Antwort. Drucksache 16/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Datum des Originals: /Ausgegeben:
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- Monica Tiedeman
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1 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/ Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4118 vom 7. Dezember 2015 der Abgeordneten Angela Freimuth, Marcel Hafke und Susanne Schneider FDP Drucksache 16/10397 Zwingt die Landesregierung die Hochschulen, bei internen Gremienwahlen ein Wahlsystem mit nach Geschlechtern quotierten, geschlossenen Wahllisten einzuführen? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 4118 mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im September 2014 verabschiedete der Landtag Nordrhein-Westfalen mit rot-grüner Mehrheit das sogenannte Hochschulzukunftsgesetz und beschloss dabei, dass die Gremien der Hochschulen geschlechtsparitätisch besetzt werden müssen ( 11c HG NRW). Gremien einer Hochschule sind beispielsweise der Senat und die Fakultäts- bzw. Fachbereichsräte. Die Zusammensetzung dieser Gremien erfolgt getrennt innerhalb der jeweiligen Statusgruppen. So wählen die Hochschullehrerinnen und -lehrer, Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Technik und Verwaltung jeweils ihre Repräsentanten. Die Wahlen müssen dabei nach den bekannten Grundsätzen der freien, unmittelbaren, geheimen und gleichen Wahl erfolgen ( 13 HG NRW). Das Hochschulzukunftsgesetz sieht vor, dass nur in begründeten Ausnahmen Abweichungen von der geschlechtsparitätischen Besetzung erfolgen dürfen. Falls bei den Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern von der paritätischen Besetzung abgewichen wird (der Frauenanteil darf dabei jedoch auch nicht unterhalb des Gesamtanteils der Hochschullehrerinnen liegen), ist darüber hinaus eine paritätische Besetzung bei den übrigen Statusgruppen zwingend, unabhängig davon, wie hoch in diesen Statusgruppen der Frauenanteil jeweils insgesamt ist. Paragraph 11c des Hochschulgesetzes Nordrhein-Westfalen führt in der Praxis damit zu erheblichen Umsetzungsproblemen. So hat die Hochschule Niederrhein in ihrer aktuellen Wahlbekanntmachung zur anstehenden Senatswahl angekündigt, Vorschlagslisten, die nicht paritätisch besetzt sind, zurückzuweisen. Die Hochschule folgt damit einem Vorschlag der Datum des Originals: /Ausgegeben: Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Postfach , Telefon (0211) , zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter
2 Landesregierung aus der Handreichung Das Gebot der geschlechterparitätischen Gremienbesetzung - Hinweise zu 11c Hochschulgesetz (HG) NRW -. Ausnahmen von einer quotierten Liste sind zu dokumentieren und zu genehmigen. Allerdings erscheint es höchst fragwürdig, dass ein innerdemokratischer Prozess wie die Listenaufstellung überhaupt erklärungsbedürftig und genehmigungspflichtig ist. Die Ausschließung von einer Wahl und damit faktisch das Verwehren des passiven Wahlrechts aufgrund einer Zugehörigkeit zu einem Geschlecht wäre diskriminierend. Darüber hinaus können im Falle der Hochschule Niederrhein nach Geschlechtern quotierte Listen den angestrebten Zweck, eine geschlechterparitätische Besetzung des Senats, überhaupt nicht sicherstellen. Die Wahlordnung der Hochschule Niederrhein sieht, entsprechend der Tradition vieler Wahlen zu Parlamenten in Deutschland und Gremien an deutschen Hochschulen, die personalisierte Verhältniswahl vor (genauer: die Listenwahl mit Präferenzstimmgebung). Faktisch entscheidet daher erst der Wähler mit seinem Wählerwillen, welche Bewerber die Statusgruppe im Gremium repräsentieren. Die Besetzung der Gremien nach Geschlechtern lässt sich so also überhaupt nicht steuern, da der Wähler die Listenreihenfolge völlig neu und unabhängig vom Geschlecht gestalten kann. Diese erhebliche Einschränkung gilt übrigens auch für Hochschulen, an denen das Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen praktiziert wird: So werden beispielsweise die vier studentischen Vertreter des Senats an der Ruhr-Uni Bochum unabhängig voneinander in vier Wahlkreisen, die sich am Zuschnitt der einzelnen Fakultäten orientieren, gewählt. Es liegt in der Natur der Sache, dass hier Quotierungen von Listen keinen Sinn mehr ergeben. Außerdem müssten auch Listenverbünde, wie an der Hochschule Niederrhein ebenfalls möglich, verboten werden, da sonst Männer das Gesetz mit dem Aufstellen von Listen mit jeweils nur einem männlichen Spitzenkandidaten