Tropenmedizin in Klinik und Praxis
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- Etta Holtzer
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1 Tropenmedizin in Klinik und Praxis mit Reise- und Migrationsmedizin Bearbeitet von Thomas Löscher, Gerd-Dieter Burchard., kompl. überarb. Aufl Buch. 118 S. Hardcover ISBN Format (B x L): 19,5 x 27 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Umweltmedizin, Tropenmedizin, Reisemedizin schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.
2 2 Virale hämorrhagische Fieber Stephan Günther, Gerd-Dieter Burchard, Jonas Schmidt-Chanasit Definition Einleitung Definition und Bedeutung der viralen hämorrhagischen Fiebererkrankungen Virale hämorrhagische Fiebererkrankungen sind fast ausschließlich akute Virusinfektionen der Tropen und Subtropen, die durch Fieber, hämorrhagische Diathese, Organversagen und Schock gekennzeichnet sind. Virale hämorrhagische Fieber (VHF) sind bedeutende Krankheiten des Menschen, die weltweit das Interesse der Öffentlichkeit und der Gesundheitsbehörden erregen. Infektionen durch VHF-Erreger können jedoch auch mild oder sogar symptomlos ablaufen. VHF sind für die Gesamtpopulation einer Region meist nicht so bedeutend, da die Fallzahlen verglichen zu anderen Infektionserkrankungen niedrig sind. Sie stellen die Gesundheitsbehörden vieler Länder jedoch wegen ihrer Letalität, des weitgehenden Fehlens von Impfstoffen und spezifischen Therapeutika, ihres Epidemiepotenzials und der Schwierigkeiten beim klinischen Management vor große Probleme. Tab. 2.1 zeigt eine Übersicht der wichtigsten Formen. VHF sind Zoonosen, das heißt, die Viren haben ihren Ursprung im Tierreich. Zahlreiche VHF-Erreger werden durch Vektoren von einem infizierten Tier auf weitere Tiere oder auf den Menschen übertragen, dies sind meist Arthropoden wie Mücken und Zecken (daher der Name Arboviren; Kapitel 23). Viele Tiere können am Vektor- Wirt-Vektor-Zyklus teilnehmen, z. B. Affen beim Gelbfieber oder Wiederkäuer beim Rifttal-Fieber. Eine besondere Form des tierischen Wirts sind Reservoirtiere. In Reservoirtieren persistieren die Viren längere Zeit, ohne Krankheit zu verursachen, und werden an die Nachkommen weitergegeben. Dies wird als evolutionäre Anpassung von Virus und Wirt interpretiert. Typische Reservoirtiere von VHF-Viren sind Fledermäuse oder Nagetiere (rodent-borne viruses). Beim Krim-Kongo-hämorrhagischen Fieber sind Zecken gleichzeitig Vektor und Reservoir. Meist ist die menschliche Spezies Endglied der Infektionskette. Der Mensch kann aber auch als Zwischenwirt eine entscheidende Rolle im Vektor-Wirt-Vektor-Zyklus spielen, wie bei Dengue-Fieber und Gelbfieber. Die komplexen Zusammenhänge der Übertragung dieser Krankheiten mit ihrer Einbindung in bestimmte Ökosysteme erklärt ihre begrenzte geografische Verbreitung. Das Vorkommen der Wirtstiere und Vektoren legt zwar die maximal mögliche Ausdehnung eines Endemiegebiets fest. Es wird aber durch weitere Faktoren kodeterminiert, die oft nicht bekannt sind. Bis heute ist beispielsweise unklar, warum Gelbfieber nicht in Asien vorkommt, obwohl es die Überträgermücken dort gibt. Durch ökologische und klimatische Veränderungen können sich die Ausbreitungsgebiete der VHF jederzeit ändern. Einige VHF-Viren Lassa-, Ebola-, Marburg- und Krim-Kongo-hämorrhagisches Fiebervirus können direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Dann besteht das Risiko einer nosokomialen