Predigt zu Johannes 1:
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- Herta Ackermann
- vor 5 Jahren
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1 Predigt zu Johannes 1: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. 4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. 9 Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. 10 Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. 14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Liebe Gemeinde, ein schöner Heiliger Abend war das gestern in dieser Kirche und ich hoffe, bei Ihnen zu Hause auch. Ein tolles Krippenspiel haben uns die KU4-Kids und die Konfis präsentiert. Mit Maria und Josef, den Hirten, den Engeln und den Königen. So wie es sein muss war es Weihnachten gestern Abend. Und heute? Heute ist nun auch Weihnachten, eigentlich erst so richtig. Und wieder haben wir eine Weihnachtsgeschichte gehört, eine ganz andere, eine weniger romantisierende. Kein junges Liebespaar, kein Stall, keine Krippe nicht mal ein Esel. Aber nichts desto trotz eine Weihnachtsgeschichte. Wo soll man Anfangen mit Weihnachten? Ich fange Weihnachten immer mit großer Freude beim Koche an. Andere mit einem Ausgiebigen Frühstück am 24. Dezember morgens. Auch die Evangelisten fangen Weihnachten ganz unterschiedlich an: Der eine (Markus) sagt: Ich fange die Geschichte von Jesus dort an, wo er zum ersten Mal öffentlich aufgetreten ist: beim Täufer Johannes, bei seiner Taufe. Der nächste (Matthäus) sagt: Ich beginne dort, wo Gott zum ersten Mal seinem Volk etwas verheißt: bei Abraham. Der dritte sagt: Für mich geht die Geschichte von Jesus zurück bis auf den ersten Menschen: bis zu Adam. Der vierte schließlich, der Evangelist Johannes geht noch einen großen Schritt weiter: Er sagt: Wo soll die Geschichte von Jesus sonst beginnen als ganz am Anfang, sogar noch vor der Erschaffung der Welt?
2 Im Anfang! B(e)reschit so fängt die Bibel an. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und dorthin müssen Sie und ich heute blicken, wenn wir diese Geschichte rund um Bethlehem, Krippe und Kind verstehen wollen: Zurück zum Anfang! Gestern war die Weihnachtsgeschichte zum Anfassen dran heute bin ich geneigt zu sagen, heute hören wir die Weihnachtsgeschichte für Philosophen und Poeten und beides hat sein Recht. Im Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich. Am Anfang war es bei Gott. Alles wurde durch das Wort geschaffen; und ohne das Wort ist nichts entstanden. Also, am Anfang war auch das göttliche Wort. Und das kommt einem doch vielleicht bekannt vor. Am Anfang, so heißt es auch, am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Gott schuf die Erde und wie macht er das dann, Tag für Tag? Er spricht: Es werde Licht. Er spricht: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut. Und er spricht noch einiges mehr und so geschieht es. Wenn Gott Worte spricht, in den Anfängen, in der Urzeit, da werden die aber richtig was. Und am Ende ist alles geschaffen, ist alles lebendig. Wort und Tat sind bei Gott eins! Nicht so wie bei uns Menschen, die wir oft unseren Worten keine Taten folgen lassen. Bei Gott gehört beides zusammen. Es ist austauschbar. Das wusste auch schon der alte Goethe: So lässt der den Faust sagen: Wir sehnen uns nach Offenbarung, Die nirgends würd ger und schöner brennt, Als in dem neuen Testament. Mich drängt s den Grundtext aufzuschlagen, Mit redlichem Gefühl einmal Das heilige Original In mein geliebtes Deutsch zu übertragen. Geschrieben steht: Im Anfang war das Wort! Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort? Das Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen, Ich muss es anders übersetzen, Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
3 Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn. Bedenke wohl die erste Zeile, Dass deine Feder sich nicht übereile! Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft? Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft! Doch, auch indem ich dieses niederschreibe, Schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe. Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat! Logos, wie es im Griechischen heißt, ist zugleich Wort, Sinn, Kraft und Tat. Alles in Allem. Was Gott spricht, das geschieht aus voller Kraft und Allmacht und mit göttlichem Sinn. Wie können wir da noch an Gott und seinem Handeln zweifeln. Johannes lehnt sich mit seiner Weihnachtsgeschichte sehr weit aus dem Fenster. Er ringt um Worte, um das zu beschreiben, was keiner beschreiben kann, was keiner erfassen kann und was doch gesagt werden muss: Der, der in der Krippe geboren worden ist das ist der, mit dem alles begonnen hat. Das Baby, gerade frisch geboren das ist der, der da war, bevor noch irgendetwas gewesen ist. Dieses kleine Menschenkind, mit Armen und Beinen, mit Nabelschnur, von der Mutter das ist der, der Himmel und Erde, das ganze Weltall gemacht hat und in der Hand hält. Und dennoch lässt Johannes seine Leser in einer merkwürdigen Spannung: Wie genau sollen wir uns das vorstellen: Das Wort war bei Gott, es war am Anfang, und in allem war es Gott gleich. Gott und doch nicht Gott? Was denn nun? Dieses Geheimnisvolle, dieses Ungewisse, das zieht sich durch das ganze Evangelium bei Johannes. Wer es liest, bei dem baut sich ein unglaublicher Druck auf. Woran sich Johannes am Anfang seines Evangeliums in unglaublich kühner Weise, aber dennoch mit geheimnisvollen Worten herantastet, was er immer wieder andeutet, aber nie in letzter Konsequenz sagt, das platzt am Ende des Evangeliums ausgerechnet aus einem Ungläubigen heraus: Mein Herr und mein Gott! Das ist wie eine Befreiung, wie Luft unter starkem Druck, die explosionsartig entweicht, dieses Bekenntnis des zweifelnden Thomas der plötzlich erfährt: Hier, in diesem Jesus, ist mein Gott!