unterlaufen könnten. Letztlich blieben damit nur noch zwei Wahlsysteme, die die Vorgaben der Landesregierung erfüllen: Erstens, die Teilung aller Statusgruppen in jeweils weiblich und männlich. Folglich existieren dann nur noch Wahlkreise, in denen ausschließlich Frauen, und Wahlkreise, in denen ausschließlich Männer wählbar sind. Diese Möglichkeit hat die Landesregierung in der erwähnten Umsetzungshilfe jedoch bereits ausdrücklich untersagt. Zweitens bleibt damit nur noch die Möglichkeit, dass ausschließlich nach Geschlechtern quotierte und geschlossene Listen zu Wahlen zugelassen werden. Neben der bereits erwähnten Problematik des Verwehrens des passiven Wahlrechts kommt hier das komplette Verbot sämtlicher personalisierter Wahlsystemelemente hinzu. Außerdem müssten alle Listen, um einen Frauenanteil von mindestens fünfzig Prozent sicherzustellen, stets mit einer Frau beginnen. Faktisch würde damit jedoch keine paritätische Besetzung erzielt, sondern beim Großteil aller Gremien aufgrund des zu erwartenden Erfolgs mehrerer Wahllisten und der Wahlkreisarithmetik eine institutionalisierte Mehrheit von Frauen in den Gremien geschaffen. Maßnahmen zur Herstellung der geschlechtsparitätischen Besetzung von Gremien würden also erheblich in die Koalitionsfreiheit eingreifen, das passive Wahlrecht fundamental beschneiden und die Wahlrechtsgrundsätze ad absurdum führen. Auch die Hochschulautonomie und die Selbstverwaltung der Hochschulen würden tangiert, wenn die Hochschule die Art und Weise, wie demokratische Verfahren konkret ausgestaltet werden, nicht mehr selbst bestimmen kann. Somit können die Hochschulen auch ihrer Aufgabe, einen Beitrag zu einer demokratischen Welt ( 3 Absatz 6 HG NRW) zu leisten, nicht mehr nachkommen. 2
3 Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage geht inzident davon aus, mit dem Hochschulzukunftsgesetz sei in 11c des Hochschulgesetzes erstmals das Gebot einer geschlechtsparitätischen Gremienbesetzung geregelt worden. Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen sind indes bereits seit dem Inkrafttreten des Landesgleichstellungsgesetzes NRW im Jahre 1999 zu einer grundsätzlich geschlechtsparitätischen Gremienbesetzung verpflichtet (siehe 12 Landesgleichstellungsgesetz in der bis zum Inkrafttreten des Hochschulzukunftsgesetzes geltenden Fassung). Alle Landtage und Landesregierungen und auch der Gesetzgeber des Hochschulfreiheitsgesetzes haben an diesem Gebot der grundsätzlich geschlechtsparitätischen Besetzung von Hochschulgremien seit dem Jahre 1999 festgehalten. Dieses Gebot ist nunmehr anstelle einer Verortung im Landesgleichstellungsgesetz im Hochschulgesetz niedergelegt worden. Damit soll insbesondere die Sichtbarkeit und die Transparenz der Gremienbesetzungsvorschrift verbessert werden. Die Kleine Anfrage insinuiert, dass die Landesregierung vorgeschlagen habe, Vorschlagslisten zu einer anstehenden Senatswahl, die nicht paritätisch besetzt sind, seitens der Hochschule zurückzuweisen. Dies ist falsch. In der Handreichung "Das Gebot der geschlechterparitätischen Gremienbesetzung Hinweise zu 11c Hochschulgesetz (HG) NRW " des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung ist zur geschlechtergerechten Besetzung von Wahlgremien ausgeführt, dass es hierzu eine Option ist, "nicht geschlechterparitätische Wahllisten zurückzugeben und die Herstellung der paritätischen Besetzung einzufordern". Es heißt dann im Weiteren: "Sollte trotz intensiver Bemühungen um mehr Kandidatinnen die Parität auf der Liste nicht hergestellt werden können, könnte die Liste ausnahmsweise dennoch zugelassen werden." Das Ministerium hat sich daher keineswegs dafür ausgesprochen, dass nicht geschlechterparitätische Wahllisten "zurückgewiesen" werden, wie es die Kleine Anfrage formuliert. Vielmehr hat das Ministerium einen Weg unter mehreren Wegen dargelegt, mit dem die Hochschule versuchen kann, innerhalb der Hochschule zu einer geschlechterparitätischen Besetzung der Gremien zu finden. Das Ministerium hat ausdrücklich ausgeführt, dass eine nicht geschlechterparitätische Wahlliste unter den in der Handreichung dargelegten Umständen zuzulassen ist. Auch die Fachhochschule Niederrhein hat keineswegs wie von der Kleinen Anfrage angenommen in ihrer Wahlbekanntmachung zur anstehenden Senatswahl angekündigt, Vorschlagslisten zurückzuweisen, die nicht paritätisch besetzt sind. In dem Wahlausschreiben der Hochschule vom 17. November 2015 heißt es vielmehr ausdrücklich: "Sind Wahlvorschläge nicht paritätisch besetzt, ohne dass eine begründete Ausnahme vorliegt, wird der Wahlvorschlag zurückgewiesen." Im Falle sachlich begründeter Ausnahmen werden mithin Wahlvorschläge gerade nicht zurückgewiesen. Diese Praxis entspricht dem seit dem Jahre 1999 geltenden Recht. 1. Zwingt die Landesregierung die Hochschulen, bei internen Gremienwahlen ein Wahlsystem mit nach Geschlechtern quotierten, geschlossenen Wahllisten einzuführen? Nein 3
