20 Jahre nach Brent Spar

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Transkript:

20 Jahre nach Brent Spar Offshore Öl- und Gasförderung im Nordostatlantik KURZFASSUNG www.greenpeace.de

Autor: Dr. Steffen Bukold, EnergyComment www.energycomment.de, bukold@energycomment.de, Tel. 040-20 911 848 im Auftrag von Greenpeace e.v. Hamburg im April 2015 Kein Geld von Industrie und Staat Greenpeace ist international, überparteilich und völlig unabhängig von Politik, Parteien und Industrie. Mit gewaltfreien Aktionen kämpft Greenpeace für den Schutz der Lebensgrundlagen. Rund 590.000 Menschen in Deutschland spenden an Greenpeace und gewährleisten damit unsere tägliche Arbeit zum Schutz der Umwelt. Impressum Greenpeace e.v., Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg, Tel. 040/30618-0 Pressestelle Tel. 040/3 0618-340, presse@greenpeace.de, www.greenpeace.de Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19 20, 10117 Berlin, Tel. 030/30 88 99-0 V.i.S.d.P. Jörg Feddern Redaktion Jörg Feddern, Mitarbeit Jörg Siepmann Fotos Titel: David Simms / Greenpeace Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: GLS Bank, IBAN DE49 4306 0967 0000 0334 01, BIC GENODEM1GLS Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Zentrale Aussagen 1. Vor 20 Jahren wollte der Öl- und Gaskonzern Shell die Ölplattform Brent Spar im Meer versenken. Doch dieser Versuch, Abwrackkosten zu Lasten der Umwelt einzusparen, scheiterte am Widerstand der Öffentlichkeit. Die Umweltfolgen der Öl- und Gasförderung werden inzwischen intensiver überwacht. Doch was ist seither geschehen? Ist der Schutz des Nordostatlantiks vorangekommen? 2. Der Nordostlantik, insbesondere die Nordsee, ist zu einer ausgedehnten Industrielandschaft geworden: Die Öl- und Gasindustrie verfügt über 1.547 technische Offshore-Anlagen aller Art, die aus 7 Mio. Tonnen Stahl, Beton und anderen Stoffen bestehen. Davon verschmutzt knapp die Hälfte (751 Anlagen) Wasser und Luft. Obwohl die Produktionsmengen seit zehn Jahren steil zurückgehen, hat sich die Zahl der emittierenden Anlagen seit 1995 fast verdoppelt. 3. Eine große umweltpolitische Herausforderung ist nun die Abwrackung der Infrastruktur im Nordostatlantik. Fast alle Anlagen müssen in den nächsten drei Jahrzehnten entsorgt werden. In diesem Bereich gab es seit 1995 auch den größten Erfolg: Ein generelles Verbot, ausgediente Plattformen im Nordatlantik zu versenken (OSPAR-Decision 98/3). 4. Ein weiterer Erfolg kann bei der damals größten Verschmutzungsquelle verzeichnet werden: Ölhaltige und organische Bohrflüssigkeiten (Organic-phase drilling fluids) sowie ölhaltige Bohrschlämme konnten drastisch reduziert werden (OSPAR-Decision 2000/3). 5. Die Offshore-Förderung von Öl und Gas bleibt jedoch riskant. Das belegen zahlreiche Unfälle und Beinahe-Katastrophen der letzten zwei Jahrzehnte. Zahl und Umfang der Unfälle konnte in den letzten 20 Jahren zwar verringert werden. Gemessen an der mittlerweile geringeren Produktionsmenge gibt es jedoch nur eine Stagnation. 6. Zusätzlich entsorgen diese Plattformen pro Tag etwa 1 Mio. Kubikmeter öl- und chemikalienhaltiges Wasser im Nordostatlantik. Dieses sogenannte Produktionswasser ist heute die größte Verschmutzungsquelle. Schon im normalen Betrieb gelangen dadurch jährlich mehr als 8.000 Tonnen Öl und erhebliche Mengen an schädlichen Chemikalien ins Meer. Dieser behördlich genehmigte Dauerstörfall wird durch häufige Verletzungen der Grenzwerte weiter zugespitzt. Die Verschmutzung, die für jede geförderte Tonne Öl oder Gas in Kauf genommen wird, steigt sogar seit einigen Jahren wieder an. Es ist unwahrscheinlich, dass die Nordsee-Anrainer ihre selbst gesteckten Ziele bis 2020 erreichen werden. 8. Besonders kritisch ist, dass seit einigen Jahren relevante Umweltbelastungen durch das Produktionswasser nicht mehr vollständig erfasst werden. Das gilt insbesondere für die gefährlichen PAK (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe ), die völlig aus der Statistik verschwanden. 9. Eine Zero-Discharge -Plattform, die praktisch keine Belastung der Nordsee erzeugt, da belastetes Wasser an Land entsorgt oder in die Lagerstätte zurückgepumpt wird, ist technisch möglich, wird aber von der Branche nur halbherzig verfolgt. Auch hier werden die Nordsee-Anrainer ihre Ziele nicht erreichen. 10. Der Einsatz einiger gefährlicher Chemikalien konnte seit den 1990er Jahren stark reduziert werden. Insgesamt wächst jedoch die Menge an Chemikalien, die im Nordostatlantik entsorgt wird. Das gilt umso mehr, wenn die immer geringeren Fördermengen berücksichtigt werden. 11. Die Offshore Öl- und Gasindustrie emittiert enorme Mengen von Kohlendioxid (CO 2 ) und Luftschadstoffen. Weder bei CO 2 noch bei Stickoxiden (NOx) ist eine Verbesserung erkennbar. Lediglich bei flüchtigen organischen Substanzen (nmvoc) und Schwefeldioxid (SO 2 ) wurden die Mengen merklich reduziert. Gemessen an der Fördermenge steigt die Luft- und Klimabelastung seit einigen Jahren stark an. 2 von 12

