Von Roßwein nach Nossen

Transkript

1 Von Roßwein nach Nossen eine Wanderung am r.zehle/ Nossem, Aug.,

2 D ie Wanderleiterin Renate Olhorn ist dafür bekannt, dass sie auch Wandertouren außerhalb der Standardwandergebiete anbietet. So überraschte sie den Wanderverein mit einer Wanderung von Roßwein nach Nossen. 18 Wanderfreundinnen und nur 2 Wanderfreunde fanden sich auf dem Bahnhof ein, um an dieser Tour teilzunehmen. Auf der Strecke von Leipzig nach Roßwein und Nossen führte die Zugreise erst an der Mulde und ab Tannenberg immer an der Freiberger oder auch östliche Mulde entlang. Sie vereinigt sich mit der Zwickauer Mulde bei Colditz zur Mulde, die bei Dessau in die Elbe fließt Wir begannen die Wanderung am Bahnhof von Roßwein und gingen durch Straßen ohne Bäume und belebendes Grün zum Marktplatz mit einer restaurierten Postsäule und dann zu einer Brücke über die Freiburger Mulde. Von der Brücke aus sah man noch die Reste einer Achsenfabrik, die die Wende und das Hochwasser 2002 nicht überlebt hatte. Bei einem Rückblick von der Höhe wurden die typischen Symbole der staatlichen und geistlichen Macht (Rathaus und Kirche) in einer Kleinstadt r.zehle/ Nossem, Aug., sichtbar. Danach verschwand die Gruppe im Gersdorfer Wald. An einem Bach mitten im Wald fanden wir noch die Reste einer Mühle. Die Natur holt sich alles wieder zurück, wenn der Mensch nicht mehr regulierend eingreift. Ein sehr altes

3 Gemäuer empfing uns im Dorf Gersdorf. Uns fiel ein Feldsteingebäude ohne Dach auf. Auf der Denkmalerläuterung stand folgender Text: Ruine Gersdorfer Schmiede. Anstelle der Bergschmiede am Huthaus 1852 neu erbaut. Mit vier Feuern ausgestattet. Baukosten 2000T (Taler) Nach 1885 Nutzung durch das Rittergut. Als Volkseigentum nach 1965 zerstört Ein weiteres als Denkmal ausgezeichnetes Gebäude erregte unsere Aufmerksamkeit. Das Backhaus, das auch heute noch als ein solches genutzt wird. Auf einer Tafel stand zu lesen, wann das nächste Mal gebacken wird. Sicherlich kann jeder Dorfbewohner hier Brot, Kuchen und vielleicht in der Adventszeit auch Stollen backen. Weiterhin informierte die Tafel, dass der frühere Gutsbesitzer angewiesen hatte, Vorräte hier zu lagern, damit sie bei Bränden sicher sind. Das Häuschen steht etwas von den Bauernhäusern entfernt. Wir nutzten die aufgestellten Bänke, um eine kurze Rast einzulegen. 100m weiter trafen wir auf eine 600m alte Edelkastanie. Richtig interessant wurde es jedoch, als wir das Dorf Gersdorf verlassen hatten. Nach Gründung des Zisterzienserklosters Altzella im 12. Jahrhundert begann in der Region, wie auch die im Gersdorfer Forst gefundene Keramikreste belegen, der Silberbergbau. Es entstand das kleine sächsische Bergrevier, an das heutzutage der Verein Segen Gottes Erbstolln e.v. Gersdorf erinnert. Bis in das 19. Jahrhundert wurde auf 35 ha Fläche Erz, vor allem Silber, abgebaut. Viele Sachzeugen des Bergbaus aus allen Epochen sind auf zahlreichen Schautafeln am Wegesrand erläutert worden. Hier finden wir eine ausgeprägte Halden- und Pingenlandschaft von den Anfängen bis zum Niedergang des Gersdorfer Bergbaus im Jahre Wir finden den Krebsteich aus dem Jahre 1743 als bergmännischen Wasserspeicher. Der untere Kunstgraben aus dem gleichen Jahr r.zehle/ Nossem, Aug.,

