Die Funktion der Hände : KATTE - OSHIDE - HANARE

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1 Die Funktion der Hände : KATTE - OSHIDE - HANARE Alle Menschen kennen den Unterschied zwischen rechts und links und haben einen Begriff dafür, so auch die Japaner: migi-te rechte Hand hidari-te linke Hand Man nimmt an, dass etwa 80% der Menschen Rechtshänder und der Rest Linkshänder sind. Das ist auch von der Ethnie abhängig und wohl genetisch fixiert (The genetics and evolution of handedness, Corballis MC, Psychol Rev Oct;104(4): ) Händigkeit bietet anscheinend Vorteile beim Werkzeuggebrauch, denn sie ist bei anderen Primaten so nicht ausgebildet. Anatomische Hirnstrukturen, die für die Händigkeit von Bedeutung sind: Unser Großhirn hat zwei gleichartige Hälften ( Hemisphären ), wobei Funktionsteilungen der Hemisphären für bestimmte Qualitäten ( z.b. Sprache ) bestehen. Es besteht eine Hemisphärendominanz, d.h. eine Hemisphäre dominiert funktionell über die andere. Beim Rechtshänder dominiert die linke Hemisphäre, da die Signalbahnen von der linken Hemisphäre in tiefer liegenden Hirnstrukturen die Seite kreuzen und so zur rechten Seite gelangen und umgekehrt. Beim Linkshänder dominiert die rechte Hemisphäre. Die Natur hat mit dem Balken ( med. Fachbegriff : Corpus callosum ) im Gehirn eine riesige informationsvermittelende Struktur zwischen den Hemisphären geschaffen, die es ermöglicht linke und rechte Seite zu koordinieren und eine Dominanz zu gewährleisten. Diese Dominanz ist genetisch fixiert und ist schier nicht zu durchbrechen. Balken ( corpus callosum ) Die dominante Hemisphäre sendet dabei ihre Signale über den Balken zur anderen Seite um eine Koordination zwischen links und rechts zu ermöglichen. Das bedingt eine funktionelle Zweiteilung der Hände. Der Rechtshänder benutzt die rechte Hand zur bewussten Initiierung einer Aufgabe, die linke Hand hat helfende und unterstützende Funktion. Dabei wird die linke Hand oft für unbewusste, schon automatisierte Aufgaben benutzt. Bei Linkshändern ist das wieder umgekehrt. Auch bei auf rechts umtrainierten Linkshändern und auf links umtrainierten Rechtshändern bleibt die vorgeprägte Dominanz erhalten. Diese müssen zur bewussten Initiierung ersatzweise den Umweg über den Balken benutzen, was aber nur unvollständig gelingt. Dabei verkümmert nach neueren Untersuchungen das Putamen ( eine zu den Basalganglien im Mittelhin gehörende Hirnstruktur ) das wohl Bedeutung für die Aufrechterhaltung einer Dominanz hat.

2 Putamen Die Folgen für die zur Zeit gelehrte Heki - Tradition: In der zur Zeit gelehrten Heki-Tradition soll der Schütze im Abschuss eine bewusste Steuerung und Initierung des Abschusses über die linke Hand ausführen. Das bedeutet für den Rechtshänder einen Versuch des Umtrainierens auf die linke Hand. Folge dieses Umtrainierens beim Heki-schützen ist ein vor und im Abschuß auftretender und vor allem in der rechten Hand erkennbarer Kraftverlust, d.h. Hayake, Yurumi und wenn das Hirn gar nicht mehr weiterweis Motare. Fast alle langjährigen rechtshändigen Heki-schützen zeigen dieses Probleme, auch die Japaner ( Mori, Kurosu, Sato, Hoff ). Siehe Videoaufzeichnungen unten, vor allem im Einzelbildmodus. Mori 2015 :

3 Kurosu 2011: Sato 2007:

4 Hoff: Dabei bezeichnet das MOKUROKU ( in Kapitel 14 und 25 ) dies als den Hauptfehler, der immer beseitigt werden müsse, bevor man weiterübe. Und auch Mori in seinem Buch äußert sich in gleicher Weise, da sonst der Fehler ein Leben lang bestehen bleibe. Die linkshändigen Hekischützen zeigen nach oben Gesagtem dieses Problem nicht. Wie sagte Kurosu einmal auf einer Fortbildung: die Linkshänder ( wie Inagaki ) sind die Könige. Wo liegt für die Rechtshänder die Lösung des Problems? Bei den berittenen Bogenschützen in Japan unterschied man bzgl. des Haltens des Bogens nicht zwischen rechts und links, sondern der Hand, die den Bogen führte und der Hand, die das Pferd führte, das konnte die Rechte oder die Linke sein: met-te Pferd-hand yun-de Bogen-hand Die japanischen Bogenschützen selbst unterschieden die Hände bzgl. ihrer Funktion. KATTE war die Hand, die den Pfeil zog. OSHIDE die Hand die den Bogen führte. Auch hier ist nicht primär gesagt, ob rechte oder linke Hand die jeweilige Funktion ausführen. Katte ist die dominierende Hand und die zieht den Pfeil. kat-te Sieg-hand ( die gewinnende Hand, die dominante Hand, die führende Hand ) oshi-de Stoß-hand ( die drückende, stoßende Hand )

5 Nachfolgend Bilder des japanischen Malers Hokusai ( ), die bei einer Austellung in Paris 2014 gezeigt wurden. Hokusai malte unter anderem spontan skizzenhaft Szenen aus dem alltäglichen Leben. Hier hat er Bogenschützen skizziert. Das Besondere ist, dass er einmal rechtshändige und einmal linkshändige Bogenschützen skizziert hat, wobei die Linkshänder den Bogen in der rechten Hand hielten. Offensichtlich war das noch um 1800 so üblich.

