Trinkwasser ist kein Aquarienwasser Problemlösungen. Von Andreas Konetzky (AK) und Michael Wagner (MW)

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1 Trinkwasser ist kein Aquarienwasser Problemlösungen Von Andreas Konetzky (AK) und Michael Wagner (MW) Im Handbuch des Wassermeisters steht: Aus ökologischen Gründen sollten zur Trinkwasseraufbereitung keine Polyphosphate verwendet werden. Warum findet es aber dennoch Verwendung? Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Allerdings sinkt mit der Verwendung von Polyphosphaten der Arbeitsaufwand erheblich und auch die Kosten sind deutlich niedriger. Effektiver wäre jedoch die Sanierung maroder Leitungssysteme, statt über den Schutzschichtaufbau die alten Leitungen länger in Betrieb zu lassen. Zudem stehen neue Leitungssysteme unter einem geringeren Keimdruck. Messungen meinerseits (MW) über einen Zeitraum von zwei Monaten haben ergeben, dass die Werte der Phosphate und Silikate im Trinkwasser schwanken. In der Regel bewegt sich die Phosphatkonzentration zwischen einem und zwei Milligramm pro Liter (min. 0,6 mg/l, max. 4,5 mg/l). Bei der maximalen Konzentration könnte es sich um eine Mehrfachanwendung verschiedener Mittel handeln. Der Grenzwert der Phosphatbelastung im Trinkwasser liegt bei 0,5 mg/l (freies Phosphat) bzw. 6,2 mg/l (Gesamtphosphat). Im Ausgangswasser, einem Quellwasser aus dem Spessart, sind Phosphate nicht nachweisbar. In der Regel dosieren die örtlichen Trinkwasserversorger zwischen 2,5 und 3,5 mg/l Polyphosphate dem Trinkwasser zu. Auch Silikate werden dem Trinkwasser in Form von Kieselsäure zugesetzt. Einen Grenzwert hierfür gibt es nicht, im Heigenbrückener Trinkwasser sind jedoch stets Konzentrationen von 2,5-5,0 mg/l nachweisbar. Silikate im Aquarium sind hauptsächlich verantwortlich für die Bildung von Kieselalgen und können auch an der Bildung des Blaualgenteppichs nicht unerheblich mitwirken. Somit ist auch die von mir gemessene Konzentration im Trinkwasser für Aquarien zu hoch. Aus den Tests geht hervor, dass man etwas gegen diese hohen Belastungen tun muss. Darum haben wir nach möglichen Lösungen gesucht. Einige davon möchten wir hier vorstellen. Die Problemlösungen: Wir haben verschieden Möglichkeiten getestet. Nicht alle waren von Erfolg gekrönt. Einige davon schaffen kurzzeitig Linderung, andere sind für unsere Zwecke nicht tauglich. Tests wurden mit Reiserfilter, Nitratfilter, hochreaktiver Aktivkohle, Umkehrosmoseanlagen, Mischbettfiltern, Vollentsalzern und Quell- bzw. Brunnenwasser durchgeführt. Hochreaktive Aktivkohle:

2 Sie besteht aus einem sehr feinen Granulat das aus Kokosschalen hergestellt wird. Diese Aktivkohle soll Stoffe wie Phosphate im Wasser absorbieren. Sie wurde im Biofilter bei AK eingesetzt und verschaffte leider für die eingesetzte Menge nur eine kurzzeitige Linderung. Nitratfilter: Verwendet wird von AK eine Nitratfiltersäule mit Kunstharzen die an die Wasserverhältnisse angepasst wurde. Diese Nitratfilter sind in der Lage Nitrat, Phosphat und Silikat (in geringen Mengen) abzubauen. Aber auch sie verschaffen nur Linderung. Vor allem nach Wasserwechseln wachsen die Algenmatten wieder sehr schnell, immer beginnend am