Übertragung, die meist mit einer besonders hohen Letalität einhergeht. Dies ist für das klinische Management wichtig. Es sind zumeist mangelhafte hygienische Bedingungen, die besonders in Afrika das Auftreten nosokomialer Epidemien begünstigen. Außerdem besteht bei übertragbaren VHF die Möglichkeit von Epidemien außerhalb der Endemiegebiete (siehe Kap. 2.2). Cave Von Mensch zu Mensch übertragbare VHF-Viren sind in die höchste Risikogruppe eingestuft und dürfen nur in Hochsicherheitslabors bearbeitet werden. Die Pathogenese der VHF ist nur wenig verstanden. Verschiedene Faktoren spielen eine Rolle, die aber bei den einzelnen Erkrankungen sehr unterschiedlich ausgeprägt sind: Initiale Replikationsorte der Viren sind häufig Immunzellen wie dendritische Zellen und Makrophagen. Dies scheint zu einer virusvermittelten Immunsuppression
3 Virale hämorrhagische Fieber Tab. 2.1 Übersicht über wichtige virale hämorrhagische Fieber. II Familie Virus Krankheit Vektor / Reservoir Gattung Vorkommen Mensch-zu- Mensch- Übertragung Behandlung Impfung Risikogruppe des Erregers III Flaviviridae Flavivirus Gelbfieber Gelbfieber Mücke Afrika, tropisches Amerika nein ja 3 IV V VI VII nein in Entwicklung Bunyaviridae Phlebovirus Dengue Rift-Valley in Entwicklung Nairovirus Krim- Kongo Dengue- Fieber 1 Mücke Asien, Afrika, tropisches Amerika Rifttal-Fieber (RVF) Krim-Kongohämor rhagisches Fieber (CCHF) Mücke Zecke Afrika, Arabische Halbinsel Afrika, Südeuropa, Asien nein ja Ribavirin, Ribavirin, 3 3 nein VIII IX Hantavirus Hantaan, Seoul, Dobrava hämor rhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) Nager Südeuropa, Asien nein Ribavirin, ja (Hantaan) 3 X XI Lassa Lassa-Fieber Nager Westafrika ja Ribavirin, Junin Arenaviridae Arenavirus Argentinisches hämorrhagisches Fieber (AHF) Nager Argentinien nein Ribavirin, nein ja XII XIII Machupo Guanarito Bolivianisches hämorrha gisches Fieber (BHF) Venezolanisches hämorrhagisches Fieber (VHF) Nager Bolivien ja Ribavirin, Nager Venezuela nein Ribavirin, nein nein Filoviridae Mar burg- Virus Marburg Marburghämor rhagisches Fieber Fledermaus Afrika ja nein Ebola- Virus Ebola Ebola-hämorrhagisches Fieber Fledermaus Afrika ja in Entwicklung 1 Das hämorrhagische Dengue-Fieber wird in Kapitel 23 behandelt 2 Ein Behandlungseffekt mit Ribavirin ist für Lassa-Fieber durch eine kontrollierte Studie gezeigt worden, ansonsten beruht die Behandlungsempfehlung auf experimentellen Daten oder unkontrollierten Studien beizutragen, die den Viren eine nahezu ungehemmte Vermehrung ermöglicht. Außerdem zeigen viele VHF-Viren einen ausgesprochenen Pantropismus, das heißt, sie können in vielen Geweben und Organen replizieren. Innerhalb weniger Tage werden sehr hohe Virustiter erreicht, und die Höhe der Virämie korreliert mit einer schlechten Prognose. Die Entzündungsreaktion im Gewebe (Lymphozyteninfiltration) ist gering bis fehlend. Eine direkte Zellschädigung durch das Virus spielt vermutlich nur bei Gelbfieber und Rifttal-Fieber eine Rolle, bei allen anderen VHF sind Gewebsnekrosen selten von einer Stärke, dass sie den Tod erklären könnten. 278