6 Die osmanischen Bogenschützen ( Mustafa Kani, ca 1847 ) sagten, dass der rechten Hand ( beim Rechtshänder ) beim Bogenschießen 2 Drittel an Bedeutung, der linken Hand 1 Drittel an Bedeutung zukommt. Im MOKUROKU, der ca 500 Jahre alten japanischen Anleitung für die Kunst des Bogenschießens wird in Kapitel 11 ( TSUYO YAZUMA - Über den kraftvollen Pfeilflug ) gesagt, dass der KATTE die primäre Bedeutung für einen kraftvollen Pfeilflug zukommt ( KATTE NI ARI - Es liegt in der KATTE, es ist Sache der KATTE ). Das unterstreicht die Bedeutung von KATTE als dominierender Hand : MOKUROKU Kapitel 11: TSUYO YAZUMA NO KOTO KATTE NI ARI Über den kraftvollen Pfeilflug Es liegt in KATTE Es ist Sache von KATTE Das wichtigste dabei ist KATTE Nach dem Leitmotiv der Hekischule ( KAN - CHU -KYU ) ist der kraftvolle Pfeil das primäre Ziel und das wird nach dem MOKUROKU durch KATTE, die rechte Hand ( beim Rechtshänder ), erreicht. In Kapitel 21 wird dann nochmal auf die Bedeutung der Hände und des Abschusses ( HANARE ) für den Pfeilflug in Form einer graduellen Abstufung eingegangen: MOKUROKU Kapitel 21: Die 4 Arten des Pfeilfluges Könner KATTE gut OSHIDE gut HANARE gut KATTE gut OSHIDE gut HANARE wird verschwommen KATTE gut OSHIDE schlecht HANARE wird verschwommen Anfänger KATTE schlecht OSHIDE schlecht HANARE schlecht Wer diese drei Hauptpunkte ( - KATTE OSHIDE HANARE ) versteht und kann, der trifft! ( nicht nur das Makiwara in 1 KEN Entfernung, sonder auch darüber hinaus ). Auch hier wird an erster Stelle KATTE herausgestellt. Detailliert geht insbesondere Kapitel 13 auf die Funktion von Katte ein: MOKUROKU Kapitel 13 : TSUYO KAKE NO KOTO Über das starke ( richtige ) Greifen mit dem Handschuh YA NI NORU auf dem Pfeil reiten ( den Pfeil führen ) SAGURI NO KOTO suchend erfühlen, erspüren ( nicht hinsehen! ) KAKE WO KOKI ATSURU den Handschuh wie beim engen Körnerabstreifen ( Dreschen ) im Dunkeln benutzen KATTE, die rechte Hand, führt, reitet bewusst den Pfeil. Das muß man erspüren. Dieses Erspüren ist ein bewusster Vorgang, der im folgenden im MOKUROKU näher erläutert wird: In früheren Zeiten ( vor ca 500 Jahren ) hatte man weder maschinelle Dreschhilfen, noch künstliches Licht. Nach dem Einbringen der Reishalme zur Erntezeit im August wird es in Japan relativ früh dunkel. Man musste also zeitweise im Dunkeln von Hand die Körner von den Halmen lösen. Das geschah, indem man die Halme in der unten angezeigten Weise durch die Hand zog. Dabei presste der Mittelfinger den Daumen eng ( ATSURU ) in die

7 Handfläche. Die Halme lagen auf dem Mittelglied des Zeigefingers, das Mittelgelenk des Zeigefingers lag oberhalb der Halme, die Halme wurden so vom Zeigefinger geführt. Kleiner Finger und Ringfinger umfassten fest die Halme und führten ziehend die Bewegung an. In genialer Weise übertrugen die alten Bogenschützen dieses Bild auf die Zughand ( KATTE ) beim Bogenschießen: Der Pfeil liegt dem Grundglied des Zeigefingers an, der Pfeil liegt quer zum Mittelglied des Zeigefingers, das Mittelgelenk des Zeigefingers liegt oberhalb des Pfeiles. So kann der Zeigefinger den Pfeil in der Pfeilachse führen, reiten. Ringfinger und Kleinfinger sind fest eingekrümmt und führen ziehend die Auszugsbewegung an. Daumen und Mittelfinger bilden dabei automatisch einen Riegel für die Sehne. In den unteren Bilder geben die Striche etwa die Achse des Zeigefingergrundgliedes an, der kleine Kreis liegt etwa auf dem Mittelgelenk des Zeigefingers. Nachfolgend noch Bilder von Schützen, die auf die Verschiedenheit und der Führung des Pfeiles hinweisen. Während ( von links nach rechts ) im ersten Bild die oben genannten Bedingungen erfüllt sind, ist in den nachfolgenden Bildern die Führung des Pfeiles in dieser Art nicht gewährleistet. Ein weiterer Punkt ist nach MOKUROKU Kap. 12 von Bedeutung Wenn der Handschuh richtig geformt und das TORIKAKE richtig ausgeführt wird, liegt der Zeigefinger nicht auf dem Daumen auf. Es besteht dann eine Lücke von 1 BU = 3 mm zwischen Daumen und Zeigefinger. Diese Lücke vergrößert sich im Laufe des Auszugs vor allem beim Geübten, als Hinweis für das entspannte Führen des Pfeiles durch den Zeigefinger: MOKUROKU Kapitel 12 : HOSO YA NO KAKE NO KOTO ICHI BU SUKASHI die 1 BU Lücke KATA KÛ MORO KÛ die Lücke des Anfängers, die Lücke des Geübten