4 2. Welche Empfehlung gibt die Landesregierung den Hochschulen zur Herstellung von geschlechterparitätisch besetzten Gremien, wenn in der Wahlordnung eine personalisierte Verhältniswahl, ein Mehrheitswahlsystem oder eine Listenwahl mit Präferenzstimmgebung verankert ist und der Wähler damit über die personelle Zusammensetzung des Gremiums frei entscheiden kann? Nach 13 Absatz 1 Satz 1 des Hochschulgesetzes werden die Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedergruppen im Senat und dem Fachbereichsrat in unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den jeweiligen Mitgliedergruppen getrennt gewählt. An diesem Grundsatz ändert auch das Gebot der geschlechtergerechten Zusammensetzung von Gremien nach 11c des Hochschulgesetzes nichts. In der o. g. Handreichung hat das Ministerium ausdrücklich ausgeführt, dass es nicht zulässig ist, getrennte Männer- und Frauenlisten aufzustellen, die dann nur vom jeweiligen Geschlecht gewählt werden können. Das Gebot der geschlechtergerechten Gremienbesetzung adressiert mithin vor allem eine Verpflichtung an alle Hochschulmitglieder, ein Klima zu schaffen, in dem eine derartige geschlechtsparitätische Gremienbesetzung ohne weitere regulatorische Akte der Hochschule aus ihrer Mitte heraus entsteht. Irgendwelche Freiheitseinschränkungen sind naturgemäß damit nicht verbunden. 3. Wie rechtfertigt die Landesregierung den faktischen Ausschluss vom passiven Wahlrecht, wenn eine Hochschule einen Wahlvorschlag aufgrund einer nicht quotierten Wahlliste zurückweist? Die Zurückweisung einer nicht geschlechtsparitätisch verfassten Wahlliste kommt nicht in Betracht, wenn sachliche Gründe dargelegt werden, die zu der mangelnden Geschlechterparität der Liste geführt haben. Das Hochschulgesetz unterscheidet sich hier im Grundsatz nicht von der bisher geltenden Regelung des Landesgleichstellungsgesetzes. Gegenüber dem Landesgleichstellungsgesetz neu geregelt ist der Umstand, dass die Ausnahmegründe von dem Gebot der geschlechterparitätischen Besetzung im Abweichungsfall aktenkundig zu machen sind. Die Regelung des 11c des Hochschulgesetzes sichert insofern die Transparenz im Umgang mit dem Gebot der geschlechterparitätischen Gremienbesetzung. 4. Welches Wahlsystem kann die Landesregierung beispielhaft nennen, das die Anforderungen an eine geschlechterparitätische Besetzung der Gremien und die Anforderungen an die im Hochschulgesetz verankerten Wahlrechtsgrundsätze sowie an die Prinzipien in der Koalitionsfreiheit und des passiven Wahlrechts voll umfänglich erfüllt? Die Landesregierung rät bei Nachfragen der Hochschulen regelmäßig davon ab, dem Gebot geschlechterparitätischer Gremienbesetzung über regulatorische Vorgaben in den Hochschulordnungen Rechnung zu tragen. Zielführender ist es vielmehr, über die bereits genannten Änderungen der Hochschulpraxis und im Hochschulleben dafür Sorge zu tragen, dass die Mitglieder der Hochschulen in die Lage versetzt werden, aus ihrer Mitte heraus das Gebot der geschlechterparitätischen Gremienbesetzung mit Leben zu füllen. Zudem hat das Ministerium bereits in der Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage 3758 (LT- Drs. 16/9651) ausdrücklich ausgeführt, dass die Wahlrechtsgrundsätze hinsichtlich der geschlechtsparitätischen Zusammensetzung von Gremien innerhalb der Modalitäten der Gruppenuniversität ohne jede Einschränkung gelten. Insofern wird auf diese Antwort verwiesen. 4
5 5. Gilt ein innerdemokratisches Wahlverfahren zur Besetzung einer Liste als ausreichender Grund, um von einer paritätisch nach Geschlechtern besetzten Wahlliste abzuweichen? Ein demokratisches Wahlverfahren ist ein ausreichender Grund, um von dem Gebot einer paritätisch nach Geschlechtern besetzten Wahlliste abzuweichen, wenn zugleich dargelegt wird, dass trotz intensiver Bemühungen um mehr Kandidatinnen die Parität auf der Liste nicht hergestellt werden konnte. Die Rechtslage unterscheidet sich hier nicht von der seit dem Jahre 1999 geltenden Rechtslage. 5
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