4 Das, was niemand wirklich beschreiben, was niemand theoretisch abhandeln, worüber niemand sachgerecht reden kann das kann ich, wenn mich dieser Jesus erfasst hat, bekennen. Denn ich kann nur das wirklich erfassen, worin ich involviert bin. Der große Theologe Rudolf Bultmann schrieb 1925 einen Text unter dem Titel: Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden? Und er kommt sinngemäß zu dem Schluss: Ich kann von Gott nicht reden. Denn immer, wenn ich von etwas rede, betrachte ich es von außen. Und das geht bei Gott nicht. Denn nichts ist außerhalb von Gott, der alles geschaffen hat. Ich kann also nicht von Gott reden es sei denn, ich glaube. Es sei denn, ich bin involviert. Und genau dazu ist Jesus geboren, dazu wurde Gott ein Mensch von Fleisch und Blut: nicht, damit wir über ihn reden und beschreiben, was damals geschehen ist sondern er wurde Fleisch, um uns sozusagen in sein Heil zu involvieren! Seit damals, seit Weihnachten in Bethlehem, gibt es in unserem Leben nichts mehr, das nicht vom göttlichen Licht berührt wird. Seit damals besteht für alle die Möglichkeit, dieses Licht wahrzunehmen. Und dort wo es wahrgenommen wird, dort entfaltet es seine ganze Wirkung! Dort beginnen Menschen dieses Licht nicht nur zu registrieren, sondern in sich aufzunehmen und es wieder aus sich heraus leuchten zu lassen und damit die Welt zu erhellen. Nur worin ich involviert bin, das kann ich voll verstehen. Und so endet bei Johannes auch die Beschreibung des Weihnachtswunders in einem Bekenntnis. Luther übersetzt: Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit. Was das bedeutet, dass das für uns Menschen alles bedeutet das kann nur fassen, wer von dem Kind von Bethlehem, wer von dem Schöpfer in der Krippe erfasst worden ist. Der kann erfahren und erfassen, welche Tragweite Weihnachten hat. Gott wird Mensch ein wirklicher Mensch, mit allem, was dazu gehört. Und dazu gehört so manches. Ein Kollege, Walter Lechner, hat es einmal so formuliert: Und der Mensch ist: Liebe und Grausamkeit, Verschlagenheit und Barmherzigkeit. magersüchtig, fettleibig, ordentlich, auch liederlich,
5 Festtagsbraten, Nahrungskrise, tanzen auf der Frühlingswiese, an der Börse Spekulant, übersättigt, abgebrannt. Hochzeitsfoto, Seitensprung, betriebsbedingte Kündigung, Streicheleinheit, heiße Liebe, kalte Schulter, dunkle Triebe, solidarisch, ohne Job, Kleinfamilie, großer Mob. Bombensplitter, Blitzlichtgewitter, im Nadelstreif, oft urlaubsreif, gern bequem, rechtsextrem, leicht vergesslich, hochverlässlich. Schneeballschlacht, Supermacht, grundverkehrt, liebenswert, gottvergessen, machtversessen, voll Vertrauen, echtes Grauen. Opfer, Täter, Weinen, Sünder, hilfsbereit, vergessne Kinder. stinkende Socken. Kinderlachen. Auschwitz. Wenn ich den Mensch so besehe, wenn ich mich selbst besehe, dann komm ich nicht um die Frage herum: Warum, Gott, gibst du dich mit uns ab? All der Stress, all der Streit, ja, auch all das Schöne und Freundliche, aber eben auch das Halbgewalkte, das Unperfekte, Unvollkommene Warum wir? Warum ich? Wie kannst du, der du mich geschaffen hast, so werden wollen wie ich?
6 Warum? Johannes sagt uns auch das in seinem Evangelium: Weil er uns so geliebt hat. Und doch: Geschrieben ist so etwas schnell. Erst wer diese Liebe spürt, wer sie erfährt, wer merkt, wie es sich anfühlt, geliebt zu sein, einfach um der Liebe willen der weiß und kann davon reden, was es bedeutet. Nicht jeder kann es. Das ist traurig, aber es ist die Wahrheit. Und doch: Seit Bethlehem ist die Gelegenheit da, es zu erfahren. Und wann ist diese Gelegenheit günstiger als heute, zu Weihnachten, an der Krippe, dort, wo Gott mich und mein Leben in sein Heil involviert hat, dort wo ich an einem kleinen neugeborenen Baby sehen und spüren kann, was das heißt: Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut. - Für uns. Für mich. Wenn Sie also jemand in diesen Tagen fragt: Du, erzähl mal: Wie war denn dieses Jahr dein Weihnachten? Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann etwas in der Art antworten können: Ach, weißt du, da muss ich jetzt aber wirklich ganz am Anfang beginnen. Denn der, der da ganz am Anfang war, der ist für mich dieses Weihnachten ein richtiger Mensch geworden. Ich bin involviert in seine Liebe. Wenn das Ihr Weinachten war, dann war es gut. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen!
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