Industrielandschaft Nordsee Die Offshore Öl- und Gasindustrie betreibt über 1.547 technische Anlagen. Davon verursacht knapp die Hälfte (751 Anlagen) Schadstoffemissionen in die Luft oder Öl-/Chemikalienverschmutzungen im Wasser. Obwohl die Produktionsmengen stark zurückgehen, verdoppelte sich die Zahl der emittierenden Anlagen seit Mitte der 1990er Jahre. Abb. Offshore-Anlagen in der Nordsee Quelle: OSPAR Commission 3 von 12

Eine Industrie wird abgewrackt Immer mehr Öl- und Gasfelder sind erschöpft. Laut OSPAR wurden mittlerweile 142 Installationen außer Betrieb genommen (decommissioned), 47 davon sind Unterwasserinstallationen. Von den 88 stillgelegten Stahlplattformen wurden 56 inzwischen an Land entsorgt. Das Gesamtgewicht der Anlagen, die noch entsorgt werden müssen, liegt bei 7 Mio. Tonnen. Abb. Entsorgte Öl- und Gasplattformen 4 von 12

Verschmutzung der Nordsee Die Offshore Öl- und Gasindustrie verschmutzt und belastet Umwelt und Klima in der Nordsee auf mannigfache Weise: Öl- und Gasunfälle Einleitung von Produktionswasser Einleitung von Ballastwasser Abgase der Anlagen Abgase der Schiffe Abfackelung von Gasen Schon der normale Betrieb der Offshore-Plattformen führt zur Umweltbelastung durch Öl, Chemikalien, Schwermetalle und natürlich vorkommende radioaktive Substanzen, die über das Produktionswasser (Lagerstättenwasser) und Bohrklein/Bohrschlamm aus dem tiefen Gestein an die Oberfläche befördert und anschließend im Meer entsorgt werden. Auch muss immer wieder Meerwasser in die Öltanks der Anlagen gepumpt und wieder entfernt werden, um bei Verladevorgängen die Stabilität zu gewährleisten (Ballastwasser / Displacement Water). Es gibt also eine ganze Reihe von Verschmutzungswegen, wie die folgende Abbildung verdeutlicht. Abb. Verschmutzungswege Quelle: Nach OSPAR 5 von 12