Filtereinlauf. Nach ein paar Tagen reduzieren sich die Algen dann wieder. Reiser-Blockfilter: Reiser- Blockfilter sind ein Begriff und das nicht nur in der Aquaristik. Die leistungsstarken Feinpartikelfilter sind durchaus in der Lage Teile dieser Stoffe zu entfernen bzw. zurückzuhalten. Befüllt sind die einzelnen Patronen oder Säulen mit Aktivkohlen unterschiedlichster Größen die dem Einsatzgebiet angepasst sind. Auch diese können nicht alle Partikel der Phosphate und Silikate entfernen, weshalb hier ein Mischbettfilter nachgeschaltet werden sollte, was aber wieder andere Probleme mit sich bringt (siehe Ionenaustauscher. Ionenaustauscher: Ionenaustauscher tauschen über Kationen- und Anionenaustauscherharze verschiedene Ionen (also auch Phosphat und Silikat) gegen andere Ionen aus. Es gibt den Neutralaustausch (Austausch von Ionen gegen Na + oder Cl -, Regeneration mit Kochsalz) oder die Vollentsalzung, Austausch gegen H + und OH -, die zu reinem Wasser (H 2 O) reagieren. Diese Ionenaustauscher können getrennt oder als Mischbettaustauscher eingesetzt werden. Mischbettharze können nur unter erheblichem Aufwand durch einen Fachmann regeneriert werden. Dazu müssen die Harze müssen voneinander getrennt werden, dadurch verkürzt sich die Einsatzzeit des Harzes drastisch. Oft werden diese Mischbettaustauscher zur Demineralisierung empfohlen. Die Kosten für den Betrieb sind allerdings relativ hoch. Das gilt auch für die Regeneration, weswegen es einfacher ist neue Harze zu verwenden. Beim Vollentsalzer werden im Idealfall alle Ionen aus dem Wasser entfernt. Die Harze können mit Ätznatron und Salzsäure regeneriert werden. Die Kosten sind vergleichsweise gering, auch weil nur ca. 200 l Spülwasser bei der Regenerierung einer durchschnittlichen Anlage benötigt werden. Umkehrosmose: Anfänglich gab es Probleme mit diesen Anlagen. Nachdem ich diese Anlagen direkt an die Hauptwasserleitung angeschlossen hatte, konnte mehr Wasser mit einer geringeren

3 elektrischen Leitfähigkeit von ca. 25 µs/cm produziert werden. Besonders effektiv war hier eine Industrieanlage, die bei vollem Nenndruck 2100 Liter Permeat bei 1800 Liter Abwasser am Tag produzierte. Und damit wären wir bei einem Nachteil dieser Anlagen. Es wird Abwasser produziert. Gute Umkehrosmoseanlagen laufen im Bereich1:2 (Reinwasser / Abwasser). Billige Anlagen können auch schon mal mit ein Verhältnis von 1:4 aufwarten, ökologisch schwer vertretbar! Am besten schneiden hier die Industrieanlagen ab. Sie arbeiten meist mit einem Verhältnis von 1:1. Ein weiterer Nachteil der Umkehrosmose ist jedoch, dass Silikate nicht restlos entfernt werden; 0,5 1,0 mg/l bleiben immer noch im Reinwasser enthalten. Verwendung von Quell- oder Brunnenwasser: Sicher die aufwendigste Art der Wasseraufbereitung. Ich praktiziere sie in einigen Becken. Anfänglich gab es Probleme mit eingeschleppten Algen. Nach etwa 14 Tagen liefen die Becken aber stabil und mittlerweile sehen sie besser aus als die Aquarien die mit Umkehrosmosewasser betrieben werden. Mittlerweile habe ich von drei Stellen im Ort Brunnenwasser gezapft. Die Werte entsprechen annähernd denen des Quellwassers. Dies wäre für mich eine echte Alternative zu den ganzen