4 Diagnostik und Differenzialdiagnostik Die pathogenetische Endstrecke der VHF ist vermutlich der einer Sepsis sehr ähnlich: disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), Multiorganversagen und Schock. Obwohl namensgebend, treten Blutungen nur bei wenigen Patienten auf und sind oft zu diskret, um einen Schock auszulösen. Bei der Genese der Blutungen können Leberschädigung, DIC, Thrombozytopenie und erhöhte Kapillarpermeabilität durch überschießende Freisetzung proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) eine Rolle spielen. 2.2 Virales hämorrhagisches Fieber als importierte Erkrankung Virale hämorrhagische Fiebererkrankungen haben eine Inkubationszeit von bis zu 3 Wochen und können während dieser Zeit von Reisenden in nicht-endemische Regionen importiert werden. Die häufigste importierte tropische Viruserkrankung ist das Dengue-Fieber, das allerdings bei Reiserückkehrern nur selten mit Blutungszeichen einhergeht. Von den übertragbaren VHF wird am häufigsten Lassa-Fieber importiert. Ungefähr 30 Fälle sind weltweit dokumentiert. Die Kontagiosität der übertragbaren VHF wird überschätzt: Bei importiertem Lassa-Fieber wurden trotz vieler Kontakte (Flugzeuginsassen, Angehörige und Krankenhauspersonal) bisher keine sekundären Erkrankungen beobachtet. Gleiches war bei einem 2008 nach Europa importierten Marburg-Fieber der Fall. Da der direkte Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten der entscheidende Übertragungsweg ist, lässt sich bei Einhaltung von Grundregeln der Krankenhaushygiene das Übertragungsrisiko deutlich senken. Das Auftreten von Epidemien in Afrika durch Ebola-, Marburg- und Lassa-Virus wird durch spezifisch afrikanische Bedingungen gefördert; vergleichbare Epidemien unter europäischen Bedingungen sind nicht wahrscheinlich. 2.3 Diagnostik und Differenzialdiagnostik Klinisch kann eine Diagnose in der Frühphase selbst von einem erfahrenen Arzt nicht gestellt werden. Dass die Symptomatik zunächst uncharakteristisch wie bei anderen fieberhaften Infekten mit respiratorischer oder gastrointestinaler Symptomatik verläuft und typische Zeichen wie Blutungen erst im späteren Verlauf auftreten, erschwert die Diagnostik. Ein Transaminasenanstieg kann auf ein VHF hinweisen, wobei typischerweise die Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) höher als die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) ist. Rhinitis ist untypisch für VHF. Die Differenzialdiagnose ist umfangreich: Das Krankheitsbild kann einer fulminanten Virushepatitis ähneln. Wichtig sind die Differenzialdiagnosen Malaria, Typhus abdominalis, Rickettsiosen, Leptospirose, Rückfallfieber und septische Krankheitsbilder, insbesondere die Meningokokkensepsis. Auch Intoxikationen mit Leberversagen müssen berücksichtigt werden Diagnostisches Vorgehen in Deutschland Bei unklarem Fieber, Aufenthalt im Endemiegebiet innerhalb der letzten 3 Wochen und Vorliegen typischer VHF-Symptome wie Blutungen oder Organversagen ist sofort eine Labordiagnostik auf VHF einzuleiten. Problematischer ist die Indikationsstellung für eine VHF- Diagnostik, wenn keine typischen Symptome vorliegen: Hier sind zuerst naheliegende Differenzialdiagnosen wie Malaria oder septische Krankheitsbilder abzuklären. Wenn sich die Genese des Fiebers nicht innerhalb kurzer Zeit (2 3 Tage) klären lässt oder zusätzliche anamnestische (Kontakt zu VHF-Patienten, Kontakt zu VHF-Wirtstieren, Risikoverhalten, Kontakt zu Vektoren [Zeckenbiss oder Mückenstiche]) oder paraklinische Verdachtsmomente (Transaminasenerhöhung, Thrombozytopenie) vorliegen, sollte eine Labordiagnostik auf VHF eingeleitet werden. Virale hämorrhagische Fiebererkrankungen können sich klinisch untypisch präsentieren. Die Reiseanamnese bestimmt im Wesentlichen, auf