertpapiere sowie die Gründe und Einzelheiten des Angebots enthält und wenn a) Emittent seinen Sitz oder seine c) Emittent seine Wertpapiere am Hauptverwaltung in der EU hat - oder - Markt eines Drittlands zugelassen hat b) Seine Wertpapiere an einem organisierten Markt zugelassen hat - oder - + Informationen über ihn sowie das Dokument in englischer Sprache vorliegen + die KOM einen Gleichwertigkeitsbeschluss erlassen hat
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (2) Beschluss über die Gleichwertigkeit: Der Maßstab ergibt sich aus Art. 4 Unterabsatz 2 der ProspektRL Der Rechts- und Aufsichtsrahmen des Drittstaates muss dabei bestimmte, in der ProspektRL näher ausgeführte Bedingungen erfüllen Mandat der Kommission an ESMA zur näheren Bestimmung der Kriterien (Bearbeitung des Mandats ist derzeit aufgeschoben, bis Überarbeitung der TransparenzRL, MarktmissbrauchsRL und der MiFID abgeschlossen ist) Verfahren der Herbeiführung eines Gleichwertigkeitsbeschlusses: - Antrag durch die zuständige Behörde - mit Begründung und Vorlage relevanter Informationen Solange kein Beschluss über die Gleichwertigkeit für den betreffenden Markt gefasst ist und ESMA keine andere Entscheidung trifft, gilt die bisherige Rechtslage weiter, d.h. verkürzter Prospekt nach Ziffer 71 ESMA-FAQ (ESMA/2011/85)
Neue erleichterte Prospektanforderungen Bezugsrechtskapitalerhöhungen an Altaktionäre Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung (Small Caps) Kreditinstitute, die keiner Prospektpflicht unterliegen Beachte: Die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen, die zur Anwendbarkeit der verkürzten Anhänge führen, ist im Billigungsantrag darzulegen
Veröffentlichungsvorschriften (1) 9 Abs. 1, 2 WpPG-E: Die zwölfmonatige Gültigkeit eines Prospekts bemisst sich künftig ab dem Datum der Billigung, nicht mehr ab dem Datum der Veröffentlichung 10 WpPG: Wegfall der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines jährlichen Dokuments Hintergrund: Anforderungen der Richtlinie 2004/109/EG (TransparenzRL) an die Transparenz in Bezug auf Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, werden als ausreichend angesehen.
Veröffentlichungsvorschriften (2) 13 Abs. 5 WpPG-E: Künftig ist auch die elektronische Fassung des Prospekts zwingend vor der Billigung an die BaFin zu übermitteln 14 Abs. 2 Satz 2 WpPG-E: Prospekte sind künftig stets auch in elektronischer Form zu veröffentlichen
Veröffentlichungsvorschriften (3) Neuregelungen in 9 Abs. 2, 5 WpPG-E (unabhängig von der Überarbeitung der ProspektRL) 9 Abs. 5 WpPG soll gestrichen werden: Nach Ablauf der Gültigkeit [ ] kein neues öffentliches Angebot von Wertpapieren [ ] Problem: Endlosangebote ohne Aktualisierung des Prospekts nach 16 WpPG oder solche mit zahlreichen Nachträgen Ausgleich für Basisprospekte in 9 Abs. 2 WpPG-E: Gültigkeit von 12 Monaten wird ab Hinterlegung der eb gerechnet der Basisprospekt kann daher volle 12 Monate für Neuemissionen genutzt werden. Übergangsfrist vom Finanzausschuss vorgeschlagen bis 31.12.2013 für Angebote, die am 1.7.2012 bereits laufen
Klarstellung zur Nachtragsregelung ( 16 Abs. 1 WpPG-E) Bisher: Jeder wichtige neue Umstand [ ], der zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots oder der Einführung oder Einbeziehung in den Handel auftritt Neu: Jeder wichtige neue Umstand [ ], der zwischen der Billigung des Prospekts und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots oder falls später -der Eröffnung des Handels auftritt gedacht für Abdeckung des Zeitraums zwischen Ende der Zeichnungsfrist und erstem Handelstag betrifft aber auch parallele Weiterführung des ö.a. trotz Handels am organisierten Markt
Erweiterung des Widerrufsrechts ( 16 Abs. 3 WpPG-E) Bisher: 16 Abs. 3 WpPG: Widerrufsrecht innerhalb von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. Neu: Widerrufsrecht innerhalb von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags, sofern der neue Umstand/Unrichtigkeit/ Ungenauigkeit vor dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots und vor der Lieferung der Wertpapiere eingetreten ist. Beachte: Zeitpunkt des Auftretens des neuen Umstands muss künftig im Nachtrag möglichst genau genannt werden, damit geprüft werden kann, ob ein Widerrufsrecht besteht.
Erweiterung des Widerrufsrechts Beispiel 1 - Bisher: kein Widerruf möglich Abgabe WE Zeichnung/ Kauf Lieferung Veröffentlichung Nachtrag Zeitachse Nachtragspflichtiger Umstand
Erweiterung des Widerrufsrechts Beispiel 1- Neu: Widerruf möglich Abgabe WE Zeichnung/ Kauf Lieferung Veröffentlichung Nachtrag Zeitachse Nachtragspflichtiger Umstand
Erweiterung des Widerrufsrechts Beispiel 2- Neu: Widerruf möglich Nachtragspflichtiger Umstand Lieferung Veröffentlichung Nachtrag Zeitachse Abgabe WE Zeichnung/ Kauf
Erweiterung des Widerrufsrechts Beispiel 3- Neu wie alt: Kein Widerruf möglich Lieferung Nachtragspflichtiger Umstand Veröffentlichung Nachtrag Zeitachse Abgabe WE Zeichnung/ Kauf
Übergangsregelungen Ab 1.7.2012 werden Billigungen nur noch auf der Grundlage des neuen Rechts ausgesprochen, auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt es nicht an Grund: aber: ProspVO n.f. ist unmittelbar geltendes Recht und vorrangig vor nationalem Recht. ProspVO n.f. sieht keine Übergangsregelung vor. vor dem 1.7.2012 gebilligte Prospekte sind 12 Monate gültig, wenn sie um die erforderlichen Nachträge ergänzt werden. Umstellung dieser Prospekte auf neues Regime durch Nachtrag ist nicht erforderlich.
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