anderen Aufbereitungsmöglichkeiten. Phosphatabsorber: Mittlerweile gibt es auch Phosphatabsorber, die zur Verwendung in der Aquaristik getestet wurden. Die Tests: Von Andreas Konetzky Nach einigen Überlegungen habe ich mich dazu entschlossen mit einem Vollentsalzer / Ionenaustauscher zu arbeiten. Vollentsalzer bestehen typischerweise aus einer stark sauren Kationensäule und einer stark basischen Anionensäule. Es empfiehlt sich aber die Anlage an die vorhandene Wasserbeschaffenheit anzupassen, um die höchste Effektivität zu erreichen. Die darin enthaltenen Harze lassen sich nach der Erschöpfung der Absorptionskapazität wieder regenerieren. Zudem besitzen sie Farbindikatoren die den Verbrauch der Harze anzeigen, somit muss das abfließende Wasser nicht ständig kontrolliert werden. Wasser aus solchen Anlagen ist Reinstwasser mit einer elektrischen Leitfähigkeit von unter 1 µs/cm und muss vor dem Einsatz im Aquarium wieder mit Elektrolyten (z.b. Magnesiumsulfat, Natriumbikarbonat) angereichert werden. Der Vorteil dieser Anlagen liegt im Wasserverbrauch, da bei der Entsalzung kein Abwasser entsteht. Nachdem mein großes Schaubecken im Wohnzimmer einen Teilwasserwechsel von rund 700 l erhalten hatte, waren die Algen fast verschwunden. Zusätzlich läuft eine 5 Liter Nitratfiltersäule an diesem Aquarium, welche optimal auf die Beckengröße abgestimmt wurde. Sie nimmt Nitrat und andere Parameter die mit at enden auf. Die helle Blattfärbung (Chlorose) der Wasserpflanzen im Schauaquarium geht zurück, alles wächst

4 wieder völlig normal. Das Schaubecken im Keller bekam einen vollständigen Wasserwechsel selbst nach 3 Wochen war kein Ansatz von Blau- oder Kieselalgen zu sehen. Auch in meiner Zuchtanlage wurde ein Großteil auf dieses Wasser umgestellt. Es treten kaum noch verpilzte Fischeier auf, Jungfische gibt es nun auch wieder. Die Probleme scheinen beseitigt, das Hobby macht wieder Spaß! Von Michael Wagner Ich hatte mich dazu entschieden, Quell- bzw. Brunnenwasser zu verwenden und auch den Einsatz von Umkehrosmoseanlagen zu testen. Die verwendeten Umkehrosmoseanlagen wurden direkt an das Leitungsnetz angeschlossen und arbeiten mit einem hohen Wasserdruck am effektivsten. Vor allem das Industrie- Umkehrosmose-System hat hier überzeugt, da auch die Silikate fast vollständig entfernt wurden. Mit diesem Wasser wurden vier Schauaquarien und sechs Ablaichaquarien gefüllt. Das von mir verwendete Quellwasser stammt aus der Kahlquelle. Brunnen- und Quellwasser besitzen in etwa die gleichen Wasserwerte. Mit dem Quellwasser wurden vier Schauaquarien und zehn Ablaichaquarien gefüllt. Vier Schauaquarien, sechzehn Aufzuchtbecken und vier Ablaichaquarien werden weiterhin mit Leitungswasser betrieben. Die Aquarien die mit Osmose- bzw. Quellwasser betrieben werden, funktionieren wieder sehr gut vor allem diejenigen die auch CO 2 spendiert bekommen. Die Aquarien die weiterhin mit Leitungswasser laufen haben derzeit hauptsächlich mit Kieselalgen zu kämpfen. Polyphosphate werden derzeit vom Trinkwasserlieferanten nicht verwendet. Das hat sich durch Tests im Leitungswasser bestätigt. Jedoch ist der Anteil an Silikaten gestiegen. Sowohl das Quellwasser, als auch das Wasser aus