SchiedsamtsZeitung Online-Archiv
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- Jesko Arnold
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1 A u s d e r R e c h t s p r e c h u n g Für die Erhebung einer Privatklage kann grundsätzlich Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Dazu muss neben wirtschaftlichem Unvermögen zur Zahlung der Kosten eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Privatklage bestehen, und letztlich darf die beabsichtigte Privatklage nicht mutwillig sein. (Leitsatz der Redaktion) AG Göttingen, Beschluss AZ - 36 BS 1/06 - Sachverhalt Der Antrag des (zukünftigen) Privatklägers vom auf Bewilligung von Prozess - kostenhilfe und Beiordnung des Rechts - anwaltes B. für die beabsichtigte Privatklage wird zurückgewiesen. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde gern. 304 Abs. 1 StPO anfechtbar. Entscheidungsgründe Der (zukünftige) Privatkläger beantragt, ihm für die gegen den Beschuldigten beim Amtsgericht Göttingen zu erhebende Privatklage für die 1. Instanz Prozesskosten - hilfe zu bewilligen und ihm zur unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte Rechts - anwalt B. beizuordnen. Wie aus dem Privatklageentwurf zu entnehmen ist, soll der Beschuldigte am zwischen Uhr und Uhr bei einem geschäftlichen Essen im Restaurant des Swiss Resort Hotel in Cavite (Philippinen) den Pri - vatkläger mit den Worten "Ich sage dir, morgen früh, da bist du tot" bedacht haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Privatklageentwurf vom verwiesen. Neben diesem Privatklageentwurf hat der Privatkläger eine (Kopie der) Bescheinigung über die Erfolglosigkeit eines Sühneversuchs eingereicht, aus der sich ergibt, dass der am 9. August 2006 vor dem zuständigen Schiedsamt durchgeführte Sühneversuch erfolglos geblieben ist, weil eine Einigung zwischen den Parteien nicht erzielt werden konnte. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/6
2 Der Antrag auf Gewährung von Prozess - kostenhilfe war als unbegründet zurückzuweisen. Gemäß 379 Abs. III StPO i.v.m. 114 ff. ZPO kann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn der Privatkläger wirtschaftlich unvermögend ist, die Privatklage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist. Vorliegend muss die wirtschaftliche Leistungs - fähigkeit des Privatklägers keiner näheren Prüfung unterzogen werden, da die beabsichtigte Privatklage jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (hierzu 1.) und auch mutwillig ist (hierzu 2.). 1. Zwar wäre die behauptete Tat als Be - drohung gemäß 241 StGB strafbar; sie ist gern. 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO auch ein Privatklagedelikt. Zudem liegt die gern. 380 StPO notwendige Sühnebescheini - gung des Schiedsamtes vor, wenngleich - noch - nicht im Original. Die Tat ist jedoch verjährt. Die Bedrohung ist in 241 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Dementsprechend tritt die Verfolgungsverjährung gemäß 78 Abs. III Ziffer 5 StGB nach 3 Jahren ein. Gemäß 78c StGB wird die Ve - rjährung unter anderem unterbrochen durch die erste Vernehmung des Beschul - dig ten. Ausweislich der vom Gericht beigezogenen Ermittlungsakte der Staats - anwaltschaft Göttingen (54 Js 34277/02) ist der Beschuldigte am 5. Juni 2003 (letztmalig) als Beschuldigter verantwortlich vernommen worden (BI. 71 des genannten Verfahrens). Nach diesem Zeitpunkt hat es keinerlei Unterbre - chungs handlungen im Sinne des 78c StGB mehr gegeben. Anders als bei der Strafantragsfrist gemäß 77b Abs. V StGB wird durch das Schlichtungs - verfahren vor dem Schiedsamt der Lauf der Verjährung der Strafverfolgung nicht unterbrochen. Dementsprechend ist die behauptete Tat jedenfalls seit Juni 2006 verjährt. Nur am Rande sei zudem erwähnt, dass die Privatklage auch deswegen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, weil eine Einstellung der behaupteten Tat nach 383 Abs. II StPO zu erwarten wäre. Der Privatkläger führte zum Zeitpunkt der Tat gerade seine zweite beim Beschuldigten zum Zwecke der Partner - suche auf den Philippinen gebuchte Reise durch und hatte dem Beschul - digten zudem in Aussicht gestellt, sich möglicherweise mit DM an einer "seriösen Partner vermittlung" zu beteili- Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/6
