Faserzement, Handformereistoff

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1 Materialgruppen: Mineralische Werkstoffe > Zementöse Werkstoffe Materialbeschrieb Faserzement ist ein Verbundwerkstoff aus Zement, verschiedenen Fasern und Zuschlagstoffen. Die mechanischen Eigenschaften des Materials hängen von der Wechselwirkung zwischen Armierungsfaser und Zementmatrix ab. Für Faserzement wird das Rohstoffgemisch je nach Einsatzgebiet in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen angesetzt. Es wird für Dach- und Fassadenplatten oder als Werkstoff für dreidimensionale Objekte produziert. Hauptanteil ist Portlandzement, der mit synthetischen Fasern und Zellulose versetzt wird. Im ausgehärteten Zustand ist das Material steinhart und durch die Zugabe der Fasern zug- und biegefest. Im nicht abgebundenen Zustand ähnelt Faserzement hingegen einer weichen, vliesartigen Matte und kann von Hand bearbeitet Die Herstellung handgeformter, dreidimensionaler Objekte findet in der Manufaktur statt. Dort wird der noch weiche Faserzementstoff in Modelle gelegt oder gestrichen und härtet aus. Aus handformbarem Faserzement werden meist Möbel, Pflanzgefässe, aber auch Skulpturen hergestellt. Italienische Bezeichnung: Französische Bezeichnung: Englische Bezeichnung: fibrocemento fibres-ciment fibre cement Hintergrund Geschichte: Das faserarmierte Zementprodukt wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem Österreicher Ludwig Hatschek ( ) erfunden. Er mischte Zement und feuerfeste Asbestfasern mit Wasser und führte die entstehende Masse durch eine Papiermaschine. Hatschek patentierte den Produktionsprozess in etlichen Ländern und registrierte das Warenzeichen Eternit. Der Name leitet sich vom MATERIAL ARCHIV / 5

2 lateinischen aeternitas ab, was Ewigkeit bedeutet und auf die Unverwüstlichkeit und Beständigkeit des Materials anspielt. Aufgrund der Gesundheitsgefährdung, die von der Asbestfaser ausgeht, wurden ab 1980 die Produkte auf neue Technologie mit synthetischen Armierungsfasern umgestellt. Der Schweizer Gestalter Willy Guhl legte 1954 den Grundstein für den Einsatz von Faserzement im gestalterischen Garten- und Innenbereich. Er entwickelte den mittlerweile berühmt gewordenen Strandstuhl, indem er aus einem Endlosband eine freitragende, in sich stabile Konstruktion für den Aussenbereich schuf. Durch die direkte Nutzung der in Platten gepressten Rohstoffmasse passte sich der Entwurf dem Herstellungsprozess des Materials an. Vor allem aber nutzte Guhl die spezielle Ästhetik des Werkstoffs für den Ausdruck seines skulptural anmutenden Stuhls. Immer grösser wird seither die Produktpalette der frei geformten Objekte aus Faserzement, von Blumen- und Pflanzgefässen über die Gartenbank bis zu Lampen für den Wohnraum. Ökologie: Die Anwendungen und das Langzeitverhalten von Faserzement sind umweltneutral. Recycling: Faserzement besteht zu grossen Teilen aus natürlichen, mineralischen Rohstoffen sowie Zellulosefasern. Zur Entsorgung kann Faserzement auf Inertstoffdeponien abgelagert Herstellung Fertigung: In der nach dem Erfinder benannten Hatschek-Maschine wird das breiige Rohstoffgemisch zunächst mit viel Wasser in Stoffkästen gefüllt. Die darin rotierenden Siebzylinder bringen die Masse als dünne Schicht auf ein kontinuierlich durchlaufendes Filzband. Es wird auf der Formatwalze solange aufgewickelt bis es die gewünschte Dicke (zwischen 6 und 20 mm) erreicht hat und dann abgeschnitten; die so entstehende Platte ist noch weich und formbar und ähnelt einer feuchten Matte. Anschliessend werden die Platten zur Herstellung der Designobjekte in die Formerei gebracht. Eigenschaften Zusammensetzung/Analyse: Faserzement besteht aus 6 Komponenten: - 40% Bindemittel Als Bindemittel wird aus Kalkstein und Tonmergel gesinterter Portlandzement verwendet. - 11% Zusatzstoffe Zusatzstoffe wie Kalksteinmehl verbessern bestimmte Eigenschaften des Produkts und gewährleisten eine gleichmässige Produktqualität. - 2% Armierungsfasern Als Armierungsfasern werden synthetische und organische Fasern aus MATERIAL ARCHIV / 5

