Handout und Dokumentation zur Schulung
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- Kilian Busch
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Handout und Dokumentation zur Schulung Haben Sie alles verstanden? - Verständlich sprechen, erfolgreich lehren Ort: Olof-Palme-Haus, Hanau ( ) Referentinnen: Dr. Karin Wullenweber, Aline Müller 1
2 Analyse des Kenntnisstands der Teilnehmenden Eine wesentliche Grundlage für den adäquaten Umgang mit Teilnehmenden nicht-deutscher Herkunftssprache ist die Analyse ihres sprachlichen Niveaus. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) (zu finden z.b. auf kann eine sinnvolle Grundlage sein, um zumindest tendenziell das sprachliche Niveau von Teilnehmenden einschätzen zu können. Außerdem dienen die GER-Stufen (A1-C2) sehr oft als Grundlage, auf der ein Lernender einem bestimmten Kurs zugeteilt wird. Für ungeübte Leser des GER ist die Beschreibung der Kompetenzen auf den jeweiligen Niveaustufen oftmals zu allgemein formuliert. Dies wurde den Teilnehmenden durch eine Übung deutlich, bei der sie aufgefordert waren, die Textbausteine des GER mit dem entsprechenden Sprachniveau zu verknüpfen. Im Plenum wurde der GER anschließend intensiv besprochen und den Schulungsteilnehmenden weitere Informationen gegeben, welche Kompetenzen auf den jeweiligen Niveaustufen erwartet werden können. Mithilfe dieser Angaben lässt sich das Niveau eines Lernenden grob einschätzen, was die Teilnehmenden anhand von auf Video gezeigten Interviews mit einer Lernerin (B1-Niveau) und einem Lerner (A2-Niveau) selbst ausprobierten. Das eigene Sprachverhalten können Lehrkräfte erst dann angemessen anpassen, wenn diese Einschätzung möglich ist. Perspektivwechsel Nachdem die Teilnehmenden aufgefordert worden waren, ihr Niveau in der englischen Sprache zu beurteilen, hielt Frau Müller einen kurzen Vortrag auf Englisch zu einem kommunikationswissenschaftlichen Thema. Die Teilnehmenden konnten die Perspektive des Lernenden einnehmen, der einem fachlichen Thema in einer zwar erlernten, aber nicht muttersprachlichen Sprache detailliert folgen und Fragen dazu beantworten muss. Es wurde deutlich, dass die Art, wie die Lehrkraft spricht und sich verhält, einen großen Einfluss auf das Verstehen der Lernenden hat und dass das im Kurs etablierte Klima sich auf die Aktivität der Lernenden auswirkt. Eine Teilnehmerin wurde gebeten, während des Vortrags als Beobachterin zu fungieren und zu ausgewählten Aspekten Stichpunkte zu sammeln. Diese wurden anschließend im Plenum diskutiert und um die persönlichen Eindrücke der anderen Teilnehmenden erweitert. Von den gesammelten Eindrücken wurden anschließend Hinweise zum (Sprach-) Verhalten für Lehrkräfte abgeleitet, die sich erfahrungsgemäß positiv auf das Verständnis der Lernenden und ihre Motivation auswirken. Alltagssprache - Fachsprache Fachlehrkräfte scheuen sich häufig, Alltagssprache zu verwenden, weil sie befürchten, Inhalte nicht korrekt wiederzugeben oder unseriös zu wirken. Da Zweitsprachenlerner aber in der Regel alltagssprachliche Ausführungen wesentlich besser verstehen als fachsprachliche, muss diese Möglichkeit der Sprachvereinfachung genutzt werden. Dass Inhalte verwässert werden oder Erläuterungen weniger fachlich wirken könnten ist im Vergleich dazu, dass Inhalte gar nicht oder falsch verstanden werden könnten, das weitaus kleinere Risiko. 2
3 Alltagssprache: wird im alltäglichen Umgang miteinander verwendet wird in einem Kommunikationsbereich angewendet, in dem Menschen privat, von dienstlichen und institutionellen Zwängen befreit kommunizieren Umgangssprache: Variante von Alltagssprache, die oft von miteinander gut bekannten Menschen verwendet wird wird als Variante in bestimmten Gruppen gesprochen (Bsp. Jugendsprache) wird als salopp, manchmal derb empfunden Bildungssprache: Fachsprache: wird in der Bildungssozialisation erworben ist durch ein hohes Maß an Schriftlichkeit gekennzeichnet ist im Vergleich zu Fachsprache allen verständlich, sofern sie sie in ihrer (höheren) Schulbildung automatisch erlernt haben gilt für ein bestimmtes Fachgebiet oder für eine bestimmte Branche ist durch eine hohe Anzahl von Fachbegriffen, komplexe Satzstrukturen und