welche VHF getestet werden muss. Die Diagnostik muss so schnell wie möglich erfolgen, da eine Ribavirin-Therapie bei Arena- und Bunya-Virus-Infektionen nur in der Frühphase erfolgversprechend ist. Auch nehmen mit der Zeit die Zahl von Kontaktpersonen sowie das Risiko einer Übertragung auf Grund ansteigender Viruslast im Indexpatienten zu. In der Vergangenheit wurde bei importierten VHF häufig zu lange abgewartet, bis eine Diagnostik eingeleitet wurde. Die modernen molekularen Nachweistechniken erlauben einen Erregernachweis oder -ausschluss innerhalb weniger Stunden. Die Einsendung einer Probe zur VHF-Diagnostik muss mit dem Labor abgesprochen werden. In Deutschland sind folgende Labors auf VHF-Diagnostik spezialisiert:
5 Virale hämorrhagische Fieber II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg, und Institut für Virologie der Philipps-Universität Marburg. 2. Management von Patienten mit viralem hämorrhagischem Fieber Das Management von Patienten mit VHF ist aus mehreren Gründen problematisch: Bei übertragbaren VHF sind nosokomiale Infektionen möglich der Schutz des medizinischen Personals sowie der Bevölkerung hat Priorität. Intensivmedizinische Behandlung ist erforderlich, was in Ländern der 3. Welt häufig nicht möglich ist. Eine kausale Behandlung ist nur bei Arena- und Bunya- Virus-Infektionen möglich Antivirale Therapie Bei Verdacht auf VHF sollte bis zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose und der Identifizierung des Erregers eine probatorische Therapie mit Ribavirin begonnen werden bei Nachweis einer Arena- oder Bunya-Virus-Infektion wird die Therapie fortgesetzt, ansonsten beendet (Tab. 2.2). Tab. 2.2 Therapeutische Gabe von Ribavirin (Virazole) intravenös. Eine Ampulle enthält 1,2 g Ribavirin in 12 ml, Applikation der Substanz in 5 % Glukose oder 0,9 % NaCl-Lösung über 15 min. Erwachsene mit normaler Nierenfunktion Erwachsene mit eingeschränkter Nierenfunktion 1 Kinder 1 Kreatinin-Clearance ml/min loading dose 30 mg/kg KG nach 6 h: mg/kg KG danach alle 6 h mg/kg für d danach alle 8 h 7,5 8 mg/kg KG für weitere 3 d loading dose 20 mg/kg KG Einmaldosis von 10 mg/kg KG während der folgenden 9 d Tag 1: 25 mg/kg KG verteilt auf 3 Dosen Tag 2 10: 15 mg/kg KG jeweils verteilt auf 3 Dosen 2..2 Symptomatische Therapie Es muss eine kontinuierliche Überwachung gewährleistet sein, da sich der Zustand des Patienten rasch verschlechtern kann. Im Vordergrund steht die e Behandlung eines Organversagens (Leber, Niere, Lunge), eines Schocks und der Blutungen. Bei Nierenversagen ist eine Hämodialyse erforderlich. Die Elektrolyte müssen überwacht werden. Ähnlich wie bei der Malaria tropica ist ein genaues Flüssigkeitsmanagement wichtig, eventuell unter Kontrolle des Herzzeitvolumens. Es muss auf innere Blutungen geachtet werden, ein Abfall des Hämatokrits trotz adäquater Flüssigkeitszufuhr kann eine transfusionsbedürftige Blutung anzeigen. 2.5 Isolationsmaßnahmen bei Patienten mit viralem hämorrhagischem Fieber Isolationsmaßnahmen sind nur bei übertragbaren VHF-Erkrankungen erforderlich. Vorgehen im Endemiegebiet. Die Patienten werden in einer Isolierstation unter Barrier-Nursing -Maßnahmen betreut. Einfache Mittel wie das Tragen eines transparenten Gesichtsschildes, Mundschutz, Schutzkittel, Handschuhe, Schürze und abwaschbare Schuhe sind hinreichend, um Übertragungen auf das Personal zu verhindern. Vorgehen in Deutschland. Bei Verdachtsfällen