3 gen, wobei der Beschuldigte den Privat - kläger um finanzielle Beteiligung in entsprechender Höhe an einem "Nachtklub, welcher letztlich ein Bordell wäre" gebeten hatte. Selbst wenn im Rahmen eines Streites der Parteien über die Frage der Beteiligung dann die behauptete Äußerung gefallen sein sollte, wäre die Schuld des Beschuldigten jedenfalls als gering einzustufen. 2. Die Erhebung der Privatklage ist auch mutwillig, da ein Privatkläger, der die Kosten für die Privatklage selber aufbringen müsste, von der Erhebung der Privat - klage in diesem Fall ganz sicher absehen würde. Die Kostenentscheidung folgt aus 1 GKG, 118 Abs. I Satz 4 ZPO. Hinweis der Redaktion: Der Beschluss knüpft an an den Beschluss vom , SchZtg 2006, 81. Dort hatte der zukünftige Privatkläger die Befreiung vom Sühneversuch beantragt. Der Beschluss ist übrigens vom LG Göttingen in der Beschwer - deinstanz bestätigt worden. 1. Das Recht der Mieter von Wohn- oder Geschäftsräumen auf Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen eines Hauses steht dem Recht des Eigentümers entgegen, einem Dritten die Ablage für die Mieter bestimmter Sendungen auf den Gemein - schaftsflächen zu verbieten, soweit von den abgelegten Gegenständen keine Belä - stigung oder Gefährdung ausgeht. 2. Der Mieter darf Gegenstände wie einen Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator, auf den er angewiesen ist, an geeigneter Stelle im Hausflur abstellen, solange dessen Größe das Abstellen zulässt. (Leitsätze der Redaktion) BGH, Urt. v V ZR 46/06 (LG München 1) Sachverhalt Der KI. ist Testamentsvollstrecker nach Dr. H. Zum Nachlass gehören mit Miethäusern bebaute Grundstücke. Die Bekl. gibt ein Branchenbuch heraus, in dem kostenfreie und kostenpflichtige Einträge Gewerbetreibender und die Telefonnummern von Behörden, Stadtpläne und Straßenverzeichnisse enthal- Nachdruck und Vervielfältigung Seite 3/6
4 ten sind. Das DIN A 4 große Buch ist etwa 3,5 cm dick und kann daher in der Regel nicht in Hausbriefkästen eingeworfen werden. Die Bekl. vertreibt die jährlich erscheinende Neuauflage dadurch, dass sie die Bücher im Eingangsbereich der Häuser ablegen lässt, von wo aus die Bewohner der Häuser sie mitnehmen können. Nicht abgeholte Bücher lässt die Bekl. alsbald wieder einsammeln. Mit Schreiben seiner Hausverwaltung vom und verbot der Erblasser der Bekl. erfolglos die Ablage des Branchen - buchs in seinen Häusern. Mit der Klage hat er verlangt, die Bekl. zu verurteilen, es zu unterlassen, die Bücher vor oder in Hauseingängen, Fluren, Treppenhäusern und Stufen seiner Häuser abzulegen. Das AG hat der Klage stattgegeben. Der Erblasser ist während des Berufungsver - fahrens verstorben. Der KI. setzt den Rechts - streit als Testamentsvollstrecker fort. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich die Bekl. in strafbewehrter Form verpflichtet, es zu unterlassen, die Bücher auf Treppenstufen, Trep - penpodesten, dem unmittelbaren Zutritts - bereich zu Stufen und Podesten und vor den Hauseingangstüren der zum Nachlass gehörenden Häuser abzulegen. In diesem Umfang haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das LG hat die verbleibende Klage abgewiesen. Die Revision hatte keinen Erfolg. Entscheidungsgründe [6] II. Ein Anspruch des KI. gegen die Bekl., die praktizierte Verteilung der Bücher in dem noch streitigen Umfang zu unterlassen, besteht nicht. [7] 1. Das BerGer. hat den von dem KI. noch verfolgten Antrag dahin ausgelegt, dass er die Verteilung der Bücher in den zum Nachlass gehörenden Häusern generell verbieten will. Diese von dem Senat in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Auslegung führt dazu, dass die Klage abzuweisen ist, weil kein konkretes Verhalten der Bekl. als minus aus dem zur Entscheidung gestellten Unterlassungsver - langen abgespalten werden kann (vgl. BGH, NJW 1999, 2193; WM 1999, 691 [693]) und der von dem KI. allgemein geltend gemachte Anspruch nicht besteht. [8] 2. Nach BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks zwar grundsätzlich verlangen, dass ein Dritter es unterlässt, auf dem Grundstück etwas abzulegen. Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen, soweit der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, 1004 II BGB. So Nachdruck und Vervielfältigung Seite 4/6