kompakte Inhalte gekennzeichnet ist teilweise nur für Personen aus dem jeweiligen Fachbereich verständlich Methoden der Verständniserleichterung Schwierige und leichte Wörter Für Nicht-Muttersprachler werden nicht nur Fach- und Fremdwörter als besonders schwer empfunden, sondern auch Wörter mit mehreren Bedeutungen und selten benutzte Wörter. Diese Wörter sind Muttersprachlern oft geläufig und sie erkennen daher nicht, dass sie sprachlich schwierig und erklärungsbedürftig sind. Deshalb ist es wichtig, auch für diese sprachliche Hürde sensibilisiert zu sein und Möglichkeiten der Umwandlung zu kennen. Leichter verständlich sind u. a. oft verwendete Wörter aus der Alltagssprache, eindeutige Wörter ohne Mehrfachbedeutung, unter Umständen nicht zusammengesetzte Wörter. Beispielsätze: Schwierig: Im Lager müssen die Transportwege stets frei sein. Leichter: Im Lager müssen die Transportwege immer frei sein. 3
4 Teilen Sie uns Ihre neue Adresse unverzüglich nach dem Umzug mit. Die sachgemäße Lagerung der Waren ist unabdingbar. Bitte sagen Sie uns sofort nach Ihrem Umzug Ihre neue Adresse! Die richtige Lagerung der Ware ist sehr wichtig. Zu den schwierigen Wörtern gehören auch mehrdeutige/ kontextbezogene Wörter. Deutschen Muttersprachlern ist oft nicht bewusst, dass die Mehrdeutigkeit vieler gängiger Begriffe eine sprachliche Hürde darstellt. Im Kontext von Fachsprache sowie in Verbindung mit anderen Wörtern können viele Wörter neue Bedeutungen annehmen. Es ist daher wichtig, Begriffe, die in unterschiedlichen Kontexten verschiedene Bedeutungen haben, zu erkennen und gegebenenfalls umzuformulieren bzw. die Bedeutung zu erklären. Beispielsätze mit Begriffen in fachlichem und alltagsprachlichem Kontext: Dem Angeklagten wird das Recht eingeräumt, Die Regale müssen vor Ladenöffnung eingeräumt sein. Im Wirtschaftskreislauf gibt es Güterstrom und Geldstrom. Der Strom kommt aus der Steckdose. Der Angeklagte bekommt das Recht, Im Wirtschaftskreislauf werden Güter (Waren) und Geld ausgetauscht. Problematisch sein können auch alle idiomatisch geprägten Wendungen, z.b. auch sogenannte Funktionsverbgefüge, die in fachsprachlichen Kontexten sehr verbreitet sind. Meist verliert das darin enthaltene Verb seine ursprüngliche Bedeutung bzw. nimmt eine übertragene Bedeutung an. Um Missverstehen und falsche Informationsvermittlung zu vermeiden, ist die Erkenntnis dieses Problems bereits ein wichtiger Schritt, der dann durch alternative Formulierungen begleitet werden muss. Beispiele für Funktionsverbgefüge in Kraft treten in Verbindung setzen in Betracht ziehen gültig werden anrufen, ansprechen, kontaktieren überlegen etwas zu machen 4
5 Passivsätze Beispielsatz (aus Lehrbuch für Medizinische Fachangestelle): Die Spritzenverpackung wird am dafür vorgesehenen Ende geöffnet und dem Arzt gereicht. Passivsätze sind für Nicht-Muttersprachler häufig schwer zu verstehen, unter anderem weil kein Handlungsträger zu erkennen ist. Folgende Methoden können angewendet werden, um die Verständlichkeit zu verbessern: Den Passivsatz zum Aktivsatz umbauen, durch a) den Einsatz eines Handlungsträgers (konkrete Person) Die Spritzenverpackung wird am dafür vorgesehenen Ende geöffnet. Die Arzthelferin öffnet die Spritzenverpackung am dafür vorgesehenen Ende. Öffnen Sie die Spritzenverpackung am vorgesehenen Ende! b) Man-Sätze bilden (verallgemeinerter Handlungsträger) Bevor die erforderlichen Schichten für den Lackaufbau aufgetragen werden, muss die Karosserie vorbehandelt werden. Bevor man die erforderlichen Schichten für den Lackaufbau aufträgt, muss man die Karosserie vorbehandeln. Die Befehlsform oder Modalverb verwenden Die Spritzenverpackung wird am dafür vorgesehenen Ende geöffnet. Öffnen Sie die Spritzenverpackung am dafür vorgesehenen Ende! Sie müssen die Spritzenverpackung am oberen Ende öffnen. Nominalisierung Nominalisierungen sind für Fachtexte ausgesprochen charakteristisch und erschweren das Verständnis, weil sie weitere komplizierte Formen nach sich ziehen (Genitiv, abstrakte Funktionsverben, Präpositionen u.a.). Das Verständnis kann aber ohne Inhaltsverlust durch Umwandlung in Verben deutlich erleichtert werden, wobei auch oben schon genannte Strategien mit eingesetzt werden können. Schwieriger: Beim Ausschalten eines Motors wird dieser Leichter: Wenn man den Motor ausschaltet, nutzt man 5