muss der Patient vor Ort provisorisch isoliert und das zuständige Gesundheitsamt informiert werden. Der Patient sollte dann unter Isolation in ein Behandlungszentrum für Infektionen mit hochpathogenen, kontagiösen Erregern transportiert werden (Tab. 2.3). In diesen Behandlungszentren werden Patienten in Unterdruckeinheiten versorgt. Das Personal ist durch Schutzanzüge mit Respiratorhaube geschützt (Abb. 2.1). Personen, die ungeschützten, direkten Kontakt zu Blut oder Körperflüssigkeiten von Patienten mit Lassa-Fieber oder CCHF hatten, wird eine Postexpositionsprophylaxe mit Ribavirin empfohlen (Tab. 2.). 280
6 Virales hämorrhagisches Fieber durch Flaviviren Tab. 2.3 Behandlungszentren für Infektionen mit hochpathogenen, kontagiösen Erregern in Deutschland (VHF der Risikogruppe, hochpathogene Influenza, SARS). Ort Berlin Frankfurt am Main Hamburg Leipzig München Saarbrücken Stuttgart Würzburg Klinik, Abteilung Universitätsklinikum Charité Campus Virchow-Klinikum, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Universitätsklinikum, Medizinische Klinik III, Zentrum für Innere Medizin Bernhard-Nocht-Klinik für Tropenmedizin, Universitätsklinikum Eppendorf Klinikum St. Georg, 2. Klinik für Innere Medizin Städtisches Krankenhaus München-Schwabing, 1. Medizinische Abteilung Klinikum Saarbrücken, Medizinische Klinik I Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, Innere Medizin I Missionsärztliche Klinik, Abteilung für Tropenmedizin Tab. 2. Postexpositionsprophylaxe mit oralem Ribavirin bei Lassa-Fieber und CCHF. Dosierung häufigste Nebenwirkungen 10 mg/kg KG alle 6 h über 5 d hämolytische Anämie, Panzytopenie, Transaminasenanstieg, Exanthem, Pankreatitis, Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Myalgie Virales hämorrhagisches Fieber durch Flaviviren 9 10 Abb. 2.1 Personal in Schutzanzug in Isoliereinheit Definition Gelbfieber Gelbfieber ist eine durch Mücken übertragene Erkrankung tropischer Regionen Afrikas und Amerikas, die sich vor allem in einer Schädigung der Leber manifestiert. Gegen Gelbfieber existiert eine wirksame Impfung. Geschichte und Epidemiologie Der geografische Ursprung des Gelbfiebers ist nicht endgültig geklärt. Vermutlich sind Gelbfieberviren vor einigen Tausend Jahren in Afrika aufgetreten und mit dem Sklavenhandel von Westafrika nach Südamerika importiert worden. Als 1. zuverlässige Beschreibung von Gelbfieber gilt der Bericht über die Gelbfieberepidemie in Yucatan (Mexiko) im Jahre 168. Seitdem sind wiederholt schwere Epidemien in tropischen und subtropischen Gebieten Amerikas bis in das 20. Jahrhundert hinein dokumentiert. Der Yellow Jack (der Begriff yellow fever oder Gelbfieber wurde erst im 18. Jahrhundert geprägt) paralysierte Industrie und Handel. Über Handelsrouten wurde das Virus auch in nicht tropische Regionen verbreitet und löste dort Epidemien aus; Nordamerika (Philadelphia, New York, Boston) aber auch Europa (Italien, Frankreich, Spanien) waren betroffen. Eine Gelbfieberepidemie im Jahre 1800 in Spanien kostete Menschen das Leben. 188 wurde erstmals über Mücken als Überträger des Gelbfiebers spekuliert. Eingang in die Wissenschaft hat