3 Polyvinylalkohol (PVA) verwendet. - 5% Prozessfasern Prozessfasern sind Zellstofffasern, wie sie in der Papierindustrie verwendet - 12% Wasser (nach Erhärtung noch ca. 5%) Das Wasser, welches nach dem Erhärten im Produkt verbleibt, sorgt für eine weitere Verfestigung während der ganzen Lebensdauer. - 30% Luft Mikroskopisch kleine Poren dienen als Expansionsräume für gefrierendes Wasser und verhindern die Zerstörung durch Frost. Besonderheiten: Zum vollständigen Abbinden braucht Faserzement 28 Tage. Erscheinung Aussehen: Das faserzementtypische Gemisch gibt dem Produkt eine eigene Textur; es wirkt steinartig. Faserzement ist nach der Herstellung hellgrau; er kann aber auch durchgefärbt hergestellt Beständigkeit Frostkeit: Laugenkeit: Lösungsmittelkeit: Temperaturkeit: UV-Beständigkeit: Witterungskeit: bedingt Mechanische Eigenschaften Feuchtigkeitsgehalt: 5.00 % Flächengewicht: g/m 2 Trockenschwindung: 2.00 bis 4.00 % Verarbeitungszeit: bis min Thermische Eigenschaften Brandverhalten: Faserzement brennt und schmilzt nicht. Bearbeitung MATERIAL ARCHIV / 5

4 Lieferformen: Das Material verlässt die Maschine in Form einer weichen Platte in Materialdicken zwischen 6 und 20 mm und muss sofort weiter verarbeitet Fügen und Verbinden: Oberflächenbearbeitung: Oberflächenbehandlung: schrauben schleifen imprägnieren, lasieren Trocknung: Faserzement ist nach vier Wochen vollständig ausgehärtet. Anwendung Anwendungsgebiete: Objekte für Garten- und Innenraumgestaltung sowie Designobjekte Anwendungsbeispiele: Gartenmöbel (Bänke, Tische, Stühle); Blumen- und Pflanzgefässe, Sandkasten; Möbel (Liegen, Regalwände), Lampen Sammlungen Muster in folgenden Sammlungen: ZHdK Medien- und Informationszentrum Bezugsquelle Bezugsquelle Sammlungsmuster: Eternit (Schweiz) AG Quellennachweis Verwendete Quellen: Carrard, P. (Ed.). (2003). Eternit Schweiz - Architektur und Firmenkultur seit Zürich: gta-verlag. Krause, J. R. (Ed.). (2007). Faserzement. Technologie und Entwurf. Basel: Birkhäuser. Weitere Quellen: Mayer, C.M. (1968). Asbestzement. Rüschlikon (Verlag Schück Söhne AG). Eberhard, P. (1985). Willy Guhl - Lehrer und Gestalter. Zürich: Museum für Gestaltung (Reihe Schweizer Design Pioniere). Expertin / Experte: Ueli Schweizer Daniel Hauri Material-Archiv-Signatur: MIN_WER_ZEM_5 MATERIAL ARCHIV / 5

5 Stand: (Online-Schaltung: ) Permalink: materialarchiv.ch/detail/1271 MATERIAL ARCHIV / 5