6 Effekt zur weiteren Kühlung ausgenutzt. Zur Einschätzung eines Notfalls ist die Erhebung folgender Befunde vorrangig: diesen Effekt, dass der Motor kühler wird. Damit man einen Notfall einschätzen kann, muss man folgende Punkte zuerst prüfen: Alltagssprachlich umformulieren Zu Beginn kann es ungewohnt sein, Fachtexte zu übersetzen, indem man eine möglichst einfache, alltägliche Sprache benutzt, um die Inhalte zu vermitteln. Dies ist jedoch eine relativ schnell und leicht anwendbare Methode, um Fachtexte für Nicht-Muttersprachler leichter verständlich zu machen. Beispielaufgabe: Lesen Sie die folgende Textpassage und notieren Sie Alternativen. Verwenden Sie dabei eine einfache, alltägliche Sprache. Wenn möglich, versuchen Sie die Inhalte durch Beispiele zu illustrieren! Datensicherung ist alles was man tut, um Informationen im Computer sicher zu machen, damit man sie nicht verliert und sie keiner stehlen kann. Daten sind z.b. Briefe oder Adressen im PC. Verlust bedeutet, man verliert die Daten, sie sind weg. Verfälschung bedeutet, etwas verändert sich oder wird von jemandem verändert, so dass es nicht mehr richtig ist. Daten können sich ändern oder man kann sie verlieren wegen technischer Gründe/ Probleme, weil ein Mensch einen Fehler macht oder weil jemand unerlaubt (nicht erlaubt) am PC arbeitet. Mit Datensicherung will man außerdem verhindern, dass jemand sich Daten/ Informationen von dem PC kopiert/ abspeichert, der das nicht darf. Man kann zu Datensicherung oft auch Datensicherheit sagen. Wie umfassend Texte oder Textpassagen im Unterrichtsgespräch alltagssprachlich übersetzt werden sollten, hängt vom sprachlichen Niveau der Lernenden ab. Wichtig ist zu verstehen, dass es nicht unbedingt die Fachbegriffe sind, die Verständnisprobleme hervorrufen, sondern typisch bildungssprachliche Elemente. Eine gute Möglichkeit zu überprüfen, ob Begriffe oder Zusammenhänge verstanden wurden ist, die Lernenden den Inhalt in eigenen Worten widergeben zu lassen. 6
7 Visualisierung Die Visualisierung von Sachverhalten und Begriffen kann von Lehrenden in der Praxis sehr leicht und effizient eingesetzt werden. Für nahezu jedes Thema kann Visualisierung als sinnvolles Instrument dienen, den Teilnehmenden durch Bilder, Diagramme, Grafiken, Realia, Zeichnungen etc. den Zugang zu Inhalten zu erleichtern und das Verständnis zu unterstützen. Mit Hilfe von Visualisierungen kann ein Fachtext/Fachthema vorentlastet werden, aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt können auch schwierige, abstrakte Sachverhalte oft mit leichten Mitteln visualisiert werden und damit Erläuterungen optimal ergänzen. Beispielaufgabe: (Text aus Lehrbuch Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik ) Aufgabe: Visualisieren Sie die Funktion einer Fahrzeuglackierung! Ergebnis einer Schulungs-Gruppe: 7
8 Verständnissicherung Eine zentrale Fragestellung für jede Lehrkraft ist: Wie kann ich überprüfen, ob die Lernenden die Inhalte richtig verstanden haben? Die Praxis zeigt, dass im alltäglichen Unterrichtsgeschehen Verständnissicherung oft auf die Frage Haben Sie alles verstanden? hinausläuft. Die Frage lässt nur zwei Antwortmöglichkeiten offen: Ja oder Nein. Es handelt sich um eine geschlossene Frage, die zur Prüfung des Verständnisses kaum zu Erkenntnissen führt. Besser geeignet sind offene Fragestellungen, mit denen nach konkreten Inhalten gefragt werden kann. Mit den sogenannten W-Fragen (Wer? Wie? Was? Warum?) ist es darüber hinaus möglich, nach sehr eingegrenzten oder auch sehr komplexen Inhalten bzw. Sachverhalten zu fragen. Wie komplex eine Frage gestellt wird, hängt wiederrum von den Voraussetzungen der Lernenden ab. Weitere Methoden der Verständnissicherung sind: - Lernende mit eigenen Worten erklären/ wiederholen lassen - Antwortalternativen geben, zu denen sich die Lernenden positionieren müssen - Inhalte aus dem Unterrichtsgespräch verschriftlichen (Stichworte, kurze Sätze etc.) - Inhalte aus dem Unterrichtsgespräch bildlich/schematisch darstellen lassen 8
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