4 leitete das Wasser auf die Energie umwandelnden Wasserräder in den Erzschmelzen, Gießereien, Schmieden und anderen Einrichtungen zur Erzverarbeitung. Nach der Überquerung einer Ortsverbindungsstraße durchwanderten wir einen pilzreichen Wald und erreichten die Einfamilienhaussiedlung Gleisberg, die in einem reizvollen Tal errichtet worden ist. Jeder der Hausbesitzer hatte sein Anwesen so hergerichtet, dass der Betrachter zu der Meinung kommen musste: Hier findet ein Wettbewerb statt, mit dem Motto- Wer hat das schönste Haus. Für die Wanderfreunde waren aber die Pflaumen- und Mirabellenbäume am Wegesrand viel interessanter. Die Pflaumen waren zwar noch nicht reif, dafür erzeugen sie aber einen schnellen Schritt. Die Mirabellen hingegen waren zuckersüß und schnell waren die Hosentaschen randvoll gefüllt. Man weiß ja schließlich nicht, wann es wieder etwas zu essen gibt. Wir hatten noch ein schönes Stück Weg durch das Tal der Freiburger Mulde zu absolvieren, bis zur nächsten Rast. Es herrschte Aprilwetter. Vom wärmenden Sonnenschein über Nieselregen bis zum wasserreichen Schauer wechselte der Wetterzustand. Die Wanderer konnten ihre Bekleidung gar nicht mehr jedem Wetterzustand anpassen, so schnell veränderte sich die Wetterlage. Schließlich erreichten wir das Romanische Portal. Es ist der Haupteingang zum Kloster Altzella., das im letzten Viertel des 12 Jahrhunderts entstand. Es hat eine lichte Weite von 4,90 m und erweitert sich nach außen durch drei Abtreppungen auf 10 m. Im Mittelalter führte eine Brücke über einen Graben hin zu Portal. Viele alte Gebäude waren als Ruinen erhalten, aber ein paar sahen frisch renoviert aus, z. B. die Schreiberei. In der wechselvollen Geschichte hatte das Haus viele Funktionen. Im 18. Jahrhundert wurden Käsestuben mit Käsehorden eingerichtet. Ab 1790 bis 1945 wird die Nutzung als Branntweinbrennerei beschrieben. Nach umfassenden Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten findet der heutige Pilger hier einen kleinen Servicebereich vor, um sich zu laben. Von Käsekuchen mit Kaffee über Würstchen mit Bier bis zum Eintopf reichte das appetitliche Angebot. Ein weiteres interessantes Gebäude ist das zum Museum umgebaute Konversenhaus. Es war aus Zeitgründen nicht möglich, dieses Zisterzienserkloster im Detail zu besichtigen. Dazu müsste eine weitere Wanderung organisiert werden. r.zehle/ Nossem, Aug.,

5 Renate wollte gern gegen 14 Uhr in Nossen sein. Ihre Idee war, einfach mit dem Festumzug, der anlässlich des 825 jährigen Stadtjubiläums am Bahnhof starten sollte, mit durch die Stadt bis zum Schloss, zu gehen. Die Idee fand ich gut, weil abenteuerliche Erlebnisse möglich waren. Obwohl wir unsere Beine in die Hände nahmen für das letzte Stück unserer Wanderung vom Kloster Altzella nach Nossen, hatte der Umzug bereits begonnen. Als wir den Zug erreichten, schmetterte die Kapelle der Feuerwehr einen zackigen Marsch. Dieser Musikformation folgte eine historische Spritze gezogen von zwei Pferden. Hier wollten wir uns einreihen. Das klappte leider nicht, weil sich nicht alle Wanderfreunde durch die dichten Reihen der Zuschauer zwängen konnten. Außerdem wieherte das eine Pferd laut. Das klang nicht besonders freundlich. Die Nossener nahmen ihren Umzug ernst, hatte ich das Gefühl. 26 Bilder stellten die Geschichte der Stadt dar. Es lief alles sehr diszipliniert, in fester Marschordnung und irgendwie feierlich ab. Zahlreiche Zuschauer standen, einige bewusst in Sonntagskleidung, auf beiden Seiten der Straße. Wir passten in unserer Wanderkluft nicht so richtig dazu. Ein Mann rief mir nach: Ihr seid wohl nicht von hier. Viele Einwohner verfolgten aus ihren Wohnungsfenstern das Geschehen. Bis zum Markt lief ein Teil unserer Gruppe neben dem Zug mit. Wir gehörten einfach nicht dazu und beendeten r.zehle/ Nossem, Aug., unsere Unterstützung des Festumzuges. Vor der zum Schloss umgebauten Ritterburg löste sich der Zug auf und wir traten den Weg zum Bahnhof an. Auf diesem kurzen Weg wurden wir von einem sehr heftigen Regenguss durchnässt. Mir gelang es noch schnell die Postsäule zu fotografieren. Die 16,5km lange Wanderung war abwechselungsreich strukturiert und angenehm. Die Länge der Strecke habe ich nicht empfunden. Das war auch wieder eine sehr schöne Wanderung. Danke!