7 Virale hämorrhagische Fieber II III IV V VI VII die Theorie aber erst 1881 durch Carlos Finlay aus Cuba gefunden, der als ihr Begründer gilt. Walter Reed und seine Kollegen wiesen kurz danach die Vektorkompetenz von Aedes-Mücken experimentell nach. Um 1900 konnte durch Reduzierung der Mücken auch tatsächlich die Gelbfieberinzidenz in Havanna und Panama dramatisch gesenkt werden. Eine systematische Erforschung des Gelbfiebers auf dem afrikanischen Kontinent begann 1925 mit der Etablierung von Forschungsinstituten in Ghana und Nigeria durch die Rockefeller-Foundation. Das Virus wurde 1927 aus dem Blut eines ghanaischen Patienten durch Inokulation in Affen isoliert. Der isolierte Stamm, Asibi-Stamm genannt, bildete die Grundlage für den späteren 17D-Impfstoff. Die Entwicklung von 2 attenuierten Lebendimpfstoffen in den 1930er Jahren war ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Gelbfieberforschung: Die French neurotropic vaccine basierte auf einem Virus, das am Pasteur-Institut in Dakar isoliert und in Mäusehirn passagiert wurde. Der Impfstoff wurde zwischen 1939 und 1952 in den Französisch sprechenden Ländern Westafrikas 0-millionenmal verimpft, was praktisch zum Verschwinden der Erkrankung in diesen Regionen führte. Eine hohe Rate von Enzephalitisfällen bei Kindern führte aber schließlich zur Einstellung dieser Impfung. Die 2. Vakzine, der 17D-Impfstoff, ging aus dem Asibi-Stamm hervor und wird bis heute verimpft. Die gegenwärtige Endemiezone in Afrika erstreckt sich von 15 Grad nördlich bis 15 Grad südlich des Äquators VIII Marokko Tunesien IX X XI XII XIII Elfenbeinküste Kamerun Benin Togo West- Sahara Mauretanien Liberia Mali Burkina Faso Ghana Algerien Nigeria Senegal Gambia Guinea- Guinea Bissau Sierra Leone Äquatorial- Guinea Niger Libyen Tschad Rep. Gabun Kongo Zentralafrik. Republik Ägypten Sudan Eritrea Äthiopien Dem. Rep. Uganda Kongo Kenia Ruanda Burundi Tansania Djibouti Somalia Angola Sambia endemische Regionen für Gelbfieber in Afrika Mosambique Simbabwe Namibia Botsuana Madagaskar Südafrika Lesotho Swasiland Abb. 2.2 Geografische Verbreitung von Gelbfieber in Afrika. 282
8 Virales hämorrhagisches Fieber durch Flaviviren und umfasst 33 Länder (Abb. 2.2). 500 Millionen Menschen leben in dieser Zone und sind dem Risiko einer Gelb fieber infektion ausgesetzt. Größere Epidemien in Afrika traten in Äthiopien mit geschätzten Fällen und Toten sowie in Nigeria mit Fällen und 5000 Toten auf. Insgesamt nimmt Gelbfieber in Afrika seit den 1980er Jahren zu. Dies wird auf den Zusammenbruch der Gelbfieberüberwachung und -kontrolle, die Abkehr von Massenimpfungen und auf zivile Unruhen zurückgeführt wurden 2500 Fälle (durchschnittlich 500 pro Jahr) aus Afrika überwiegend aus Westafrika an die WHO gemeldet. Es wird aber geschätzt, dass die tatsächliche Zahl bis zu 500fach höher liegt. Die WHO vermutet weltweit Erkrankungen und Todesfällen jedes Jahr, über 90 % davon in Afrika. In Amerika ist Gelbfieber in 10 südamerikanischen Ländern endemisch (Abb. 2.3) wurden 600 Fälle an die WHO gemeldet, und zwar aus Brasilien, Kolumbien, Peru, Bolivien, Venezuela und Ekuador. Urbane Epidemien kamen in Amerika seit 192 nicht mehr vor. Gelbfieber wurde bisher nie in Asien beobachtet, obwohl die Überträgermücke Aedes aegypti dort vorkommt. Verschiedene Gründe werden diskutiert: erhöhte genetische Resistenz der asiatischen Population gegenüber dem Virus; Venezuela Panama Kolumbien Ecuador Guyana Surinam Französisch Guayana Abb. 2.3 Geografische Verbreitung von Gelbfieber in Südamerika Peru Brasilien Bolivien 13 Chile Paraguay 1 15 Uruguay 16 Argentinien endemische Regionen für Gelbfieber in Mittelund Südamerika
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