Der Dauerstörfall : Genehmigte Ölverschmutzung Die gesamten verschmutzten Wassermengen, die von der Offshore Öl- und Gasindustrie in die Nordsee entsorgt werden, sind enorm: 1 Mio. Kubikmeter pro Tag. Die Ölverschmutzungen im regulären Betrieb erreichen daher ein Vielfaches der Ölmengen, die ungeplant durch Ölunfälle in die Nordsee gelangen. In der Summe entsprechen sie mit über 8.000 Tonnen Öl pro Jahr einem mittelgroßen Tankerunglück. Besonders bedenklich: Die Einleitung gefährlicher polyzyklischer Aromaten (PAH) wird seit 2011 nicht mehr überwacht. Illegale oder durch Unfälle verursachte Ölverschmutzungen werden gar nicht oder nur mit geringfügigen Geldstrafen geahndet. Insgesamt liegt die Verschmutzung Jahr für Jahr zwischen 8.000 Tonnen und knapp 17.000 Tonnen Öl. Der Trend ist positiv, aber auch die aktuellen Werte sind noch zu hoch. Abb. Komponenten der Ölverschmutzung durch Offshore-Anlagen Seit 2009 steigt die Verschmutzung je produzierter Tonne Öl/Gas sogar wieder an. Der Nordostatlantik wird produktionsgewichtet mittlerweile wieder genauso stark verschmutzt wie zu Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 2001. 6 von 12

Abb. Ölverschmutzung insgesamt je Produktionseinheit In ihrer Offshore Strategy haben sich die OSPAR-Staaten (?) auf das Ziel geeinigt, die Verschmutzung des Meeres durch die Öl- und Gasindustrie zu verringern und zu verhindern. Ohne ein konkretes Datum zu nennen, sollen die Einleitungen schließlich so weit reduziert werden, dass sie den natürlich vorkommenden Konzentrationen (background level) entsprechen. Bei umweltschädlichen Stoffen sollen die Betreiber bis 2020 ein Zero-Discharge-Niveau erreichen. Damit ist allerdings nicht die Eliminierung von Einleitungen, sondern die Vermeidung von ökologischen Schäden aufgrund dieser Einleitungen gemeint. 1 Davon sind die Nordseeanrainer und die Industrie allerdings noch weit entfernt. Wenn sie den aktuellen Pfad weiter verfolgen, werden diese Ziele im Jahr 2020 vermutlich verfehlt. 1 7 von 12

Chemikalien Die Zahl der Chemieunfälle auf Offshore-Anlagen, die zu einer Verschmutzung der Meere führt, stieg seit Beginn der Statistik deutlich an. Bis 2012 hat sich die Zahl der Vorfälle auf 455 verdoppelt. Im Schnitt ereignet sich also ein Vorfall pro Tag. Die Menge der Chemikalien, die bei den Unfällen ins Meer gelangte, ist stark von Einzelfällen geprägt. Sie reicht von 728 Tonnen im Jahr 2011 bis 14.464 Tonnen im Jahr 2009. Ein Trend ist nicht erkennbar. Abb. Chemieunfälle: Menge der eingeleiteten Chemikalien Wie beim Öl gibt es auch bei Chemikalien neben den Unfällen normale Einleitungen im regulären Betrieb. Ihre Menge lag 2001 bei knapp 322.000 Tonnen. Dieses Volumen ging in den letzten 12 Jahren nur allmählich auf 222.000 Tonnen zurück. Ein klarer Trend ist nicht erkennbar. Abb. Chemikalien: Reguläre Einleitungen 8 von 12