5 verhält es sich nicht nur, wenn dem Dritten ein Recht zusteht, das den Anspruch des Eigentümers ausschließt, sondern in entsprechender Anwendung von 986 I 1 BGB auch dann, wenn einem anderen ein solches Recht gegenüber dem Eigentümer zusteht und der Dritte mit dessen Einverständnis handelt (Senat, NJW 1958, 2061 [2062]; BGHZ 110, 313 [315] = NJW 1990, 2058; Medicus, in: MünchKomm, 4. Aufl., 1004 Rdnr. 69; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2006, 1004 Rdnr. 200; Medicus, SchIHA 1963, 269 [270]). Das Einverständnis muss weder ausdrücklich erklärt sein noch muss es sich auf den konkreten Einzelfall beziehen. Zum Ausschluss des Anspruchs des Eigentümers reicht es vielmehr aus, dass das Einverständnis des gegenüber dem Eigentümer Berechtigten mit dem Handeln des Dritten allgemein gegeben ist. Daran scheitert der geltend gemachte Anspruch. [9] Vermietet der Eigentümer Wohnungen oder Geschäftsräume in seinem Haus, erstrekkt sich das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen des Hauses (Krämer, in: Bub/Treier, Hdb. d. Geschäfts- u. Wohnraummiete, 3. Aufl., III Rdnr. 1171; Schmidt/Harsch, Kompaktkomm. MietR, 535 Rdnrn. 75 f.; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, MietR, B. Aufl., 535 Rdnrn. 26, 287; Wolf/Eckert/Ball, Hdb. d. gewerbl. Miet-, Pacht- und Leasing R, B. Aufl., Rdnr. 179). Sind keine besonderen Vereinbarungen getroffen, umfasst es die übliche Benutzung (vgl. LG Berlin, WuM 1987, 212 [spielende Kinder im Hof]) und deckt alle mit dem Wohnen und der Benutzung von Geschäfts - räumen typischerweise verbundenen Umstände (vgl. AG München, NJW-RR 1986, 1144 [Belieferung mit einer Tageszeitung]). Ein Mieter ist daher berechtigt, einen Kinder - wagen oder einen Rollstuhl im Hausflur abzustellen, wenn er hierauf angewiesen ist und die Größe des Hausflurs das Abstellen zulässt (AG Hanau, WuM 1989, 360; LG Bielefeld, WuM 1993, 37; Eisenschmid, in: Schmidt- Futterer, 535 Rdnr. 288). Dasselbe gilt für die Besucher und Lieferanten des Mieters. Das Recht des Mieters zur Benutzung seiner Wohnung oder der von ihm gemieteten Geschäftsräume hindert den Vermieter, unter Berufung auf sein Eigentum den Besuchern des Mieters das Betreten seines Hauses zu verbieten (vgl. LG Münster, MDR 1961, 234), selbst wenn der Besuch von dem Mieter nicht erwartet wird. Ebenso erstreckt sich das Recht der Mieter zur Mitbenutzung darauf, Sendungen, die nicht in den Briefkasten passen, dadurch entgegenzunehmen, dass diese im Hausflur abgelegt werden, von wo aus die Nachdruck und Vervielfältigung Seite 5/6
6 Mieter sie mitnehmen können. Das gilt auch dann, wenn die Sendungen nicht individuell adressiert und für mehrere oder alle Mieter eines Hauses bestimmt sind, solange von der Ablage keine Belästigungen, wie eine Ver - müllung, und keine Gefährdungen ausgehen. So verhält es sich mit den von der Bekl. verteilten Branchenbüchern, soweit die Parteien noch über deren Verteilung streiten. Die Verteilung der Bücher ist von der Bekl. nach den Feststellungen des BerGer. so organisiert, dass von den Mietern nicht mitgenommene Exemplare innerhalb kurzer Frist von der Bekl. wieder eingesammelt und zu rückgenom men werden. Damit aber überschreitet sie nicht das Maß desjenigen, was der KI. auf Grund der Vermietung der Wohnungen und Geschäfts - räume in den zu dem Nachlass gehörenden Häusern hinzunehmen hat. Das ist auch im Hinblick auf die von der Revision hervorgehobene Gefahr einer Nachahmung nicht anders zu beurteilen. Es fehlt nämlich an konkreten Anhaltspunkten für eine solche Gefahr. Die Revision zeigt selbst nicht auf, dass es in der Vergangenheit trotz der langjährigen Vertei - lungspraxis der Bekl. zu Unzuträglichkeiten gekommen wäre. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 6/6
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