der Umkehrosmose wird etwas aufgehärtet, so dass die elektrische Leitfähigkeit bei etwa 250 µs/cm liegt. Beim Leitungswasser funktioniert das leider nicht ganz so gut. Ein Teil der Salze bleibt ungelöst am Boden liegen. Meinen Fischen geht es wieder gut und auch Nachwuchs ist zu verzeichnen. Allerdings haben einige Arten sehr unter diesen Bedingungen gelitten. Auch bei der Verwendung von Leitungswasser gibt es wieder Nachwuchs, was wohl auf das Fehlen von Polyphosphaten zurückzuführen ist. Allerdings braucht es eine geraume Zeit bis die Fische wieder bei guter Kondition sind. Einige verendete Fische habe ich untersucht, da sie trotz gutem Futter abgemagert erschienen. Bei der Sektion konnte festgestellt werden, dass alle Fische einen stark erhöhten Fettgehalt im Muskelgewebe und den Organen aufwiesen, Parasiten wurden keine gefunden. Man könnte daraus folgern dass es Stoffwechselprobleme in dieser Zeit gegeben hat. Das wäre aber rein spekulativ und müsste experimentell überprüft werden. Fazit:

5 Polyphosphate können wohl für die Sterilität der Fische verantwortlich gewesen sein. Werden diese Polyphosphate entfernt, erhält man nach einiger Zeit wieder befruchteten Laich und auch die Jungfische sehen wieder gut aus. Für die Algenplage kann man wohl zwei Zusatzstoffe im Trinkwasser verantwortlich machen, Silikat und Polyphosphat. Die Cyanobakterien scheinen sich durch den kombinierten Einsatz von Polyphosphat und Silikat stark zu vermehren. Da mein örtlicher Wasserversorger derzeit auf den Einsatz von Polyphosphaten verzichtet, sind diese auf dem Rückzug. Man kann gegen die durch Wasser hervorgerufenen Probleme in der Aquaristik etwas tun, und sei es seinen örtlichen Wasserversorger auf die Nerven zu gehen. Es kostet aber Zeit, Nerven und teilweise auch Geld für Investitionen. Vor allem die Züchter unter uns haben somit etwas weniger Zeit sich vor ihre Aquarien zu setzen und genau das ist es doch was unser Hobby so schön macht. Man will es auch genießen können. Wir wollen hoffen, dass die Wasserwerkbetreiber, auch aus ökologischen Gründen, zukünftig auf den Einsatz solcher Zusatzstoffe verzichten. Wir verbleiben in Hoffnung auf Besserung Andreas Konetzky und Michael Wagner Die Links zum Thema: Bilder: Bild_1: Ein Aquarium was mit Leitungswasser betrieben wird. Man sieht sehr schön das die Algen auf dem Vormarsch sind Bild_2: Dieses Aquarium wird zu je 50% mit Osmose- und Quellwasser betrieben. Bild_3: Das Aquarium wird umgestellt und wird seit zwei Monaten mit je 50% Leitungs- und Quellwasser betrieben. Normalerweise müssen solche Aquarien neu aufgesetzt werden, was wohl demnächst fällig wird. Bild_4: Reines Quellwasser und CO² ist der Grund für dieses blühende Leben. Dieses Aquarium wurde vor einer Woche neu eingerichtet. Rückschnitte brachten keine Ordnung mehr rein. Bild_5: Hier wurde der Vordergrund neu gemacht. Ansonsten läuft das Aquarium seit drei Monaten ohne Probleme mit Osmosewasser und ohne CO². Bild_6: Auch hier wurde mit Osmosewasser und CO² nachgeholfen. Etwa 30% Leitungswasser sind noch im Aquarium. Man sieht es an den vereinzelt auftretenden Fadenalgen.

6 Bild_7: Glossolepis maculosus. Ein gesunder Fisch im gesunden Wasser.