Ölunfälle auf Offshore-Anlagen In den letzten Jahren wurden durchschnittlich 400-500 Ölunfälle pro Jahr verzeichnet. Zuletzt waren es 425 Unfälle (2012). In 10 Fällen wurde 2012 eine Ölverschmutzung von mehr als einer Tonne Öl gemeldet. Die Ölmengen, die insgesamt bei Ölunfällen austreten, schwanken von Jahr zu Jahr. Während in manchen Jahren 100-200 Tonnen die Nordsee verschmutzten, waren es im Jahr 2007 aufgrund eines schweren Zwischenfalls am norwegischen Ölfeld Statfjord 3.907 Tonnen. Abb. Offshore-Ölunfälle Anmerkung: Im Jahr 2011 traten bei einem Unfall auf der Ölplattform Gannet Alpha mindestens 216 Tonnen Öl aus. Die Bearbeitung dieses Vorfalls ist rechtlich noch nicht abgeschlossen. Er taucht daher in den OSPAR- Statistiken noch nicht auf. Die Werte für 2011 liegen also deutlich höher. In den letzten Jahren ereigneten sich immer wieder schwere und riskante Zwischenfälle: Nur ein Zufall rettete 2011 die große norwegische Öl-Plattform Gullfaks C vor einer Gasexplosion (Blow-out). Der Untersuchungsbericht der norwegischen Behörden kam zu dem Schluss, dass es letztlich glückliche Umstände waren, die eine Katastrophe verhinderten. Auf Gannet Alpha traten 2011 mindestens 216 Tonnen Öl aus; kurze Zeit darauf wurden erneut Lecks gemeldet. Auf der Elgin-Franklin-Anlage geriet 2012 ein Gasleck für mehrere Monate außer Kontrolle. Dabei entwichen zeitweise 100.000 Kubikmeter Gas pro Tag in die Atmosphäre. Im Januar 2014 traten an der ohnehin störanfälligen Plattform Statfjord C 30 Tonnen Öl aus. 9 von 12

Luftschadstoffe und CO 2 Nicht nur das Wasser, auch die Luft wird durch die Offshore-Förderung von Öl und Gas belastet. Förderplattformen sind industrielle Produktionsanlagen mit einem hohen Energieverbrauch. Zudem kommen beim Bohr- und Förderprozess Gasgemische an die Oberfläche, die entsorgt werden müssen. In Norwegen ist die Öl- und Gasindustrie sogar der größte Emittent von Treibhausgasen (27% der nationalen Emissionen) und steht auch bei vielen Luftschadstoffen an vorderer Stelle. CO 2 Die CO2-Emissionen der Offshore-Anlagen liegen seit den 1990er-Jahren um die 30 Mio. Tonnen pro Jahr. Das ist eine große Menge, die umgerechnet der Verbrennung von ca. 10 Mio. Tonnen Öl pro Jahr bzw. 200.000 Barrel pro Tag entspricht, also einem Viertel der aktuellen britischen Ölfördermengen. In den letzten Jahren gingen diese Emissionen, die vor allem aus den zahllosen großen Motoren und Turbinen der Offshore-Anlagen stammen, nur marginal zurück. Abb. 8.1 Emissionen: CO 2 Berücksichtigt man zusätzlich die fallende Produktion in der Nordsee, nimmt der Ausstoß sogar rapide zu. Im Jahr 2012 wurden pro erzeugter Tonne Öl oder Gas 51% mehr CO 2 emittiert als im Jahr 2001. Abb. 8.2 Emissionen: CO 2 je Produktionseinheit 10 von 12

NOx Ähnlich ist die Lage bei den Stickoxiden. Die Mengen verharren auf hohem Niveau bei zuletzt 110.000 t pro Jahr. Zum Vergleich: Alle Industrieprozesse Deutschlands emittieren etwa 87.000 t NOx (UBA). Abb. 8.3 Emissionen: NOx Wiederum gewichtet nach Produktionsmenge stiegen die NOx-Emissionen je geförderter Tonne Öl/Gas steil an. Sie lagen 2012 um 60% höher als 2001. Abb. 8.4 Emissionen: NOx je Produktionseinheit 11 von 12

Greenpeace fordert: stärkere Kontrollen der Anlagen strengere Ahndung bei Verstößen Minimierung der Schadstoffeinleitungen mit dem verbindlichen Ziel: Zero Discharges 12 von 12